Inhaltsverzeichnis
- Hintergründe des Energieeffizienzgesetzes
- Zusätzliche gesetzliche Anforderungen an die Energieeffizienz
- Inhalte des EnEfG
- EnEfG und Unternehmensführung
- Abwärmevermeidung und Abwärmenutzung
- Anforderungen an Rechenzentren
- Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand
- Fazit: Kritik an den Energieeinsparzielen
Hintergründe des Energieeffizienzgesetzes
Die EU-Mitgliedstaaten haben im Dezember 2020 beschlossen, das EU-Klimaziel zur Senkung der Treibhausgase bis 2030 auf mindestens 55 Prozent gegenüber 1990 zu erhöhen („Fit for 55“-Paket) – bis hin zur Klimaneutralität bis 2050 . In diesem Kontext fordert das Energieeffizienzgesetz deutlich höhere Energieeffizienzziele, stellt ambitioniertere Anforderungen vor und erweitert deren Geltungsbereich.
Erstmals werden nun auch Rechenzentren in die Verantwortung gezogen: Seit 1. Januar 2024 müssen deren Betreiber 50 Prozent des Stroms aus erneuerbaren Energie beziehen und dies auf Nachfrage auch nachweisen können. Ab 2027 soll dieser Wert auf 100 Prozent steigen.
→ Das Gesetz legt Energieeffizienzziele für den Primär- und Endenergieverbrauch in Deutschland fest, mit spezifischen Einsparverpflichtungen für Unternehmen und öffentliche Stellen. Dort soll besonders durch den Ausbau nachhaltiger digitaler Infrastruktur und verpflichtender Nachhaltigkeitsberichterstattung künftig Energie eingespart werden.
Zusätzliche gesetzliche Anforderungen an die Energieeffizienz (Auswahl)
Neben dem Energieeffizienzgesetz bestehen bereits eine Vielzahl an Gesetzen, Richtlinien und Verordnungen, die zu einem effizienteren Energieverbrauch und weniger CO2-Ausstoß führen sollen:
- Gebäudeenergiegesetz (GEG)
- Stromsteuergesetz (StromStG)
- Carbon Border Adjustment Mechanism (CBAM)
- Nachhaltigkeitsberichtserstattungspflichten (CSRD-Richtlinie)
- Erneuerbare-Energien-Gesetz (EEG)
- Energiedienstleistungsgesetz (EDL-G) – bleibt weiterhin parallel zum Energieeffizenzgesetz bestehen, wird aber vermutlich im Nachgang des Inkraftretens des Energieeffizienzgesetzes novelliert.
- Mittelfristenenergieversorgungssicherungsmaßnahmenverordnung – EnSimiMaV (Heizungsoptimierung, Hydraulischer Abgleich, Vorgabe zur Umsetzung wirtschaftlicher Effizienzmaßnahmen): Bei einem ermittelten Gesamtenergieendverbrauch von mehr als 10 Gigawatt pro Jahr müssen Maßnahmen aus dem Energie-Audits gemäß DIN 17463 durchgesetzt werden. Erst am 30.09.2024 tritt die Übergangsmaßnahme außer Kraft. In der Zwischenzeit gilt die Verordnung parallel zum EDL-G und EnEFG.
Inhalte des EnEfG
Das Energieeffizienzgesetz soll Energieeffizienz nicht mehr auf freiwilliger Basis belassen, sondern durch verbindliche Vorgaben verpflichtend gestalten. Gemessen werden die Ziele an genormten Energieendverbrauchszielen, die sich auf ein jeweiliges Schlüsseljahr beziehen. Das Gesetz setzt die EU-Energieeffizienzrichtlinie (EED) um und folgt einem volkswirtschaftlichen Ansatz, der nicht oder nur sekundär den Endverbraucher im Visier hat. Entsprechend gestalten sich folgende Inhalte des Energieeffizienzgesetzes:
- Normierte Energieeffizienzziele 2030: Der Endenergieverbrauch soll auf insgesamt 1.867 TWh gesenkt werden, was einer Reduzierung von etwa 26,5 Prozent gegenüber 2008 entspricht; beim Primärenergieverbrauch ist der entsprechende Wert 2.252 TWh (eine Reduzierung von 39,3 Prozent gegenüber 2008) – der Ursprung des Stroms, sei er „grün“ oder „grau“, spielt dabei keine Rolle.
- Einsparverpflichtungen für Bund, Länder und öffentliche Stellen: Öffentliche Stellen, die mit ihrem Endenergieverbrauch bei über 1 GWh liegen, sind zu einer jährlichen Endenergieeinsparung von 2 Prozent bis 2045 verpflichtet. Entspricht dieser Wert mehr als 3 GWh, müssen bereits bis 30. Juni 2026 ein EnMS/EMAS (Energiemanagementsystem/Umweltmanagementsystem) eingeführt werden. Zusätzlich muss die Energieberichtserstattung der Länder und Kommunen ausgebaut werden → Insgesamt müssen Bund und Ländern von 2024 bis 2030 jährlich neue Endenergieeinsparungen von mindestens 45 TWh (Bundesebene) und 3 TWh (Landesebene) erreichen.
- Anforderungen zur Einführung von Energiemanagement, Umsetzungspläne und Energieaudits in Unternehmen
- Umfangreiche Abwärmeverpflichtungen
- Anforderungen an den Betrieb von Rechenzentren
- Verordnungsermächtigung zur Definition etwaig „Klimaneutraler Unternehmen“ mit möglichen Erleichterungen
→ Das Gesetz enthält keine Belastungen oder Entlastungen für Bürger.
EnEfG und Unternehmensführung
Neben staatlichen Einrichtungen und Organisationen liegt der Fokus des Energieeffizienzgesetzes klar auf der deutschen Wirtschaft. Umso wichtiger werden eine nachhaltige Unternehmensführung, bewusste Nachhaltigkeitsberichtserstattung und Energieeffizienzmaßnahmen. Konkret sehen die Forderungen an Unternehmen, egal welcher Branche oder Sparte, wie folgt aus:
- Einführung eines EnMS/EMAS ab einem Gesamtendenergieverbrauch von 7,5 GWh pro Jahr (gemessen am Durchschnitt der vergangenen 3 Jahre): Frist von 20 Monaten nach Inkrafttreten des Gesetzes oder nachweislich erreichtem Energieverbrauch
- Nach vorangegangenem Audit und dadurch ermitteltem Gesamtendenergieverbrauch von 2,5 GWh pro Jahr müssen für entsprechende Energieeinsparmaßnahmen detaillierte Umsetzungspläne entwickelt und veröffentlicht werden.
- Diese Umsetzungspläne müssen durch externe Expertenstellen, wie z. B. Gutachter oder Energieauditoren zertifiziert werden.
- Künftig wird es vermehrt Stichprobenkontrollen durch das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (Bafa) geben.
→ Für die nach dem Gesetz verpflichteten Unternehmen werden einmalige Investitionskosten und jährliche Einsparungen an Energiekosten berechnet. Unternehmen werden verpflichtet, Pläne für Endenergieeinsparmaßnahmen zu entwickeln und zu veröffentlichen, die dann zertifiziert werden sollen. Hierdurch werden den Unternehmen je nach Größe jährliche Kosten entstehen.
Abwärmevermeidung und Abwärmenutzung
Das Energieeffizienzgesetz sieht für alle Unternehmen, die einen Gesamtendenergieverbrauch von mehr als 2,5 GWh pro Jahr aufweisen besonderen Anforderungen an die Einschränkung, Nutzung und Dokumentation von Abwärme vor. Darunter fällt die Vermeidung, die entsprechende Reduzierung oder Wiederverwendung von Abwärme gemäß dem aktuellen Stand der Technik. Falls dabei Abwärme über den eigenen Betrieb hinaus verwendet werden soll, müssen dem Abnehmer auf Verlangen detaillierte „Abwärmeinformationen“ vorliegen. Eine Kopie dieser Informationen muss mit Stichtag 31. März jeden Kalenderjahres an die Bafa übermittelt werden. Für die erstmalige Meldung wurde die Frist bis zum 1. Januar 2025 verlängert.
Plattform für Abwärme
Seit April 2024 steht die Plattform für Abwärme Nutzern zur Registrierung und Dateneintragung bereit. Das Wichtigste im Überblick:
- Die Plattform für Abwärme schafft eine Übersicht zu gewerblichen Abwärmepotenzialen und macht diese Informationen öffentlich zugänglich.
- Die Plattform ermöglicht es, dass Daten über Abwärme von Unternehmen veröffentlicht werden, um Interessenten wie Fernwärmeversorger oder Unternehmen mit Wärmebedarf zu unterstützen.
- Unternehmen müssen Informationen wie die jährliche Wärmemenge, die maximale thermische Leistung, die zeitliche Verfügbarkeit und das durchschnittliche Temperaturniveau der Abwärme übermitteln.
- Es gibt Bagatellschwellen für „kleine“ bzw. offensichtlich nicht wirtschaftlich nutzbare Abwärmepotentiale, die nicht gemeldet werden müssen.
Anforderungen an Rechenzentren
Wie bereits angesprochen, stellt das Energieeffizienzgesetz auch Anforderungen an Rechenzentren, die deren nicht unerhebliches Maß an Energieendverbrauch zwar nicht deckeln, aber die Energieverbrauchseffektivität erhöhen wollen. Der Fokus liegt dabei auf:
- Energieverbrauchseffektivität (PUE) von 1,5 bei bestehenden Rechenzentren ab Juli 2027 und 1,3 ab Juli 2030
- Bei neuen Rechenzentren 1,2 PUE ab Juli 2026
- Zusätzliche Anforderungen für wiederwendete Energie bei neuen Rechenzentren
- Stromverbrauch (bilanzielle Deckung) durch Strom aus erneuerbaren Energien: 50 Prozent ab 2024 und 100 Prozent ab 2027
- Alle Betreiber von Rechenzentren oder anderweitiger Informationstechnik müssen ein EnMS oder UMS einrichten.
- Rechenzentren müssen künftig über ihren Energieverbrauch buchführen (umfangreiche Berichtspflichten) und diese ins Europäische-Effizienzregister übertragen.
Bußgelder
War bislang eher unter dem Credo der Freiwilligkeit agiert worden, bringt das EnEfG nun Verpflichtungen mit sich, die bei Nichtbeachtung zu nicht unerheblichen Bußgeldern führen können (bis zu 100.000 Euro).
Haushaltsausgaben ohne Erfüllungsaufwand und Umsetzungskosten für die Wirtschaft
Durch die Anforderungen des Energieeffizienzgesetzes wird der Bund ersten Schätzungen zu Folge einmalige Ausgaben von 8 Millionen Euro und laufende Kosten von 5,85 Millionen Euro pro Jahr haben. Die Länder werden mit einem einmaligen Erfüllungsaufwand von 47,9 Millionen Euro und laufenden Kosten von 34,26 Millionen Euro pro Jahr konfrontiert.
Für die Wirtschaft wird Einführung und der Betrieb von Energie- oder Umweltmanagementsystemen einmalige Kosten von 262,1 Millionen Euro und laufende jährliche Kosten von 239,6 Millionen Euro verursachen.
Laut staatlicher Stelle sollen die Einsparungen bei den Energiekosten durch Managementsysteme aber auf über 581,7 Millionen Euro pro Jahr geschätzt (vgl. https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Gesetz/entwurf-enefg.pdf?__blob=publicationFile&v=6 ).
Zusätzliche Kosten für die Wirtschaft umfassen Investitionen für die Abwärmenutzung und Berichtspflichten, mit verschiedenen geschätzten Kosten und Einsparungen.
Gutachter, Auditor, Energieberater – Qualifikation zusätzlicher Fachkräfte
Das Thema Energieeffizienz-Fachkräfte und Qualifikation wird im Kontext des Gesetzes bereits verstärkt adressiert, da die Umsetzung der Maßnahmen von der Verfügbarkeit qualifizierter Personen abhängt. Es wird eine dauerhafte intensive konzeptionelle und wissenschaftliche Begleitung des Themas durch die Bundesstelle für Energieeffizienz (BfEE) vorgeschlagen. Genauere Informationen dazu liegen momentan noch nicht vor.
Fazit: Kritik an den Energieeinsparzielen
Experten äußern vermehrt Kritik an dem Umstand, dass eine Erreichung der Endenergieeinsparziele in Relation zum Bruttoinlandsprodukt der Bundesrepublik selbst bei erhöhter Energieeffizienz/Endenergieproduktivität (1,4 Prozent auf 3,2 Prozent) nur durch eine langfristige Verringerung des Bruttoinlandsproduktes und damit einem Schrumpfen der Deutschen Wirtschaft erreichbar wäre (vgl. hierzu https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaftspolitik/energie/dihk-webinar-das-neue-energieeffizienzgesetz ). Eine Alternative könnte bislang nur eine proportional stärkere Erhöhung der Energieeffizienz darstellen, wozu das Energieeffizenzgesetz womöglich nur den ersten Dominostein darstellt.
Quellen: BMWK - Bundestag beschließt Energieeffizienzgesetz, Deutscher Bundestag Drucksache 20/7632 Beschlussempfehlung und Bericht des Ausschusses für Klimaschutz und Energie (25. Ausschuss) zu dem Gesetzentwurf der Bundesregierung – Drucksache 20/6872 – Entwurf eines Gesetzes zur Steigerung der Energieeffizienz und zur Änderung des Energiedienstleistungsgesetzes, https://www.dihk.de/de/themen-und-positionen/wirtschaftspolitik/energie/dihk-webinar-das-neue-energieeffizienzgesetz, https://www.bmwk.de/Redaktion/DE/Downloads/Gesetz/entwurf-enefg.pdf?__blob=publicationFile&v=6, https://www.ihk.de/hagen/innovation/energie/aktuelles/energieeffizienzgesetz-2023, https://www.bundesregierung.de/breg-de/aktuelles/energieeffizienzgesetz, https://www.bundestag.de/dokumente/textarchiv/2023/kw24-pa-klimaschutz-energieeffizienzgesetz