Inhaltsverzeichnis
- Was sind Abwasserhebeanlagen?
- Funktionsweise einer Abwasserhebeanlage
- Rechtliche Rahmenbedingungen
- Typen von Abwasserhebeanlagen
- Wartung und Betrieb
- Hybridhebeanlagen (Rückstaupumpanlagen)
- Fazit
Was sind Abwasserhebeanlagen?
Abwasserhebeanlagen dienen dazu, Abwasser gegen ein Gefälle oder über eine Höhendifferenz hinweg in das öffentliche Kanalsystem zu befördern. D. h. sie kommen dann zum Einsatz, wenn das Abwasser nicht alleine durch Schwerkraft in die Kanalisation abfließen kann. Diese Situation ist häufig in hügeligen Gebieten, Kellergeschossen oder bei tiefliegenden Gebäuden der Fall. Darüber hinaus dienen Abwasserhebeanlagen neben der Eigenschaft als schlichtes Abwassertransportmittel auch als Rückstau-/Rücklaufstopp.
Funktionsweise einer Abwasserhebeanlage
Eine typische Abwasserhebeanlage besteht aus einem Sammelbehälter, in den das Abwasser geleitet wird. In diesem Behälter befinden sich eine oder mehrere Pumpen, die das Abwasser durch Druckleitungen weiterbefördern. Sensoren im Behälter steuern die Pumpe automatisch, sodass sie sich einschaltet, wenn ein bestimmter Füllstand erreicht ist, und sich ausschaltet, wenn das Abwasser abgepumpt wurde.
Bei einer Abwasserhebeanlage wird das Abwasser somit mit mechanischer Unterstützung (Pumpe) über die Rückstauschleife in die weiterführende Abwasserleitung gefördert. Die Rückstauschleife ist nach DIN EN 12056-4 Teil der Druckleitung und liegt über der Rückstauebene. Somit kann das Abwasser bei Überschwemmungen nicht zurücklaufen und in die angrenzenden Räume eindringen.
→ Umso wichtiger ist es, dass der Rückstauschutz fachmännisch installiert und geprüft wird, da ansonsten Gefahr für Mensch und Material besteht.
→ Eine Rückstauschleife muss auch bei defekten Abwasserhebeanlagen und unabhängig von der Stromzufuhr funktionstüchtig bleiben (Absoluter Rückstauschutz).
Rechtliche Rahmenbedingungen
Gemäß DIN 1986-100 müssen die Planung und Bemessung von Abwasserhebeanlagen und der zugehörigen Druckleitungen nach DIN EN 12056-4 erfolgen. Druckleitungen von Abwasserhebeanlagen dürfen nur an belüftete Sammel- oder Grundleitungen angeschlossen werden.
Regenwassermanagement
Findet keine Regenwassernutzung statt, wird das Niederschlagswasser meist über Abwasserleitungen entsorgt. Dabei darf der Anschluss an die Grundleitungen nur außerhalb des Gebäudes erfolgen – in diesem Falle ist die Hebeanlage oftmals außerhalb des Gebäudes installiert (Ausnahmen vorbehalten). Die Druckleitung muss in der Folge aus hydraulischen Gründen möglichst nahe an der Gebäudeaußenwand angeschlossen werden.
→ Für den Fall, dass der Abwasserzufluss nicht unterbrochen werden darf, müssen Doppelhebeanlagen gemäß DIN EN 12050-1 und 2 eingebaut werden.
Wichtig: Nicht jeder Typus von Abwasserhebeanlage darf im Sinne der DIN EN 12056-4 verwendet werden.
Typen von Abwasserhebeanlagen
Es gibt verschiedene Typen von Abwasserhebeanlagen, die je nach Anwendungsgebiet und Menge des zu fördernden Abwassers ausgewählt werden:
- Fäkalienhebeanlagen nach DIN EN 12050-1
- Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser/ Regenwasser nach DIN EN 12050-2
- Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung nach DIN EN 12050-3
Fäkalienhebeanlagen
Beim Ableiten von Schwarzwasser herrschen zusätzliche Anforderungen an die Abwasser-/Fäkalienhebeanlagen:
- Ohne Zerteilung der Fäkalien im Fördermedium einen Anschluss für die Druckleitung von mindestens DN 80
- Einen Anschluss von mindestens DN 50 für die Lüftungsleitung bei einem Förderstrom von 12 l/s – bei größeren Förderströmen ist der Anschluss mindestens in DN 70 auszuführen.
- Bei einem manometrischen Förderdruck von 0,4 bar eine Mindestfließgeschwindigkeit des Mediums in der Druckleitung von 0,7 m/s
- Zusätzliche Anforderungen an den Explosionsschutz
→ Hebeanlagen mit Fäkalienzerteilung eignen sich besonders bei großen Leitungssystemen mit niedriger Durchschnittspumpdruckleistung.
Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser und Regenwasser
Laut DIN EN 12050-2 muss bei Abwasserhebeanlagen für fäkalienfreies Abwasser samt Regenwasser mit einem manometrischen Förderdruck von 0,4 bar eine Mindestfließgeschwindigkeit des Mediums in der Druckleitung von 0,7 m/s erreicht werden.
Fäkalienhebeanlagen zur begrenzten Verwendung nach DIN EN 12050-3
Dieser bestimmte Typus der Abwasserhebeanlagen darf nur eingesetzt werden, wenn der Benutzerkreis entsprechend klein ist und ein WC oberhalb der Rückstauebene existiert. Darüber hinaus darf höchstens ein Handwaschbecken, eine Dusche und ein Bidet angeschlossen sein – wobei alle Entwässerungsgegenstände sich in dem selben Raum befinden müssen.
Fäkalienhebeanlagen zu begrenzten Verwendung müssen einen manometrischen Förderdruck von 0,3 bar und eine Mindestfließgeschwindigkeit des Abwassers von 0,7 m/s erreichen. Diese Art der Hebeanlagen sollten mit einer statischen Förderhöhe von 2,5 m geprüft werden.
Wartung und Betrieb
Die Wartung von Abwasserhebeanlagen ist entscheidend für ihre Langlebigkeit und Effizienz. Regelmäßige Inspektionen, Reinigung und gegebenenfalls der Austausch von Verschleißteilen sind notwendig, um Betriebsstörungen und Ausfälle zu vermeiden. Viele moderne Anlagen verfügen über Fernüberwachungssysteme, die eine kontinuierliche Überwachung und schnelle Reaktion bei Problemen ermöglichen.
Lüftung von Abwasserhebeanlagen
Gemäß DIN 1986-100 müssen Fäkalienhebeanlagen nach DIN EN 12050-1 über Dach be- und entlüftet werden. Darüber hinaus ist beim Zulaufvorgang in den Sammelbehälter eine ausreichende Entlüftung erforderlich. Findet diese nicht statt, besteht die Gefahr, dass es durch einen nicht ungehinderten Zulauf in den Sammelbehälter zu Störungen im Ablaufverhalten von angeschlossenen Entwässerungsgegenständen kommt.
→ Auch bei der Entleerung des Sammelbehälters im Rahmen des Pumpvorgangs ist eine ausreichende Belüftung erforderlich.
→ Schmutzwasserhebeanlagen nach DIN EN 12050-2 müssen über Dach be- und entlüftet werden, sofern sie geruchsdicht verschlossen werden.
→ Hebeanlagen zur begrenzten Verwendung nach DIN EN 12050-3 müssen gelüftet werden.
→ Lüftungsleitungen von Hebeanlagen dürfen sowohl an Hauptlüftungs- sowie an Sekundärlüftungsleitungen angeschlossen werden, nicht jedoch an Fallleitungen.
Hybridhebeanlagen (Rückstaupumpanlagen)
Für Abwasser unterhalb der Rückstauebene, das über freies Gefälle in den öffentlichen Kanal gelangt, kann eine sog. Hybridhebeanlage als Alternative zur Abwasseranlage eingesetzt werden. Dabei handelt es sich um eine Kombination aus Rückstauverschluss und Hebeanlage.
Funktionalität
Die Hybridhebeanlage funktioniert je nach Ausgangslage: Wenn kein Rückstau besteht, erfolgt die Entwässerung im freien Gefälle, ohne den Einsatz von elektrischer Energie (Normalbetrieb).
Bei Rückstau schließt der selbsttätige Verschluss, womit kein Abwasser aus dem öffentlichen Kanal zurückfließen kann. Im Gegensatz zum Rückstauverschluss kann bei Rückstau unterhalb der Rückstauebene weiter Abwasser hinzugeführt werden, da es durch die Pumpe über die Rückstauschleife in den Kanal transportiert wird (Rückstaubetrieb).
Baurechtlicher Verwendbarkeitsnachweis
Anders als bei Rückstauverschlüssen oder herkömmlichen Abwasserhebeanlagen sind Hybridhebeanlagen bislang nicht genormt. Deshalb benötigen sie stets einen baurechtlichen Verwendbarkeitsnachweis. Dieser sollte bereits in der Planungsphase beim Hersteller der Hybridhebeanlagen angefordert werden.
Fazit
Abwasserhebeanlagen sind eine Schlüsselkomponente im Abwassermanagement. Sie ermöglichen die effiziente und umweltfreundliche Entsorgung von Abwasser in Gebieten, wo dies aufgrund topografischer oder baulicher Gegebenheiten sonst nicht möglich wäre. Durch regelmäßige Wartung und den Einsatz moderner Technologien können sie zuverlässig betrieben werden.
Quellen: „Klimaanpassung an Gebäuden, Freiflächen sowie in der Stadt- und Landschaftsplanung“