Dienstliche Beurteilung von Lehrern: Grundsätze der Lehrerbewertung und zehn häufige Beurteilungsfehler

26.02.2025 | Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Dienstliche Beurteilungen gehören zu den wichtigsten Instrumenten der Personalführung und Qualitätssicherung an Schulen. Zwar gibt es je nach Bundesland klare Vorgaben, doch die praktische Umsetzung lässt oft Spielräume für subjektive Einschätzungen. Daher sollten insbesondere Schulleitungen die Grundsätze der Lehrerbewertung und häufige Beurteilungsfehler kennen.

 

Inhaltsverzeichnis 

  1. Herausforderungen bei der dienstlichen Beurteilung
  2. Grundsätze der Lehrerbewertung
  3. Warum werden dienstliche Beurteilungen durchgeführt?
  4. Wann erfolgt die dienstliche Beurteilung der Lehrer?
  5. Zehn häufigste Beurteilungsfehler und Gegenmaßnahmen
  6. Textbausteine und Formulierungshilfen für dienstliche Beurteilungen

Herausforderungen bei der dienstlichen Beurteilung 

Schulleitungen müssen gemäß den Beurteilungsrichtlinien ihre Lehrkräfte regelmäßig in Form einer dienstlichen Beurteilung prüfen. Dabei ist Fingerspitzengefühl gefragt: Einerseits müssen sie den Arbeitsaufwand würdigen, den die Lehrkräfte täglich für Unterrichtsvorbereitung, Erziehungsarbeit, Elterngespräche etc. aufbringen. Andererseits müssen sie objektiv urteilen, um die Leistung der Lehrkraft korrekt einzuschätzen und so die Qualität des Unterrichts zu sichern.

Für die Lehrkräfte selbst ist die dienstliche Beurteilung oft ein sensibles Thema, weil sie ihre berufliche Weiterentwicklung beeinflusst. Deshalb sollten Schulleiterinnen und Schulleiter nicht nur typische Beurteilungsfehler vermeiden. Sie sollten auch im Kollegium klar kommunizieren, was „guter“ Unterricht ist und an welchen Kriterien sie ihn messen.  

Grundsätze der Lehrerbewertung 

Schulleiterinnen und Schulleiter sind verpflichtet, den Unterricht zu besuchen und eine dienstliche Beurteilung zu erstellen. Dabei müssen sie gewisse Grundsätze beachten.

Die wichtigsten Grundsätze sind: 

  • Unparteilichkeit 
  • Objektivität und Unvoreingenommenheit 
  • Gleichbehandlung

Als Hauptkriterien, die im Rahmen der dienstlichen Beurteilung zu bewerten sind, gelten: 

Eignung  Befähigung  Leistung 
Unter dem Punkt Eignung werden die persönlichen Eigenschaften der Lehrkraft bewertet. Dazu gehören unter anderem das Urteilsvermögen, das Einfühlungsvermögen und die Führungsqualitäten.  Hier werden die Fähigkeiten, Fertigkeiten und Kenntnisse der Lehrkraft erfasst, die für den Beruf wichtig sind. Neben dem fachlichen Wissen sind didaktische und pädagogische Fähigkeiten zu prüfen.
Unter „Leistung“ bewertet die Schulleitung die Qualität der Arbeitsergebnisse. Dazu gehören Arbeitstempo, Zuverlässigkeit, Selbständigkeit etc. 

Warum werden dienstliche Beurteilungen durchgeführt?

Die dienstliche Beurteilung erfüllt im Wesentlichen drei Funktionen:

  1. Sie gilt als Instrument der Personalführung und der Qualitätssicherung des Unterrichts.
  2. Sie beeinflusst die Auswahlentscheidungen über die dienstliche Verwendung und das berufliche Fortkommen der Lehrkräfte.
  3. Sie bildet eine wesentliche Grundlage für Entscheidungen über den leistungsbezogenen Aufstieg oder Verbleib in den Grundgehaltsstufen

Früher betraf die dienstliche Beurteilung in erster Linie verbeamtete Lehrkräfte. Inwzsichen ist dieses Recht jedoch auch bei Lehrerinnen und Lehrern im Angestelltenverhältnis oder Quereinstieg regelmäßig ausdrücklich in den Tarifverträgen verankert. 

Wann erfolgt die dienstliche Beurteilung der Lehrer? 

Die einzelnen Bundesländer haben per Erlass geregelt, wann dienstliche Beurteilungen erstellt werden können oder müssen. Grundsätzlich sind dienstliche Beurteilungen etwa zu folgenden Anlässen möglich: 

  • Während und nach Ende der laufbahnrechtlichen Probezeit
  • Bei einem Laufbahnwechsel 
  • Vor einer Beförderung 
  • Vor einem Einsatz in der Lehrerausbildung 
  • Vor einer Beurlaubung in den Auslandsschuldienst 
  • Vor einem Einsatz im Hochschuldienst 
  • Vor der Erstellung eines Dienstzeugnisses 
  • Vor einer dienstrechtlichen Entscheidung, für die die genaue Kenntnis der derzeitigen Leistungen erforderlich ist
  • Auf eigenen Wunsch

Zehn häufige Beurteilungsfehler und Gegenmaßnahmen

Die Sozialpsychologie benennt zahlreiche Begleiteffekte, die zu falschen Beurteilungen führen können. Schulleiterinnen und Schulleiter sowie Beurteilende im Allgemeinen lassen sich oft bewusst oder unbewusst durch vezerrte Beobachtungen leiten, und begehen möglicherweise folgende Beurteilungsfehler:


1. Halo-Effekt

Manch Lehrkräfte besitzen eine positive Eigenschaft, die sie innerhalb des Kollegiums hervorhebt. Diese Eigenschaft überstrahlt oft andere Persönlichkeitsmerkmale, die unter anderem Umständen negativ gedeutet werden könnten. Dadurch kann eine Überbewertung des positiven Merkmals zustande kommen.

→ Maßnahme: Solche Lehrerinnen und Lehrer bewusst differenziert betrachten und Positives sowie Negatives abwägen.

2. Milde-Effekt

Ein häufiger Grund für eine zu positive Bewertung ist ein niedriges Anspruchsniveau der beurteilenden Person oder die Sorge, durch negative Äußerungen eine Konfrontation herbeizuführen oder die Beziehung zu stören.

Maßnahme: Anspruch erhöhen, zu eigenen Aussagen stehen und auf objektive Fakten fokussieren.

3. Strenge-Effekt

Das Gegenstück zum Milde-Effekt: Beim Strenge-Effekt fallen dienstliche Beurteilungen von Lehrern und Lehrerinnen oft schlechter aus. Ursache sind zu hohe Ansprüche oder gar Antipathien gegen die Person vonseiten der Beurteilenden.

Maßnahme: Persönliche Befindlichkeiten dürfen bei einer Beurteilung keine Rolle spielen. Außerdem sollten die Beurteilenden ihre Anspruchshaltung realistisch betrachten und gegebenenfalls senken.

4. Tendenz zur Mitte-Effekt

Viele Lehrerinnen und Lehrer werden mit mittleren Noten bewertet. Das liegt meist nicht daran, dass sie nur durchschnittliche Leistung erbringen, sondern weil die Schulleitung aufgrund mangelnder Motivation, fehlender Kompetenz oder unzureichender Beobachtung nur durchschnittliche Beurteilungen abgibt.

Maßnahme: Stärker differenzieren und die Notenskala voll ausschöpfen.

5. Extrem-Effekt

Einigen Beurteilenden fehlt ein ausgewogenes Urteilsvermögen, sodass sie die Leistung der Lehrkräfte entweder zu gut oder zu schlecht bewerten.

Maßnahme: Auch hier differenzierter beobachten, Zwischenstufen einräumen und sich intensiver mit den Aussagen zur Notenabstufung vertraut machen.

6. Hierarchie-Effekt

In Schulen des Sekundarbereichs I und II neigen Schulleitungen dazu, Lehrerinnen oder Lehrer mit einer höheren Qualifikation besser zu beurteilen. Das gilt auch, wenn Lehrkräfte höhere Laufbahnstufen oder Beförderungsämter innehaben.

Maßnahme: Nicht die Position einer Lehrkraft bewerten, sondern ihre Leistung im Dienst.

7. Nähe-Effekt

Besonders herausfordernd wird es, wenn die Schulleitung eng mit der zu beurteilenden Lehrkraft zusammenarbeitet. Da sich die Beteiligten kennen und damit die Erwartungshaltung bekannt ist, kann die Beurteilung besser ausfallen als bei anderen Personen.

Maßnahme: Die Leistung und Eignung der Kolleginnen und Kollegen mit anderen zu vergleichen und bewusst differenziert zu betrachten.

8. Primacy-Effekt

Es ist bekannt, dass der erste Eindruck zählt. Auch beim Vorgesetzten bleibt dieser erste Eindruck noch lange bestehen und kann die Beurteilung positiv oder negativ verfälschen.

Maßnahme: Diesen ersten Eindruck bewusst ignorieren und ihre Bewertung auf reale Beobachtungen stützen.

9. Recency-Effekt

Genau wie der erste Eindruck kann auch ein kürzlich eingetroffenes Ereignis entscheidend für die Bewertung sein. Beurteilende neigen dann oft dazu, dieses Ereignis überzubewerten.

Maßnahme: Eigene Beobachtungen über einen längeren Zeitraum hinweg mit Datumsangabe dokumentieren.

10. Sympathie-Effekt

Manche Menschen wirken aufgrund ihrer Natur sympathisch auf andere. Unbewusst beurteilt die Schulleitung solche Lehrkräfte mit solcher Natur positiver. Das gilt in umgekehrtem Maße auch für die Antipathie.

Maßnahme: Leistungen mit anderen Kolleginnen und Kollegen vergleichen sowie Vorleistungen und Aussagen anderer Personen heranziehen.


Mithilfe der Punkte sensibilisieren sich Schulleitungen und anderen Beurteilenden dafür, welche Beurteilungsfehler ihnen während der dienstlichen Beurteilung unbewusst unterlaufen. Im nächsten Schritt können sie anhand der genannten Punkte gezielter an ihrem Urteilsvermögen arbeiten.

Tipps für professionelle Lehrerbeurteilungen

Folgende Tipps helfen zusätzlich bei der korrekten dienstlichen Beurteilung in der Schule:

  • Sich nicht von Vorurteilen anderer beeinflussen lassen. Die Note darf nicht schon feststehen, bevor die beurteilende Person die Lehrkraft persönlich eingeschätzt hat.
  • Sich nicht allein auf die Aussagen Dritter verlassen.
  • Sich nicht von der Sympathie zu einer bestimmten Person beeinflussen lassen.
  • Den gesamten Beurteilungszeitraum berücksichtigen und kürzlich erbrachte Leistungen nicht übergewichten.
  • Nicht die eigenen Leistungen als Bewertungsmaßstab nutzen, sondern die Lehrkraft an den Anforderungen ihrer Aufgaben bewerten.
  • Konsequenzen, die die dienstliche Beurteilung für den Lehrer oder die Lehrerin hat, ausblenden.
  • Deutlich sagen, was gemeint ist, und auf vage Pauschalaussagen verzichten.
Zusätzlich können sich Schulleitungen die Beurteilung vereinfachen, indem sie fertige Formulierungshilfen und Textbausteine nutzen.

Textbausteine und Formulierungshilfen für dienstliche Beurteilungen

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