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"Winterdienst – Wie Gemeinden Räumarbeiten sinnvoll priorisieren und dokumentieren"


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Winterdienst – Wie Gemeinden Räumarbeiten sinnvoll priorisieren und dokumentieren

© m.mphoto – stock.adobe.com

Im Rahmen ihrer Verkehrssicherungspflicht nach BGB und aufgrund der Straßengesetze der Länder unterliegen Gemeinden im Winterdienst einer Räum- und Streupflicht. Weil es nicht zumutbar ist, den Winterdienst auf dem gesamten Straßen- und Wegenetz gleichzeitig und mit gleicher Intensität durchzuführen, müssen Verantwortliche die Räum- und Streumaßnahmen priorisieren und die Priorisierung sowie Durchführung ordentlich dokumentieren, um sich nicht haftbar zu machen.

Inhaltsverzeichnis

  1. Winterdienst: Priorisierung der Maßnahmen
  2. Winterdienst auf Straßen innerorts
  3. Auf Radwegen gelten gleiche Anforderungen an den Winterdienst wie auf Straßen
  4. Winterdienst auf Gehwegen
  5. Haftung – Haftet im Schadensfall der Bauhofleiter oder die Gemeinde?
  6. Dokumentation des Winterdienstes
  7. Vor- und Nachteile von GPS zur Dokumentation des Winterdienstes
  8. Welche Wirkung und Auswirkung haben die unterschiedlichen Streumittel?

 

 Winterdienst: Definition 

Mit der Durchführung des Winterdienstes gewährleistet eine Gemeinde auch bei Schnee und Eis die Verkehrssicherheit auf öffentlichen Straßen, Radwegen und Gehwegen. Der Begriff Winterdienst umfasst alle dafür notwendigen Arbeiten wie das Schneeräumen und das Streuen. 

Winterdienst: Priorisierung der Maßnahmen  

Die winterdienstlichen Pflichten von Gemeinden – insbesondere den kommunalen Bauhöfen – sind im § 823 BGB, in den Straßengesetzen der einzelnen Bundesländer und den von der Rechtsprechung entwickelten Verkehrssicherungspflichten geregelt. Laut Bundesgerichtshof (BGH) hat jeder, der einen Verkehr eröffnet oder zulässt, dafür zu sorgen, dass die Verkehrsteilnehmer nicht zu Schaden kommen, d. h. er muss zumutbare Vorkehrungen treffen, um die aus einer Gefahrenquelle resultierenden Schäden zu verhindern (BGH, VersR 1985, 568).

Weil es jedoch unverhältnismäßig ist, von einer Gemeinde zu verlangen, dass sie jeden Einwohner vor jedem Schaden bewahrt, schränken Gesetze und Rechtsprechung die Verkehrssicherungspflicht auf das Zumutbare ein. Das heißt:

  • Es wird die Leistungsfähigkeit der Gemeinden, Städte und Landkreise berücksichtigt.
  • Die Verkehrssicherungspflicht des kommunalen Bauhofs tritt erst dann ein, wenn der Verkehrsteilnehmer selbst nicht mehr in der Lage ist, die Situation trotz besonderer Sorgfalt zu beherrschen.

Um rechtzeitig die Straßen und Stellen winterdienstlich zu behandeln, an denen Verkehrsteilnehmer trotz besonderer Sorgfalt gefährdet sind, müssen Gemeinden ihre Winterdienst-Maßnahmen priorisieren. Welche Maßnahmen infrage kommen, wie Bauhofleiter den Winterdienst organisieren sowie Technisches zum Winterdienst zeigt das Buch „bauhofLeiter-PraxisSpezial: Winterdienst kompakt“

Winterdienst auf Straßen innerorts 

Innerorts ist die Gemeinde verpflichtet, lediglich die Straßen winterdienstlich zu behandeln, die verkehrswichtig und gefährlich sind. Um diese Straßen bzw. Straßenabschnitte zu identifizieren, sollte jede Gemeinde einen eigenen Kriterienkatalog mit örtlichem Bezug und einen Einsatzplan aufstellen. Dieser spiegelt die priorisierte Reihenfolge der Straßen wider, die zwingend geräumt und gestreut werden müssen. Dabei können Verantwortliche folgende Prioritäten setzen: 

Priorität 1 
  • Besondere Gefahrenstellen wie Kurven, Brücken oder starke Gefällstrecken. Also Bereiche, die z. B. ein Abbremsen erfordern und bei Glatteis und Schnee selbst dann kaum zu meistern sind, wenn der Autofahrer seine Fahrweise an die Witterungsverhältnisse anpasst.  
  • Haupt- und Durchgangsstraßen, also Vorrangstraßen, die für die überörtliche Anbindung der Gemeinde besonders wichtig sind. 
  • Straßen mit Busverkehr 
  • Zufahrten zu Einrichtungen mit besonderer Bedeutung, wie Krankenhäuser, Feuerwehren, Schulen, Kindergärten und weiteren öffentlichen Versorgungseinrichtungen
Priorität 2 
  • Wichtige Sammelstraßen, also Straßen, auf denen sich der Verkehr aus dem Wohngebiet und dem Gewerbegebiet kommend bündelt. 
Priorität 3 
  • Sonstige Sammelstraßen
  • Straßen in Wohngebieten
Priorität 4 
  • Sonstige Straßen im Gemeindegebiet 

Räum- und Streupflicht innerorts 

Bei innerörtlichen Straßen und Wegen mit der Priorität 1 und eingeschränkt auch mit Priorität 2 muss die Gemeinde spätestens um 5 Uhr morgens Mitarbeiter losschicken, die sich zumindest durch Kontrollfahrten ein Bild von der Lage auf Straßen, Fahrrad- und Gehwegen machen. Ist nach den Temperatur- und Witterungsverhältnissen mit Glatteis zu rechnen, kann so noch vor dem Einsetzen des Berufsverkehrs der Winterdienst durchgeführt werden. 

Die Gemeinde ist nur bei einer allgemeinen Straßenglätte verpflichtet, Streumittel auszutragen. Ansonsten liegt es im Ermessen des Verantwortlichen, ob nur geräumt oder auch gestreut wird. 

Bei Straßen mit niedrigerer Priorität wird der Winterdienst nur dann durchgeführt, wenn es die personellen Ressourcen und die Witterungslage zulassen.  

Winterdienst auf Straßen außerorts 

Für den Winterdienst auf überörtlichen Straßen sind i. d. R. die Straßenmeistereien zuständig, weshalb diese Straßen und Wege für den kommunalen Bauhof kaum eine Rolle spielen. Die Gemeinde muss nur Gemeindeverbindungsstraßen berücksichtigen, die z. B. zu Aussiedlerhöfen führen.  

Auf Radwegen gelten dieselben Anforderungen an den Winterdienst wie auf Straßen  

Für Radwege trifft die Gemeinde dieselbe Verkehrssicherungspflicht wie für Straßen. Insbesondere Hauptradwege oder Radwege, die Schüler für den Schulweg nutzen, muss der Bauhof winterdienstlich behandeln. Gefährliche Stellen, wie Steigungen, enge Kurven und Kreuzungen müssen zwingend nicht nur geräumt, sondern auch gestreut werden.

Das am besten geeignete Streumittel für Radwege ist Kochsalz – abstumpfende Streustoffe wie Split oder Granulat sollten Gemeinden vermeiden, denn diese erhöhen die Rutschgefahr bei Fahrrädern nur noch mehr. 

Hinweis: Sind Radwege von großen Schneemengen bedeckt, kann die Gemeinde u. U. auf den Winterdienst auf diesen Radwegen verzichten. Und zwar dann, wenn der Aufwand unzumutbar wäre. Dann ist jedoch zu empfehlen, frühzeitig entsprechende Schilder aufzustellen.   Kein-Winterdienst-Radweg-Forum-Verlag-Herkert-GmbH

Wenn auf Radwegen kein Winterdienst erbracht wird, sollten Gemeinden das frühzeitig kommunizieren – z. B. anhand solcher Schilder. 
Quelle: © fotoak80  – stock.adobe.com

Winterdienst auf Gehwegen

Beim Winterdienst auf Fußwegen ergibt sich die Besonderheit, dass dieser i. d. R. durch Satzung den Anliegern übertragen wird. Die Gemeinde ist nur dann für die Durchführung des Winterdienstes auf Gehwegen zuständig, wenn die Gemeinde selbst Anlieger ist oder es sich um Fußgängerwege in Parkanlagen handelt. An diesen Fußwegen trifft die Gemeinde die allgemeine Verkehrssicherungspflicht. 

Die Priorisierung erfolgt dabei folgendermaßen: 

  • Gehwege mit Gemeinde als Anlieger: Fußwege, die der Räum- und Streupflicht für Anlieger unterliegen, sind immer mit Priorität 1 zu versehen. 
  • Winterdienst auf Gehwegen ohne Anlieger: Auf Fußwegen, die keinen Anlieger haben, müssen Gemeinden nur dann den Winterdienst durchführen, wenn sie stark frequentiert sind oder eine andere wichtige Verkehrsbedeutung aufweisen, was sie als Hauptfußwege der Gemeinde deklariert.   

Hinweis: Die Gemeinde als Anlieger hat dieselben Verpflichtungen beim Winterdienst auf Gehwegen wie private Anlieger auch. 

Haftung – Haftet im Schadensfall der Bauhofleiter oder die Gemeinde? 

Grundsätzlich darf bei der Priorisierung der winterdienstlichen Maßnahmen die finanzielle Leistungsfähigkeit einer Gemeinde keine Rolle spielen. Schränkt die Gemeinde aufgrund von fehlenden Ressourcen den Winterdienst dennoch so weit ein, dass die Verkehrssicherheit nicht mehr gewährleistet werden kann und es passiert ein Unfall, kann die Gemeinde dafür haftbar gemacht werden. 

Doch wer genau haftet? Die Gemeinde oder der Bauhofleiter, der i. d. R. für die Koordination und die Durchführung des Winterdienstes verantwortlich ist?  

Zivilrechtlicher Haftungsfall

Ist eine Straße oder ein Gehweg nicht geräumt worden und es kommt zum Schadensfall, haftet immer die Kommune und nicht der Bauhofleiter oder seine Mitarbeiter. Dieses Haftungsprivileg für den Bauhof ist in § 839 BGB i. V. m. geregelt.

Etwas anderes ist es, wenn den Bauhofmitarbeitern grob fahrlässiges oder vorsätzliches Handeln nachgewiesen werden kann. Dann haftet nach außen weiterhin die Kommune, jedoch kann sie Regress beim Bauhofleiter nehmen.

Strafrecht

Im Gegensatz zum Zivilrecht kennt das Strafrecht nur den Täter, also eine Einzelperson, welcher ein pflichtwidriges Verhalten vorgeworfen werden kann. Es wird also diejenige Person angeklagt, deren Handeln zum Schadensfall geführt hat. Öffentliche Körperschaften sind nicht deliktsfähig.

So kann die Gemeinde einer Haftung vorbeugen 

Durch präventives Verhalten kann eine Gemeinde einer Haftung auch vorbeugen. Das gelingt anhand eines dreigliedrigen Verfahrens: 

  1. Die Gemeinde erstellt die Priorisierung der winterdienstlichen Maßnahmen so, dass sie für jeden nachvollziehbar ist.  
  2. Die anhand gemeindebezogener Kriterien erstellte Priorisierung sollte sich im Einsatzplan für den Winterdienst widerspiegeln und auch wie geplant umgesetzt werden.
  3. Die wichtigste Voraussetzung dafür, vor Gericht einer Haftung zu entgehen, ist die genaue Dokumentation des durchgeführten Winterdienstes inklusive der Abweichungen vom Einsatzplan (weil z. B. Straßen aufgrund von Falschparkern nicht befahrbar waren) sowie die Aufbewahrung und Speicherung dieser Dokumentation bis zum Ablauf der Verjährungsfrist für mögliche Schadensersatzforderungen. 

Dokumentation des Winterdienstes 

Um Haftungsansprüchen etwas entgegenbringen zu können, ist es enorm wichtig, den Ablauf des kompletten Winterdienstes zu protokollieren. Die Dokumentation sollte dabei folgende Angaben beinhalten: 

  • Erstellung der Priorisierung inklusive Argumentation für die Entscheidung
  • zuständige Entscheidungsträger
  • detailliert ausgearbeitete Einsatzpläne mit Informationen zu den personellen und sachlichen Ressourcen
  • Einsatzbeginn sowie -ende mit Datum und Uhrzeit
  • eingesetztes Personal und ihre Funktionen
  • Aufzeichnungen zum Zeitpunkt der Räumung wichtiger Stellen und ggf. Angaben zum Streumittel sowie dem Umfang der Streuung
  • Abweichungen vom Einsatzplan mit Begründung der Abweichung 

Hinweis: Anhand dieser Aufzeichnungen sollte die Gemeinde die vorgenommene Priorisierung des Winterdienstes jährlich prüfen, um rechtzeitig auf geänderte Rahmenbedingungen reagieren zu können. 

Vor- und Nachteile von GPS zur Dokumentation des Winterdienstes 

Gemeinden, die entsprechende personelle und finanzielle Ressourcen haben, können den Winterdienst mit GPS-Technik optimieren. Vorab sollten sie aber gründlich die Vor- und Nachteile anhand der ortspezifischen Gegebenheiten ausloten. Folgende Tabelle soll sie dabei unterstützen: 

Vorteile von GPS im Winterdienst  Nachteile von GPS im Winterdienst 

+
Ermöglicht eine rechtssichere Dokumentation der winterdienstlichen Maßnahmen sowie der Kontrollfahrten. Die GPS-Technik erfasst automatisiert die genaue Fahrtroute, das Streumittel und in welcher Menge das Streugut ausgetragen wurde. Diese Genauigkeit kann das Einsatzpersonal oft gar nicht leisten, was dazu führen kann, dass der Nachweis des Winterdienstes vor Gericht nicht gelingt.  

-
Besonderheiten wie Stau oder Unfälle, die während der Durchführung des Winterdienstes durchaus auftauchen können und das Einsatzpersonal dazu zwingen, die Route zu ändern, muss der Fahrer weiterhin manuell eintragen. Denn die GPS-Technik zeichnet lediglich auf, dass die Strecke nicht gestreut wurde. Für den rechtssicheren Nachweis muss die Begründung für die Abweichung vom Einsatzplan ordentlich dokumentiert werden. 
+
Die GPS-Technik führt nicht nur zu mehr Rechtssicherheit aufgrund einer vollständigen Dokumentation, sie entlastet auch das Fahr- und Einsatzpersonal, das sonst alles mit Hand und oft erst nach dem Einsatz aus dem Gedächtnis dokumentiert.  

-
Den Ausdruck aus dem System müssen Fahrer bzw. Bauhofleiter meist noch nacharbeiten. Denn die erfassten Rohdaten in Form einer langen Liste reichen nicht aus, damit sie von allen Beteiligten nachvollzogen werden können. Das heißt, das Einsatzpersonal muss die Rohdaten in einen übersichtlichen und lesbaren Bericht bringen.  

+
Die aufgezeichneten Daten könnten online und in Echtzeit in die Einsatzzentrale übermittelt und unmittelbar für die Einsatzkontrolle und -steuerung genutzt werden.   
-
Um die GPS-Technik zur Navigationshilfe auf fremden Routen nutzen zu können, muss eine sehr aufwendige Programmierung erfolgen, außerdem müssen Verantwortliche die Routen laufend organisieren.  

+
Anhand der GPS-Daten können Gemeinden Einsatzpläne automatisieren. 

 

+
Gerade in großen Städten kann die Streuroute GPS-basiert im Bordcomputer einprogrammiert werden. So erhält der Fahrer während der Fahrt Navigations- und Streuhinweise, sodass dieser auch kurzfristig auf fremden Routen einspringen kann.   

 

+
Mit vorprogrammierten Streuplänen und auf Basis der GPS-Position kann die Streuung automatisiert erfolgen, wodurch Fehlstreuungen vermieden werden. 

 

+
Die GPS-Technik im Winterdienst ist insbesondere dann vorteilhaft, wenn nicht der kommunale Bauhof den Winterdienst ausführt, sondern die Gemeinde Dritte damit beauftragt. Dann erfolgt nicht nur die Aufzeichnung der Einsatzdaten, sondern ist auch eine Kontrolle der sach- und fachgerechten Leistung möglich.  

 

Einen Ausführlichen Bericht zur GPS-Technik im Winterdienst können Bauhofleiter sowie Verantwortliche in der Gemeinde in der Oktober-Ausgabe der Fachzeitschrift „der bauhofLeiter“ nachlesen. Die Zeitschrift informiert über jahresaktuelle Themen am Bauhof und gibt praxisnahe Tipps zum Arbeitsalltag.

Welche Wirkung und Auswirkung haben die unterschiedlichen Streumittel? 

Splitt Blähton  Chloride (Salze) Sand 

 abstumpfende Wirkung

Naturmineral 

X Menge (i. V. zu Salz muss das Zehn- bis Fünfzehnfache gestreut werden) 

X geringe Wirksamkeit (es muss öfter nachgestreut werden)

X Entsorgungsaufwand 

abstumpfende Wirkung

kann zusammengekehrt als Substrat auf Beeten verteilt werden

setzt sich nicht auf dem Grund von Abwasserkanälen ab, sondern an der Wasseroberfläche 

X sehr hohe Kosten 

X Entsorgungsaufwand 

Natriumchlorid 

auftauende Wirkung bis ca. -8° C
geringe Kosten 

Calcium- und Magnesiumchlorid 

auftauend bis ca. -30° C
starke Reaktion mit Luftfeuchtigkeit 

Feuchtsalz 

auftauend bis ca. -6° C
hohe Ergiebigkeit
gute Haftung
schnelle Wirkung 

X Salze belasten die Umwelt und fördern Korrosion

X in den meisten Gemeinden sind Chloride als Streumittel verboten 

abstumpfende Wirkung 

sehr geringe Kosten

 hat keine schädliche Wirkung 

leichte Beseitigung 

X geringe Wirkung, weil zu feinkörnig 

X verliert Wirkung, sobald Neuschnee gefallen ist

Quellen: „der bauhofLeiter“ (Ausgabe August 2019), „bauhofLeiter-PraxisSpezial: Winterdienst kompakt“

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