Inhaltsverzeichnis
- Was genau bedeutet „Arbeiten unter Spannung“? – eine Definition
- Arbeiten unter Spannung nur unter erhöhten Anforderungen
- Wer darf unter Spannung arbeiten? – Voraussetzungen an das Personal
- Darf eine EuP unter Spannung arbeiten?
- Durchführung einer Arbeit unter Spannung
Was genau bedeutet „Arbeiten unter Spannung“? – eine Definition
Eine Arbeit oder Arbeiten unter Spannung werden als solche verstanden, wenn eine Person mit Körperteilen oder Werkzeugen, Geräten, Ausrüstungen oder anderen Vorrichtungen Kontakt mit unter Spannung stehenden (Maschinen-/Anlagen-)Teilen ausübt oder sich in deren Gefahrenzone begibt. Letztere ist der Bereich um unter Spannung stehender Teile, bei dessen Betreten ohne erforderliche Schutzmaßnahmen keine Sicherheit garantiert werden kann.
→ Für die jeweiligen unter Spannung stehenden Anlagen trägt der Anlagenverantwortliche für die Hauptverantwortung im Betrieb.
Darüber hinaus dürfen nur Arbeiten unter Spannung durchgeführt werden, für die ein entsprechendes Arbeitsverfahren freigegeben wurde. Auch schreibt die DGUV V3 vor, dass hierzu nur Mitarbeiter in Frage kommen, die speziell für diese Art der Arbeit eine besondere Befähigung (Ausbildung + Weiterbildung) mitbringen.
Weitere Personen, die die Arbeiten unter Spannung betreffen
- Arbeitsverantwortlicher: Eine Person, die beauftragt ist, die unmittelbare Verantwortung für die Durchführung der Arbeiten unter Spannung zu tragen.
- Elektrofachkraft: Als ausgebildete Fachkraft verfügt die EFK über das notwendige Fachwissen und Erfahrung, um sachgemäß unter Spannung zu arbeiten.
- Elektrotechnisch unterwiese Personen (EuP) werden durch Elektrofachkräfte speziell über die einzelnen übertragenen Aufgaben und deren Gefahren unterrichtet. Vorsicht: Eine EuP darf nur ganz bestimmte Arbeiten unter Spannung durchführen, bzw. dabei assistieren (s. u.)
- Ausführender der Arbeiten unter Spannung: Schlicht und einfach handelt es sich hierbei um diejenigen Personen, die berechtigt und ausgebildet sind, unter Spannung zu arbeiten.
Arbeiten unter Spannung nur unter erhöhten Anforderungen
Weil das Arbeiten unter Spannung im Vergleich zu anderen elektrotechnischen Tätigkeiten sehr gefährlich ist, stellen sowohl die DGUV Vorschrift 3 als auch die DIN VDE 0105-100 erhöhte Anforderungen an deren Ausführung. So müssen z. B. zwingende Gründe für diese Arbeit vorliegen, die der anlagenbetreibende Unternehmer schriftlich festzulegen hat.
Das Berühren von unter Spannung stehenden Anlagenteilen und/oder das Auslösen von Lichtbögen stellen die größten Gefährdungen bei dieser Arbeit dar. Deshalb darf auch nicht jede Elektrofachkraft diese Arbeit ausführen. Welche Qualifikationsanforderungen an das Arbeiten unter Spannung gestellt werden und wie diese Arbeit auszuführen ist, können Unternehmer und Elektrofachkräfte im Buch „Sicherheitshandbuch Elektrosicherheit“ nachlesen.
Wer darf unter Spannung arbeiten? – Voraussetzungen an das Personal
Der Unternehmer muss bei der Auswahl des ausführenden Personals die Qualifikation der Fachkraft sowie die Nennspannung der Anlage berücksichtigen. Grundsätzlich dürfen Arbeiten unter Spannung nur von dafür ausgebildeten Elektrofachkräften ausgeführt werden, die zudem über eine nachgewiesene Befähigung verfügen.
Diese Befähigung erlangt eine Person, wenn sie die vorgeschriebene Spezialprüfung (theoretisch und praktisch) nach der DGUV Regel 103-011 „Arbeiten unter Spannung an elektrischen Anlagen und Betriebsmitteln“ abgelegt hat.
Befähigung zum Arbeiten unter Spannung
Um die angesprochene Befähigung nach DGUV 103-011 zu erreichen, müssen i. d. R. zusätzliche Voraussetzungen erfüllt sein:
- Qualifikation zur Elektrofachkraft mit mindestens zweijähriger Berufserfahrung
- Mindestalter 18 Jahre
- Gesundheitliche Eignung, z. B. durch eine arbeitsmedizinische Vorsorgeuntersuchung
- Erste-Hilfe-Ausbildung mit Herz-Lungen-Wiederbelebung (HLW)
→ Zu einer allgemeinen Befähigung gehört auch, dass Mitarbeiter, die bestimmte Arbeiten unter Spannung ausführen sollen, diese zuvor im spannungsfreien Zustand beherrschen.
Bringen Elektrofachkräfte diese Voraussetzungen mit, kann nach der Zustimmung des Vorgesetzten eine Schulung für die Arbeit unter Spannung durchgeführt werden.
→ Mit erfolgreichem Abschluss dieser Schulung erlangt die EFK den AuS-Pass, die sie zu derartigen Arbeiten befähigt.
AuS-Weiterbildungspflicht
Der Erhalt des AuS-Passes symbolisiert die Befähigung für derartige Arbeiten über einen Zeitraum eines Jahres. D. h. EFK müssen mindestens einmal jährlich über die Gefahren und die erforderlichen Schutzmaßnahmen bei Arbeiten unter Spannung unterwiesen werden, bzw. ihr Wissen nachweislich auffrischen. Dabei herrscht Dokumentationspflicht – die Unterweisung muss in den AuS-Pass eingetragen werden.
Gründe für eine Wiederholungsschulung
- Fehlverhalten des Mitarbeiters
- Seltene Ausführung einer Arbeit unter Spannung
- Einführung neuer Werkzeuge, Betriebs-, Schutz- und Hilfsmittel
→ Die Verantwortung für die Personalauswahl für AuS liegt bei der anweisenden Elektrofachkraft samt Vorgesetzen.
Darf eine EuP unter Spannung arbeiten?
Gemäß der Randbedingungen für das Arbeiten unter Spannung nach Tabelle der 5 DGUV Vorschrift 3 gibt es aber auch Arbeiten unter Spannung, die von einer elektrotechnisch unterwiesenen Person (EuP) ausgeführt werden dürfen. Diese sind:
Nennspannungen | Arbeiten |
bis AC 50 V bis DC 120 V | Arbeiten, bei denen eine Gefährdung z. B. durch Lichtbögen ausgeschlossen werden kann. |
über AC V über DC 120 V | Prüf-, Mess- und Justiereinrichtungen heranführen. |
Werkzeuge und Hilfsmittel zum Reinigen heranführen und geeignete Abdeckungen und Abschrankungen anbringen. | |
Herausnehmen und Einsetzen von nicht gegen direktes Berühren geschützte Sicherungseinsätze mit geeigneten Hilfsmitteln – sofern dies gefahrlos möglich ist. | |
Unter Spannung stehende Teile bei der Brandbekämpfung oder zum Reinigen anspritzen. | |
Arbeiten an Akkumulatoren und Photovoltaik-Anlagen ausführen. | |
In Prüfanlagen und Laboratorien arbeiten. | |
Mit isolierenden Stangen Raureif abklopfen. | |
Bei allen Nennspannungen | Die EuP kann alle Arbeiten durchführen, wenn die Stromkreise mit ausreichender Strom- und Energiebegrenzung versehen sind und keine besonderen Gefährdungen bestehen (z. B. Explosionsgefahr). |
Arbeiten an Fernmeldeanlagen mit Fernspeisung, wenn der Strom kleiner als AC 10 mA oder DC 30 mA ist. |
Durchführung einer Arbeit unter Spannung
Vor Beginn der Arbeit muss sich der Arbeitsverantwortliche mit dem Anlagenverantwortlichen über die Art, den Ort und die Zeit der Arbeitsdurchführung abstimmen (findet in der Praxis bei weniger komplexen Arbeitsabläufen meist mündlich statt). Im Anschluss erteilt der Anlagenverantwortliche die Erlaubnis zur Durchführung. Diese Entscheidung sollte grundsätzlich aufgrund einer Gefährdungsbeurteilung getroffen werden:
Bevor nun mit der Arbeit unter Spannung begonnen werden kann, begutachtet der Arbeitsverantwortliche den Anlagenzustand und die Umgebungsbedingungen. Nur wenn seiner Einschätzung nach die AuS ohne Gefahr durchgeführt werden können, kann die Arbeit an der jeweiligen Anlage beginnen. Zusätzlich findet durch ihn i. d. R. auch eine Arbeitsanweisung der beteiligten Mitarbeiter statt. Die ausführende Person selbst muss die Arbeit unter Spannung entsprechend dieser Arbeitsanweisung erfüllen.
Wichtig: Bei jeglicher Art von Bedingung, die während der Durchführung ein Risiko für die beteiligten Personen darstellt, muss der Anlagenverantwortliche unverzüglich erforderliche Maßnahmen zur Einstellung der Arbeit veranlassen.
Besondere Risiken bei AuS
Beinhalten die Gefährdungsbeurteilungen potenzielle Risiken, wie Explosionsgefahren oder Brandgefahren, die u. a. aufgrund von Regen, Hitze, Kälte etc. entstehen können, muss der Anlageverantwortliche die Zustimmung z. B. des Brandschutzbeauftragten einholen.
→ Wichtig: Bei Gewitter darf nicht an elektrischen Anlagen unter Spannung gearbeitet werden. Sollte während des Arbeitsvorganges ein Gewitter eintreten, muss die Arbeit unmittelbar unterbrochen werden.
Quelle: „Sicherheitshandbuch Elektrosicherheit“, Die neue Elektrosicherheitsmappe