Zehn Merkmale guten Unterrichts
Einen guten Unterricht zu halten, dem alle Schülerinnen und Schüler folgen und aus dem sie etwas mitnehmen können, ist wohl das Ziel jeder Lehrkraft. Dem deutschen Pädagogen Hilbert Meyer zufolge sollten dafür die folgenden Merkmale erfüllt sein:
1. Klare Strukturierung des Unterrichts
Für einen guten Unterricht ist es zwingend erforderlich, dass zwischen Lehrkraft und Schülern klare Regeln, Rituale und Freiräume vereinbart werden.
Unverzichtbar ist es,
- die Ziele des Unterrichts klar zu definieren (Was soll heute gelernt werden?),
- strukturiert vorzugehen (Wie soll der Lernprozess ermöglicht werden?) und
- dass die Methoden, Erklärungen und Darstellungen klar und zweckorientiert sind.
Erst eine klare Strukturierung des Unterrichts gibt Schülern Sicherheit und genügend Freiraum für das eigenverantwortliche Lernen.
2. Hoher Anteil an echter Lernzeit
Kommt eine Lehrkraft nur fünf Minuten zu spät aus der Pause in die Klasse, geht ein Neuntel der Unterrichtsstunde verloren – das sind immerhin 11 Prozent. Ein gutes Zeitmanagement und Pünktlichkeit sowohl vonseiten der Lehrkraft als auch der Schülerinnen und Schüler kann den Anteil echter Lernzeit entscheidend steigern.
Wichtig ist zudem, dass
- Organisationsarbeiten aus dem Unterricht ausgelagert werden und
- Disziplin und Ordnung während der Unterrichtsstunde eingehalten werden. Denn Ermahnungen und Korrekturen von Schülerverhalten kosten viel Zeit.
3. Lernförderliches Klima
In der Lernpsychologie werden vier Grundbedingungen für Lernen unterschieden: Kognition, Motivation, Emotion und soziale Interaktion. Das individuelle Lernen wird demnach erleichtert, wenn Schülerinnen und Schüler gerne lernen, das Lernen mit positiven Gefühlen verbinden und dies im Austausch mit anderen tun.
Voraussetzung für einen guten Unterricht ist, dass die Schülerinnen und Schüler Verantwortung auch für das eigene Lernen übernehmen können und in ihren Interaktionen Gerechtigkeit und Fürsorge vonseiten der Lehrkraft erfahren.
Hinweis: Lehrkräfte sollten im Unterricht ein fehlerfreundliches Klima schaffen.
4. Inhaltliche Klarheit
Um einen guten Unterricht nach Meyer zu gestalten, müssen Lehrkräfte didaktischen Grundprinzipien einhalten.
Dazu gehört
- eine verständliche Aufgabenstellung,
- thematische Stringenz und
- inhaltliche Klarheit.
Bei der Wahl der Aufgaben sollten die Pädagogen auf einen Wechsel der Aufgabenformen achten. Offene Aufgabenstellungen lassen Schülerinnen und Schülern mehr Freiraum zum Ausprobieren, Erforschen und Erproben. Das übt wiederum mehr Anziehungskraft auf die Lernenden aus.
5. Sinnstiftendes Kommunizieren
Lehrkräfte sollten im Rahmen der sozialen Interaktion
- die Klasse an der Planung der Unterrichtsgestaltung beteiligen,
- eine förderliche Gesprächskultur in der Klasse anbahnen,
- die Möglichkeit schaffen, mittels Schülerfeedbacks den Unterricht des Lehrers bewerten zu können und
- Schülerinnen und Schüler zur Reflexion über das eigene Lernen anregen.
Als lernförderlich wirken sich verstärkte Mitgestaltungsmöglichkeiten der Klasse aus, z. B. bei der Auswahl der
- Inhalte,
- Methoden,
- Sozial- und Arbeitsformen,
- Arbeitsmittel,
- Zeitdauer,
- Präsentation der Ergebnisse und
- Bewertung.
6. Methodenvielfalt
Methodenvielfalt ist laut Meyer der Schlüssel zum guten Unterricht. Dabei kommt es auf den Reichtum an Inszenierungstechniken, die Vielfalt der Handlungsmuster und die Variabilität der Verlaufsformen an.
7. Individuelles Fördern
Guter Unterricht berücksichtigt, dass jede Schülerin und jeder Schüler unterschiedliche Lernvoraussetzungen, Vorerfahrungen und Wissen mitbringt. Dementsprechend muss die Lernumgebung gestaltet und Freiräume ermöglicht werden. Dafür ist es notwendig, Förderpläne zu erstellen, die möglichst individuell allen Schülerinnen und Schülern gerecht werden.
8. Intelligentes Üben
Für den Lernerfolg ist nicht nur wichtig, dass sich Schülerinnen und Schüler genügend Zeit für die Übungen nehmen, sondern auch die Art und Weise, wie sie die Übung angehen. In diesem Rahmen sind passgenaue Übungsaufträge, gezielte Hilfestellungen und das Bewusstmachen von Lernstrategien entscheidend.
9. Transparente Leistungserwartungen
Ein guter Unterricht orientiert sich sowohl an den Bildungsstandards als auch an dem Leistungsvermögen der Lernenden. Den Schülerinnen und Schülern muss bewusst sein, welche Leistungen von ihnen erwartet werden. Lehrkräfte sollten deshalb zwischen Lern- und Übungssituationen einerseits und Leistungs- und Testsituationen andererseits unterscheiden. Denn beim Lernen und Üben ist es selbstverständlich, dass Fehler gemacht werden, aus denen man lernen kann.
Zur transparenten Leistungserwartung gehört es aber auch, dass Lehrerinnen und Lehrer zügig Rückmeldung geben, um so den Lernerfolg zu verstärken.
10. Vorbereitete Umgebung
Um die wertvolle Unterrichtszeit nicht mit der Suche nach einem Geodreieck oder dem Spitzen von Bleistiften zu verschwenden, muss am Arbeitsplatz der Schülerin / des Schülers (aber auch der Lehrkräfte!) Ordnung herrschen. Wenn sich jeder in der Klasse auf den Unterricht vorbereitet und das jeweilige Lernwerkzeug parat hat, wird das Lernen erleichtert.
Schulleitung trägt zur Entwicklung guten Unterrichts bei
Guter Unterricht hängt aber nicht nur von der jeweiligen Lehrkraft ab. Auch die Schulleitung kann zu einer positiven Unterrichtsentwicklung beitragen, indem z. B. die Kooperation der Kolleginnen und Kollegen gestärkt wird.
Quellen: Meyer, Hilbert (2005): Was ist guter Unterricht? Berlin: Cornelsen Scriptor, Software „Dienstliche Beurteilungen und Leistungsberichte in der Schule schnell und sicher erstellen“