MANV – Bedeutung, Stufen, Regeln und Feuerwehr-Einsatz bei Massenanfall von Verletzten

06.02.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Ein Massenanfall von Verletzten (MANV) zwingt Rettungskräfte zu Höchstleistungen: Wenn Großunfälle, Naturkatastrophen oder terroristische Akuteingriffe die regulären Kapazitäten überfordern, entscheiden standardisierte Prozesse und klare Rollenverteilungen über die effektive Bewältigung der Krise. Die Feuerwehr agiert hier als systemrelevante Koordinatorin, die nicht nur Menschen aus Gefahrenzonen rettet, sondern durch MANV-Stufen (1–4), mobile Behandlungsplätze und etablierte Triage-Systeme eine strukturierte Versorgungskette sichert. Doch wann wird ein MANV tatsächlich als solcher eingestuft? Welche MANV Stufen helfen bei der Koordination? Und welche „10 goldenen Regeln“ bzw. bewährte Handlungsleitlinien können selbst bei chaotischen Szenarien Überblick und Handlungsfähigkeit garantieren?

 

Inhaltsverzeichnis:

  1. MANV: Wenn die Zahl der Verletzten den Rettungsdienst (über-)fordert
  2. MANV Stufen: Einteilung zur besseren Koordination
  3. Aufgaben der Feuerwehr bei einem MANV
  4. Triage: Die richtige Priorisierung der Verletzten
  5. MANV: 10 goldene Regeln
  6. Fazit: effektives Krisenmanagement beim MANV durch die Feuerwehr
  7. Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum MANV

MANV: Wenn die Zahl der Verletzten den Rettungsdienst (über-)fordert

Ein Massenanfall von Verletzten (MANV) ist in der Norm DIN 13050:2021-10 definiert. Er beschreibt eine Situation, in der die Anzahl der Verletzten oder Erkrankten so hoch ist, dass die regulären Ressourcen des Rettungsdienstes und der Krankenhäuser überlastet sind.

Dieser Fachbeitrag analysiert die Eskalationslogik von MANV-Lagen, die operativen Aufgaben der Feuerwehr und

Unterschied zur Katastrophe:

Ein MANV unterscheidet sich von einer Katastrophe, die durch eine teilweise oder vollständige Zerstörung der Infrastruktur gekennzeichnet ist und vom Landkreis ausgerufen werden muss. Ein MANV stellt eine spezifische, oft kurzfristige medizinische Notlage dar, Eine Katastrophenlage hingegen beschreibt eine Bedrohung, die viele Bereiche des öffentlichen Lebens betrifft und koordinierte Maßnahmen auf breiterer Ebene erfordert.

Bei einem MANV müssen Rettungskräfte nicht nur mit Verletzten rechnen, sondern auch mit erkrankten oder durch die Schadenlage betroffenen, betreuungsbedürftigen Personen. Daher wird das Einsatzwort MANV teils auch als „Massenanfall an Versorgungs- und Hilfebedürftigen“ verstanden. Zudem können in einer MANV-Situation gegebenenfalls besondere Unterstützungseinheiten, wie die Medizinische Task Force des Bundes, hinzugezogen werden.

Ein Massenanfall von Verletzten (MANV) stellt Einsatzkräfte vor extreme Herausforderungen. Typische Ursachen für einen MANV sind:

  • Großunfälle mit vielen Betroffenen (z. B. Verkehrsunfälle, Zugunglücke)
  • Naturkatastrophen wie Hochwasser oder Erdbeben
  • Terroranschläge oder Amokläufe
  • Industrie- oder Chemieunfälle

In solchen Fällen übernimmt die Feuerwehr eine zentrale Rolle bei der Koordination und Unterstützung der Rettungsmaßnahmen.

MANV Stufen: Einteilung zur besseren Koordination

In Deutschland gibt es verschiedene MANV-Stufen, die je nach Anzahl der betroffenen Personen und dem Ausmaß der Lage eingeteilt werden. Diese Stufen helfen den Einsatzkräften, die Situation besser einzuschätzen und die notwendigen Maßnahmen zu koordinieren.  

Welche MANV-Stufen gibt es? Die Einteilung kann regional variieren, aber grundsätzlich gibt es folgende Stufen:

MANV-Stufe Anzahl der Verletzten Erläuterung
MANV 1 5 – 10 Verletzte Hierbei handelt es sich um eine überschaubare Anzahl von Betroffenen, die mit den regulären Ressourcen des Rettungsdienstes bewältigt werden kann.
MANV 2 11 – 25 Verletzte In diesem Fall sind zusätzliche Rettungskräfte und möglicherweise auch überregionale Unterstützung erforderlich, um alle Betroffenen adäquat zu versorgen.
MANV 3 26 – 50 Verletzte Hierbei handelt es sich um eine größere Schadenslage, die eine umfangreiche Koordination und den Einsatz von speziellen Einheiten erfordert.
MANV 4 Mehr als 50 Verletzte In solchen Fällen ist eine großflächige und koordinierte Einsatzleitung notwendig, oft unter Einbeziehung von überregionalen und spezialisierten Einheiten wie der Medizinischen Task Force des Bundes.

Diese Stufen helfen dabei, die Einsatzkräfte schnell und effizient zu mobilisieren und die notwendigen Ressourcen bereitzustellen, um die bestmögliche Versorgung der Betroffenen sicherzustellen.

Wann wird ein MANV ausgerufen? Ein MANV wird ausgerufen, wenn die regulären Rettungsmittel nicht mehr ausreichen. Ab MANV 2 werden zusätzliche Einsatzkräfte wie Schnelleinsatzgruppen (SEG) oder Katastrophenschutzeinheiten alarmiert.

Aufgaben der Feuerwehr bei einem MANV

Bei einem Massenanfall von Verletzten übernimmt die Feuerwehr essenzielle Aufgaben, um die Versorgung der Betroffenen sicherzustellen:

1. Patientenrettung aus Gefahrenbereichen

Die Feuerwehr rettet Verletzte aus schwer zugänglichen oder gefährlichen Bereichen, z. B.:

  • Eingeklemmte Personen aus Unfallfahrzeugen
  • Verschüttete Personen bei Gebäudeeinstürzen
  • Gefahrenzonen bei Chemieunfällen oder Bränden

2. Einsatzstellenabsicherung & Infrastruktur

Die Feuerwehr stellt sicher, dass die Einsatzstelle für den Rettungsdienst zugänglich bleibt, indem sie:

  • Gefahrenbereiche absperrt
  • Beleuchtung für nächtliche Einsätze bereitstellt
  • Verkehrslenkende Maßnahmen einleitet

3. Bereitstellung von Spezialausrüstung

Feuerwehren verfügen über spezielle Abrollbehälter „MANV“ oder „Medizintechnik“, die mit

  • Notfallmedikamenten
  • Tragen und Zelten für mobile Behandlungsplätze
  • Beatmungs- und Infusionsgeräten ausgestattet sind.

Diese Ausrüstung ermöglicht eine schnelle und professionelle Erstversorgung am Einsatzort.

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Triage: Die richtige Priorisierung der Verletzten

Eine der wichtigsten Maßnahmen bei einem MANV ist die Triage – die schnelle Kategorisierung der Verletzten nach Dringlichkeit. Der französische Sanitätsdienst prägte in den 1930er-Jahren den Begriff „Triage“ („Einteilung“). Dabei werden nach erfolgter Sichtung die Verletzungsgrade folgendermaßen kategorisiert:

Kategorie

Verletzungsgrad Maßnahme
Rot I lebensbedrohlich verletzt sofortige Notfallversorung
Gelb II schwer, aber stabil verletzt vorrangige Behandlung nach Rot
Grün III leicht verletzt spätere Behandlung möglich
Blau IV keine Überlebenschance Palliativversorgung
Schwarz   tot Registrierung

Die Feuerwehr unterstützt dabei durch das Einrichten von Patientenablagen, in denen Verletzte erstversorgt und für den Transport vorbereitet werden.

MANV: 10 goldene Regeln

Zwar gibt es „10 goldene Regeln“ für den Massenanfall von Verletzten (MANV) nicht in offizieller Form. Doch es gibt entsprechende Leitlinien für Einsatzkräfte, die helfen sollen, in solchen Situationen effektiv und sicher zu handeln. So nennt zum Beispiel der Kreis Steinfurt in seiner „Vorplanung für die Bewältigung großer (medizinischer) Schadenslagen im Kreis Steinfurt" folgende 10 Regeln für „Standardisiertes Verhalten der ersteintreffenden Rettungskräfte bei einem Massenanfall von Verletzten / Erkrankten“:

  1. sofortige Rückmeldung des Ersteindrucks an die Leitstelle
  2. Überblick verschaffen, die Lage erkunden
  3. erneute Rückmeldung an die Leitstelle, Anforderung weiterer Einsatzkräfte, Raumordnung
  4. Übernahme der kommissarischen Einsatzleitung durch das ersteintreffende Notarzteinsatzfahrzeug
  5. als ersteintreffendes Rettungsmittel (noch) nicht selbst behandeln, sondern erst sichten
  6. Spontantransporte vermeiden
  7. nach Prioritäten versrogen (siehe oben genannte Kategorisierung)
  8. Transporte organisieren/Soforttransporte veranlassen
  9. nachrückende Kräfte einweisen
  10. Übergabe an den Leitenden Notarzt/den Organisatorischen Leiter (Rettungsdienst)

Dank solch standardisiertem Verhalten und präziser Planung, gut ausgebildeten Einsatzkräften und modernster Technik kann die Feuerwehr im Falle eines MANV dazu beitragen, Leben zu retten und die Lage bestmöglich zu bewältigen.

Fazit: Effektives Krisenmanagement beim MANV durch die Feuerwehr

Der Massenanfall von Verletzten (MANV) stellt eine der komplexesten Herausforderungen für Rettungsdienste und Feuerwehr dar, bei der präzise Koordination, klare Einsatzstrukturen und spezialisierte Ausrüstung über Leben und Tod entscheiden. Die MANV-Stufen (1–4) bieten hierfür ein flexibles Eskalationsmodell, das je nach Schadensumfang Ressourcen steuert – von regionaler Unterstützung bis zum Großlagenmanagement mit Einbindung der Medizinischen Task Force.

Die Feuerwehr agiert dabei als Schlüsselakteurin, sei es durch Patientenrettung, Infrastruktursicherung oder die Bereitstellung mobiler Behandlungsplätze. Aktuelle Entwicklungen wie die zunehmende Vernetzung von Blaulichtorganisationen, digitale Lageerkennungssysteme und die Integration von Alltagsrisiken (wie zum Beispiel E-Bike-Brände) unterstreichen die Notwendigkeit stetiger Anpassungen im MANV-Management. Um solchen Szenarien gewachsen zu sein, bleiben regelmäßige Fortbildungen, praxisnahe Übungen und die Aktualisierung von Einsatzplänen unverzichtbar – nicht zuletzt angesichts sich wandelnder Gefahrenlagen durch Klimakrise und technologische Risiken.

Häufig gestellte Fragen (FAQ) zum MANV

Wann wird ein MANV ausgerufen? Ein MANV wird ausgerufen, wenn die Zahl der Verletzten die Kapazitäten des regulären Rettungsdienstes übersteigt (z. B. ab 5 Verletzten).

Welche MANV-Stufen gibt es? Es gibt MANV 1 bis 4, basierend auf der Anzahl der Betroffenen (siehe Tabelle oben).

Welche Rolle hat die Feuerwehr bei einem MANV? Die Feuerwehr übernimmt die Patientenrettung, Absicherung der Einsatzstelle und Bereitstellung von Spezialausrüstung.

Wie läuft die Triage bei einem MANV ab? Verletzte werden in vier Kategorien (Rot, Gelb, Grün, Schwarz) eingeteilt, um die Dringlichkeit der Behandlung zu bestimmen.

Welche Einsatzkräfte werden bei einem MANV alarmiert? Neben Feuerwehr und Rettungsdienst kommen Schnelleinsatzgruppen (SEG), Katastrophenschutzeinheiten, Kliniken, Notfallseelsorger/-innen, PSNV-Fachkräfte und KIT-Teams zum Einsatz.

Quellen: MANF-Konzeption des Ministeriums für Inneres; Feuerwehr-ub.de; Deutscher Berufsverband Rettungsdienst e.V.; Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe; „Vorplanung für die Bewältigung großer (medizinischer) Schadenslagen im Kreis Steinfurt"