Vereinfachungsregelung Photovoltaik – auch für Unternehmen möglich?

19.07.2022 | J. Morelli – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Liebhaberei statt Geldmacherei: Seit dem 1. Juli 2021 gilt die „Vereinfachungsregelung Photovoltaik". Dadurch versucht die Bundesregierung, erneuerbare Energien und Elektromobilität weiter zu fördern. Bislang scheint diese Regelung nur für Privatpersonen mit verhältnismäßig kleinen Anlagen lukrativ zu sein, die, so der O-Ton des BMF-Schreibens, die Anlage aus „Liebhaberei" betreiben. Dementsprechend wäre die Anlage nicht nach EÜR abgabepflichtig. Womöglich beinhaltet sie aber auch großes Potential für kleine Unternehmen, die PV-Anlagen nicht kommerziell nutzen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Vereinfachungsegel Photovoltaik: Anforderungen und Möglichkeiten
  2. Wo und wie muss ein Vereinfachungsregel-Antrag gestellt werden?
  3. Fazit: Können Unternehmer die Vereinfachungsregelung Photovoltaik nutzen?

Vereinfachungsregel Photovoltaik: Anforderungen und Möglichkeiten

Die magische Grenze für die Vereinfachungsregelung von PV-Anlagen liegt derzeit bei einer Leistung von 10 Kilowatt (kWp) gemäß § 3 Nr. 31 EEG 2021. Das entspräche abhängig von der Ausrichtung, Neigung und geographischer Lage einem Jahresdurchschnitt von 8000 bis 12500 Kilowatt. Sollten mehrere Photovoltaik-Anlagen gleichzeitig betrieben werden, zählt die Summe der erbrachten Leistungen.

Zusätzlich muss die Photovoltaik-Anlage, um für die Vereinfachungsregel Photovoltaik in Frage zu kommen, auf einem Eigenheim installiert und nach dem 31.12.2003 in Betrieb genommen worden sein. Dabei ist wichtig: Bei der Beurteilung zählt die Leistung aller sich im Besitz des Antragstellers befindenden PV-Anlagen. D.h., wenn ein Unternehmer einen Solarpark betreibt und gleichzeitig für seine private Anlage die Vereinfachungsregel beantragen will, ist das nicht möglich.

Die Grundannahme des Finanzamts bei Bewilligung ist, dass die PV-Anlage keine Gewinne erzielt oder nicht mit der Absicht, Gewinne zu erzielen, errichtet wurde. Aber: Der Passus im BMF-Schreiben von 2. Juni 2021 könnte einen größeren Spielraum für Antragsteller einräumen: Es ist die Rede von steuerpflichtigen Personen oder Mitunternehmen. 

Beispiele bei denen die Vereinfachungsregel Photovoltaik greift:

Der Antragsteller betreibt eine PV-Anlage, die eine Leistung von 8,0 Kilowatt erbringt auf einem zum eigenen Wohnzweck genutzten Einfamilienhaus.

Würde es sich um ein Zweifamilienhaus handeln, bei dem die zweite Wohnung vermietet ist, der Strom aber nur vom Antragsteller selbst genutzt oder in das Stromnetz eingespeist wird, gilt die Vereinfachungsregelung Photovoltaik. Der teilweise Verbrauch des so erzeugten Stromes durch einen Mieter ist nur dann möglich, wenn die Mieteinahmen 520 Euro im Jahr nicht überschreiten (R 21.2 Abs. 1 Satz 2 EStR). Demnach ist eine zusätzliche Stromnutzung nur sehr begrenzt bei Ferienwohnungen möglich.

Ist der Antragsteller Eigentümer einer Wohnung und auf dem Dach des Mehrfamilienhauses betreibt er eine Anlage mit genannter Leistung ausschließlich für die genannten Zwecke, ist das Ganze auch zulässig.

Vereinfachungsregelung für Blockheizkraftwerke (BHKW)?

Auch hier kann die Regelung greifen, solange die Leistung der Anlage 2,5 Kilowatt nicht übersteigt. Besonderheit: Eine Kombination einer PV-Anlage und einer BHKW mit 2,5 Kilowatt, demnach insgesamt höchstens 12,5 Kilowatt, fällt nach wie vor unter die Vereinfachungsregel Photovoltaik.

Kleinunternehmerregelung

Die Kleinunternehmerregelung hat mit der Vereinfachungsregel Photovoltaik nichts zu tun. Sie greift nur, wenn Betreiber mit der eingespeisten Energie mehr als 22.000 Euro Umsatz im Jahr überschreiten – sollte dies der Fall sein, entfällt die Umsatzsteuerpflicht.

Einkommenssteuer oder Liebhaberei?

Gewinnerzielungsabsicht und Liebhaberei lassen sich laut Bundesfinanzministerium nicht miteinander vereinbaren. D.h., wenn keine Gewinnerzielungsabsicht mit der PV-Anlage vorliegt, handelt es sich pauschal um Liebhaberei. Werden dennoch geringe Einnahmen durch die Netzeinspeisung erzielt, entfällt die Einkommensteuer.

Wo und wie muss ein Vereinfachungsregel-Antrag gestellt werden?

Ein formlos-schriftlicher Antrag beim örtlichen Finanzamt muss nur einmalig gestellt werden. Er gilt anschließend für alle offenen Veranlagungszeiträume der Folgejahre. Dementsprechend muss auch keine Anlage EÜR abgegeben werden.
Bei Neuanlagen, die nach dem 31. Dezember 2021 in Betrieb genommen wurden, muss der Antrag innerhalb des Folgejahres gestellt werden.

Ausgeförderte Anlagen

Einen Sonderfall stellen PV-Anlagen dar, die nach dem Auslaufen der Förderung der Einspeisevergütung nun unter die Vereinfachungsregelung Photovoltaik fallen sollen. Das ist nur nach einer 20-Jährigen Betriebsdauer möglich – etwaige stille Reserven sind mit dem Übergang zur Liebhaberei verfallen.

Vereinfachungsregelung und Steuernachzahlung?

Da der Antrag zur Vereinfachungsregelung PV-Anlagen auch rückwirkend für „offene" Steuerjahre gilt, kann es durch das zwischenzeitliche Inkrafttreten der Regelung zu einer Steuernachzahlung führen. Das ist aber nur der Fall, wenn der Antragsteller zuvor Verluste aus derselben Photovoltaikanlage steuerlich geltend gemacht hatte. 

Fazit: Können Unternehmer die Vereinfachungsregelung Photovoltaik nutzen?

Zwar fällt im offiziellen BMF-Schreiben der Begriff des Mitunternehmens, der zwar einen Zusammenschluss mehrerer Personen zur gemeinsamen Erzielung von Einkünften beschreibt, für die Genehmigung oder Vorgaben der Vereinfachungsregelung Photovoltaik hingegen wenig Gewicht hat.
Aber auch bei PV-Anlagen mit einer Leistung von über 10 Kilowatt kann anhand des BMF-Schreibens ein Antrag auf Vereinfachungsregelung gestellt werden. Dafür bedarf es aber einer Wirtschaftlichkeitsberechnung. D.h., dass Kleinstunternehmer, die im eigenen Gebäude arbeiten, leben und mit ihrer PV-Anlage nicht mehr Leistung erbringen, durchaus von der Vereinfachungsregelung Photovoltaik profitieren könnten.
Das vom Fiskus verwendete Wort Liebhaberei beschreibt dabei, dass es Hobby und nicht Beruf sein sollte, eine PV-Anlage zu betreiben – das bringt gleichzeitig die Voraussetzung mit sich, dass kein finanzieller Gewinn mit dem Betrieb der Anlage erwirtschaftet werden soll.
Der aktuelle steuerrechtliche Stand lässt sich bislang wie folgt zusammenfassen: Als Privatperson ja, als Unternehmer nein.

Quelle: Bundesfinanzministeriumverbraucherzentrale