Besonders im Bereich der Wohnraumlüftung, aber auch in industriellen Betrieben lässt sich durch Wärmerückgewinnungssysteme nicht nur das Raumklima und die Luftqualität stabilisieren, sondern parallel Energiekosten einsparen.
Inhaltsverzeichnis
- Wie funktioniert die Wärmerückgewinnung?
- Welche Systeme zur Wärmerückgewinnung gibt es?
- Begriffsdefinition nach VDI 3803
- Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung bei RLT-Anlagen
- Fazit: Wie sinnvoll ist eine Lüftungsanlage zur Wärmerückgewinnung?
Wie funktioniert die Wärmerückgewinnung?
Das Prinzip, das hinter Wärmerückgewinnung (WRG) steht, ist die Wiedernutzbarmachung von thermischer Energie, die ansonsten ungenutzt in die Umwelt abgegeben wird – Ziel der unterschiedlichen Verfahren ist die Minimierung des Primärenergieverbrauchs.
Zu den häufigsten Anwendungsbereichen der WRG gehören Lüftungsanlagen (RLT-Anlagen). Grundsätzlich ist es aber möglich, Wärmeenergie von einem Stoffstrom auf einen anderen zu Übertragen – das Medium muss nicht zwangsläufig Luft sein.
Vorteile der Wärmerückgewinnung:
- Verringerung des Energieverbrauchs für Heizung und Kühlung
- Einsparung von End- und Primärenergie
- Verringerung der Investitions- und Betriebskosten
- Verbesserung der Raumluft (bei Lüftungsanlagen)
- Verringerung der Schadstoffemissionen
Welche Systeme zur Wärmerückgewinnung gibt es?
Im Bereich folgender Anlagentypen ist es möglich, auf ein Wärmerückgewinnungssystem zurückzugreifen:
- Lüftungstechnik
- Abwasser
- Kälteanlagen
- Industrielle Prozesse
Häufig verwendete WRG-Systeme innerhalb von RLT-Anlagen werden nach VDI 3803 Blatt 5 unterschieden in:
- Plattenwärmeübertrager
- Wärmerohr
- Rotationswärmeübertrager (Wärmerad)
- Umschaltspeicher
- Kreislaufverbundsystem
Begriffsdefinition nach VDI 3801
Die VDI 3801 „Betreiben von raumlufttechnischen Anlagen“ beinhaltet in Blatt 5 umfassende Informationen zur Wärmeenergiegewinnung durch Lüftungsanlagen. Das beinhaltet nicht zuletzt eine Begriffserklärung der verwendeten Termini Technici.
Zu den wichtigsten gehören dabei:
Abwärme
…ist diejenige Wärmeenergie, die von der Abluft an die Zuluft über WRG abgegeben wird (Enthalpiestrom).
Fortwärme
… ist die Restwärme, die nach der Wärmerückgewinnung noch in der Fortluft verbleibt.
Rückwärme
… ist wiederum ein Teil der Abwärme, der in dasselbe System des Wärmeträgers zurückgeführt wird.
Energieeinsparung durch Wärmerückgewinnung bei RLT-Anlagen
Wie bereits erwähnt, finden sich WRG-Systeme am häufigsten bei Lüftungsanlagen. Das liegt nicht zuletzt daran, dass hierfür eine Reihe unterschiedlicher Verfahren eingesetzt werden können, die verschiedenen Anforderungen nachkommen.
Bei Lüftungsanlagen kann die in der Abluft enthaltene Wärmeenergie erneut genutzt werden. Dafür findet ein Wärmeübergang zwischen zwei Luftströmen statt. So kann vor allem währen der kalten Jahreszeit die durch Heizung erwärmte Abluft für die Erwärmung der kalten Außenluft wiederverwendet werden.
Grundsätzlich gilt: sowohl bei sehr niedrigen als auch sehr hohen Außentemperaturen (Wärme- bzw. Kälterückgewinnung) ist der Einsatz eines WRG-Systems bei RLT-Anlagen sinnvoll. Im Frühling und Herbst hingegen ist es ratsam, eine Umgehung der WRG einzuplanen, da Gebäude mit Wärmelast durch Außenluft natürlich gekühlt werden können.
Plattenwärmeübertrager (rekuperative Wärmetauscher)
Durch Trennflächen (dünne Platten) sind Fort- und Außenluft bei dem Vorgang der Wärmerückgewinnung in einem Gehäuse voneinander getrennt. Durch das aneinander Vorbeiführen der Luftströme kommt es zum Wärmeaustausch.
Als Baumaterial der Platten eignen sich vor allem Aluminium, Edelstahl oder Kunstoffverbindungen. Praxistipp: Wichtig ist das Abdichten der Eckprofile, um den Wärmeverlust bei der Wärmerückgewinnung so gering wie möglich zu halten.
Ein Plattenwärmeübertrager kann grundsätzlich nur zur Wärmerückgewinnung benutzt werden. Eine Ausnahme sind wasserdampfdurchlässige Platten aus Zellstoff oder Membranfolie, die gleichzeitig zur Feuchterückgewinnung herangezogen werden können. Problematisch bei dieser Kombination ist die Leckrate von bis zu 5 Prozent. Im Vergleich: bei „einfacher" Wärmerückgewinnung liegt diese im Promillebereich.
Wichtig: Bei niedrigen Außentemperaturen (Winterbeitrieb) und eintretender Taupunktunterschreitung erzeugt der feutchte Luftstrom Kondensat, das die Wärmeübertragung verbessert. Gleichzeitig muss eine Kondensat-Abführung zum nächsten Abwasseranschluss integriert werden. Ansonsten kann es zu Schimmelbildung, Feuchteschäden und Destabilisierung der Anlage kommen.
In wärmeren Monaten kann bei Plattenwärmeübertragern meist ein Klappensystem zur Luftumgehung eingesetzt werden. Damit lässt sich die Innentemperatur kontrolliert niedrig halten.
Filterplatten sind ein fester Bestandteil eines jeden Wärmerückgewinnungssystems. © Studio Harmony – stock.adobe.com |
Wärmerohr
Im sog. geteilten Gehäuse befinden sich bei dieser Art des Wärmerückgewinnungs-Systems luftleere Rohre, die meistens Kältemittel führen. Diese Lösung verdampft, wenn es durch die warme Abluft erwärmt wird. Anschließend strömt die Wärme mithilfe der verwendeten Arbeitsflüssigkeit zum Kondensator. Dort gibt der kondensierte Dampf seine Wärme wieder ab.
Derartige Systeme haben einen äußerst geringen Marktanteil und werden verwendet, wenn keine Feuchteübertragung stattfinden soll.
Rotationswärmeübertrager
Sog. Wärmeräder werden grundsätzlich als mehrfachfunktionales Wärmerückgewinnungssystem eingesetzt. D. h. es soll sowohl Wärme als auch Feuchtigkeit übertragen werden – Besonderheit: es kann auch Kälte zurückgewonnen werden.
Dabei sorgt ein Rotor aus gewellten Folien (meist Aluminium, Edelstahl oder Kunststoff) für die Wärmeübertragung zwischen den beiden Luftströmen. Die Folien selbst sind zusätzlich z. B. mit Silicagel oder Aluminiumoxid beschichte, um die Feuchteübertragung zu verstärken.
Spülzone
Durch die Rotation und entstehende Leckagen ergibt sich immer ein gewisses Maß an unerwünschter Umluft. Dem kann durch eine Spülzone entgegengewirkt werden. Die Spülzone ist dabei ein zusätzliches Bauteil, das am Rotorgehäuse des Lufstromtrennblechs angebracht wird. Dadurch wird es ermöglicht, einen Teil der Frischluft zusammen mit der Abluft aus den Räumlichkeiten aus dem Stoffkreislauf „auszuspülen“ und die Wärmerückgewinnung effizienter zu gestalten.
Elektroenergie und Wärmerückgewinnung
Die Leistung der Rotoren sollte grundsätzlich durch die eigens erbrachte Energie wettgemacht werden. Bei handelsüblichen Anlagen liegt die Antriebsenergie bei ca. 30 W pro m3/s.
Umschaltspreichersystem
Bei dieser Art des Wärmerückgewinnungs-Systems sorgen zwei Wärmespeicher für die Aufnahme der Wärme aus dem Abluftstrom und die Weitergabe an den Kaltluftstrom.
Vor und hinter den Speichern befinden sich Klappen, die durch Elektromotoren betrieben werden. In bestimmten zeitlichen Intervallen werden die Luftströme in die unterschiedlichen Speicher geleitet. Dadurch lässt sich ein Höchstmaß an Effizienz erreichen und der Wärmeverlust geringhalten.
Auch hier kann zusätzlich eine Feuchterückgewinnung stattfinden – das hängt von der Speicheroberfläche ab. Wobei hier kapillare oder elektrostatische Effekte genutzt werden.
Kreislaufverbundsystem (KVS-System)
Bei dieser Art der Wärmerückgewinnung befinden sich sowohl im kalten als auch warmen Luftstrom jeweils ein Wärmeübertrager (WÜ), die mit Rohrleitungen verbunden sind. Die Leitungen beinhalten ein Wasser-Frostschutz-Gemisch, das als Wärmeträger fungiert.
Ein Vorteil einer derartigen Anlage ist die hygienische Trennung beider Luftströme voneinander und Vermeidung von Leckagen. Nachteil: eine Feuchteübertragung ist nicht möglich.
Wärmepumpen
Die VDI 3803-5 beschreibt eine Wärmepumpe als nicht-eigenständiges Wärmerückgewinnungssystem. Nichtsdestotrotz ist eine Kombination aus WRG-Anlage und Wärmepumpe oft ratsam.
Kennzahlen der Wärmerückgewinnung
Unterschiedliche WRG-Systeme werden anhand bestimmter Kennzahlen hinsichtlich Leistung und Energie unterschieden. Zur Ermittlung und anschließendem Vergleich derartiger Prüfzahlen müssen stets fest definierte Betriebsbedingungen festgelegt werden.
Leistungskennzahlen
Welche Leistungen erbringt ein Wärmerückgewinnungssystem? – um diese Frage treffend zu beantworten, müssen unterschiedliche Leistungskennzahlen herangezogen werden:
Temperaturänderungsgrad (Rückwärmzahl) bezogen auf die Außenluft |
Feuchteänderungsgrad (Rückfeuchtezahl) |
Enthalpieänderungsgrad (Kombination von Rückwärm- und Rückfeuchtezahl): ermittelt wird dieser anhand des Verhältnisses einer Enthalpieänderung eines WRG-Systems zur maximal möglichen Enthalpieänderung. |
Leistungszahl (ε): Umfasst die Druckverluste auf den Medienseiten und benötigte Hilfsenergien. |
Wirkungsgrad (ηWRG): Summe der termischen und elektrischen Leistungen |
Wärmebereitstellungsgrad: Gesamtheit der durch die Wärmerückgewinnungseinrichtung zugeführte Wärme |
Referenzbetriebszustand: Alle Leistungskennzahlen beziehen sich auf festgelegte Referenzbedingungen. |
Energiekennzahlen
Im Gegensatz zu Leistungskennzahlen, die die Vergleichbarkeit von unterschiedlichen Wärmegewinnungseinrichtungen ermöglichen, lässt sich anhand von Energiekennzahlen die Wirtschaftlichkeit erfahren. Zu ihnen gehören:
Jahresarbeitszahl: Aufgrund der unterschiedlichen Wertigkeiten thermischer und elektrischer Energie existiert ein Primärenergiefaktor (f). |
Jahresdeckungsgrad: Anteil der WRG am Gesamtwärmebedarf |
Jahresrückwärmzahl |
Jahreswirkungsgrad: Sie sollte bereits in der Planungsphase Grundlage für die Auswahl der geeigneten Wärmerückgewinnungsanlage entscheidend sein. |
Fazit: Wie sinnvoll ist eine Lüftungsanlage zur Wärmerückgewinnung?
Nicht umsonst sind RLT-Anlagen häufig mit einem WRG-System verbunden. Sie garantieren nicht nur ein beständiges Raumklima, sondern tragen effektive zur Energiekosteneinsparung bei. Vor allem in Zuge der Klimaanpassung und –freundlichkeit sind Gebäude mit Wärmerückgewinnungseinrichtungen ein wichtiges Mittel zum Ausbau regenerativer Energien.
Die Effizienz derartiger Anlagen kann durch den Ausbau zu einem mehrfunktionalen Wärmerückgewinnungssystem gesteigert werden – bei gezielter Taupunktunterschreitung kann gleichzeitig Feuchtigkeit zurückgewonnen werden, die wiederum als Katalysator die Wärmeabgabe innerhalb des Systems beschleunigt.
Quellen: "Fachgerechte Planung und Ausführung von konventioneller und regenerativer Haustechnik", "Planung und Ausführung nach GEG", Fraunhofer-Institut