Lastaufnahmemittel: mehr Sicherheit am Haken – ein Blick in die DGUV Regel 109-017
11.08.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Kraftschlüssig oder formschlüssig? Diese Frage ist entscheidend für die sichere Verwendung von Lastaufnahmemitteln – dazu hat die DGUV eindeutig Stellung bezogen. Schon das falsche Verständnis dieser Wirkprinzipien kann zu gefährlichen Situationen beim Heben von Lasten führen. Welche Pflichten die DGUV Regel 109‑017 für Arbeitgeber und Beschäftigte bringt und wie sich Unfälle zuverlässig vermeiden lassen, lesen Sie in diesem Fachbeitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist die DGUV Regel 109-017?
- Welche Lastaufnahmemittel gibt es?
- Anforderungen an den Anschläger
- DGUV Regel 109-017: Anwendung in der Praxis und Beispiele
- Häufige Fragen (FAQs) zur DGUV Regel 109-017
- Fazit: die DGUV Regel 109-017 als Leitfaden für den sicheren Umgang mit Lastaufnahme- und Anschlagmitteln
Was ist die DGUV Regel 109-017?
Die DGUV Regel 109-017 ist eine sicherheitstechnische Regelung der Deutschen Gesetzlichen Unfallversicherung (DGUV), die sich auf – wie ihr Name schon sagt – das „Betreiben von Lastaufnahmemitteln und Anschlagmitteln im Hebezeugbetrieb“ bezieht. Bei der Verwendung von Lastaufnahmeeinrichtungen sind neben auch die Vorgaben der DGUV Regel 109-017 „Betreiben von Lastaufnahmemitteln und Anschlagmitteln im Hebezeugbetrieb “zu beachten.
Welche Pflichten birgt die DGUV Regel 109-017 für Arbeitgeber, Unternehmer und Beschäftigte?
Neben den Vorgaben aus Anhang 1 der BetrSichV gibt die DGUV Regel 109-017 bei der Verwendung von Lastaufnahmeeinrichtungen folgende Regelungen vor:
- Sichere Aufbewahrung: Lastaufnahme- und Anschlagmittel müssen so gelagert werden, dass sie weder beschädigt werden noch ihre Funktion verlieren.
- Schutz vor Gefährdungen: Es sind geeignete Maßnahmen zu treffen, um Beschäftigte vor herabfallenden Lasten zu schützen.
- Vermeidung von Risiken bei hängenden Lasten: Diese dürfen nicht über ungeschützte Bereiche bewegt werden, in denen sich üblicherweise Personen aufhalten – besonders bei kraftschlüssiger Befestigung (z. B. durch Reib-, Saug- oder Magnetkräfte).
- Sicheres Anschlagen und Sichern: Lasten sowie die verwendeten Mittel müssen zuverlässig angeschlagen und gegen unbeabsichtigtes Lösen oder Verschieben gesichert werden.
DGUV Regel 109-017 und die BGHM
Die Berufsgenossenschaft Holz und Metall (BGHM) spielt eine tragende Rolle bei der Erstellung und Umsetzung der DGUV Regel 109-017. Im Sachgebiet „Krane und Hebetechnik“ wurden praktische Erfahrungen aus der Industrie in die Regel eingebracht. Die BGHM informiert zudem über Seminarangebote zur Qualifikation „Befähigte Person“, um Lastaufnahmemittel und Anschlagmittel selbstständig bewerten und prüfen zu können.
Wichtige Aspekte gemäß BGHM:
- Unternehmer bzw. Arbeitgeber tragen die Verantwortung für Auswahl, Einsatz und Prüfung der Mittel.
- Besondere Schutzmaßnahmen sind bei speziellen Hebevorgängen erforderlich (wie etwa magnetische Lastaufnahmemittel).
- Die Gefährdungsbeurteilung und deren Dokumentation sind essenziell.
Welche Lastaufnahmemittel gibt es?
Lastaufnahmemittel sind Einrichtungen, die nicht zum Hebezeug gehören, aber mit dessen Tragmittel verbunden werden können, wie etwa:
- Lastaufnahmemittel für Stückgut: Lasthaken, C-Haken, Zangen, Klemmen, Lasthebemagneten, Vakuumheber
- Lastaufnahmemittel für Schüttgut: Behälter und Kübel
Es wird unterschieden zwischen form- und kraftschlüssig wirkenden Lastaufnahmemitteln:
- Kraftschlüssig wirkende Lastaufnahmemittel halten die Last durch Magnet-, Saug- oder Reibungskräfte.
- Formschlüssig wirkende Lastaufnahmemittel tragen die Last ohne kraftschlüssige Komponenten ausschließlich über das Zusammenwirken der geometrisch abgestimmten Formen, zum Beispiel durch Umfassen oder Unterfassen.
Anschlagmittel sind nicht zum Hebezeug gehörende Einrichtungen, die eine Verbindung zwischen Tragmittel und Last oder Tragmittel und Lastaufnahmemittel herstellen. Hierzu gehören zum Beispiel Endlosseile, Hebebänder, Drahtseile, Ketten, Textilgurte, Rundschlingen, Netze, aber auch Haken und Schäkel.
Tragmittel sind dauernd mit dem Kran verbundene Einrichtungen zum Aufnehmen von Lastaufnahmemitteln, Anschlagmitteln oder Lasten, wie zum Beispiel Kranhaken, sowie fest eingebaute Greifer, Zangen oder Traversen.
Anforderungen an den Anschläger
Die Betriebssicherheitsverordnung (BetrSichV) soll dafür sorgen, dass Beschäftigte bei der Arbeit mit Lastaufnahmeeinrichtungen sicher bleiben. Dies soll unter anderem durch die Qualifikation der beauftragten Beschäftigten erreicht werden. Daher darf der Arbeitgeber mit dem selbstständigen Anschlagen von Lasten nur Personen beauftragen,
- die das 18. Lebensjahr vollendet haben,
- die körperlich und geistig geeignet sind,
- die für das selbstständige Anschlagen von Lasten qualifiziert sind und die dem Arbeitgeber ihre Befähigung dazu nachgewiesen haben und
- von denen zu erwarten ist, dass sie die ihnen übertragenen Aufgaben zuverlässig erfüllen.
Dazu benötigen die Anschläger unter anderem Kenntnisse über:
- die Ermittlung der Schwerpunktlage von Lasten
- Tragfähigkeit von Anschlagmitteln in Abhängigkeit von der Zahl der Stränge, Anschlagart und Neigungswinkel
- Tragfähigkeit von Lastaufnahmemitteln, zum Beispiel von Lasthebemagneten, in Abhängigkeit vom Werkstoff der Last, Luftspalt
- Auswahl geeigneter Lastaufnahme- oder Anschlagmittel
- Zeichengebung, Verständigung zwischen Anschläger und Kranführer
- Erkennen der Ablegereife von Lastaufnahme- und Anschlagmitteln
- Aufbewahrung von Lastaufnahme- und Anschlagmitteln
→ Die DGUV Regel 109-017 gibt Hinweise und Beispiele für Umfang und Dauer der Qualifizierung. Es wird empfohlen, die Beauftragung der Anschläger schriftlich zu erteilen.
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Diese Unterlagen müssen vorliegen
Für den sicheren Betrieb müssen am Einsatzort von Lastaufnahme- und Anschlagmitteln Unterlagen bereitgehalten werden, denen beispielsweise folgende Angaben entnommen werden können:
- Tragfähigkeit
- Eigengewicht von Lastaufnahme- und Anschlagmitteln
- zulässiger Greifbereich von Lastaufnahmemitteln, die die Last über Klemmkräfte halten (zum Beispiel bei Rohrgreifern der größte und kleinste äußere Rohrdurchmesser)
- Fassungsvermögen von Lastaufnahmemitteln für Schüttgut
- Mindestlast von selbstansaugenden Vakuumhebern
DGUV Regel 109-017: Anwendung in der Praxis und Beispiele
- Hebebänder und Rundschlingen: Die DGUV Regel 109-017 gibt detaillierte Hinweise zur sicheren Verwendung, zulässigen Belastung, korrekten Kennzeichnung und regelmäßigen Prüfung dieser Anschlagmittel.
- Lasthebemagnete: Bei Umschnürung von Stahlbündeln mit Magneten muss die Umschnürung wie ein Anschlagmittel behandelt werden.
- Sonderfälle: Zusätzlich werden spezielle Hebevorgänge und branchenspezifische Anforderungen berücksichtigt.
Häufige Fragen (FAQs) zur DGUV Regel 109-017
- Was ist der Unterschied zwischen Tragmitteln, Anschlagmitteln und Lastaufnahmemitteln?
Tragmittel sind feste Bestandteile eines Hebezeuges, Anschlagmittel hingegen flexible oder starre Verbindungselemente zwischen Tragmittel und Last. Lastaufnahmemittel sind Vorrichtungen, die speziell für das Aufnehmen und Befestigen einer Last konzipiert sind.
- Welche Prüfpflichten bestehen?
Lastaufnahmemittel und Anschlagmittel müssen regelmäßig von einer befähigten Person geprüft werden. Die Ergebnisse sind zu dokumentieren.
- Gibt es eine Vermutungswirkung der DGUV Regel?
Nein, die DGUV Regel 109-017 hat keine Vermutungswirkung wie eine Verordnung. Sie gilt als Richtschnur und basiert auf konsolidierten Fachkenntnissen und Erfahrungen, wird aber von den Fachkreisen als erforderlich angesehen.
Fazit: die DGUV Regel 109-017 als Leitfaden für den sicheren Umgang mit Lastaufnahme- und Anschlagmitteln
Die DGUV Regel 109-017 bündelt praxisrelevantes Fachwissen und gibt konkrete Empfehlungen für Unternehmer, Führungskräfte und Beschäftigte, um Unfallrisiken zu minimieren und Arbeitssicherheit in Betrieben nachhaltig zu erhöhen. Klar definiert sie Pflichten zur sicheren Lagerung und Verwendung der Mittel sowie die Anforderungen an die Qualifizierung und Beauftragung von Personal.
Obwohl die DGUV Regel 109-017 keine rechtlich verbindliche Vermutungswirkung besitzt, dient sie als fachlich anerkannte Richtschnur und ergänzt gesetzliche Vorgaben wie die Betriebssicherheitsverordnung. Ihr ausgeprägter Praxisbezug und die Einbindung branchenspezifischer Erfahrungswerte machen sie zu einem wichtigen Werkzeug für alle, die Hebezeugbetrieb verantwortungsvoll und sicher ausgestalten wollen
Quellen: DGUV; „Die neue Betriebssicherheitsverordnung – Einfache Umsetzung und Dokumentation der aktuellen Anforderungen“;