Inhaltsverzeichnis
- Veränderungssperre: Definition
- Von der Veränderungssperre betroffene Bauvorhaben
- Voraussetzungen für Veränderungssperre eines Bauvorhabens
- Veränderungssperre: Schadensersatz verlangen
- Veränderungssperre vermeiden mit rechtzeitiger Baugenehmigung
Veränderungssperre: Definition
Eine Veränderungssperre ist nach § 14 Baugesetzbuch (BauGB) ein Sicherungsinstrument, mit dem Gemeinden kurzzeitig keine weiteren Baugenehmigungen auf einem bestimmten Gebiet erlassen. Es gibt also eine Sperre für bauliche Veränderungen auf diesem Gebiet (=Veränderungssperre).
Gemeinden nutzen solche Sperren vor allem bei der Stadtplanung, um z. B. festgelegte Ziele aus ihrem Bebauungsplan zu erreichen oder um einen nicht mehr gültigen Bebauungsplan sicher aufheben zu können. Gerade in urbanen Stadtgebieten haben die Gemeinden häufig mit geringer Baufläche oder anderen Problemen zu kämpfen, die sie mit einer Veränderungssperre o. Ä. lösen wollen. Die Bebauung des urbanen Gebiets ist häufig mit baurechtlichen Herausforderungen verbunden. Umsetzungsbeispiele und rechtliches Fachwissen liefert das Fachmagazin „QUARTIER“.
Benötigt ein Bauherr eine Baugenehmigung für ein Bauprojekt, ist die Gemeinde essenzieller Bestandteil des Genehmigungsverfahrens. Sie hat u.a. die Befehlsgewalt, eine Veränderungssperre zu verhängen. Der Bauherr muss seinerseits schon bei der Bauplanung eventuelle Sperren berücksichtigen, da es bereits aktive Sperren auf bestimmten Grundstücken geben kann.
Ist eine Veränderungssperre für ein bestimmtes Baugebiet verhängt, hat ein Bauherr keinen Anspruch mehr auf eine Baugenehmigung für sein Bauvorhaben. Dadurch kann ein Bauherr in diesem Planbereich vorerst keine weiteren Bauvorhaben umsetzen. Besteht jedoch weiterhin Interesse an diesem Baugebiet sollte er es weiterhin im Auge behalten, denn die Sperre ist in der Regel nur für einen begrenzten Zeitraum wirksam.
Dauer einer Veränderungssperre
Grundsätzlich ist eine Veränderungssperre gem. § 17 BauGB zwei Jahre wirksam. Allerdings kann die Gemeinde die Sperre um ein Jahr verlängern. Bei besonderen Umständen besteht zudem die Möglichkeit, die Veränderungssperre auf ein weiteres Jahr auszuweiten. Somit kann eine Veränderungssperre maximal vier Jahre andauern.
Kommt die Gemeinde zu dem Entschluss, dass die Veränderungssperre aus städtebaulicher Sicht auch nach vier Jahren weiterhin erforderlich ist, kann die Gemeinde die Sperre teilweise oder ganz neu beschließen. So kann sie auch bereits nicht mehr wirksame Veränderungssperren wieder aktivieren.
Eine Veränderungssperre ist nicht mehr gültig, wenn die Voraussetzungen für die Sperre noch während der gültigen Verordnung entfallen und die Bauleitplanung bereits rechtsverbindlich abgeschlossen ist.
Von der Veränderungssperre betroffene Bauvorhaben
Für einen Bauherrn ist es wichtig zu wissen, welche Bauvorhaben konkret von einer Veränderungssperre betroffen sein können, da es auch Ausnahmen gibt, in denen die Gemeinde keine solche Sperre verkünden darf. Die folgende Übersicht zeigt auf, welche Vorhaben Bauherren gem. § 14 Abs. 1 und 3 BauGB auch während einer gültigen Veränderungssperre umsetzen dürfen und bei welchen Vorhaben sie keine Baugenehmigung von der Gemeinde erhalten, wenn eine Sperre gilt.
nicht genehmigte Bauvorhaben bei einer Veränderungssperre | erlaubte Bauvorhaben bei einer Veränderungssperre |
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Baugenehmigungen, die bereits vor der Veränderungssperre verteilt wurden, bleiben rechtlich wirksam. Dadurch gewährleistet der Gesetzgeber den nach Art. 14 Grundgesetz (GG) gesetzlich gesicherten Bestandsschutz von Gebäuden.
Ausnahme bei der Veränderungssperre
Wie bei fast allen rechtlichen Regelungen gibt es auch bei der Veränderungssperre Ausnahmen: Nach § 14 Abs. 2 BauGB kann von einer Veränderungssperre abgesehen werden, wenn es dem allgemeinen öffentlichen Interesse der Gemeinde dient. Hierfür müssen die Gemeinden alle Interessen abwägen, damit die Baugenehmigungsbehörde eine Ausnahme der Veränderungssperre festlegen kann.
Voraussetzungen für Veränderungssperre eines Bauvorhabens
Damit eine Veränderungssperre rechtwirksam gelten kann, müssen verschiedene Voraussetzungen bezüglich des betroffenen Bauvorhabens und der formalen Herangehensweise erfüllt sein:
- Aufstellungsbeschluss muss vorliegen
Eine Gemeinde darf eine Veränderungssperre nur dann erlassen, wenn ein Aufstellungsbeschluss vorliegt, also die Gemeinde einen Bebauungsplan aufstellen, ändern, ergänzen oder aufheben will. Ist dies nicht gegeben, ist die Sperre nichtig.
- Städtebauliche Relevanz
Die Veränderungssperre ist nur dann gültig, wenn sie städtebaulich relevant ist, also im Stadtbau notwendig, um die Ziele des Bebauungsplans der Gemeinde abzusichern. Hierfür müssen Inhalt und Umfang des Bebauungsplans bestimm- und abmessbar sein.
- Bestimmbares Grundstück
Zusätzlich muss sich das Baugrundstück, auf das sich die Veränderungssperre beziehen soll, bestimmt bzw. bestimmbar sein.
- Satzungsbeschluss
Für die Zulässigkeit einer Veränderungssperre muss sie von der Gemeinde gem. § 16 BauGB als Satzung beschlossen werden.
- öffentliche Bekanntmachung
Die Veränderungssperre ist, genauso wie der Bebauungsplan, öffentlich bekannt zu geben. Aufgrund der aktuellen COVID-19-Pandemie gilt hierzu eine befristete Sonderregelung nach dem Planungssicherstellungsgesetz (PlanSiG) vom 20.05.2020: Neben der Veröffentlichung der Sperre in Druckerzeugnissen reicht eine Bekanntmachung im Internet aus.
Alternative zur Veränderungssperre: Baugenehmigungen aufschieben
Beschließt die Gemeinde keine Veränderungssperre, obwohl alle Voraussetzungen dafür erfüllt sind, kann das Vorhaben des Bauherrn gem. § 15 BauGB dennoch mit einem Antrag beim zuständigen Baugenehmigungsamt für bis zu zwölf Monate gesperrt werden. Diese sog. „Zurückstellung von Baugesuchen“, also das Aufschieben von Baugenehmigungen, ist rechtskräftig, wenn die Gemeinde ihre Stadtplanung durch das geplante Bauvorhaben nur wesentlich schwieriger oder gar nicht realisieren kann.
Veränderungssperre: Schadensersatz verlangen
Eine Veränderungssperre gilt nach § 17 BauGB maximal vier Jahre. Dauert sie länger als vier Jahre an und ergeben sich für den Bauherrn dadurch Vermögensnachteile, kann er gem. § 18 BauGB eine finanzielle Entschädigung als Schadensersatz verlangen. Um die Höhe des Schadensersatzes zu ermitteln, ist der Grundstückswert des betroffenen Baugrundstücks entscheidend. Es gelten die Vorgaben von §§ 39 bis 44 BauGB.
Die Gemeinde ist verpflichtet, den Bauherrn entsprechend zu entschädigen. Hierfür muss der Bauherr einen schriftlichen Antrag bei der zuständigen Stelle einreichen. Können sich Gemeinde und Bauherr über den Schadensersatz nicht einigen, entscheidet die nächsthöhere Verwaltungsbehörde über den Fall.
Veränderungssperre vermeiden mit rechtzeitiger Baugenehmigung
Möchte ein Bauherr sein geplantes Vorhaben nicht durch eine Veränderungssperre gefährden lassen, kann er versuchen, sich gegen eine solche Sperre abzusichern, indem er frühzeitig eine entsprechende Baugenehmigung beantragt.
Genauer kann der Bauherr bereits zu dem Zeitpunkt einen Bauvorbescheid oder eine Baugenehmigung veranlassen, an dem das Grundstück noch dem ursprünglichen Eigentümer gehört. Diesem Vorgang muss der aktuelle Grundstückseigentümer zustimmen. Wenn die Gemeinde die Genehmigung erlassen hat, gilt die „Bestandskraft der Erklärung“. Mit dieser darf der Bauherr das genehmigte Vorhaben auch dann umsetzen, wenn die Gemeinde zu einem späteren Zeitpunkt eine Veränderungssperre verhängt (siehe § 14 Abs. 3 BauGB).
Quellen: BauGB, QUARTIER 08/2020