Fehlermanagement: Ohne Fehlerkultur ändert sich nichts
In den wenigsten Unternehmen wird mit Fehlern sinnvoll umgegangen. Denn ist ein Fehler passiert, gibt es oft zwei extreme Positionen: Entweder der Fehler wird mit einem lockeren "Jeder macht mal Fehler!" abgetan, ohne dass irgendwelche Konsequenzen folgen. Oder es wird schnell ein Schuldiger ausgemacht, der mit einem Kritikgespräch oder einer Abmahnung rechnen muss. In den wenigsten Fällen wird hinterfragt, wie es zum Fehler kommen konnte. Dabei kosten unsinnige Schuldzuweisungen das Unternehmen nur Geld, lähmen die Organisation und zerstören Vertrauen.
Erfahrungen aus der Medizin, die der Patientensicherheit willen längst ein Fehlermanagement eingeführt hat, zeigen, dass es oft nicht der einzelne Fehler ist, der zur Katastrophe führt, sondern dass i. d. R. eine Kette aus Fehlern vorliegt. Fehler sollten also nicht unter dem Aspekt der negativen Folgen gesehen werden, sondern als Chance, es in Zukunft besser zu machen.
Fehlerkultur etablieren: Ursache des Fehlers analysieren
Es bringt dem Unternehmen auf Dauer also nichts, einen Schuldigen zu suchen, der den Fehler verursacht hat und dafür geradestehen muss. Vielmehr müssen Geschäftsführer genau analysieren, wie es zum Fehler kommen konnte. Sie müssen sich also fragen, ob
- der Fehler auf das Handeln oder Nicht-Handeln eines einzelnen Mitarbeiters zurückzuführen ist,
- die Arbeitsorganisation fehlerhaft ist,
- eine falsche oder missverständliche Anweisung zum Fehler geführt hat,
- der Mitarbeiter genug Zeit hatte, die Aufgabe ohne Fehler zu erfüllen,
- der Fehler aufgrund einer falschen Entscheidung eines Mitarbeiters zustande gekommen ist,
- der Mitarbeiter nicht richtig ausgebildet ist,
- dem Verantwortlichen bewusst war, dass etwas schief läuft, oder ob dieser nach dem Motto "Haben wir immer schon so gemacht" gehandelt hat.
Praxistipp: Geschäftsführer bzw. Personalverantwortliche sollten das Gespräch nicht nur mit dem betroffenen Mitarbeiter führen, sondern das Problem mit dem verantwortlichen Team, in der Abteilung oder sogar abteilungsübergreifend diskutieren – ohne dabei den einzelnen Mitarbeiter an den Pranger zu stellen. Denn erst wenn der Fehler analysiert ist, können zielführende Maßnahmen beschlossen werden.
Die Rolle des Geschäftsführers bei der Etablierung einer Fehlerkultur
Der Aufbau einer Fehlerkultur im Unternehmen ist Aufgabe der Führungskraft, die als Vorbild fungiert. Geht z. B. der Geschäftsführer offen mit (eigenen) Fehlentscheidungen um, fällt es auch den Angestellten leichter, Fehler einzugestehen, statt die Energie darauf zu verschwenden, diesen zu vertuschen.
Natürlich muss auch der Geschäftsführer erst einmal lernen, mit den Fehlern der Mitarbeiter im Sinne der Fehlerkultur umzugehen. Selbst wenn ein grober Schnitzer passiert, sollte nicht die erste Intention sein, den Mitarbeiter zu bestrafen. Denn muss der Angestellte Sanktionen fürchten, wird er den Fehler nicht freiwillig zugeben.
Fehlerkultur entwickeln: So können Unternehmen mit Fehlern umgehen
Damit eine Fehlerkultur im Unternehmen entstehen kann, müssen Mitarbeiter gewillt sein, Fehler zu kommunizieren. Das gelingt mit der Einführung eines internen Hinweisgebersystems. Hier kann jeder Mitarbeiter anonym melden, was im Unternehmen schiefläuft. Eine weitere Option ist, das Hinweisgebersystem auch für Kunden und Lieferanten zu öffnen.
Natürlich dürfen die so gesammelten Meldungen nicht irgendwo in einer Schublade verschwinden. Es müssen Maßnahmen folgen, um zumindest der Sache auf den Grund zu gehen, ansonsten sinkt die Motivation der Mitarbeiter sehr schnell.
Ein Fehlermanagement kann auch nur dann funktionieren, wenn es entsprechend an den Mitarbeiter kommuniziert wird. Weitere Schritte zur Etablierung einer Fehlerkultur könnten sein:
- Es ist sinnvoll, Mitarbeiter in den Aufbau des Fehlermanagements einzubeziehen, da sie die definierten Arbeitsprozesse am ehesten bewerten können.
- Das "Haben wir schon immer so gemacht" muss auf den Prüfstand gestellt werden.
- Schnittstellen zwischen Teams/Abteilungen müssen hinterfragt werden.
- In der Gruppe darüber zu diskutieren, bringt oft erstaunliche Ideen zum Vorschein, denn innovative Lösungen entstehen häufig erst dann, wenn getüftelt wird.
In der Regel lassen sich Fehler, wenn sie zeitnah entdeckt werden, schnell beheben. Und wenn sich aus dem Fehler schwerwiegende Folgen für das Unternehmen ergeben, ist es die Aufgabe der Geschäftsführung, die Sache (evtl. mit dem Kunden) zu klären und Konsequenzen daraus zu ziehen.
Umgang mit Whistleblowern gehört zur Fehlerkultur
Unter Whistleblowing wird das Melden von Missständen in einem Unternehmen verstanden. Dabei geht es nicht um Banalitäten, sondern um schwerwiegende Vorwürfe wie die Verletzung geistigen Eigentums oder Korruption. Das Arbeitsrecht verlangt vom Mitarbeiter in solchen Fällen, zuerst den Vorgesetzten mit den Vorwürfen zu konfrontieren. Erst wenn das nichts bringt, kann er sich für den Weg nach außen entscheiden und z. B. die Staatsanwaltschaft einschalten.
Eine effektive Fehlerkultur kann verhindern, dass es überhaupt so weit kommt, dass sich der Mitarbeiter außerhalb der Firma Unterstützung suchen und im Fall einer Anzeige Geschäfts- und Betriebsgeheimnisse preisgeben muss. Nähere Informationen zu den gesetzlichen Rahmenbedingungen bietet die neue „Whistleblower-Richtlinie“.
Abmahnung und Kündigung als letzte Lösung
Als letzte Lösung stehen nach einem Fehler des Mitarbeiters eine Abmahnung bzw. Kündigung im Raum. Damit Arbeitgeber und Personalverantwortliche in solch einem Fall die aktuellen arbeitsrechtlichen Vorgaben kennen, gibt es den „Themenbrief Arbeitsrecht“. In jeder Ausgabe informiert er über ein relevantes Thema, erklärt dessen rechtliche Grundlagen und gibt Tipps zur Umsetzung in der Praxis.
Warum Geschäftsführer nicht nur im Hinblick auf ihre Haftung von einem konsequenten Fehlermanagement profitieren, zeigt das Handbuch „Das neue GmbH-Recht“. Es bietet zahlreiche Vorlagen und Muster rund um die erfolgreiche Führung der GmbH – wozu auch das Führen der Beschäftigten zählt.
Quellen: "Das neue GmbH-Recht", "Abmahnung und Kündigung"