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"Kultursensible Pflege: Definition, Konzept und Tipps für die Praxis"


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Kultursensible Pflege: Definition, Konzept und Tipps für die Praxis

© Vergani Fotografia – stock.adobe.com

In Deutschland sind immer mehr Menschen mit Migrationshintergrund auf Pflege angewiesen. Das Problem ist, dass die meisten Pflegeeinrichtungen diesen Bedarf nicht decken können, weil entsprechende Rahmenbedingungen fehlen. Dabei können schon kleine Maßnahmen vieles bewirken.

Einrichtungen sind auf Menschen mit Migrationshintergrund nicht vorbereitet

Mehr als 8 % der im Sinne des SGB XI pflegebedürftigen Personen in Deutschland haben einen Migrationshintergrund. Die meisten haben ihre Wurzeln in der Türkei, gefolgt von den Nachfolgestaaten der ehemaligen Sowjetunion und des ehemaligen Jugoslawiens. Auch Menschen aus Polen, Italien und Griechenland leben, arbeiten und altern hier. Dennoch hat die überwiegende Zahl an Beratungsstellen, aber auch stationären sowie ambulanten Einrichtungen nur wenig Erfahrung mit der Pflege von Menschen mit Migrationshintergrund. 

Oft gibt es eine Diskrepanz zwischen den Vorstellungen der Migranten von Pflege und den institutionalisierten Pflegeleistungen. Und dann gibt es Hindernisse innerhalb der Einrichtung. So fehlt es z. B. an mehrsprachigen Informationsmaterialien oder Beratungsangeboten. Wegen der fehlenden interkulturellen Kompetenz existieren auch noch zu häufig Vorurteile gegenüber der fremden Kultur. 

Kultursensible Pflege: Definition 

Um solche Barrieren abzubauen, ist die kultursensible Pflege ein hilfreicher Ansatz. Sie zielt darauf ab, die spezifischen Bedürfnisse von Migranten oder Minderheiten sichtbar zu machen und einen gleichberechtigten Zugang zur Pflege zu ermöglichen. Durch die Kenntnis und Wertschätzung kultureller Unterschiede – und zwar aufseiten der Pflegefachkräfte sowie der Pflegebedürftigen – wird im Sinne der kultursensiblen Pflege die Pflegebeziehung verbessert und die interkulturelle Kompetenz der Einrichtung weiterentwickelt. 

Konzept für kultursensible Pflege 

Neben der ohnehin erforderlichen Individualität und dezidierten Erfassung der Lebensgeschichte und Anamnese ist für die kultursensible Pflege ein wesentlicher Ausgangspunkt das eigene Bild vom „Fremden“. Einrichtungen, die interkulturelle Pflege anbieten möchten, sollten also im ersten Schritt ihre Mitarbeiter für das Thema Migration sensibilisieren. 

Schritt 1: Keine Angst vor dem Fremden

Von Pflegepersonen, die Bewohner mit einem fremden kulturellen Hintergrund pflegen, wird ein hohes Maß an sozialer Kompetenz und Toleranz gegenüber dem Unbekannten abverlangt. Liegen diese Voraussetzungen nicht vor, entstehen schnell Missverständnisse, die den Prozess der Genesung behindern und ein Gefühl von Diskriminierung beim Pflegebedürftigen hinterlassen.

Daher muss vor der qualitätsgeleiteten kultursensiblen Pflege eine Sensibilisierung der Pflegefachkräfte erfolgen. Ein Einstieg in die kultursensible Pflege kann gelingen, wenn Menschen mit Migrationshintergrund, die bereits in der Einrichtung leben oder arbeiten, ihren Kulturkreis vorstellen. Hilfreich sind dabei Rollenspiele, in denen alltägliche Situationen in Einrichtungen nachgespielt werden. Fehlt es hausintern an solchen Personen, lassen sich Erstkontakte über Freundschaftsvereine oder Kulturvereine herstellen.

Schritt 2: Kulturelle Besonderheiten erfahren

Um auf manche Verhaltensweisen von Migranten in der Pflege angemessen reagieren zu können, müssen Pflegefachkräfte das Land und die Kultur des Bewohners kennen. Es empfiehlt sich, für jede ethnische Gruppe in der Einrichtung eine Art Steckbrief anzufertigen. Welche Geschichte hat das Land? Welche Sitten und Bräuche werden in diesem Land gelebt?  

Am Beispiel der Türkei kommen dann schnell kulturelle Besonderheiten auf, die in Deutschland nicht üblich sind. So sind im Islam z. B. Glücksspiele oder der Genuss von Alkohol verboten. Auch gibt es in der Türkei strenge Besuchsrituale, die Pflegefachkräften bekannt sein sollten. 

Ratsam ist es, zumindest die typischen und zentralen Glaubenslehren und vor allem auch Handlungen zu kennen, die Missverständnisse auslösen können oder den anderen gar beleidigen. 

Schritt 3: Ein Konzept braucht Verfahrensstandards 

Die ersten zwei Schritte sind Ansatzpunkte für die Beschäftigung mit der eigenen Person und anderen Kulturkreisen. Für das Konzept einer kultursensiblen Pflege ist es jedoch erforderlich, Verfahrensstandards aufzustellen. Weil das Thema kultursensible Pflege mit seinen unterschiedlichen Facetten so komplex ist, ist es sinnvoll ein „offenes Konzept“ im Sinne eines Pflegestandards anzufertigen. Wichtig ist es, einen Ablauf festzulegen, der regelt, wann sich Pflegekräfte wie informieren können. 

Praktische Ansatzpunkte für die Umsetzung kultursensibler Pflege 

Was können Einrichtungen nun ganz konkret tun, um die kultursensible Pflege zu integrieren? Hier ein paar praktische Ansatzpunkte: 

  • Kulturlotsen benennen:
    Einrichtungen können einen Mitarbeiter als Kulturlotsen beauftragen und qualifizieren. Hier bietet sich an, einen Mitarbeiter zu wählen, der selbst aus dem entsprechenden Land kommt (und „Muttersprachler“ ist) oder eine besondere Affinität zum Kulturkreis hat. Die Kompetenz des Kulturlotsen liegt dann darin, dass er bereits gut informiert ist und Kontakte in die jeweiligen Kulturkreise hat. 
  • Einsatz von Wortkarten und Piktogrammen:
    Um Probleme bei der Verständigung abzubauen, sind Wort- und Bildkarten/Piktogramme hilfreich, die für den Pflegealltag wichtige Begriffe enthalten. 
  • Fragebogen an unterschiedliche Personen ausgeben:
    In Form von Fragebögen werden Einrichtungen einer Analyse zur kultursensiblen Pflege unterzogen. Anhand dieser Analyse werden Schwachstellen und bereits bestehende Strukturen offengelegt. Sinnvoll ist es, die jeweiligen Fragestellungen an die unterschiedlichen Akteure zu stellen: Bewohner, Angehörige, Pflegekraft, andere Mitarbeiter, Ärzte etc. 

Eine Pflegeeinrichtung auf kultursensible Pflege auszurichten, passiert natürlich nicht von heute auf morgen. Es ist vielmehr ein Prozess, der dauerhaft angelegt ist und in die strukturelle Entwicklung der Einrichtung angebunden sein sollte.

Quellen: „Tagespflege kompakt“, Caritas 

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Pflege Pflegequalität

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