Blau Grüne Infrastruktur im Straßenraum: Herausforderungen, Lösungen und nachhaltige Ansätze
13.02.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH
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Inhaltsverzeichnis:
- Nachhaltige Stadtentwicklung: Wie blau grüne Infrastruktur urbane Räume zukunftsfähig macht
- Blau grüne Infrastruktur und Herausforderungen im Straßenraum
- Lösungsansätze für eine blau grüne Infrastruktur: Blau grüne Maßnahmen für den Straßenraum
- Fazit: Zukunftsfähige Städte durch Blau Grüne Infrastruktur
Nachhaltige Stadtentwicklung: Wie blau grüne Infrastruktur urbane Räume zukunftsfähig macht
Ein erheblicher Anteil der urbanen Flächen ist durch Straßen, Wege und Parkplätze versiegelt. Während in Städten rund 20 Prozent der Freiflächen für den Verkehr genutzt werden, sind es in Agglomerationen etwa 9 Prozent. Diese starke Versiegelung verstärkt nicht nur das Phänomen der urbanen Wärmeinseln, sondern schränkt auch die Versickerung von Regenwasser ein und belastet die Kanalisation durch hohe Oberflächenabflüsse. Gleichzeitig steigen die Anforderungen an den Straßenraum: Neben einer funktionalen Verkehrsführung rücken zunehmend
- Begrünung,
- Klimaanpassung und
- Aufenthaltsqualität
in den Fokus. Besonders in dicht bebauten Gebieten sind daher multifunktionale Lösungen gefragt, die ökologische, soziale und wirtschaftliche Vorteile bieten.
Was ist blau grüne Infrastruktur genau?
Die blau grüne Infrastruktur ist ein innovatives Konzept, das die natürliche Umwelt gezielt in den urbanen Raum integriert. Durch die Verknüpfung von Wasser- (blau) und Grünflächen (grün) können Städte klimaresilienter gestaltet werden. Dazu gehören Maßnahmen wie
- begrünte Dächer und Fassaden,
- Wasserauffangsysteme,
- urbane Feuchtgebiete sowie
- Parks mit Retentionsflächen.
Diese Elemente verbessern das Stadtklima, fördern die Biodiversität und schaffen wertvolle Erholungsräume für die Bewohner.
Auch eine weitere Farbe wird oft im Zusammenhang mit blau grüner Infrastruktur genannt: „Grau“ bezieht sich dabei auf traditionelle, technische Infrastrukturen, die hauptsächlich aus Beton und Asphalt bestehen. Diese grauen Infrastrukturen umfassen beispielsweise Straßen, Abwasserkanäle und andere bauliche Maßnahmen, die zur Wasserbewirtschaftung und städtischen Entwicklung beitragen.
Ein wichtiges Konzept in diesem Zusammenhang ist auch die sogenannte Schwammstadt. Hierbei wird Regenwasser nicht einfach abgeleitet, sondern gezielt gespeichert und versickert, um Überschwemmungen zu vermeiden und die Wasserverfügbarkeit langfristig zu sichern. Städte wie Kopenhagen, Singapur und Augsburg gelten als Vorreiter auf diesem Gebiet und zeigen, wie blau grüne Lösungen erfolgreich in die Stadtplanung integriert werden können.
Blau grüne Infrastruktur und Herausforderungen im Straßenraum
Vor allem die Umsetzung blau grüner Infrastrukturen im Straßenraum ist mit verschiedenen Herausforderungen verbunden, die sowohl klimatische, planerische als auch technische Aspekte betreffen.
Klimawandel und städtische Wärmeinseln
Durch den Klimawandel treten immer häufiger extreme Wetterereignisse auf, die insbesondere in dicht bebauten Städten zu Problemen führen. Asphalt und Beton speichern Wärme und geben sie nachts wieder ab, wodurch es zu einer verminderten nächtlichen Abkühlung kommt. Dadurch entstehen städtische Wärmeinseln, die das Mikroklima verschlechtern und die Lebensqualität der Bewohner mindern.
Die gezielte Begrünung des Straßenraums kann dazu beitragen, die Wärmebelastung zu reduzieren. Bäume und Vegetationsflächen wirken als natürliche Klimaanlagen, indem sie Schatten spenden, Feuchtigkeit speichern und durch Evapotranspiration die Umgebungstemperatur senken. Besonders großkronige Stadtbäume sowie begrünte Fassaden und Dächer können das Stadtklima nachhaltig verbessern.
Regenwassermanagement und das Schwammstadt-Prinzip
Starkregenereignisse stellen bestehende Entwässerungssysteme vor große Herausforderungen. Durch die hohe Versiegelung sammeln sich große Mengen an Regenwasser, die in kurzer Zeit abgeleitet werden müssen. Konventionelle Kanalsysteme sind darauf nicht ausgelegt. Überflutungen und hohe Schadenskosten sind die Folgen.
Das Schwammstadt-Prinzip verfolgt einen alternativen Ansatz: Regenwasser wird nicht abgeleitet, sondern gespeichert, gefiltert und kontrolliert abgegeben:
- Versickerungsmulden,
- begrünte Retentionsflächen und
- dezentrale Regenwasserspeicher
tragen dazu bei, die Belastung der Kanalisation zu reduzieren und die Grundwasserneubildung zu fördern.
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Flächenkonkurrenz und multifunktionale Nutzung
In urbanen Gebieten ist die Konkurrenz um verfügbare Flächen sehr hoch. Verkehrsflächen, Parkplätze, Grünanlagen und Aufenthaltsräume müssen auf engem Raum untergebracht werden, wodurch oftmals ökologische Belange zugunsten der Verkehrsinfrastruktur vernachlässigt werden. Der Verlust von Grünflächen verstärkt das Problem der urbanen Wärmeinseln und beeinträchtigt die Lebensqualität.
Um diesem Trend entgegenzuwirken, sind Konzepte erforderlich, die eine multifunktionale Nutzung des öffentlichen Raums ermöglichen. Begrünte Straßenränder, durchlässige Parkplätze und vertikale Begrünung an Fassaden können dazu beitragen, Verkehrsflächen nachhaltiger zu gestalten. Auch die Integration von Wasserflächen in den Straßenraum bietet eine Möglichkeit, das Stadtklima positiv zu beeinflussen und gleichzeitig das Regenwassermanagement zu verbessern, zum Beispiel durch:
- Grüne Verkehrsinseln: Verkehrsinseln können mit durchlässigen Materialien und Pflanzen gestaltet werden, um Regenwasser aufzunehmen und zu speichern.
- Pflastersteine mit Fugen: Spezielle Pflastersteine mit breiten Fugen oder durchlässige Pflastersteine lassen Wasser durch die Oberfläche in den Untergrund sickern.
- Regenwassergärten: Diese bepflanzten Flächen in der Nähe von Straßen sammeln und filtern Regenwasser, bevor es in das Grundwasser gelangt.
- Gründächer auf Bushaltestellen: Bushaltestellen und andere kleine Gebäude entlang von Straßen können mit Gründächern ausgestattet werden, um Regenwasser zu speichern und zu verdunsten.
Belastung des Straßenabwassers durch Schadstoffe
Regenwasser, das über Straßen und Verkehrsflächen abfließt, nimmt eine Vielzahl an Schadstoffen auf. Feinstaub, Reifenabrieb, Schwermetalle und Ölreste aus dem Verkehr gelangen ungefiltert in Gewässer oder ins Grundwasser und stellen eine erhebliche Umweltbelastung dar.
Eine nachhaltige Lösung für dieses Problem liegt in der gezielten Regenwasserbehandlung. Dezentral angelegte Bodenfilter, speziell konzipierte Pflanzenbeete und naturnahe Versickerungssysteme können dazu beitragen, Schadstoffe zurückzuhalten und das Wasser vor der Einleitung in natürliche Gewässer zu reinigen.
Lösungsansätze für eine blau grüne Infrastruktur: Blau grüne Maßnahmen für den Straßenraum
Die nachhaltige Gestaltung des Straßenraums erfordert die gezielte Integration von Blau grünen Maßnahmen. Besonders Begrünung, durchdachtes Regenwassermanagement und die Nutzung nachhaltiger Materialien spielen eine zentrale Rolle.
Begrünung des Straßenraums
Die Pflanzung großkroniger Stadtbäume trägt erheblich zur Verbesserung des Stadtklimas bei. Sie spenden nicht nur Schatten, sondern filtern auch Schadstoffe aus der Luft und erhöhen die Aufenthaltsqualität. Begrünte Fassaden und Lärmschutzwände bieten zusätzliche Kühlungseffekte und verbessern das Mikroklima in dicht bebauten Gebieten. Kleine grüne Inseln oder Regengärten im Straßenraum schaffen klimafreundliche Oasen, die nicht nur optisch ansprechend sind, sondern auch zur Versickerung und Verdunstung von Regenwasser beitragen.
Regenwassermanagement und Wasserspeicherung
Die gezielte Lenkung und Speicherung von Regenwasser ist essenziell, um Überflutungen zu vermeiden und die Wasserversorgung langfristig zu sichern. Mulden-Rigolen-Systeme ermöglichen eine kontrollierte Versickerung und Reinigung des Wassers, während begrünte Retentionsflächen eine zusätzliche Verdunstungskühlung bieten. Auch die Begrünung von Straßenrändern kann zur gezielten Aufnahme und Weiterleitung von Regenwasser in den Boden beitragen, sodass es nicht unkontrolliert in die Kanalisation gelangt.
Nachhaltige Materialien und wasserdurchlässige Oberflächen
Die Verwendung wasserdurchlässiger Materialien reduziert die Versiegelung und verbessert die natürliche Wasseraufnahme. Offenporige Pflastersteine ermöglichen die Versickerung von Regenwasser und verhindern übermäßige Oberflächenabflüsse. Innovative Pflanzsubstrate tragen zusätzlich zur Wasserspeicherung und Schadstofffilterung bei, während Pflanzenkohle die Bodenqualität verbessert und die Wasseraufnahmefähigkeit steigert.
Multifunktionale Nutzung des Straßenraums
Die Kombination unterschiedlicher Nutzungsformen bietet eine effiziente Möglichkeit, den Straßenraum nachhaltiger zu gestalten:
- Begrünte Parkplätze integrieren Stellflächen mit Regenwassermanagement und tragen so zur Reduzierung von Hitzeinseln bei.
- Verkehrsberuhigte Zonen mit Grünstreifen verbessern die Aufenthaltsqualität und fördern nachhaltige Mobilitätskonzepte.
- Auch Dachbegrünungen bieten eine Möglichkeit, bisher ungenutzte Flächen für die Klimaanpassung nutzbar zu machen.
FAQ zur blau grünen Infrastruktur
- Wie kann blau grüne Infrastruktur zur Klimaanpassung beitragen? Durch die Integration von Grünflächen und Wasserspeichern kann blau grüne Infrastruktur extreme Wetterereignisse wie Starkregen und Dürre abmildern. Sie ermöglicht die Speicherung und Nutzung von Regenwasser und verbessert die Verdunstung, was zur Kühlung der Umgebung beiträgt.
- Welche technischen Lösungen werden in der blau grünen Infrastruktur eingesetzt? Zu den technischen Lösungen gehören begrünte Dächer, Fassadenbegrünungen, Regenwasserspeicher, Versickerungsanlagen und künstliche Feuchtgebiete. Diese Elemente helfen, Wasser zu speichern, zu reinigen und langsam in die Umwelt abzugeben.
- Welche Herausforderungen gibt es bei der Implementierung von blau grüner Infrastruktur? Herausforderungen umfassen die Integration in bestehende städtische Strukturen, die Kosten für Installation und Wartung sowie die Notwendigkeit interdisziplinärer Zusammenarbeit zwischen Stadtplanern, Ingenieuren und Landschaftsarchitekten.
- Wie wird die Effizienz von blau grüner Infrastruktur gemessen? Die Effizienz kann durch die Überwachung von Parametern wie Wasserqualität, Wassermenge, Biodiversität und Temperaturveränderungen gemessen werden. Daten aus Wettervorhersagen und Sensoren können ebenfalls genutzt werden, um die Leistung zu bewerten.
- Welche Fördermöglichkeiten gibt es für Projekte zur blau grünen Infrastruktur? In vielen Ländern gibt es staatliche Förderprogramme und Initiativen, die Projekte zur blau grünen Infrastruktur unterstützen. Diese Programme bieten finanzielle Anreize und technische Unterstützung für die Planung und Umsetzung solcher Projekte.
Fazit: Zukunftsfähige Städte durch Blau Grüne Infrastruktur
Die Integration Blau grüner Infrastruktur ist ein entscheidender Schritt in Richtung klimaresilienter Städte. Eine intelligente Kombination aus Begrünung, nachhaltigem Regenwassermanagement und innovativen Materialien kann dazu beitragen, urbane Wärmeinseln zu reduzieren, Wasser effizient zu nutzen und die Lebensqualität im öffentlichen Raum zu verbessern.
Für eine erfolgreiche Umsetzung ist eine enge Zusammenarbeit zwischen Stadtplanern, Behörden und der Gesellschaft erforderlich. Nur durch eine ganzheitliche Planung und gezielte Fördermaßnahmen lassen sich lebenswerte, nachhaltige und zukunftsfähige Städte gestalten.
Quellen: www.umweltbundesamt.de; „Planungshandbuch Straßen- und Wegebau", „Grundstücksentwässerung und Starkregenvorsorge“