Gemeinderat: Welche Pflichten haben Mandatsträger und wann können sie haftbar gemacht werden?
28.06.2019 | JS – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
In den vergangenen und kommenden Monaten wurden und werden im Rahmen von Kommunalwahlen neue Kreis-, Stadt- und Gemeinderäte gewählt. Sie erfüllen dann eine verantwortungsvolle Aufgabe, weil sie immer zum Wohl der Allgemeinheit und nicht etwa auf Grundlage persönlicher Interessen handeln müssen. Die kommunale Verwaltung sollte Mandatsträger, die neu im Amt sind, genau über die Konsequenzen eines fahrlässigen Handelns unterrichten, wenn sie nicht selbst haften will.
Definition: Mandatsträger
Mandatsträger sind Personen, die von den Bürgern gewählt werden. Mit der Wahl erhalten sie einen Vertretungsauftrag: Sie vertreten also die Interessen ihrer Wähler. Mandatsträger können Mitglieder von Parlamenten und Regierungen, Mitglieder von Kreis-, Stadt- und Gemeinderäten sowie Bürgermeister und Landräte sein.
Welche Pflichten und Rechte haben Gemeinderäte als Mandatsträger?
Die Pflichten und Rechte von Gemeinderäten, die Mandatsträger sind, ergeben sich im Wesentlichen aus den folgenden Rechtsschriften:
- Gemeindeordnung bzw. Kommunalverfassung des jeweiligen Bundeslandes
- Geschäftsordnung eines Gemeinderats
- Landesverfassung und verfassungsrechtliche Garantien
Verfassungsrechtlich hat jeder Gemeinderat das Recht, ein freies Mandat auszuüben. Das Grundgesetz (GG) schreibt in Art. 28 sogar fest, dass das Volk in den Gemeinden eine Vertretung haben muss, die von den Bürgern in allgemeinen, unmittelbaren, freien, gleichen und geheimen Wahlen gewählt wurde.
Die wichtigste Pflicht von Gemeinderäten ist, sich bei jeder Handlung ausnahmslos an Recht und Gesetz sowie am Gewissen und an der Überzeugung des Einzelnen zu orientieren. Zwingende Voraussetzung dafür ist, dass Mandatsträger ihre Pflichten kennen und in der Lage sind, ihre Aufgaben zu erfüllen. Denn kommt es erst einmal zum Schadensfall, können sich kommunale Mandatsträger nicht auf ihre Stellung als Laie berufen. Die kommunale Verwaltung ist dafür verantwortlich, neue Gemeinderäte sach- und fachgerecht zu unterweisen.
Besonders brisant ist seit Mai 2018 das Thema Datenschutz. Die Europäische-Datenschutzgrundverordnung (DSGVO) stellt hohe Anforderung an die Verarbeitung personenbezogener Daten, mit welchen Gemeinderäte häufig in Berührung kommen. Deshalb wurde das „Merkblatt für kommunale Mandatsträger“ im Bereich Datenschutz erweitert und aktualisiert. Ein weiteres signifikantes Thema, das das Merkblatt behandelt, ist Korruption. Denn Korruption gewinnt in Deutschland immer mehr an Bedeutung, wie neue Korruptionsfälle und der Verein Transparancy International e.V. anhand seines aktuellen Korruptionswahrnehmungsindexes (CPI) zeigen.
Wann haften Mandatsträger für ihre Handlungen?
Nachdem es immer wieder zu Korruptionsvorfällen einzelner Mandatsträger kam, dieser Straftatbestand jedoch nicht eindeutig geregelt war, hat die Bundesregierung im Jahr 2014 in einem Strafrechtsänderungsgesetz die Straftatbestände der Abgeordnetenbestechung auf kommunale Mandatsträger erweitert. Die „Bestechlichkeit und Bestechung von Mandatsträgern“ regelt nun § 108e Strafgesetzbuch (StGB).
Demnach erwartet Gemeinderäte eine Freiheitsstrafe bis zu fünf Jahren oder eine Geldstrafe, wenn sie einen ungerechtfertigten Vorteil für sich oder einen Dritten als Gegenleistung fordern, sich versprechen lassen oder annehmen, sobald sie bei der Wahrnehmung ihres Mandats gewisse Handlungen vornehmen oder unterlassen. Außerdem kann das Gericht dem Gemeinderat das Recht nehmen, gewählt zu werden oder zu wählen.
Die Haftung von Mandatsträgern wird ausgelöst, wenn das Ratsmitglied seine Amtspflichten verletzt hat. Von Dritten können Gemeinderäte jedoch nicht direkt verklagt werden, weshalb das Haftungsrisiko in erster Linie bei der kommunalen Verwaltung liegt. Deshalb sollte sich die Kommune zwingend rechtlich absichern, z. B. mit den Unterschriftenblättern aus dem „Merkblatt für kommunale Mandatsträger“.
Ist es notwendig, dass die Gemeinde einen ehrenamtlichen Gemeinderat verklagt, muss dieser mindestens grob fahrlässig gehandelt haben. Denn der Haftungsmaßstab ist im Innenverhältnis ein anderer als im Außenverhältnis.
Quellen: „Merkblatt für kommunale Mandatsträger“, StGB