Inhaltsverzeichnis
- Sprachverständlichkeit als grundlegendes Kriterium für Hörsamkeit
- Raumakustische Kenngrößen nach DIN 18041
- Schallharte Oberflächen sind ein Problem für die Raumakustik
- Anforderungen an die akustische Gestaltung in Büros nach VDI 2569
- Absorber: akustisch wirksame Baustoffe
- Fazit: Akustische Normung und DIN 18041
Sprachverständlichkeit als grundlegendes Kriterium der Hörsamkeit
Im Gegensatz zur Bauakustik, deren Ziel der Lärm- und Schallschutz nach außen und zwischen den einzelnen Räumen ist, handelt es sich bei der Raumakustik um alle Aspekte, die die Ausbreitung des Schalls innerhalb eines Raumes beeinflussen. Vor allem in puncto akustischer Barrierefreiheit liefert die DIN 18041 Richtlinien und Handlungsmöglichkeiten, um die auditive Qualität zu verbessern.
Ziel der Norm ist es, dass Sprachkommunikation auch für Personen mit eingeschränktem Hörvermögen mit Hilfe entsprechender raumakustischer Ausstattung und/oder technischen Hilfsmitteln (z. B. induktive Höranlagen, Infrarot- oder Funkübertragung) verständlich ist. Eine auditive Verständlichkeit wird erreicht, wenn möglichst viel direkter Schall und möglichst wenig Nachhall beim Hörer ankommt.
Wie dieses Ziel für unterschiedliche Raumsituationen sicher erreicht werden kann, regelt die DIN 18041 in seinen Anhängen A bis G u. a. durch
- den Nachweis der raumakustischen Anforderungen,
- schalltechnische Bedingungen für eine gute Raumakustik,
- raumakustische Empfehlungen und Planungshinweise für Räume mit Beschallungsanlagen oder
- die Planung und Inbetriebnahme elektroakustischer Beschallungsanlagen für die Sprachübertragung.
Damit eine Umsetzung der DIN 18041 problemlos möglich ist, bedarf es bestimmter Kennzahlen, anhand derer sich die Raumakustik berechnen lässt.
Raumakustische Kenngrößen nach DIN 18041
Die Nachhallzeit gibt die Zeitspanne an, in welcher der Schalldruckpegel nach Verstummen bis auf einen Promille-Wert des ursprünglichen Schalldrucks fällt. Sind Töne und Geräusche in einem Raum hallend, ist die Nachhallzeit lang. Dies wird u. a. durch das Raumvolumen, die Beschaffenheit der Wände und Decken sowie die Einrichtung beeinflusst. So kann die Nachhallzeit bei Kirchen zwischen 4 und 8 Sekunden, in Büroräumen aber nur zwischen 0,5 und 0,8 Sekunden betragen. Berechnen lässt sich die Nachhallzeit durch die sog. Sabinesche Nachhallformel, in der äquivalente Schallabsorptionsfläche sowie Fläche und Material der unterschiedlichen Schallabsorber beinhaltet sind.
Die Messung der Nachhallzeit findet stets in leeren Räumen statt, sodass neben Wänden, Decken und Böden keine Einrichtungsgegenstände das Klangbild verzerren oder absorbieren. © Alotz – stock.adobe.com |
Die Nachhallzeit hat deutliche Auswirkungen auf die Raumakustik, Hörsamkeit und Tonqualität. Grundsätzlich gilt die Faustregel: je größer das Raumvolumen, desto länger die Nachhallzeit. Aber: durch ausreichend Absorption lässt sich die Nachhallzeit deutlich verkürzen.
Sprachverständlichkeit
Besonders in Bildungseinrichtungen und Büros ist die Sprachverständlichkeit eine weitere akustische Messgröße. Sie dient u. a. dazu den Wert der Nachhallzeit zu konkretisieren, da bei gleicher Nachhallzeit die Sprachqualität stark variieren kann. Trotzdem gilt: je kürzer die Nachhallzeit desto höher die Sprachverständlichkeit.
Gerade Büroräumen sollten so geplant werden, dass Mitarbeiter parallel gut verständliche Gespräche führen können. Das ist der Idealfall, in der Praxis jedoch schwierig umsetzbar.
Um Bauwerke gezielt so entwerfen und planen zu können, dass die Räumlichkeiten ein gleich hohes Maß an Hörsamkeit aufzeigen, werden Gebäude nach DIN 18041 in zwei Gruppen eingeteilt.
Unterscheidung von zwei Anwendungen
- Räume der Gruppe A: Hörsamkeit über mittlere und größere Entfernungen
Beispiele: Unterrichtsräume , Gruppenräume in KITAs, Konferenzräume, Gerichts- und Ratssäle, Seminarräume, Hörsäle, Tagungsräume, Räume in Seniorentagesstätten, Sport- und Schwimmhallen. - Räume der Gruppe B: Hörsamkeit über besondere raumakustische Situationen
Beispiele: Verkehrsflächen mit Aufenthaltsqualität, Speiseräume, Kantinen, Spielflure und Umkleiden in Schulen und Kindertageseinrichtungen, Ausstellungsräume, Eingangshallen, Schalterhallen, Büros.
Für Räume der Gruppe A gelten Nachhallzeiten von OMF (Oktav-Mittenfrequenzen) zwischen 125 und 4000 Hz.
Bei Räumen der Gruppe B sind es Frequenzen zwischen 250 und 2000 Hz. Jedoch kommt ein weiteres Bewertungskriterium hinzu: das sog. A/V-Verhältnis, das die Schallabsoprtionsfläche eines Raumes in Quadratmeter mit dem Raumvolumen in Relation setzt. Sie werden durch die DIN 18041 nutzungsspezifisch weiter unterteilt in:
B1 | „Räume ohne Aufenthaltsqualität“ (keine Anforderung an die Raumakustik) |
B2 | „Räume zum kurzfristigen Verweilen“ |
B3 | „Räume zum längerfristigen Verweilen“ |
B4 | „Räume mit Bedarf an Lärmminderung und Raumkomfort“ |
B5 | „Räume mit besonderem Bedarf an Lärmminderung und Raumkomfort“ |
Schallharte Oberflächen sind ein Problem für die Raumakustik
Vor allem im Massivbau kommt es zu längeren Nachhallzeiten in Räumen (gemessen nach DIN EN ISO 3382-2). Das hat zur Folge, dass die Verständlichkeit der Sprache oder die Qualität von Geräuschen per se verschlechtert wird. Das ist vor allem ein Problem im Räumen der Gruppe A, in denen (interaktive) Veranstaltungen abgehalten werden.
Die Lösung: Durch schallabsorbierende Bauteile wird die Nachhallzeit deutlich reduziert und die räumliche Hörsamkeit verbessert. Das (Bau-)mittel zum Zweck hierfür sind meistens Decken, weil sie ausreichend Oberfläche aufweisen und vergleichsweise einfach mit schallabsorbierenden Elementen versehen werden können.
Welche weiteren Faktoren beeinflussen die Raumakustik?
Primärstruktur | Sekundärstruktur |
Lage des Raums im Gebäude | Verteilung und Anordnung schallabsorbierender und schallreflektierender Oberflächen |
Schalldämmung der raumumfassenden Bauteile | Einrichtungsgegenstände |
Raumgeometrie | Personen |
Raumform |
|
Raumgröße |
|
Seien es haustechnische Anlagen oder Betriebsgeräusche – Störgeräusche beeinflussen die Raumakustik zusätzlich. Das gilt auch oder gerade in Großraumbüros, in denen die unterschiedlichsten Hintergrundgeräusche auftreten können.
Anforderungen an die akustische Gestaltung in Büros nach VDI 2569
Der Drucker druckt, die Rechner rechnen, die Tastatur klimpert und Mitarbeiter tauschen sich untereinander aus: im Büroalltag wirken eine Vielzahl an Störgeräuschen. Da dies ein zusätzliches Maß an Anforderungen an die Hörsamkeit stellt, gilt neben der DIN 18041 auch die VDI 2569 („Schallschutz und akustische Gestaltung in Büros“). Die Richtlinie wurde im Oktober 2019 novelliert und in ihrer Neufassung gezielt als Ergänzung zur DIN 18041 gehalten.
Die VDI 2569 geht anders als die DIN 18041 nicht ausschließlich auf die Lärmminderung als Lösungsstrategie ein, da laut neuester Forschung nur 30 bis 40 % der Lärmbelastungen auf technisch-akustische Signale zurückzuführen sind. So ist vor allem das Zusammenspiel von akustischen und kognitiven Reizen zuletzt immer stärker in den Fokus wissenschaftlicher Überlegungen geraten.
So versucht die VDI 2569, Hörsamkeit und Raumakustik als Teil der Geräusch- und Reizkulisse im Büro zu verstehen. Dennoch beinhalten Umsetzungsmaßnahmen bislang nur Maßnahmen zur Steigerung der Sprachverständlichkeit und Senkung von Störgeräuschen.
Einzel- und Mehrpersonenbüros
Nach DIN 18041 gehören Einzelbüros zur Raumkategorie B3 und Mehrpersonenbüros zu B4. Für weitere Spezifikationen verweist die DIN auf die VDI 2569. Die VDI-Richtlinie unterscheidet in ihren raumakustischen Vorgaben ebenso zwischen Einzel- und Mehrpersonenbüros. Zusammen mit der DIN EN ISO 11690-1 werden für unterschiedliche Raumtypen zulässige Geräuschpegel vorgegeben:
Einzelbüros | 30–40 Dezibel |
Großraumbüros | 35–45 Dezibel |
Die VDI 2058 verweist auch direkt auf die VDI 2059 Blatt 3, das die maximal zulässigen Schalldruckpegel in Arbeitsräumen vorgibt. Demnach sollten bei geistigen Tätigkeiten der Geräuschpegel 55 Dezibel nicht überschritten werden – bei „einfachen“ oder „mechanisierten Bürotätigkeiten“ sollten 70 Dezibel als Richtwert dienen.
Im Werk „Barrierefreie Bau- und Wohnkonzepte – Planungshilfen und Praxisbeispiele zu gesetzlichen, technischen und medizinischen Anforderungen“ erläutert Ihnen unser Experte ausführlich die Anforderungen der E DIN 18041. Mit diesen Informationen können Sie die Anforderungen der Norm einfach in die Praxis umsetzen und gutes Sprachverstehen für alle Personen garantieren!
Das lässt sich meist anhand des Einsatzes von sog. Absorbern bewerkstelligen. Darunter fallen unterschiedliche Baustoffe, die aufgrund ihrer Beschaffenheit und Befestigung schallabsorbierend wirken.
Absorber: akustisch wirksame Baustoffe
Vorweg muss gesagt sein, dass jede Art von Oberfläche ein gewisses Maß an akustischer Absorptionsfähigkeit mit sich bring, der Schall aber von ebenen und harten Oberflächen fast vollständig reflektiert wird.
Ob ein textiles Polster, eine eigene Akustikdecke oder spezielle schallabsorbierende Wandverkleidung – für unterschiedliche Zwecke können unterschiedliche Baumaterialen verwendet werden. Dabei ist es wichtig, dass bereits in der Planphase die unterschiedliche „Schallhärte“ berücksichtigt wird.
Zu den am häufigsten verwendeten und in der DIN 18041 empfohlenen akustischen Materialien gehören:
- Glas- und Mineralfaserplatten
- Schaumstoffe
- Gelochte Gipskartonplatten
- Perforierte (Holz-)paneele
- Akustikputz
- Geschichtete Schallabsorber (z. B. Kombination aus Putz und Mineralwolle)
- Mikroperforierte Schallabsorber
Fazit: Akustische Normung und DIN 18041
Neben baurechtlichen Vorschriften und Normen spielt bei der Raumakustik auch der Arbeitsschutz eine größere Rolle. So trägt Raumakustik zur Stimmung und dem allgemeinen Wohlbefinden der Belegschaft bei – unterschiedlichen Lärmpegeln und Hintergrundgeräuschen bedeuten unterschiedliche Konzentrations- und Leistungsfähigkeit.
So sollten laut DIN 18041 Lärmbelastungen in Räumen des Typs A und B innerhalb einer Oktave mit Mittenfrequenzen von 125 bis 4000 Hz liegen. Neben der Schwingungsfrequenz darf die Dezibel-Belastung bei diesen Räumen eine Grenze von 30–45 – abhängig von Form und Nutzung – nicht überschreiten.
Die Normung und Regelung der Raumakustik ist laut Experten aber alles andere als eindeutig. Manche sprechen sogar davon, dass Raumakustik nicht genormt werden kann oder sollte. So gäbe es eine Vielzahl an Beispielen, die zeigen, dass auch ohne Normung gewünschte Effekte wie hochwertige Hörsamkeit und Sprachverständlichkeit gegeben sein können. Aber vor allem im Rahmen gezielter Inklusion ist es sicherlich ratsam, sowohl öffentliche wie auch berufliche Räume lauttechnisch barrierefrei zu gestalten.
Dabei sollten Architekten bereits bei der Planung die Räume nach dieser Klassifizierung gemäß DIN 18041 einteilen, um entsprechende Maßnahmen zur Senkung von Störgeräuschen von Beginn an miteinplanen zu können.
Quellen: „Der Bauleiter“, „Barrierefreie Bau-und Wohnkonzepte“, „der bauschaden“, Lärmbekämpfung 14 (2019) Nr. 6, bm-online, Akustik Journal 03/19, Industrieverband Büro und Arbeitswelt (IBA)