Modulares Bauen: Definition, Vorteile und Beispiele für vorgefertigte Bauweisen

17.08.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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© Jarama – stock.adobe.com
Von der Planung über den Rohbau bis zum Ausbau – konventionelle Bauprozesse benötigen viel Zeit, Ressourcen und Geld. Gleichzeitig wird der Wohnraum immer knapper, während die Bevölkerungszahl steigt. Um diese Probleme zu lösen, wird das sog. modulare Bauen immer stärker eingesetzt. Welche Besonderheiten bringt diese Bauweise für Bauplaner, Architekten und (öffentliche) Auftraggeber mit sich?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Definition: Was ist modulares Bauen?
  2. Warum modulares Bauen? – Vorteile
  3. Modulares Bauen: Beispiele
  4. Rechtliche Vorgaben für Unternehmen
  5. Modulares Bauen: Anbieter
  6. Fazit: Lohnt sich das modulare Bauen?

Definition: Was ist modulares Bauen?

Das modulare Bauen (auch „serielles Bauen“) ist eine Bauweise, bei der ein Bauwerk in einzelnen Teilen vorab angefertigt und am Ende zu einem Gebäude zusammengefügt wird. Zunächst plant, konstruiert und produziert der Auftragnehmer die verschiedenen Bauteile. Damit können sowohl Decken und Wände als auch Fassaden, Raumzellen oder andere Teile in modularer Bauweise angefertigt werden. Anschließend werden sie auf der Baustelle zusammengebaut und fertiggestellt.

Die folgende Abbildung verdeutlicht noch einmal den Ablauf des modularen Bauens:

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Bild: © Forum Verlag Herkert GmbH

Wie vollständig die geplanten Raumeinheiten vorgefertigt sein sollen, ist je nach Vorhaben unterschiedlich. So können einzelne Bestandteile als Raumzelle bereits bis zu 90 % beim Hersteller fertiggestellt werden.

Zu den meistgenutzten Raumzellentypen beim modularen Bauen gehören:

Art von Raumzellen Definition
Raummodule Es gibt Raummodule aus verschiedensten Materialien wie Beton, Holz oder Stahl.
Container Vorgefertigte Raumzellen, die aus einer Stahlträgerkonstruktion bestehen. Die Stahlrahmen sind nach außen freiliegend.
Seefrachtcontainer Vorgefertigte Raumzellen, die aus Seefrachtcontainern bestehen.

Auf dem deutschen Markt nutzen Bauunternehmen derzeit v. a. folgende Modulbauweisen:

Art des Modulbaus Definition
Holzmodulbauweise Vorgefertigte Holzständerwände werden z. B. mit Brettstapel-/Holzbalkendecken auf die Baustelle geliefert und montiert. Vereinzelt gibt es bereits Anbieter, die Holzraumzellen herstellen.
Stahlmodulbauweise Raumzellenmodule werden aus Stahlrahmen gefertigt (Raumzellenbauweise). Sie werden ähnlich wie Spielzeugbausteine vor Ort zusammengefügt.
Stahlbetonmodulbauweise Das modulare Bauwerk besteht aus vorgefertigten Stahlbetonwänden und -decken. Sie werden ebenfalls zur Baustelle geliefert und erst dort montiert.
Hybridmodulbauweise Das Gebäude besteht aus einer Kombination aus vorgefertigten Holzständerwänden und Betonfertigteildecken.

So viele unterschiedliche Methoden es gibt, das modulare Bauen zu nutzen – lohnt es sich in der Praxis überhaupt? Welche Vorteile bietet der modulare Bauen?

Warum modulares Bauen? – Vorteile

Die modulare Bauweise bringt – verglichen mit der konventionellen Fertigung von Bauteilen – einige Vorteile mit sich. Insbesondere Bauplaner, Architekten und (öffentliche) Auftraggeber können vom modularen Bauen profitieren.

Zu den wichtigsten Vorteilen gehören folgende Punkte:

  • Bauvorhaben lassen sich schneller abwickeln, realisieren und fertigstellen, denn:
    • Bestimmte Bauprozesse lassen sich standardisieren (aufgrund der ähnlichen Bauweise).
    • Eventuelle Baumängel müssen am Ende nicht durch einzelne Gewerke beseitigt werden.
      → Zeitersparnis bei der Ausführung.
      → Neuer Wohnraum kann schneller vermietet oder verkauft werden.
      → Weniger Beeinträchtigung durch Baustellenlärm und -dreck für Anwohner.
  • Modulares Bauen kann umweltfreundlicher und nachhaltiger als andere Bauweisen sein: Da der gesamte Bauprozess kürzer ist, müssen z. B. Maschinen und Anlagen, etwa zur Baustellenbeleuchtung, weniger lang betrieben werden.
    → So können Unternehmen Benzin, Strom und andere Ressourcen sparen.
  • Der Hersteller prüft beim Prototyp eines Raummoduls alle Funktionen und Materialien. Sie werden anschließend in der Serienproduktion nochmals optimiert.
    → Der Hersteller kann eine gleichbleibende Qualität sicherstellen.
  • Öffentliche Verwaltungen und andere Auftraggeber werden entlastet, da der administrative Aufwand (Ausschreibungen, Vergaben, Rechnungen, Bauabnahmen etc.) erheblich geringer ausfällt.
  • Die Baumaterialien sind vor Witterungseinflüssen geschützt, da sie meist in einer überdachten Halle hergestellt werden.

Darüber hinaus lassen sich Containerbau, Holzmodulbau und Co. nicht nur bei Neubauten nutzen. Es gibt zahlreiche Beispiele, in denen das modulare Bauen genutzt wird, um Bestandsgebäude auszubauen, etwa durch das Hinzufügen weiterer Etagen. So lassen sich z. B. in Innenstädten, wo der Wohnraum knapp und die Nachfrage groß ist, neue Wohnflächen schaffen.

Modulares Bauen: Beispiele

Das modulare Bauen bietet Auftraggebern und Unternehmen unterschiedlichste Einsatzmöglichkeiten. Während Container, Raummodule und Co. in den 1980ern vor allem für Bürozellen auf Baustellen genutzt wurden, reicht das Spektrum mittlerweile wesentlich weiter.

Typische Vorhaben, für die das modulare Bauen genutzt wird, sind:

  • Kitas und Schulen
  • Einfamilienhäuser
  • Mehrfamilienhäuser
  • Wohnheime
  • Mikrowohnungen
  • Shops
  • Büros

Dank seiner zeit- und aufwandssparenden Eigenschaften nutzen viele Hersteller das modulare Bauen z. B. auch für BäderIn Wohngebäuden gehören sie zu den technisch anspruchsvollsten Räumen, da gleichzeitig viele Gewerke auf kleiner Fläche aktiv werden.

Modular gebaute Bäder können diese Hindernisse ein Stück weit umgehen. Hier werden die erforderlichen Anschlüsse und Leitungen bereits bei der Herstellung industriell vorproduziert und einbaufertig an die Baustelle geliefert. So lassen sich sogar ganze Duschkabinen und Armaturen bei der Anfertigung einbauen. Das verringert die Wahrscheinlichkeit, dass später Fehler bei der manuellen Installation gemacht werden.

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Beim modularen Bauen kommen häufig entweder Holzmodule oder Container zum Einsatz, um Gebäude zu errichten. Besonders die Containerbauweise wird schon lange nicht mehr nur für Büros auf Baustellen genutzt. (Bild: © Axel Bueckert – stock.adobe.com)

Im Folgenden gehen wir auf weitere Beispiele für erfolgreiche Modulbauten ein.

Beispiel 1: Erweiterung von Bestandsgebäude in Frankfurt

Im Jahr 2020 nutzte die „Unternehmensgruppe Nassauische Heimstätte | Wohnstadt“ das modulare Bauen, um in Frankfurt a. M. mehr als ein Dutzend Bestandsbauten mit Holzmodulen zu erweitern. Dadurch entstanden 82 neue Wohnungen, ohne weitere Grundstücksfläche in Anspruch nehmen zu müssen. Eine Chance, die bei anderen Bauweisen nur schwer umsetzbar ist.

Beispiel 2: Single-Apartments mit Containerbauweise

In Koblenz wurde innerhalb von zehn Wochen eine komplette Wohnanlage aus Containern in modularer Bauweise errichtet. Der „Snooze-Campus“ bietet auf drei Etagen 36 Kleinstwohnungen für temporäres Wohnen. Die Apartments bieten zwischen 21 und 28 m2 Wohnfläche, wovon 26 Wohnungen sogar eine Dachterrasse besitzen.

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Weitere Umsetzungsbeispiele und Projektberichte zu erfolgreichen Modulbauten im Wohnungsbereich bietet das Fachmagazin „QUARTIER“. Neben Berichten über Neubauprojekte und Bestandsbauten informiert es über aktuelle Trends und Entwicklungen im Wohnungsbau. Auch wichtige gesetzliche oder rechtliche Änderungen in der Quartiersentwicklung werden im Magazin behandelt. So bleiben Bauherren, Hersteller und Auftraggeber auf dem Laufenden.

Rechtliche Vorgaben für Unternehmen

Verantwortliche müssen einige gesetzliche Regelungen beachten. Je nach Bundesland können sich diese voneinander unterscheiden.

Landesbauordnungen

Jedes Bundesland besitzt eine eigene Landesbauordnung (LBO). Sie unterscheiden jeweils zwischen geregelten, nicht geregelten und sonstigen Bauprodukten/Bauarten. Der Modulbau fällt unter die „nicht geregelten Bauarten“, was u. a. den Genehmigungsprozess für geplante Bauvorhaben beeinflusst. Dieser ist bislang oftmals mit hohem bürokratischen Aufwand verbunden, da für jeden Modulbau eine neue Genehmigung erforderlich ist.

Um diesen Prozess zu vereinfachen und zu vereinheitlichen, sollten Bauherren eine Typengenehmigung für den Modulbau beantragen. Damit kann ein Gebäude, das einmal genehmigt wurde, an mehreren Orten gebaut werden, ohne dass für jedes Vorhaben eine neue Genehmigung anfällt. Das spart nicht nur Zeit, sondern auch Kosten.

Zwar wurde die Typengenehmigung noch nicht deutschlandweit eingeführt. Einige wichtige Voraussetzungen wurden jedoch bereits 2018 vom GdW Bundesverband deutscher Wohnungs- und Immobilienunternehmen geschaffen. Damals entwickelte er das erste europaweite Ausschreibungsverfahren für serielles und modulares Bauen. Dadurch entstand ein Rahmenvertrag, mit dem die Mitglieder des Verbands von vereinfachten Bedingungen bei der Ausschreibung und Auftragsabwicklung profitieren.

Musterbauordnung

Ebenfalls wichtig ist die Musterbauordnung (MBO). Sie stellt grundlegende und v. a. länderübergreifende Anforderungen an Bauwerke aller Art. Daher fällt auch das modulare Bauen in ihren Anwendungsbereich. Erst im Februar 2019 entschied die Bauministerkonferenz, die o. g. Typengenehmigung in die Musterbauordnung aufzunehmen. Allerdings dauert es ggf. noch etwas, bis alle Länder die neue Vereinbarung in ihre LBO aufgenommen haben werden oder auf die allgemeine MBO verweisen.

Modulares Bauen: Anbieter

Für (öffentliche) Auftraggeber ist es oftmals herausfordernd, eine passende Baufirma oder einen anderen Dienstleister in der Nähe zu finden. Um solche Probleme zu vermeiden, gibt es das Firmenverzeichnis des Bauindex. Es bietet eine große Auswahl unterschiedlicher Bauunternehmen, Hersteller und Dienstleister –  auch Anbieter für modulares Bauen.

Daneben enthält das Verzeichnis Firmen zu folgenden Bereichen:

  • Außenanlagen
  • Baukonstruktion
  • Baustellenvorbereitung und -Ausstattung
  • Dienstleistung und Planung
  • Gebäudeausstattung und -technik
  • Klimaanpassung

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Fazit: Lohnt sich das modulare Bauen?

Modulares Bauen hat großes Potenzial für die Zukunft: Es spart Zeit, Planungsaufwand und dadurch auch Kosten. Insbesondere durch die immer knapper werdenden Bauflächen und dem gleichzeitig steigenden Bedarf an Wohnraum bietet die modulare Bauweise einige Vorteile gegenüber anderen Bauweisen. Auch die Digitalisierung und Automatisierung birgt für das modulare Bauen 4.0 einige Vorteile.

Zwar sind noch bürokratische Hürden vorhanden, etwa bzgl. Baugenehmigungen, Stellplatzverordnungen oder dem Einsatz von Holz als Baustoff bei der Aufstockung von Bestandsgebäuden. Dem soll jedoch entgegengewirkt werden, etwa mit einer entsprechenden Typengenehmigung. Diese sollte nun flächendeckend in allen Bundesländern eingeführt werden, damit das modulare Bauen stärker genutzt wird. Dadurch wird es preislich attraktiver, modular zu bauen, was wiederum zu einem stärkeren Einsatz am Markt führt usw.

Verantwortliche sollten gleichzeitig im Hinterkopf behalten, dass der Modulbau nicht alle aktuellen Probleme auf dem Wohnungsmarkt lösen kann. Er leistet jedoch einen wichtigen Beitrag für bezahlbares Wohnen und kann sowohl im Neubau als auch bei Bestandsbauten genutzt werden.

Um über weitere aktuelle Entwicklungen im Bausektor informiert zu bleiben, gibt es das Fachmagazin „QUARTIER“. Es informiert nicht nur über neue Trends und Ideen im Wohnungsbau, sondern untersucht auch die Bereiche Bautechnik, Baukosten & Finanzierung sowie Städtebau & Quartiersentwicklung. Sichern Sie sich jetzt ein kostenloses Probeheft!

Quellen: Fachmagazin „QUARTIER“, Fachmagazin „GEG Baupraxis“, Infodienst „Der Bauleiter

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