Schimmelbeseitigung: Neuer Schimmelleitfaden des Umweltbundesamtes erschienen

23.05.2018 | JS – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Dreizehn Jahre sind seit dem Erscheinen des letzten Schimmelleitfadens vergangen. Nun hat das Umweltbundesamt (UBA) Ende 2017 einen neuen Leitfaden herausgegeben mit deutlich konkreteren Empfehlungen zur Materialbesiedlung, zu Schimmelschäden in Fußböden, zum Umgang mit Bioziden oder auch zur Berücksichtigung von Bakterien. Wir geben einen Überblick.

Wo kann Schimmel auftreten?

In etwa jeder dritten bis vierten Wohnung in Deutschland ist schon einmal ein Feuchteschaden entstanden, der zu Schimmel führen kann. Das schätzt das UBA, das den aktuellen Schimmelleitfaden Ende 2017 herausgegeben hat. Das Tückische an Schimmel ist, dass er nicht nur sichtbar in Form von schwarzen, grünen oder andersfarbigen Flecken an Wänden oder Decken auftritt, sondern auch nicht sichtbar. Das ist der Fall, wenn sich der Schimmel hinter Paneelen versteckt oder an der Rückseite von Gipskartonwänden wuchert. Manchmal kann der Schimmelbefall auch erst im Labor nachgewiesen werden.

Inhalte des neuen Schimmelleitfadens des UBA

Der überarbeitete und aktualisierte Schimmelleitfaden des UBA bündelt die Inhalte der bereits existierenden Leitfäden aus den Jahren 2002 und 2005. Die Experten der Kommission Innenraumlufthygiene (IRK) am UBA, die den Leitfaden erstellt haben, haben neueste wissenschaftliche Erkenntnisse eingearbeitet und versucht, die Lücken zu schließen, die in den vorherigen Fassungen von Kritikern bemängelt wurden.

Sie haben grundsätzlich festgelegt, dass der Leitfaden nur für gewöhnliche Innenräume, insbesondere Wohnungen, Büros, Schulen und Kitas gelten soll, nicht aber für Räume mit spezieller Nutzung wie etwa Krankenhäusern, Produktionsstätten oder Gastronomiebetriebe. Des Weiteren bildet der Leitfaden lediglich die innenraumhygienische Grundlage und verweist in bestimmten Bereichen auf die speziellen Regelwerke anderer Institutionen.

Was sich im Vergleich zu den vorherigen Versionen ändert, ist im Folgenden kurz zusammengefasst:

Begriffsdefinition

Während im alten Leitfaden vom „primären“ und „sekundären“ Befall die Rede war, unterscheidet die Neufassung zwischen (Schimmel)Befall und Kontamination. Unter Befall ist dabei das Wachstum von Pilzen und Bakterien in oder auf Materialien zu verstehen. Kontamination beschreibt die Verunreinigung von Materialien, die z. B. durch angeflogene Partikel (ausgehend vom Schimmelbefall) an anderer Stelle entstanden ist.

Gesundheitliche Risiken 

Die Beschreibung der gesundheitlichen Risiken aufgrund eines Schimmelschadens wurde im neuen Schimmelleitfaden in einigen Punkten aktualisiert. Bezüglich der Aufzählung möglicher gesundheitlicher Symptome besteht nach Ansicht von Experten jedoch aus wissenschaftlicher Sicht eine Lücke. 

Prinzipien der Bewertung und Sanierung 

Im neuen Leitfaden werden zwei Prinzipien herausgestellt: Zum einen stellt Schimmel unabhängig von Gattung und Art ein Problem dar. Zum anderen wird betont, dass bei zweifelsfrei erkanntem Schimmelbefall mit geklärter Ursache aufwendige Analysen unnötig werden und nur Anwendung finden sollten, wenn der Befall nicht sicher feststellbar ist. 

Liegt ein relevanter Schimmelbefall vor, sollte laut neuer Fassung saniert werden – unabhängig von den vorliegenden Arten und vom Gesundheitszustand der Raumnutzer. Die Dringlichkeit wird dabei von der Größe des Befalls abhängig gemacht. Die Bewertung nach den Kategorien 1 bis 3 wurde auch in den neuen Leitfaden aufgenommen. Was dann bei der Sanierung zu berücksichtigen ist, zeigt das Fachbuch „der bauschaden Spezial Schimmelpilzsanierung“.

 

Schimmelbefall messen und bewerten  

Die gedankliche Herangehensweise bezüglich Messung, Analytik und Bewertung von Schimmel ändert sich im neuen Schimmelleitfaden gravierend. Denn nun werden Schimmelpilze als Leitorganismen für Schimmelbefall bezeichnet. Damit verdeutlichen die Herausgeber, dass auch die Wirkung der übrigen Mikroorganismen, insbesondere der Bakterien, aber auch von Milben nicht ignoriert wird.

Der Leitfaden enthält zudem die Empfehlung, Abklatschproben außerhalb des Bereichs von RLT- oder Reinraum-Untersuchungen nicht einzusetzen. Diese Empfehlung beruht auf der Erfahrung, dass die Ergebnisse solcher Untersuchungen keine Aussage erlauben.

Qualitätssicherung 

Während die alten Fassungen darauf hinweisen, dass Schimmelschäden der Kategorie 3 von qualifizierten Fachkräften saniert werden sollten, erweitert der neue Leitfaden die Qualitätsansprüche auf Sachverständige, Labore und Schimmel-Spürhunde-Teams.   

Beurteilung befallener Materialien 

Erstmals finden Fachleute „erste Orientierungswerte“ für Schimmelpilze und in ganz vorsichtiger Formulierung auch für Bakterien. Wer klare Zahlenwerte sucht, wird jedoch enttäuscht. Denn Schimmel ist eben kein definierter Schadstoff, sondern eine nicht erfassbare Stoffmischung aus Partikeln und Stoffwechselprodukten. Diese Lücke muss weiterhin der Verstand des Sachverständigen füllen.  

Einsatz chemischer Mittel 

Die neue Fassung des Schimmelleitfadens verdeutlicht die Unterschiede zwischen einer Desinfektion im Speziellen und einer Biozidbehandlung generell: Während Desinfektionsmittel lediglich zur Verhinderung einer Infektionsgefahr eingesetzt werden, stehen bei einer Biozidbehandlung von Schimmelbefall andere Aspekte im Vordergrund, etwa die Verzögerung des weiteren Schimmelwachstums. Generell sieht die IRK den Einsatz von Bioziden im Zusammenhang mit Schimmelschäden eher kritisch. 

Feuchte- und Schimmelschäden in Fußböden

Vor Fertigstellung des Leitfadens hatte eine Arbeitsgruppe des IRK eine Handlungsempfehlung für Schäden in Fußböden erarbeitet, die im März 2014 erschienen ist. Diese Handlungsempfehlungen wurden in die Neufassung des Schimmelleitfadens aufgenommen. 

Ausführliche Informationen zum neuen Schimmelleitfaden beinhaltet der Beitrag im Fachmagazin „der bauschaden“ (Ausgabe April/Mai 2018), den unser Experte Dr. Wolfgang Lorenz verfasst hat. Er war aktiv an der Überarbeitung des Leitfadens beteiligt. (juse)

Quelle:  „der bauschaden“  (Ausgabe April/Mai 2018)

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