Inhaltsverzeichnis
- Was ist die Störfallverordnung?
- Wer unterliegt der Störfallverordnung?
- Störfallverordnung: Grundpflichten für Betriebe
- Erweiterte Pflichten für Bereiche oberer Klasse
- Störfallverordnung: Information der Öffentlichkeit
Was ist die Störfallverordnung?
Die Störfall-Verordnung (Abkürzung: „StöV“) ist die zwölfte Verordnung zur Durchführung des Bundes-Immissionsschutzgesetzes (12. BImSchV). Sie regelt den Schutz der Umwelt und des Menschen vor Störfällen in Betrieben mit gefährlichen Stoffen. Die Verordnung wurde erstmals am 26. April 2000 veröffentlicht und zuletzt im März 2017 neu gefasst. Diese Version gilt rückwirkend seit dem 1. Juni 2015 und setzt die Vorgaben der sog. SEVESO III-Richtlinie der EU in nationales Recht um.
Inhaltlich ist die Störfall-Verordnung wie folgt aufgebaut:
- Erster Teil: Allgemeine Vorschriften
- Zweiter Teil: Vorschriften für Betriebsbereiche
- Grundpflichten
- Erweiterte Pflichten
- Behördenpflichten
- Genehmigungsverfahren nach § 23b Bundes-Immissionsschutzgesetz (BImSchG)
- Dritter Teil: Meldeverfahren und Schlussvorschriften
- Anhang I: Mengenschwellen
- Anhang II: Mindestangaben im Sicherheitsbericht
- Anhang III: Sicherheitsmanagementsystem
- Anhang IV: Informationen in Alarm- und Gefahrenabwehrplänen
- Anhang V: Information der Öffentlichkeit
- Anhang VI: Meldungen
Was ist ein Störfall?
Ein Störfall ist ein Ereignis, das unmittelbar oder zu einem späteren Zeitpunkt innerhalb oder außerhalb eines Betriebsbereichs eintritt und zu einer ernsten Gefahr für Mensch/Natur oder zu einem Sachschaden am Betriebsbereich führt. Auslöser des Störfalls i. S. d. StöV ist eine Unterbrechung des bestimmungsgemäßen Betriebs eines Betriebsbereichs durch einen oder mehrere gefährliche Stoffe.
Solch gefährliche Stoffe können Rohstoffe, Endprodukte und Rückstände sowie Neben- und Zwischenprodukte sein. Die konkreten Mengenschwellen für Stoffe und Gemische sind dem Anhang I der Störfall-Verordnung zu entnehmen.
Was ist ein Störfallbetrieb?
Ein Störfallbetrieb ist ein Betrieb, der in den Anwendungsbereich der Störfall-Vverordnung fällt, also unmittelbar von ihren Vorgaben betroffen ist. Hierfür muss im jeweiligen Bereich mindestens ein gefährlicher Stoff in so großen Mengen vorhanden sein, dass er die in der Störfall-Verordnung genannten Mengenschwellen überschreitet.
Wer unterliegt der Störfallverordnung?
Die Störfall-Verordnung gilt für alle Betriebe mit Betriebsbereichen der sog. unteren und oberen Klasse. Diese Einstufung erfolgt anhand der in Anhang 1 definierten Stofflisten:
- Untere Klasse: Betriebsbereich, in dem gefährliche Stoffe in Mengen vorkommen, die die Mengenschwellen in Spalte 4 erreichen oder überschreiten, aber die Werte aus Spalte 5 nicht erreichen.
- Obere Klasse: Betriebsbereich, in dem gefährliche Stoffe in Mengen vorhanden sind, die die Mengenschwellen in Spalte 5 erreichen oder überschreiten.
Sie alle müssen die Grundpflichten der Störfall-Verordnung erfüllen. Für Betriebsbereiche der oberen Klasse gelten zusätzlich die erweiterten Pflichten:
Einstufung | Geltende Pflichten nach Störfall-Verordnung |
Betriebsbereiche unterer Klasse |
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Betriebsbereiche oberer Klasse |
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Welche Anforderungen im Detail mit diesen Betreiberpflichten einhergehen, zeigt der folgende Abschnitt.
Störfallverordnung: Grundpflichten für Betriebe
Grundsätzlich hat der Betreiber alle notwendigen Vorkehrungen zu treffen, um Störfälle im Betrieb zu vermeiden. Das beinhaltet auch vorbeugende Maßnahmen, um Auswirkungen von Störfällen so gering wie möglich zu halten.
Um zu prüfen, welche Vorkehrungen hierfür notwendig sind, muss der Betreiber insbesondere diese Punkte beachten:
- Betriebliche Gefahrenquellen (Brände, Explosionen, Freisetzung gefährlicher Stoffe etc.)
- Umgebungsbedingte Gefahrenquellen (Hochwasser, Erdbeben etc.)
- Eingriffe von Unbefugten (Diebstahl, Terroranschläge etc.)
Dementsprechend fordert die Störfall-Verordnung, dass ausreichende Warn-, Alarm- und Sicherheitseinrichtungen im Betriebsbereich vorhanden sind, genauso wie zuverlässige MSR-Einrichtungen. Alle Betriebsanlagen und deren Arbeitsverfahren müssen dem Stand der Sicherheitstechnik entsprechen.
Darüber hinaus ist bereits beim Errichten des Betriebsbereichs darauf zu achten, dass durch die Beschaffenheit der Fundamente und tragenden Gebäudeteile bei einem Störfall keine zusätzlichen Gefahren drohen.
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Erweiterte Pflichten für Bereiche oberer Klasse
Betriebsbereiche der oberen Klasse weisen eine höhere Konzentration an gefährlichen Stoffen (Mengenschwellen) auf. Daher weisen sie ein höheres Risiko für Störfälle und erhebliche Umweltauswirkungen bei solchen Ereignissen auf. Um die Sicherheit von Mensch und Natur zu gewährleisten, müssen diese Bereiche neben den Grundpflichten noch weitere Anforderungen der Störfall-Verordnung erfüllen.
Sicherheitsbericht
Der Betreiber muss einen Sicherheitsbericht erstellen, der die geforderten Angaben aus Anhang II der Störfall-Verordnung enthält. Dazu gehören insbesondere Angaben zum Sicherheitsmanagementsystem und die Betriebsorganisation zur Verhinderung von Störfällen (→ Anhang III Störfall-Verordnung).
Dieser Sicherheitsbericht ist der zuständigen Behörde vorzulegen und mindestens alle fünf Jahre zu aktualisieren. Tritt ein Störfall ein oder ergeben sich relevante betriebliche Änderungen, ist der Bericht ebenfalls anzupassen.
Alarm- und Gefahrenabwehrpläne
Neben dem Sicherheitsbericht muss der Betreiber eines Betriebsbereichs der oberen Klasse interne Alarm- und Gefahrenabwehrpläne nach Anhang IV der Störfall-Verordnung erstellen. Außerdem hat er der zuständigen Behörde die Daten zu übermitteln, die für die Erstellung externer Alarm- und Gefahrenabwehrpläne notwendig sind.
Die internen Pläne sind spätestens einen Monat vor Inbetriebnahme des Betriebsbereichs oder vor Änderungen der Anlage oder der Tätigkeiten fertig zu stellen. Ebenso müssen die Daten für die externen Pläne bis zu diesem Zeitpunkt bei der Behörde eingegangen sein.
Darüber hinaus hat der Betreiber seine Beschäftigten regelmäßig über die in den Plänen definierten Verhaltensregeln zu unterweisen – vor erstmaligem Arbeitsbeginn und danach alle drei Jahre. In diesem Rhythmus müssen auch die Alarm- und Gefahrenabwehrpläne überprüft und erprobt werden.
Hinzu kommt eine erweiterte Informationspflicht der Öffentlichkeit über den Umgang mit Störfällen und deren Vorbeugung.
Störfallverordnung: Information der Öffentlichkeit
Alle Betriebsbereiche, die von der Störfall-Verordnung betroffen sind, müssen der Öffentlichkeit bestimmte Informationen offen legen – analog und elektronisch. Dies soll die Bevölkerung besser vor den Risiken der Industrieanlagen bei Störfällen schützen.
Die Informationspflicht umfasst, je nach Einstufung des Betriebsbereichs, grundlegende und weitergehende Informationen:
Einstufung | Nötige Informationen für die Öffentlichkeit |
Bereiche unterer Klasse |
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Bereiche oberer Klasse |
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Diese Daten müssen spätestens einen Monat vor Inbetriebnahme eines Betriebsbereichs oder vor störfallrelevanten Neuerungen bekannt gegeben werden. Bei betrieblichen Änderungen (z. B. Umbauarbeiten, Änderung der Arbeitsabläufe), die das Risiko oder die möglichen Folgen von Störfällen beeinflussen könnten, müssen die Informationen für die Öffentlichkeit aktualisiert werden – bei Bereichen oberer Klasse spätestens alle drei Jahre.
Ausnahme: Betreiber können sich – zumindest für Bereiche unterer Klasse – von der Pflicht zur Veröffentlichung der Informationen nach Störfall-Verordnung befreien lassen. Hierfür benötigen sie die Zustimmung der verantwortlichen Behörde, die bescheinigt, dass der Betreiber aus Gründen des Schutzes öffentlicher oder privater Belange nach den Bestimmungen von Bund und Ländern über den Zugang zu Umweltinformationen von seiner Informationspflicht entbunden ist.
Dennoch bleiben für Betreiber zahlreiche Vorgaben der Störfall-Verordnung bestehen, die im Betriebsalltag umzusetzen sind. Unterstützung liefern dabei Nachschlagewerke und Arbeitshilfen.
Quelle: Störfall-Verordnung (12. BImSchV)