Aktuelles Urteil zur Anzeigepflicht des Auftragnehmers – Das ist der Fall
Im vorliegenden Fall hatte der Auftragnehmer eine zusätzliche Bauleistung ausgeführt, ohne hierzu einen Auftrag vom Auftraggeber erhalten zu haben. Auch nach der Ausführung hat der Auftragnehmer nicht den Auftraggeber, sondern nur den Architekten informiert, der zwar mit der Bauüberwachung beauftragt, jedoch nicht bevollmächtigt war, Rechtsgeschäfte vorzunehmen.
Damit kam der Auftraggeber seiner Anzeigepflicht nicht nach, wie das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe entschied (OLG Karlsruhe, Urteil vom 07.12.2015, Az. 13 U 110/13 mit Beschluss vom 24.01.2018, Az. VII ZR 7/16). Er hat also keinen Anspruch auf eine Vergütung der zusätzlich erbrachten Leistung gem. § 2 Abs. 8 Nr. 1 VOB/B, weil der Architekt oder Bauleiter nicht bemächtigt ist, für den Auftraggeber Verträge oder Vergütungsvereinbarungen zu schließen.
Weil der Auftragnehmer zudem nicht nachweisen konnte, dass der Architekt früher bereits Nachtragsleistungen in ähnlicher Größenordnung entgegengenommen hatte, war auch eine Zurechnung nach den Grundsätzen der Duldungs- oder Anscheinsvollmacht nicht möglich.
Anspruch auf Aufwendungsersatz bleibt
Nicht abgesprochen wurde dem Auftragnehmer sein Anspruch auf Aufwendungsersatz gem. § 2 Abs. 8 Nr. 3 VOB/B i. V. m. §§ 677 ff. BGB. Er konnte also Ersatz für seine Aufwendungen verlangen, solange die Leistung dem Interesse und dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprach.
Wichtigste Leitsätze des Urteils zur Anzeigepflicht
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Leistungen, die der Auftragnehmer ohne Auftrag ausführt, werden gem. § 2 Abs. 8 Nr. 2 VOB/B nur vergütet, wenn der Auftraggeber sie anerkennt oder die Leistungen für die Erfüllung des Vertrags (technisch) notwendig waren, dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und ihm unverzüglich angezeigt wurden.
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Die unverzügliche Anzeige hat gegenüber dem Auftraggeber oder dessen rechtsgeschäftlichem Vertreter zu erfolgen.
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Eine Anzeige gegenüber dem vollmachtlosen Bauleiter oder Architekten kann dem Auftraggeber nach den Grundsätzen der Anscheins- und Duldungsvollmacht zugerechnet werden.
Was steht im VOB/B zur Anzeigepflicht?
Die VOB/B regelt in § 2 Abs. 8 Nr. 1, dass dem Auftragnehmer eine Vergütung einer Leistung, die er ohne Auftrag oder unter eigenmächtiger Abweichung vom Auftrag ausführt, wenn
- der Auftraggeber solche Leistungen nachträglich anerkennt,
- die Leistung für die Erfüllung des Vertrags notwendig waren,
- die Bauleistung dem mutmaßlichen Willen des Auftraggebers entsprachen und
- ihm unverzüglich angezeigt wurden.
Wie wird die Zustellung der Anzeige nachgewiesen?
Der Auftragnehmer muss notfalls den Zugang der Anzeige beim Auftraggeber beweisen können. Kommt er seiner Anzeigepflicht in Form eines Faxes nach, stellt der Sendebericht zwar keinen Beweis für den Zugang dar, jedoch kann der Auftraggeber dann nicht pauschal bestreiten, dass keine Verbindung zustande gekommen sei.
Erfolgt die Anzeige per E-Mail, ist die Absendung der E-Mail nicht beweiskräftig. Eine Eingangs- und Lesebestätigung kann aber zumindest einen sog. Anscheinsbeweis begründen.
Behinderungsanzeige muss schriftlich erfolgen
Etwas anderes ist es, wenn der Auftragnehmer eine Anzeige wegen Behinderung macht. Die sog. Behinderungsanzeige muss zwingend schriftlich erfolgen. Eine Definition sowie ein einsatzfertiges Muster zur Behinderungsanzeige finden Auftragnehmer im Handbuch „VOB und BGB am Bau“. Mit diesem Werk sind sie auf der Baustelle zumindest rechtlichen immer auf der sicheren Seite. (juse)
Quelle: „VOB und BGB am Bau“