Was ist bei der Ladungssicherung von Fahrgütern zu beachten? Vorschriften, Arten von Ladungssicherung und Gefährdungsbeurteilung
16.07.2021 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Wer Güter mithilfe von Fahrzeugen transportieren will, muss sie vor Fahrtbeginn im Rahmen einer entsprechenden Ladungssicherung befestigen. Aber wer ist arbeitsschutzrechtlich für diese Sicherung zuständig – Fahrer oder Verlader? Welche Arten von Ladungssicherung gibt es und welche Vorschriften sind hierbei zu beachten?Inhaltsverzeichnis
- Ladungssicherung: Definition
- Wie sichert man Ladung? – Fünf Grundregeln zur Ladungssicherung
- Welche Arten von Ladungssicherung gibt es?
- Wer ist für die Ladungssicherung verantwortlich?
- Ladungssicherung: Vorschriften
- Gefährdungsbeurteilung zur Ladungssicherung
Ladungssicherung: Definition
Eine fachgerechte Ladungssicherung soll die Transportgüter eines Fahrzeugs gegen folgende Gefährdungen absichern:
- Verrutschen
- Verrollen
- Umfallen
- Herabfallen
- Lärm
Außerdem müssen die Ladegüter während der gesamten Fahrt gegen Ausweichmanöver oder Vollbremsungen gesichert sein und dürfen sich nicht bewegen können.
Ladungssicherung ist wichtig, da unzureichend oder gar nicht gesicherte Ladungen zu Unfällen führen können. Sie gefährden andere Verkehrsteilnehmer und die Unversehrtheit der transportierten Waren.
Um solche Risiken zu vermeiden, gibt es bestimmte Grundregeln, die alle Verantwortlichen bei der Ladungssicherung beachten sollten.
Wie sichert man Ladung? – Fünf Grundregeln zur Ladungssicherung
Die folgenden Regeln beinhalten die wichtigsten Grundzüge zur Ladungssicherung. Außerdem zeigen sie, wie sich Ladungen von Fahrgütern vor dem Transport fachgerecht absichern lassen.
1. Das passende Fahrzeug auswählen |
Abhängig vom Ladegut sollte der Verantwortliche bereits im Vorfeld ein geeignetes Fahrzeug auswählen, um die geplanten Waren und Güter sicher zu transportieren. Hierbei muss der Aufbau und die Ausrüstung des Fahrzeugs so beschaffen sein, dass sich Kräfte, die während des Transports auftreten, sicher auffangen und abschwächen lassen. |
2. Auf den Ladungsschwerpunkt achten |
Der Ladungsschwerpunkt sollte für den Transport möglichst auf der Längsmittellinie des Fahrzeugs liegen. Gleichzeitig ist der Schwerpunkt möglichst niedrig zu halten, um eventuelles Rutschen oder Verschieben der Ladung zu vermeiden. → Als Grundsatz gilt: Schweres Ladegut unten, leichtes Ladegut oben. |
3. Kennzahlen zur maximal Belastung einhalten |
Damit es während des Transports zu keinen Komplikationen mit der Ladung kommt, sind folgende Kennzahlen unbedingt einzuhalten:
Bei Teilbeladung des Fahrzeugs müssen die Verantwortlichen das Gewicht im Fahrzeug so verteilen, dass jede Achse anteilmäßig gleich intensiv belastet wird. |
4. Ladung absichern |
Die gesamte Ladung ist so zu verstauen, dass sie unter üblichen Verkehrsbedingungen nicht verrutschen, verrollen, umfallen oder herabfallen kann und das Fahrzeug nicht umkippen kann. Zu den „üblichen Verkehrsbedingungen“ zählen folgende Gefahrensituationen:
Die Ladung muss in all diesen Situationen durch eine entsprechende Ladungssicherung geschützt sein. Falls notwendig, müssen die Verantwortlichen weitere Hilfsmittel zur Ladungssicherung nutzen, z. B. rutschhemmende Materialien oder Zurrgurte. |
5. Fahrgeschwindigkeit anpassen |
Der Fahrer, der die Ladung transportiert, muss seine Geschwindigkeit während der Fahrt je nach Ladegut auf folgende Punkte anpassen:
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Diese Übersicht gilt für den Transport von Gütern im öffentlichen und innerbetrieblichen Verkehr. Des Weiteren lassen sie sich sowohl auf LKW und PKW als auch Transporter oder andere Fahrzeugarten anwenden.
Die fachgerechte Ladungssicherung beginnt jedoch nicht erst beim Verladen der Transportgüter in das Fahrzeug. Bereits im Lager, wo die Güter aufbewahrt werden, müssen Sicherheitsfachkräfte und Lagerleitungen auf eine entsprechende Sicherung achten. Hilfreiche Tipps und Anleitungen zur Ladungssicherung beinhaltet das „Praxishandbuch für Lagersicherheit“. Sofort einsetzbare Arbeitshilfen und Schritt-für-Schritt-Anleitungen zeigen, wie sich die Anforderungen zur Ladungssicherung fachgerecht umsetzen lassen.
Welche Arten von Ladungssicherung gibt es?
Grundsätzlich lässt sich bei der Ladungssicherung zwischen folgenden Arten unterscheiden:
Welche Art der Ladungssicherung für ihre Transportgüter relevant ist, ermitteln Verantwortliche insbesondere anhand folgender Faktoren:
- Typ und Aufbau des Fahrzeugs bzw. Wechselbehälters
- Ladegut und dessen Form, Gewicht etc.
- nutzbare Hilfsmittel zur Ladungssicherung
Der folgende Abschnitt beschreibt die beiden Sicherungsarten für Ladegüter.
Formschlüssige Ladungssicherung
Bei der formschlüssigen Ladungssicherung stützt die zuständige Person die Ladung gegen Stirn-, Seiten- oder Trennwände ab. Wenn die formschlüssige Ladungssicherung die einzige Sicherungsmaßnahme darstellt, müssen die Wände oder Abstützungen entsprechende Rückhaltekräfte aufweisen. Außerdem müssen sie die in die jeweilige Richtung wirkenden Massenkräfte aufnehmen können.
Eine formschlüssige Ladungssicherung kann z. B. wie folgt aussehen:
Bild: © yaalan – stock.adobe.com |
Für eine formschlüssige Ladungssicherung ist auch das Direktzurren mit Zurrgurten möglich. Dies gibt es als Schräg- oder Diagonalzurren.
Bild: © Animaflora PicsStock – stock.adobe.com |
Kraftschlüssige Ladungssicherung
Die kraftschlüssige Ladungssicherung kommt meist ergänzend zur formschlüssigen Ladungssicherung zum Einsatz. Sie ist insbesondere dann erforderlich, wenn z. B. die Fahrzeugaufbauten, Wechselbehälter oder Trennwände alleine nicht die Belastungen im Fahrzeug aushalten und abstützen können. In der Praxis erfolgt die kraftschlüssige Ladungssicherung meist durch Niederzurren mit Zurrgurten.
Zurrgurte sind ein gängiges Hilfsmittel zur Ladungssicherung. |
Bei der kraftschlüssigen Ladungssicherung müssen die Verantwortlichen die erforderlichen Sicherungskräfte kennen. Allerdings bieten viele Zurrmittelhersteller bereits vereinfachte Umrechnungstabellen oder andere Unterstützung an.
Daneben hängt die Benutzung der Hilfsmittel im Wesentlichen von der Qualifikation des zuständigen Personals ab. Betroffene Unternehmen sollten daher ihre Beschäftigten regelmäßig zur Ladungssicherung weiterbilden, z. B. mit der Inhouse-Schulung „Ladungssicherung für Verladepersonal und Verladeleiter“ der AKADEMIE HERKERT.
Wer ist für die Ladungssicherung verantwortlich?
Grundsätzlich sind nach § 22 der Straßenverkehrsordnung (StVO) sowohl der Fahrer als auch der Verlader verantwortlich für die verkehrssichere Verladung, den Transport und die Entladung der Fahrgüter. Durch diese Regelung ist nicht nur der Fahrer für die Ladungssicherung zuständig, sondern jede Person, welche der Absender bzw. Versender oder Empfänger damit beauftragt, die Güter in das Fahrzeug zu beladen oder entladen.
Zudem muss der Fahrer bzw. Fahrzeugführer laut § 23 StVO dafür sorgen, dass folgende Bestandteile bei der Ladungssicherung vorschriftsmäßig sind:
- Fahrzeug
- Zug
- Gespann
- Ladung
- Besetzung
Darüber hinaus muss der Fahrer darauf achten, dass die Ladung oder Besetzung die Verkehrssicherheit des Fahrzeugs nicht beeinträchtigt. Die Verantwortung für den Betrieb des Fahrzeugs trägt nach § 31 Straßenverkehrs-Zulassungs-Ordnung (StVZO) ebenfalls der Fahrzeughalter.
Außerdem müssen der Fahrzeughalter und der Arbeitgeber des Verladers jederzeit geeignete Mittel für die Ladungssicherung zum Verladen bereitstellen, um die Verkehrssicherheit während des Transports sicherzustellen.
Ladungssicherung: Vorschriften
Bei der Ladungssicherung sind insbesondere folgende Vorschriften und Regelwerke zu beachten:
Straßenverkehrs-Ordnung (StVO)
In § 22 schreibt die StVO vor, wie die Ladung abzusichern ist: Sie darf weder während der regulären Fahrt noch bei Vollbremsungen oder Ausweichmanövern verrutschen, umfallen, herabfallen oder vermeidbaren Lärm verursachen. Wichtig sind hierbei die anerkannten Regeln der Technik.
§ 23 StVO geht näher auf die Pflichten des Fahrzeugführers ein.
Weitere wichtige Vorschriften zur Ladungssicherheit
Vorschrift | Inhalt |
§ 31 Straßenverkehrs-Ordnung (StVO) |
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§ 22 DGUV Vorschrift 70 |
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§ 33 DGUV Vorschrift 70 |
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§ 37 DGUV Vorschrift 70 |
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VDI Richtlinie 2700 |
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§ 412 Handelsgesetzbuch (HGB) |
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Ausführliche Hinweise zu relevanten Vorschriften bei der Ladungssicherung enthält das „Praxishandbuch für Lagersicherheit“.
Gefährdungsbeurteilung zur Ladungssicherung
Das Fahrzeug, dass bei der Ladungssicherung genutzt wird, gilt arbeitsschutzrechtlich als Arbeitsmittel, genauso wie die dazu gehörigen technischen Hilfsmittel. Deshalb müssen die Verantwortlichen auch zur Ladungssicherung von Fahrgütern eine Gefährdungsbeurteilung erstellen und dokumentieren. Die Beurteilung ermittelt mögliche Gefährdungen während des Transports und erforderliche Sicherungsmaßnahmen.
Typische Fragen, die sich die Verfasser der Gefährdungsbeurteilung stellen sollten, sind z. B.:
- Welche Formen weißt das Transportgut auf?
- Wie schwer ist die Ladung?
- Welche Art der Ladungssicherung ist am sinnvollsten?
- Sind Hilfsmittel notwendig und wenn ja, welche?
- Wie hoch sind die zu kompensierenden Kräfte?
Bevor die definierten Sicherungsmittel zum Einsatz kommen, sind diese unbedingt auf sichtbare Mängel zu prüfen. Mögliche Sicherheitsrisiken sind insbesondere:
✘ | größere Einschnitte, die reißen können |
✘ | große Verschleißzeichen |
✘ | stark deformiertes Material |
✘ | nicht intakte Nähte |
✘ | verformtes Spannelement |
✘ | abgenutzte Zahnkränze |
✘ | gebrochener Spannhebel |
✘ | Kennzeichnungen auf den Gurten sind nicht mehr vorhanden oder nur schwer erkennbar |
Mithilfe der Gefährdungsbeurteilung zur Ladungssicherung ermitteln die Verantwortlichen, ob die ausgewählte Methode zur Sicherung verhindert, dass sich die Ladegüter ungewollt im Fahrzeug verschieben oder bewegen.
Sobald die Gefährdungsbeurteilung erstellt und Schutzmaßnahmen bestimmt sind, kann das Fahrzeug mit den Transportgütern beladen werden.
Quellen: „Praxishandbuch für Lagersicherheit“, stvo.de