Baugrundgutachten: Wesentliche Informationen für eine fachgemäße Bewertung
21.02.2024 | E. Schlee/J. Morelli – Online, Redaktion Forum Verlag Herkert GmbH
Baugrundrisiken bei Neubauprojekten lassen sich durch ein vorab erstelltes Baugrundgutachten abschätzen und somit minimieren. Dieses sollte in die Projektplanung integriert werden, um Kosten- und Zeitersparnisse zu ermöglichen. Dabei sind auch andere rechtliche, organisatorische und strategische Aspekte bei der Erstellung eines Baugrundgutachten von Bedeutung. Welche dies sind und worauf bei Baugrundgutachten sonst noch geachtet werden muss, erfahren Sie in unserem Fachartikel.
Inhaltsverzeichnis
- Was umfasst das Baugrundgutachten?
- Wann wird ein Baugrundgutachten erstellt?
- Wer erstellt ein Baugrundgutachten und wie sieht es aus?
- Das Baugrundgutachten – ein Fazit
Was umfasst das Baugrundgutachten?
Das Baugrundgutachten stellt fest, ob der Boden überhaupt für den Neubau geeignet ist und den Normen der DIN 4020 entspricht. Durch eine geoanalytische Untersuchung des Baugrunds werden dabei mögliche Interaktionen zwischen dem Boden, dem geplanten Bauwerk, dem Grundwasser und der umliegenden Bebauung umfassend analysiert.
Homogenbereiche
Seit dem Erscheinen der VOB/C im September 2016 werden im Baugrundgutachten die Begrifflichkeiten der Homogenbereiche anstelle der bis dato bekannten Bodenklassen verwendet. Diese Homogenbereiche bestehen aus einzelnen oder mehreren Fels- oder Bodenschichten, die sich alle in einem begrenzten Bereich befinden und ähnliche Eigenschaften aufweisen:
Homogenbereiche ab 2016
EA: Erdarbeiten BA: Bohrarbeiten RA: Ramm-, Rüttel- und Pressarbeiten NA: Nassbaggerarbeiten UA: Untertagebauarbeiten SA: Schlitzwandarbeiten RVA: Rohrvortriebsarbeiten LA: Landschaftsbauarbeiten DA: Düsenstrahlarbeiten HBA: Horizontalspülbohrarbeiten
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Bodenklassen vor 2016
Klasse 1: Oberboden (Mutterboden) Klasse 2: Fließende Bodenarten (Schöpfboden) Klasse 3: Leicht lösbarer oder leichter Boden Klasse 4: Mittelschwerer Boden (Stichboden) Klasse 5: Schwerer Boden (Hackboden) Klasse 6: Leicht lösbarer Fels Klasse 7: Schwer lösbarer Fels |
→ Tipp: lesen Sie hier mehr zur Umstellung der Bodenklassen!
Ein Vorteil der Homogenbereiche ist, dass sie den Boden umfassender beschreiben als die Bodenklassen. Sie ermöglichen daher eine noch detailliertere Planung der Bauarbeiten und eine präzisere Kostenkalkulation.
Doch wie läuft ein Baugrundgutachten genau ab?
Zunächst erfolgt die Datenerhebung: Hierfür werden Bodenproben üblicherweise mittels einer Baugrundsondierung (Rammkernsondierung) entnommen. Zusätzlich werden Fotos des Grundstücks gemacht und im Bauplan mit allen relevanten Geländepunkten, einschließlich Höhenbezugspunkten und Bohransatzpunkten, markiert.
Die Rammsondierung dient der Bestimmung der Lagerungsdichte des Untergrunds. Dabei wird eine Rammspitze mit einem bestimmten Gewicht über eine Fallhöhe von 50 cm in den Boden geschlagen. Die Anzahl der Schläge pro 10 cm Eindringtiefe wird dabei erfasst – was Rückschlüsse über die Festigkeit des Bodens zulässt. Die Anforderungen der genutzten Rammsonden sind in der DIN EN ISO 22476-2 standardisiert. |
Laboranalysen
Die für das Baugrundgutachten gesammelten Proben werden daraufhin im Labor analysiert. Hier wird zwischen einer bodenmechanischen und chemischen Analyse unterschieden.
→ Bodenmechanische Analyse: das Bohrgut wird gesiebt, die Korngrößenverteilung, Konsistenz und Plastizität geprüft.
→ Eine chemische Analyse wird nur bei Verdacht einer (toxischen) Belastung der Böden durchgeführt. Hier wird die genaue Ursache und Expositionsquelle ermittelt sowie ein individueller Maßnahmenplan beschlossen, durch den eine sichere Weiterarbeit ermöglicht wird.
Mögliche Baugrundrisiken
Der Grund für das Baugrundgutachten ist die Eignung eines Baugrunds für das jeweilige Bauvorhaben. Dabei werden Baugrundrisiken identifiziert und wenn möglich behoben. Diese Risiken sind:
Hohes Grundwasser Dolinen (Hohlräume, Sinkhöhle) Schweres Gestein Altlasten (Giftstoffe und Verunreinigungen) Schlechte Tragfähigkeit des Bodens Im seltenen Fall auch Blindgänger |
Wann wird ein Baugrundgutachten erstellt?
Wenn die Absicht besteht, ein Grundstück zu bebauen, ist die Durchführung eines Baugrundgutachtens ratsam. In Deutschland gibt es für private Personen keine gesetzliche Verpflichtung dazu, es sei denn, die geplante Bebauung könnte das benachbarte Grundstück beeinträchtigen.
Schadensersatz
Wenn es aufgrund von Baumaßnahmen zu Schäden am Nachbargrundstück kommt, muss Schadensersatz geleistet oder ggf. das Grundstück in seinen ursprünglichen Zustand zurückzugebracht werden. Dies regeln §§ 823 Abs. 2 und 909 BGB.
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Jeder Bauherr trägt die Verantwortung für die Risiken und Probleme, die durch die Bebauung entstehen können. Diese umfassen nicht nur Bodenbeschaffenheiten, die je nach Standort variieren können, sondern auch die Qualität der verwendeten Materialien und die Sicherheitsmaßnahmen während des Baus.
Daher ist es ratsam, dass der Eigentümer sich schon vor dem Grundstückskauf bzw. dem Bau um ein Baugrundgutachten kümmert.
Wichtig: Oftmals wird in Erwägung gezogen, auf eine Bodenanalyse zu verzichten, um bei der Bauplanung „Kosten“ zu sparen. Ein Schaden, der eigentlich vermeidbar und im Voraus feststellbar wäre, erwiese sich jedoch im Vergleich zum Baugrundgutachten als wesentlich teurer.
Wie viel kostet und wie lange dauert die Erstellung eines Baugrundgutachtens?
Die Ausgaben für die Erstellung eines Baugrundgutachtens variieren je nach Größe des Grundstücks, der Lage des Baugrunds, der geplanten Nutzung und des Umfangs der Untersuchungen. Eingeplant werden sollten zwischen 500 und 1.000 Euro.
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Rahmenbedingungen spielen bei der Dauer der Gutachtenerstellung eine große Rolle. So verlängert sich die Bearbeitungszeit, wenn komplexe Begebenheiten oder Probleme vorhanden sind. Die Mindestbearbeitungsdauer wird auf 3–5 Wochen geschätzt.
Wer erstellt ein Baugrundgutachten?
Um sicherzustellen, dass der Baugrund sachgemäß untersucht wird, ist es ratsam, einen unabhängigen Bodengutachter zu beauftragen. Diese Experten können Geologen, Bauingenieure oder Spezialisten für Geotechnik sein. Es ist ideal, wenn der Gutachter aus derselben Region stammt und über fundierte Kenntnisse der örtlichen Gegebenheiten verfügt. Der Gutachter wird direkt vom Bauherrn beauftragt.
Wie sieht ein Baugrundgutachten aus?
Das Bauordnungsamt vieler Gemeinden, Städten oder Kommunen verfügt bereits über öffentlich einsehbare Baugrundgutachten. Jedoch ist zu beachten, dass diese Gutachten in der Regel nicht so detailliert ausgearbeitet sind wie die Untersuchungen eines speziell für das Bauprojekt engagierten Experten, der kurz vor Baubeginn beauftragt wird.
Folgende Informationen sollten in einem Baugrundgutachten auf jeden Fall aufgegriffen werden:
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Zu Beginn des Baugrundgutachtens werden die Veranlassung und der Auftrag aufgelistet, zusätzlich die Planung und geologische Standortbeschreibung abgegeben und alle aus der Bodenanalyse gewonnen Ergebnisse schriftlich, tabellarisch und grafisch dargestellt. Zum Schluss folgen abschließende Bemerkungen oder Ausführungshinweise.
Das Baugrundgutachten – ein Fazit
Ein Baugrundgutachten ist besonders wichtig, um die Eignung des Bodens für ein Bauvorhaben zu prüfen. Dabei werden Boden und Schichten geotechnisch untersucht, um festzustellen, ob sie den Anforderungen der DIN 4020 entsprechen. Die Baugrunderkundung sollte vor Baubeginn durchgeführt worden sein, um Risiken zu minimieren und sich hinsichtlich möglicher Haftungsansprüchen rechtsicher aufzustellen.
Quellen: § 823 BGB - Einzelnorm (gesetze-im-internet.de) , https://www.baunormenlexikon.de/norm/din-4020