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"Nachtragsmanagement – was müssen Architekten und Ingenieure wissen?"


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Nachtragsmanagement – was müssen Architekten und Ingenieure wissen?

© wutzkoh – stock.adobe.com

Nachtragsmanagement findet sich in allen Bereichen der Wirtschaft und umfasst u.a. die Ursachendokumentation, die Prüfung für Anspruchsgrundlagen und die Einhaltung benötigter Formvorschriften. In der Baubranche jedoch gehört Nachtragsmanagement zum täglich Brot von Bauleitern, Architekten und Ingenieuren. In diesem Kontext fallen unter Nachträge alle zusätzlichen Leistungen, die nicht im Plan- oder Bauvertrag beschlossen wurden, aber notwendig für das Bauprojekt sind. Warum entstehen Nachträge? Wer ist dafür verantwortlich? Was müssen Architekten und Ingenieure wissen?

Inhaltsverzeichnis

  1. Warum entstehen Nachträge?
  2. Rechtliche Grundlagen des Nachtragsmanagements
  3. Nachtragsmanagement nach HOAI
  4. Vergütungsanpassung aufgrund von Zusatzleistungen
  5. Fazit: Nachtragsmanagement – Potenziale nutzen

Warum entstehen Nachträge?

Oft kommt es bei der Planung und Umsetzung von Bauprojekten zu zusätzlich erbrachten Leistungen. Dabei entsteht für den Leistungserbringer ein Recht auf Vergütung. Problematisch ist aber, dass diese Leistungen nicht im Plan- oder Bauvertrag stehen und ggf. nachverhandelt werden müssen. Bei derartigen Nachträgen wir auf der Basis der Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB Teil B) von Nachtragsmanagement gesprochen. Voraussetzung dafür ist eine Vereinbarung der VOB/B als Geschäftsbedingung und die Anpassung der Vergütung als Folge von Nachträgen.

Generell können Nachtragsforderungen nur nach Vertragsabschluss und außerhalb des Wettbewerbs unter Berücksichtigung der Honorarordnung für Architekten und Ingenieure (HOAI) geltend gemacht werden. Wichtig: HOAI kann bei Nachtragsmanagement berücksichtigt werden, muss aber nicht.

Was sind Grundleistungen, was Zusatzleistungen?

Was unter Grundleistungen fällt, wird anhand der HOAI genau festgelegt: Es handelt sich um regelmäßige Leistungen im Rahmen von Flächen-, Objekt- und Fachplanungen. Nachträge und Veränderungen (Zusatzleistungen) führen dazu, dass die Grundleistungen erhöht oder abgeändert werden und es somit zu erhöhten Kosten und Wiederholungshandlungen der jeweiligen Grundleistung kommen kann.

Was ist eine Mengenmehrung?

Liegt eine Abweichung der ausgeführten Leistungsmenge bei mehr als 10 Prozent gegenüber der im Vertrag vorgesehenen Größe, handelt es sich um eine Mengenmehrung. 

Rechtliche Grundlagen des Nachtragsmanagements

Bereits bei der Überprüfung des Plan- oder Bauvertrags kann es zu potenziellen Nachträgen kommen. Das ist z. B. der Fall, wenn vereinbarte Leistungen erfahrungsgemäß umfangreicher ausfallen als zum Ausschreibungszeitpunkt angesetzt – demnach weisen Nachtragsmanagement und Vergaberecht einige gemeinsame Schnittstellen auf.

Die HOAI beinhaltet einige Vorschriften, die zu Vergütungsansprüchen unter bestimmten Voraussetzungen führen können. Darüber hinaus findet sich im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 650 BGB) seit dem 01.01.2018 eine Novellierung des Bauvertragsrecht, das ein einseitiges Anordnungsrechts des Auftraggebers stärkt. Dabei wurde im BGB auch der finanzielle Rahmen der Nachtragsleistungen festgelegt.

Das Neue hierbei ist, dass die Formulierung von tatsächlich erforderlichen Kosten spricht und nicht wie bislang durch die VOB/B (§ 2) vorgeschriebe Preisfortschreibung fordert.

Nachtragsmanagement nach HOAI

Innerhalb eines Planervertrags werden nicht nur die Grundleistungen, sondern auch die Vergütungsberechnung festgelegt. Bislang war der Maßstab für Nachtragsvergütungen das Vergütungssystem der HOAI.

Vor der Novellierung der HOAI war bis zum 31.12.2020 die oft gängige Praxis der Nachtragsvergütung, mit Rechnungsstellen unterhalb der HOAI-Mindestsätze zu agieren. Anschließend konnte bei der Abrechnung der Mindestsatz der HOAI angewendet und somit eine höhere Rechnung gestellt werden. 

HOAI-Nachtragsmanagement-Forum-Verlag-Herkert-GmbH

 Rechnungssätze werde nicht durch das Nachtragsmanagement beeinflusst – die HOAI kann Richtwerte liefern.
© AP – stock.adobe.com

Mit Inkrafttreten der neuen HOAI zum 01.01.2021 ändert sich dies: Vergütungsvorschläge der HOAI sind nunmehr nur noch Empfehlungen und nicht bindend im Sinne einer gesetzlichen Mindestsatzvergütung. Auch ist es nicht mehr notwendig, zum Vertragsabschluss eine Vergütungsvereinbarung zu treffen.

Was bedeutet das für Architekten und Ingenieure?

Künftig muss bei der Vertragsgestaltung detaillierter über die Leistungen berichtet werden. Gleichzeitig haben aber beide Vertragsparteien ein größeres Maß an Gestaltungsfreiraum. D. h. sie können Leistungen und den Leistungsumfang selbst bestimmen – zu einzelnen Objekten können, bis auf wenige Ausnahmen, individuelle Leistungen vereinbart werden.

Für das Nachtragsmanagement bedeutet das, dass entweder auf Grundlage der HOAI 2021 (§ 10 HOAI) oder frei vereinbart, geänderte oder zusätzliche Leistungen angemessen vergütet werden müssen.

Was passiert, wenn kein Preis vereinbart wurde?

Falls kein vertraglich festgelegtes Honorar besteht, findet § 7 Abs. 1 Satz 2 HOAI (2021) Anwendung und legt den Basishonorarsatz fest.

Wie wird ein Nachtragsangebot verfasst?

Sobald dem Auftraggeber der Nachtrag angemeldet wurde, sollte der Angebotssteller ein Nachtragsangebot in Textform verfassen. Darin sollte enthalten sein, warum und aus welchen Gründen mehr Vergütung veranschlagt wird – zulässige Textformen sind Fax, Brief oder E-Mail. Im Unterschied zur Schriftform muss dabei keine beiderseitige Unterschrift vorliegen. Dennoch müssen sich Auftraggeber und -nehmer innerhalb der Laufzeit der vollführten Arbeiten auf das Nachtragsangebot einigen.

Wann entfällt ein Vergütungsanspruch?

Wenn es sich bei der Planungsänderung um eine Nacherfüllung aufgrund mangelhafter Planung handelt oder mehrere Planungsvarianten im Grundleistungskatalog gefordert wurden, entfällt der Vergütungsanspruch.

Vergütungsanpassung aufgrund von Zusatzleistungen 

Gemäß § 10 Abs. 1 HOAI ergibt sich das Honorar für Zusatzleistungen durch Anpassung der Berechnungsgrundlagen der Grundleistungen. Wird der Leistungsumfang der Grundleistungen durch Zusatzleistungen erhöht, fallen zusätzliche Kosten an, die sich im Honorar widerspiegeln müssen. 

Diese Honoraranpassung berücksichtig auch die Honorarzone, die Honorartafel sowie das Leistungsbild.

Wie hoch darf eine Nachtragsvergütung ausfallen?

Bei wiederholten Grundleistungen wird ihrem Anteil an der jeweiligen Leistungsphase entsprechend das Honorar angepasst (§ 10 Abs. 2 HOAI). Wichtig: Wiederholende Grundleistungen können auch ohne anrechenbare Kosten vorliegen.

Vergütungsanpassung bei verlängerter Bauzeit und außergewöhnlichen Leistungen

Anders als bisher, existiert in der HOAI 2021 keine Regelung mehr zur Vergütung bei verlängerter Bauzeit und außergewöhnlichen Leistungen. Dementsprechend müssen Architekten und Ingenieure bei Bauzeitverlängerungen und außergewöhnlichen Leistungen auf das BGB zurückgreifen.

Was unter außergewöhnliche Leistungen fällt, ist ebenfalls nicht in der HOAI definiert. Daraus folgt, dass jede außergewöhnliche Arbeit als solche individuell beschrieben werden muss. Nicht dazu gehören:

  • Leistungen im Rahmen der Beurteilungsmerkmale
  • Leistungen innerhalb der verschiedenen Honorarzonen
  • Übliche Leistungen aufgrund der Objektbeschaffenheit

Inwiefern die Qualität der Arbeit maßgebend für die Kategorisierung als außergewöhnlich ist, bleibt in Einzelfällen zu klären.

In Bezug auf die Bauzeit hat der Bundesgerichtshof bereits 1964 bestimmt, dass eine Überschreitung der Regelbauzeit erst als ungewöhnlich anzusehen sei, wenn sie über 60–80 Prozent liege.

Hilfreich könnte es sein, vertraglich festzulegen, in welchem Rahmen eine Bauzeitüberschreitung und außergewöhnliche Leistungen möglich sind und welchen Umfang sie haben dürfen.

Sonderfall: Planungsbehinderungen

Unter Planungsbehinderungen werden all diejenigen Fälle verstanden, die es dem Architekten oder Ingenieur unmöglich machen, Planungsleistungen zu erbringen.

In derartigen Fällen muss der Planer seine Planungsbehinderung gegenüber dem Auftraggeber zur Anzeige bringen und dokumentieren. Darin enthalten sein müssen der Grund der Behinderung, die Umsetzungsmaßnahmen sowie die Kosten.

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Fazit: Nachtragsmanagement – Potenziale nutzen

Das Nachtragsmanagement bei Architekten- und Ingenieurverträgen wird durch das Inkrafttreten der HOAI 2021 umfassender. Eine dementsprechende lückenlose Dokumentation ist für Architekten und Ingenieure entscheidend, um den Vergütungsanspruch und anschließende Nachtragsvergütung zu gewährleisten. 

Um in Rahmen des Nachtragmanagements Honorarpotenziale vollständig ausschöpfen zu können, müssen sich Architekten und Ingenieure darüber im Klaren sein, dass grundsätzlich jede Leistung honorarpflichtig ist – egal ob es sich um eine Planungsänderung oder zusätzliche Nachträge handelt.

Quellen: Sichere Honnorarvereinbarung und Abrechnung nach neuer HOAI 2021, Bauverträge und Baubriefe

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