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"Was sind digitale Pflegeanwendungen? – Definition, Beispiele und Verordnung"


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Was sind digitale Pflegeanwendungen? – Definition, Beispiele und Verordnung

© tadamichi – stock.adobe.com

Pflegebedürftige Menschen per App unterstützen? Das geht, z. B. mit den sog. digitalen Pflegeanwendungen. Seit 2022 haben Pflegebedürftige einen Leistungsanspruch auf eine Versorgung mit solch digitalen Technologien. Aber welche Angebote fallen darunter und worauf müssen Hersteller und Pflegedienste bei den Anwendungen achten?

Inhaltsverzeichnis

  1. Digitale Pflegeanwendungen: Was ist das? – Definition
  2. Beispiele für digitale Pflegeanwendungen
  3. SGB XI und Co.: Gesetze und Verordnungen
  4. Verzeichnis: Digitale Pflegeanwendung beantragen
  5. Anspruch auf Kostenerstattung einer digitalen Pflegeanwendung

Digitale Pflegeanwendungen: Was ist das? – Definition

Digitale Pflegeanwendungen (DiPA) sind elektronische (Medizin-)Produkte, die bei der Versorgung von Pflegebedürftigen unterstützen. Genauer sollen sie entweder dabei helfen, Beeinträchtigungen der Selbständigkeit oder von Fähigkeiten der Pflegebedürftigen zu mindern oder sie sollen vermeiden, dass sich die Pflegebedürftigkeit einer Person verschlimmert. In jedem Fall muss die DiPA einen pflegerischen Mehrwert bieten. Hersteller müssen dies mit einem entsprechenden Nachweis belegen. 

Das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) definiert in einem eigenen Leitfaden zur DiPA, welche Punkte eine digitale Pflegeanwendung erfüllen muss, um als solche anerkannt zu werden. Zu den wichtigsten Anforderungen gehören:

  • Die digitale Pflegeanwendung basiert (großteils) auf digitalen Technologien wie Software (z. B. eine App oder Desktop-/Browseranwendung).
  • Es dürfen auch Geräte, Sensoren oder andere Hardware miteinbezogen werden.
  • Das Angebot muss nachgewiesen einen pflegerischen Mehrwert bieten.
  • Die DiPA lässt sich entweder von den Pflegebedürftigen alleine nutzen oder in Interaktion mit Anderen (Angehörige, sonstige ehrenamtlich Pflegende, zugelassene Pflege-/Betreuungsdienste).
  • Die Anwendung unterstützt ausschließlich bei der häuslichen Pflege.

Zusätzlich wird betont, dass digitale Pflegeanwendungen nicht ausschließlich folgenden Zwecken dienen dürfen:

  • Kommunikation mit anderen Personen
  • Beratung oder Inanspruchnahme von Sozialleistungen oder anderen Hilfsangeboten
  • Steuerung oder Auslesung von Geräten
  • reine Wissensvermittlung

Darüber gelten DiPA nicht als solche, wenn sie in erster Linie der operativen Unterstützung von ambulanten Pflege- oder Betreuungsdiensten dienen oder primär bei der allgemeinen Lebensführung unterstützen sollen.

Welche konkreten Anwendungsgebiete es für digitale Pflegeanwendungen gibt, zeigt der folgende Abschnitt.

Digitale Pflegeanwendungen: Beispiele

Nach § 14 Abs. 2 SGB XI dürfen digitale Pflegeanwendungen für folgende Bereiche entwickelt werden:

Bereich Beispielhafte Einsatzgebiete
Mobilität
  • Treppensteigen
  • Umsetzen
  • Positionswechsel im Bett
  • Halten einer stabilen Sitzposition
Kognitive und kommunikative Fähigkeiten
  • örtliche und zeitliche Orientierung
  • Erkennung bekannter Personen
  • Verstehen von Sachverhalten und Gefahren im Alltag
  • Gesprächsbeteiligung
Verhaltensweisen und psychologische Problemlagen
  • nächtliche Unruhe
  • physisch aggressives Verhalten
  • Ängste
  • sonstiges pflegerelevantes inadäquates Verhalten
Selbstversorgung
  • Körperpflege im Bereich des Kopfes
  • An- und Auskleiden des Oberkörpers
  • Zubereitung von Nahrung und Getränken
  • Toilettennutzung
Bewältigung/selbstständiger Umgang mit krankheits- oder therapiebedingten Belastungen
  • Medikation
  • Injektionen
  • Verbandswechsel/Wundversorgung
  • Arztbesuche
  • Diät oder andere therapie-/krankheitsbedingte Verhaltensvorschriften
Gestaltung des Alltags und Pflegen sozialer Kontakte
  • Selbstbeschäftigung
  • Ruhe und Schlafen
  • Planungen umsetzen
  • Interaktionen mit Personen innerhalb und außerhalb des direkten Umfelds

Mögliche praktische Beispiele für digitale Pflegeanwendungen sind:

  • Webanwendungen des GET.ON Instituts für Online Gesundheitstrainings gegen Panikstörungen, Stress und Burnout etc.
  • App der Kaia Health Software GmbH mit Trainings für zu Hause gegen Rückenschmerzen
  • Online-Kurse von „Selfapy“ bei chronischen Schmerzen
  • App „ProHerz“ bei Herzinsuffizienz
  • Webanwendung „elevida“ für Multipler Sklerose
  • „Endo-App“ bei Endometriose

Die umfangreichen Einsatzmöglichkeiten zeigen, dass die Digitalisierung in der Pflege großes Potenzial hat. Allerdings fehlen oftmals noch die notwendigen Strukturen in den Einrichtungen. Zudem müssen Pflegedienste und andere Anbieter häufig viele bürokratische Hürden überwinden. Umso wichtiger ist es, dass sich die verantwortlichen Pflegestellen ausreichend über die Möglichkeiten und Herausforderungen der Digitalisierung informieren.

SGB XI und Co.: Gesetze und Verordnungen

Die rechtlichen Grundlagen zu digitalen Pflegeanwendungen sind in verschiedenen Gesetzen verankert. So regelt z. B. das Gesetz zur digitalen Modernisierung von Versorgung und Pflege (DVPMG) die dazugehörigen Anforderungen im Elften Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI).

Essenzieller Bestandteil ist das Verzeichnis für digitale Pflegeanwendungen nach § 78a Absatz 3 SGB XI (DiGA-Verzeichnis). Es wird vom Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) geführt und ist so geregelt, dass nur Anwendungen, die in dieser Liste registriert sind, offiziell als digitale Pflegeanwendung angeboten werden dürfen.

Seit Oktober 2022 gilt zudem eine gesonderte Digitale Pflegeanwendungen-Verordnung (DiPAV). Sie richtet sich insbesondere an herstellende Unternehmen digitaler Pflegeanwendungen und dient der Prüfung der Erstattungsfähigkeit von DiPA nach SGB XI.

Verzeichnis: Digitale Pflegeanwendung beantragen

Die Digitale Pflegeanwendungen-Verordnung legt fest, welche Unternehmen berechtigt sind, einen Antrag auf Aufnahme ihrer digitalen Pflegeanwendung in das bundesweite Verzeichnis zu stellen. Hierzu muss der Hersteller einen elektronischen Antrag beim BfArM einreichen. Hinzu kommen Vorgaben zum Antragsinhalt (§ 2 DiPAV).

Aber auch für die Pflegeanwendung selbst gelten strenge Vorschriften. Die DiPAV definiert entsprechende Anforderungen an die Sicherheit, Funktionsfähigkeit, den Datenschutz und die Qualität der Anwendungen.

Anforderungen an eine digitale Pflegeanwendung

Dies sind einige der wichtigsten Regelungen für neue digitale Pflegeanwendungen:

  • Sicherheit/Funktionstauglichkeit:
    • Für Nicht-Medizinprodukte: Hier sind spezielle Vorgaben der DiPAV zu beachten.
    • Für Medizinprodukte: Es gelten die einschlägigen medizinproduktrechtlichen Verordnungen.
  • Qualität:
    • Jede DiPA muss so gestaltet sein, dass sie robust ist (bzgl. Störungen und möglichen Fehlbedienungen).
    • Es müssen alle Verbraucherschutzanforderungen umgesetzt sein, also z. B. ein Zugang zur Gebrauchsanweisung, zu Informationen bzgl. des Funktionsumfangs, Schulungen und zu den vertraglichen Bedingungen (AGB).
    • In der digitalen Pflegeanwendung darf keine Werbung enthalten sein.
    • Die Inhalte müssen qualitätsgesichert sein und dem allgemein anerkannten Stand der pflegerisch-medizinischen Erkenntnisse entsprechen.
    • Wichtig ist auch eine alters- und bedarfsgerechte Anwendbarkeit und Nutzbarkeit des Angebots.
  • Datenschutz und Datensicherheit:
    • Die Datensicherheit muss gemäß dem aktuellen Stand der Technik sichergestellt sein.
    • Es gelten die entsprechenden Schutzstufen und der jeweilige Schutzbedarf.
    • Außerdem zu beachten: Datensicherheit nach § 78a Abs. 7 SGB XI und Prüfkriterien zum Datenschutz nach § 78a Abs. 8 SGB XI.
    • Bei der Verarbeitung personenbezogener Daten ist eine Einwilligungserklärung notwendig. Sie dürfen nur in bestimmten Staaten verarbeitet und nicht zu anderen Zwecken (z. B. Werbung) genutzt werden.

Produktempfehlung

Unterstützung bei der Umsetzung der datenschutzrechtlichen Vorgaben bietet die „PRAXIS-DVD Datenschutz und IT-Sicherheit im Gesundheitswesen“.

Weiteres Vorgehen

Wurden alle Anforderungen erfüllt und die DiPA in die Liste aufgenommen, wird der Anbieter vom BfArM informiert. Anschließend erhält der Spitzenverband Bund der Pflegekassen für drei Monate einen kostenfreien und beschränkten Zugriff auf die Anwendung. Diese Zeit wird genutzt, um gemeinsam mit dem Anbieter einen geeigneten Vergütungsvertrag zu erstellen. Ist dieser fertig formuliert, informiert der Spitzenverband das BfArM. Am Ende steht im DiGA-Verzeichnis, welche digitalen Pflegeanwendungen zur Verfügung stehen und wie viel sie jeweils kosten.

Falls eine DiPA mehrfach genutzt wird oder besondere weitergehende Funktionen besitzt, die nicht im Verzeichnis beschrieben sind, erhöht sich die Vergütung des Herstellers nicht.

Daneben gibt es für Nutzerinnen und Nutzer digitaler Pflegeanwendungen einen gesetzlichen Anspruch auf Kostenerstattung.

Anspruch auf Erstattung einer digitalen Pflegeanwendung

Seit einer entsprechenden Gesetzesänderung im SGB XI wird der Erstattungsanspruch für digitale Pflegeanwendungen klar geregelt. So können Anwenderinnen und Anwender für eine DiPA bis zu 50 Euro monatlich erhalten. Ebenso können ergänzende Unterstützungsleistungen (eUL) miteinbezogen werden, wie etwa Hilfen bei der Installation der Anwendung.

Für die Erstattung ist ein Antrag bei der zuständigen Pflegekasse erforderlich. Die Erstattung erfolgt ausschließlich für Angebote, die im Verzeichnis des BfArM gelistet sind. Die Kasse zahlt zudem nur, wenn die Anwendung nicht wegen Krankheit oder Behinderung von der Krankenversicherung oder anderen verantwortlichen Leistungsträgern übernommen wird.

Beim ersten Antrag gilt die Bewilligung befristet für maximal sechs Monate. Wird in dieser Zeit der Versorgungszweck der digitalen Pflegeanwendung erreicht, erteilt die Pflegekasse eine unbefristete Bewilligung der Erstattung.

Aber auch bei einer erfolgreichen Erstattung muss der beauftragte Pflegedienst seine erbrachte Leistung weiterhin als solche abrechnen. Wichtig ist, dass erkennbar bleibt, dass die Unterstützungsleistung aufgrund der digitalen Pflegeanwendung erforderlich ist.

Quellen: Fachzeitschrift „QM-PRAXIS in der Pflege inklusive Hygiene aktuell“, „Praxishandbuch Pflegestärkungsgesetz“

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Digitalisierung

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