Merkmale von Hochbegabung bei Kindern
Grundsätzlich darf Hochbegabung nicht mit hohem Leistungsvermögen verwechselt werden. In Deutschland gilt als hochbegabt, wer in einem anerkannten Intelligenztest einen Wert über 130 erreicht. Dabei lassen sich Intelligenzwerte nur innerhalb eines Landes und einer Generation vergleichen.
Bevor ein Intelligenztest durchgeführt wird, können Eltern und Lehrkräfte bei Kindern schon einmal Verhaltensweisen beobachten, die auf eine Hochbegabung hindeuten können:
- Hochbegabte Kinder sind schon in den ersten Monaten und Jahren auffällig und überspringen ganze Entwicklungsphasen.
- Die Kinder entwickeln sich nicht gleichzeitig schnell: Geistige Leistungen können der motorischen Entwicklung weit voraus sein. Aber auch umgekehrt.
- Hochbegabte Kinder sind lebhaft und schlafen oft weniger als andere Kinder.
- Die Kinder weisen eine überdurchschnittliche Gedächtnisleistung und Merkfähigkeit auf.
- Schon vor dem zweiten Lebensjahr können hochbegabte Kinder vollständige Sätze bilden.
Hochbegabung bei Kindern richtig fördern
Während sich musikalische oder sportliche Sonderbegabung relativ leicht erkennen und durch Musikschulen oder Sportvereine fördern lässt, bleibt die intellektuelle Hochbegabung oft lange unerkannt. Wird die Hochbegabung nicht erkannt, werden die Kinder schnell unglücklich.
Denn damit sich hochbegabte Kinder entsprechend ihrer intellektuellen Fähigkeiten entwickeln können, sind sie auf die Hilfe von Familie, Schule und Freunde angewiesen, die ihnen Folgendes vermitteln müssen:
- Hochbegabte Kinder müssen gute Sozialkompetenzen erwerben. Sie müssen also lernen, die Reaktionen anderer auf ihre Hochbegabung zu verstehen und es als selbstverständlich zu betrachten, an gemeinschaftlichen Aufgaben teilzunehmen. Das Kind sollte schon früh zu Hilfsbereitschaft und Verantwortung erzogen werden.
- Den Kindern muss erlebbar gemacht werden, dass ihre Höchstleistungen nur dann anerkannt werden, wenn sie auf den Nutzen der Gemeinschaft bezogen sind.
- Hochbegabte Kinder müssen immer wieder ermutigt werden, ihren Interessen nachzugehen, ohne aber einen Erwartungsanspruch aufzubauen, der viele Kinder eher entmutigt als motiviert.
Es ist sehr wichtig, dass hochbegabte Kinder Zeit mit anderen Kindern verbringen, damit sie sich nicht zu sehr zurückziehen und schließlich unglücklich werden. Eltern und Lehrer müssen zudem aufpassen, dass das hochbegabte Kind keine „Wunderkind-Allüren“ entwickelt, weil in seiner Anwesenheit zu oft über seine Begabung gesprochen wird.
Schule muss mehr für hochbegabte Kinder tun
Hochbegabt zu sein, ist nicht immer angenehm. Gerade während der Schulzeit sind viele Hochbegabte gezwungen, mit angehaltener Handbremse zu fahren. Denn das Schulsystem kommt ihrer überdurchschnittlichen Denkgeschwindigkeit kaum entgegen. Deshalb müssen nicht nur Lehrer und Eltern, sondern insbesondere die Schule, aber auch bereits vorschulische Einrichtungen besser auf Hochbegabte eingestellt werden:
- Hochbegabung muss Teil von Ausbildung und Studium werden.
- Schulen müssen sich so aufstellen, dass sie flexibel auf hochbegabte Kinder reagieren können. Sie müssen diesen Kindern ermöglichen, ihr individuelles Lerntempo zu nutzen, indem
- hochbegabte Kinder früher eingeschult werden,
- der Lernanreiz durch das Überspringen von Klassen aufrechterhalten wird,
- spezielle Kurse mit höherem Niveau für Hochbegabte angeboten werden,
- durch innere Differenzierung in der Klasse das Niveau erhöht wird oder
- das Kind in der Klasse jene Fächer absolviert, bei denen der Entwicklungsunterschied zu den normal intelligenten Klassenkameraden nicht entscheidend ist (Geschichte, Erdkunde etc.), und eine höhere Klasse für die Fächer besucht, in denen sich seine Hochbegabung besonders zeigt (z. B. Naturwissenschaften).
Umgang mit hochbegabten Kindern: Hilfestellung für Lehrer
Da sich hochbegabte Kinder im Regelunterricht langweilen, fallen sie oft negativ auf. Sie stören (bewusst) den Unterricht, piesacken Klassenkameraden, nehmen die Lehrkraft mit ihren sprachlich weit ausgebildeten Fähigkeiten auf den Arm oder stellen so viele Fragen, dass kein regulärer Unterricht stattfinden kann.
Lehrkräfte reagieren oft falsch, indem sie mit herkömmlichen Mitteln auf diese Aktionen reagieren. Dabei werden oft die Stärken der hochbegabten Kinder zu Problemen gemacht. Damit Lehrkräfte verständnisvoller erzieherisch handeln können, liefert die einschlägige Fachliteratur passende Praxistipps.
Quelle: „Praxisratgeber zur Betreuung und Beratung von Kindern und Jugendlichen“