EU-Ausschreibungen: 5 Kriterien zur Prüfung der Binnenmarktrelevanz im Unterschwellenbereich

22.06.2018 | JS – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Öffentliche Aufträge, deren geschätzter Auftragswert unterhalb des EU-Schwellenwerts liegt, werden grundsätzlich nach nationalem Vergaberecht vergeben. Allerdings könnten Unternehmen aus anderen EU-Mitgliedstaaten an öffentlichen Aufträgen interessiert sein. Deshalb müssen Vergabestellen bei Ausschreibungen im Unterschwellenbereich insbesondere folgende Kriterien prüfen.

Binnenmarktrelevanz: Definition im Rahmen von EU-Ausschreibungen 

Binnenmarktrelevanz bedeutet im Rahmen von europaweiten Ausschreibungen, dass ein zu vergebender Auftrag eindeutig auch für Wirtschaftsteilnehmer aus anderen EU-Mitgliedsstaaten von Interesse ist (Stichwort: „grenzüberschreitendes Interesse“). In diesem Fall findet das europäische Primärrecht Anwendung. 

Wann ein grenzüberschreitendes Interesse für einen Auftrag vorliegt, ist gesetzlich nicht geregelt. Lediglich in Mitteilungen der Europäischen Kommission zu Auslegungsfragen in Bezug auf das Gemeinschaftsrecht, das für die Vergabe öffentlicher Aufträge gilt, und durch Rechtsprechungen sowie Ausführungen des EuGH wurden Grundsätze zur Binnenmarktrelevanz entwickelt. 

Prüfung der Binnenmarktrelevanz  

Bei der Prüfung, ob der Auftrag relevant für den Binnenmarkt ist, sollten Vergabestellen folgende Kriterien untersuchen, die ggf. ein grenzüberschreitendes Interesse belegen können: 

  • Auftragsgegenstand 
  • Höhe des geschätzten Auftragswerts 
  • Besonderheiten des betreffenden Leistungsbereichs 
  • geografische Lage des Ausführungsgebiets
  • Erfahrungen aus anderen Vergabeverfahren

Die Prüfung des grenzüberschreitenden Interesses ist vom Zeit- und Verwaltungsaufwand her nicht zu unterschätzen und muss dokumentiert werden. Gelangt der Auftraggeber zum Schluss, dass die Voraussetzungen für eine EU-Ausschreibung im Unterschwellenbereich vorliegen, müssen bei der öffentlichen Ausschreibung die aus dem Gemeinschaftsrecht abgeleiteten Grundanforderungen eingehalten werden, die für Sie im Handbuch „Vergabe von Lieferungen und Leistungen“ (Online-Ausgabe) ausführlich aufbereitet sind. 

Veröffentlichung von EU-Ausschreibungen  

Damit andere EU-Mitgliedsstaaten Kenntnis vom öffentlichen Auftrag erlangen und am Wettbewerb teilnehmen können, muss die öffentliche Ausschreibung dementsprechend bekannt gegeben werden. Vergabestellen können dabei auf folgende Medien zurückgreifen: 

  • Internetseite des Auftraggebers 
  • Vergabeportale, elektronische Plattformen
  • Vergabeplattform des Bundes
  • nationale amtliche Veröffentlichungsblätter
  • Tageszeitungen und Fachzeitschriften 
  • Amtsblatt der Europäischen Union/ TED-Datenbank 

(juse)

 

Quelle: „Vergabe von Lieferungen und Leistungen“

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