Was sind Hybrid DRG? – Aktueller Stand und Fallpauschalen zur Vergütung medizinischer Leistungen
08.03.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Seit Anfang Januar 2024 gibt es sog. Hybrid DRG. Sie erweitern das bestehende DRG-System (Diagnosis-Related Groups), indem sowohl ambulante als auch stationäre Leistungen mit bestimmten Fallpauschalen vergütet werden können. Dieser Beitrag erläutert die Funktionsweise der Hybrid DRG, den Entstehungsprozess dahinter und die Auswirkungen auf die Abrechnung von Krankenhaus- und Vertragsarztleistungen.Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Hybrid DRG? – Definition
- Wann kommt die Hybrid DRG?
- Welche Hybrid DRG gibt es?
- Kritik an den Hybrid DRG
Was ist eine Hybrid DRG? – Definition
Die Hybrid DRG ist eine neue Vergütungssystematik für medizinische Leistungen, bei denen Krankenhäusern und Vertragsarztpraxen spezielle Fallpauschalen gezahlt werden. DRG steht dabei für „diagnosis-related groups“ (deutsch „diagnosebezogene Fallgruppen“). Hybrid bedeutet in diesem Zusammenhang, dass die Pauschale sowohl von ambulanten als auch von stationären Leistungserbringenden abgerechnet werden kann (sog. sektorengleiche oder sektorenübergreifende Vergütung).
Somit können Vertragsärztinnen und -ärzte sowie Krankenhäuser ab 2024 für ausgewählte Leistungen die gleiche Vergütung erhalten. Welche Leistungen das sind, ist in einem speziellen Katalog der Hybrid-DRG-Verordnung definiert.
Mit den Hybrid DRG sollen die bislang ungenutzten Potenziale der Ambulantisierung in Deutschland effektiver genutzt werden. Denn einige Leistungen, die in anderen Ländern bereits ambulant durchgeführt werden, müssen in Deutschland noch vollstationär erfolgen. Durch die Hybrid DRG soll es mehr Anreize geben, medizinische Behandlungen ambulant zu erbringen. Das soll langfristig für weniger unnötig stationäre Behandlungen und eine Entlastung der Pflegekräfte in Krankenhäusern sorgen.
Wann kommt die Hybrid DRG?
Die Hybrid-DRG-Verordnung gilt vom 01.01. bis 31.12.2024. Somit können Leistungserbringende die in der Verordnung vorgegebenen Fallpauschalen bis Ende des Jahres 2024 nutzen. Diese Befristung besteht, weil das DRG-System nach § 17b Abs. 2 S. 1 Krankenhausfinanzierungsgesetz (KHG) jährlich weiterentwickelt wird.
Ursprünglich sollte die Vereinbarung hinter der Hybrid DRG bis zum 31.03.2023 auf den Weg gebracht werden. Hintergrund ist eine Regelung im Rahmen des Krankenhauspflegeentlastungsgesetzes vom 20.12.2022. Allerdings konnten sich die beteiligten Vertragsparteien (GKV-Spitzenverband, DKG und KBV) nicht fristgerecht auf eine gemeinsame Ausgestaltung des Vorhabens festlegen. Daher wurde die sektorengleiche Vergütung in Form der Hybrid DRG sowie die dazugehörigen Leistungen als Ersatzvornahme durch Rechtsverordnung des Bundesgesundheitsministeriums (BMG) ohne Zustimmung des Bundesrates bestimmt.
Im Juni 2023 entwickelte das Institut für das Entgeltsystem im Krankenhaus (InEK) zusammen mit dem Institut des Bewertungsausschusses (InBA) im Auftrag des BMG ein Kalkulationsmodell sowie konkrete Fallpauschalen (Hybrid-DRG) für einen Startkatalog. Die Ergebnisse wurden im August 2023 präsentiert und in einem Referentenentwurf zusammengefasst, der am 21.09.2023 veröffentlicht wurde. Die finale Fassung dieser Hybrid-DRG-Verordnung erschien am 21.12.2023 im Bundesgesetzblatt (BGBl.) und trat zum 01.01.2024 in Kraft.
Welche Auswirkungen die neue Verordnung hat, soll regelmäßig (alle 18 Monate) evaluiert werden. Hierfür müssen die Vertragsparteien bis zum 01.04.2024 einen ersten Bericht an das BMG schicken und die aktuellen Regelungen ggf. anpassen.
Welche Hybrid DRG gibt es?
Die Verordnung zu den Hybrid-DRG beschreibt in Anlage 1, für welche Leistungen die besonderen Fallpauschalen gezahlt werden. Dafür enthält der Hybrid-DRG-Katalog 2024 eine indikationsspezifische Prozedurenliste (OPS-Kodes) sowie den jeweiligen OPS-Text für die betroffenen Leistungsbereiche.
Zu diesen Bereichen gehören:
- Bestimmte Hernieneingriffe
- Entfernung von Harnleitersteinen
- Ovariektomien
- Arthrodesen der Zehengelenke
- Exzision eines Sinus pilonidalis
Die konkreten Hybrid-DRG und die Höhe der jeweiligen Fallpauschalen sind in Anlage 2 der Verordnung definiert:
Hybrid-DRG | Leistungen | Pauschale |
G09N |
|
2.021,82 Euro |
G24N |
|
1.965,05 Euro |
G24M |
|
1.653,41 Euro |
I20N |
|
1.072,95 Euro |
I20M |
|
909,25 Euro |
J09N |
|
1.038,17 Euro |
L17N |
|
1.189,09 Euro |
L20N |
|
1.791,58 Euro |
L20M |
|
1.412,05 Euro |
N05N |
|
1.554,58 Euro |
N07N |
|
1.587,73 Euro |
N25N |
|
1.458,20 Euro |
Die Höhe dieser zwölf Hybrid DRG liegt zwischen dem Niveau des einheitlichen Bewertungsmaßstabs (EBM) für ambulante Leistungen und dem Niveau für stationäre, diagnosebezogenen Fallgruppen (DRG).
Nicht berücksichtigt wurden bei der Kalkulation:
- Pflegepersonalkosten nach § 17b Abs. 4 und 4a KHG
- Aufwände für Gerinnungspräparate für die Behandlung von Hämophilie-Erkrankten
- Dialyseleistungen als Teil der allgemeinen Krankenhausbehandlung
- Sprechstundenbedarf
Abrechnung der Hybrid DRG
Die Entwicklung geeigneter Verfahren für die bedarfsgerechte Implementierung und Abrechnung der Hybrid DRG liegt laut Verordnung in der Verantwortung der ärztlichen Selbstverwaltung. Zwar war anfangs geplant, Regelungen zur Abrechnung in die Hybrid-DRG-Verordnung aufzunehmen. Dies sei jedoch aus rechtlichen Gründen nicht mehr möglich gewesen.
Um hier dennoch die nötige Klarheit bei der Abrechnung zu schaffen, einigten sich KBV und GKV-Spitzenverband Anfang März 2024 auf ein Abrechnungsverfahren für den vertragsärztlichen Bereich. Es darf rückwirkend ab dem 1. Januar 2024 genutzt werden und enthält eine spezielle Übergangsregelung, damit die Krankenkassen bis Ende 2024 die notwendige Technik einrichten können.
Die Entwicklung der Hybrid DRG stoß jedoch gerade zu Jahresbeginn auf Kritik.
Kritik an den Hybrid DRG
KBV-Chef Dr. Andreas Gassen bemängelte die vorgesehene Selbstverwaltung der Krankenhäuser und die dadurch fehlenden Abrechnungsregelungen. Das BMG habe seit April 2023 Zeit gehabt, solche Bestimmungen festzulegen. Gassen sehe es nicht in der Verantwortung der ärztlichen Selbstverwaltung, solche Regelungen zu definieren.
Zusätzlich kritisiert er, dass die Frist für eine erste Überprüfung und gegebenenfalls Anpassung der Regelung um ein Jahr auf den 31.03.2024 vorverlegt wurde. Da die Hybrid-DRG-Verordnung zu diesem Zeitpunkt erst seit drei Monaten in Kraft sein wird, sei diese Zeitspanne viel zu kurz, betonte der KBV-Chef. Bereits Ende Oktober schlug der GKV-Spitzenverband in seiner Stellungnahme zur Verordnung eine Verschiebung der Frist auf den 01.04.2025 vor.
Wie es mit der Hybrid DRG weitergeht und welche Erkenntnisse die Evaluierung mit sich bringt, bleibt abzuwarten. Umso wichtiger ist es, dass sich Krankenhäuser und Arztpraxen regelmäßig bzgl. Gesetzgebung und Abrechnung auf dem Laufenden halten.
Quellen: Bundesministerium für Gesundheit (BMG), Kassenärztliche Bundesvereinigung (KBV), Kassenärztliche Vereinigung Nordrhein