Norm DIN VDE 0105-100: Anforderungen an Betreiber von elektrischen Anlagen
26.05.2025 | S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Was besagt die DIN VDE 0105-100?
Von Kleinspannung bis Höchstspannung – die DIN VDE 0105-100 gilt für das Bedienen und alle Arbeiten an, mit oder in der Nähe von elektrischen Anlagen aller Spannungsebenen. Sie umfasst sowohl ortsfeste als auch ortsveränderliche Anlagen, unabhängig davon, ob diese unter Spannung stehen oder spannungsfrei sind.
Abschnitt 4.9 und Anhang B.7 regeln die Anforderungen an das Notfallmanagement, das in die Verantwortung des Anlagenbetreibers fällt. So ist dieser gemäß der Norm dafür zuständig, dass geeignete Notfallmaßnahmen für den Fall eines Stromunfalls ermittelt und umgesetzt werden. Dazu zählt die Norm u. a. die Bereitstellung von Notfallplänen sowie die Ausbildung und Unterweisung einer ausreichenden Anzahl von Mitarbeitern in die entsprechenden Erste-Hilfe-Maßnahmen. Anhang B.7 präzisiert, welche Maßnahmen genau zu einem solchen normkonformen Notfallplan gehören (z. B. Organisation eines Melde-/Berichtverfahrens zur Dokumentation aller Unfälle und Beinahunfälle, Organisation der Kommunikations- und Rettungskette im Notfall).
DIN VDE 0105-100: Änderungen und Aktualisierungen
Die DIN VDE 0105-100 wurde seit 2015 mehrfach angepasst, um technischen Entwicklungen und sicherheitsrelevanten Aspekten Rechnung zu tragen. Insbesondere die Änderungen zu wiederkehrenden Prüfungen (DIN VDE 0105 Teil 100 Wiederholungsprüfung), Risikobewertung und Arbeitsmethoden sind praxisrelevant.
1. DIN VDE 0105 Teil 100 Wiederholungsprüfung – Änderung und Berichtigung
Wartungsintervalle und Prüfanforderungen wurden überarbeitet und präzisiert. Die berichtigte Version der DIN VDE 0105-100/A1 ist seit Oktober 2020 ohne Übergangsfrist anzuwenden:
- Mit der Änderung A1 (DIN VDE 0105-100/A1:2017-06) wurde insbesondere der Abschnitt 5.3.3.101 „Wiederkehrende Prüfungen“ überarbeitet.
- Die Isolationswiderstandsmessung kann unter bestimmten Voraussetzungen entfallen, wenn eine wirksame Überwachung durch geeignete Geräte vorliegt.
- Der Prüfbericht muss eine verbindliche Empfehlung zur nächsten Prüfung enthalten.
- Zusätzliche Anforderungen betreffen die Dokumentation der Schutzeinrichtungen und deren korrekte Auslegung.
2. Risikobewertung und Notfallmanagement
Sicheres Arbeiten beginnt mit einer fundierten Risikobewertung. Die Verantwortung für vorbeugende Maßnahmen und ein funktionierendes Notfallmanagement liegt beim Anlagenbetreiber:
- Vor jedem Bedienvorgang ist eine Gefährdungsbeurteilung durchzuführen.
- Notfallmaßnahmen inklusive Erste-Hilfe-Maßnahmen müssen dokumentiert und geschult sein.
3. „Ordnungsgemäßer Zustand“ von Anlagen gemäß VDE 0105-100
Für die Vorbereitung und Durchführung von Anlagenprüfungen relevant ist die Präzisierung der Anforderungen an den ordnungsgemäßen Zustand einer elektrischen Anlage (5.3.101). Demnach müssen Anlagenprüfer nachweisen, dass die Anlage
- den zum Zeitpunkt ihrer Errichtung (bzw. alternativ den zum Zeitpunkt ihrer wiederkehrenden Prüfung) geltenden Errichternormen entspricht,
- keine weiteren sicherheitsrelevanten Mängel aufweist und
- an ggf. zwischenzeitlich geänderte Umgebungs- und Betriebsbedingungen entsprechend angepasst wurde.
4. Dokumentation und Aushangpflicht
Nur die aktuelle Normfassung darf im Unternehmen angewendet und ausgehängt werden. Dies ist verpflichtend und stellt sicher, dass alle Mitarbeitenden auf dem aktuellen Stand arbeiten
5. Arbeitsmethoden
Was Arbeitsmethoden betrifft, wurden v. a. die allgemeinen Anforderungen (6.1.1) und die Maßnahmen, um Spannungsfreiheit festzustellen (6.2.4), stark bearbeitet sowie um neue Abschnitte mit genauen Vorgaben für die hierbei einzusetzenden Erdungsschalter (6.2.4.2) sowie zum Lichtbogenschutz (Anhang B.6) erweitert.
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Häufige Fragen (FAQ) zur DIN VDE 0105-100
Was ist die Anlagenprüfung nach DIN VDE 0105-100?
Die Anlagenprüfung nach DIN VDE 0105-100 ist eine gesetzlich und normativ vorgeschriebene Überprüfung elektrischer Anlagen, die der Sicherheit, Qualität und Funktionalität dieser Anlagen dient. Die Prüfung umfasst verschiedene Methoden, darunter Sichtprüfungen, Messungen und Funktionsprüfungen. Die Anlagenprüfung ist nicht nur vor der ersten Inbetriebnahme, sondern auch nach Änderungen, Erweiterungen, Reparaturen sowie in festgelegten regelmäßigen Abständen durchzuführen.
DIN VDE 0105 Teil 100 Prüfprotokoll
Die Durchführung der Prüfung ist ausschließlich Elektrofachkräften vorbehalten, die geeignete Prüf- und Messgeräte einsetzen. Die Ergebnisse müssen in einem Prüfprotokoll dokumentiert werden, das alle relevanten Prüfergebnisse und festgestellten Mängel enthält. Werden Mängel festgestellt, ist der Anlagenbetreiber verpflichtet, diese umgehend beseitigen zu lassen und die Anlage erst nach erfolgreicher Nachprüfung wieder in Betrieb zu nehmen.
Die DIN VDE 0105-100 regelt darüber hinaus auch die Verantwortlichkeiten der beteiligten Personen, Anforderungen an Wartung und Instandhaltung sowie an Arbeiten in der Nähe elektrischer Anlagen.
Wer ist der Anlagenbetreiber nach DIN VDE 0105-100?
Der Anlagenbetreiber nach DIN VDE 0105-100 ist die Person, die die Gesamtverantwortung für den sicheren Betrieb und den ordnungsgemäßen Zustand einer elektrischen Anlage trägt. Sie gibt die organisatorischen Regeln und Randbedingungen für den Betrieb der Anlage vor. Anlagenbetreiber kann der Eigentümer, Unternehmer, Besitzer oder eine beauftragte Person sein, die die Unternehmerpflichten wahrnimmt.
Die Verantwortung des Anlagenbetreibers umfasst die Organisation und Überwachung aller Maßnahmen, die für einen sicheren Betrieb notwendig sind. Dazu zählen
- Inspektionen,
- Wartungen,
- Instandsetzungen,
- Gefährdungsbeurteilungen und die Auswahl sowie
- Überprüfung der Qualifikation von Mitarbeitern und Dienstleistern.
→ Der Anlagenbetreiber muss nicht selbst Elektrofachkraft sein. Er ist aber verpflichtet, für alle elektrotechnischen Aufgaben qualifiziertes Personal zu beauftragen und deren Eignung sicherzustellen.
Bei großen oder komplexen Anlagen kann die Verantwortung für Teilbereiche an andere Personen übertragen werden. Wird die Rolle des Anlagenbetreibers von einer externen Organisation wahrgenommen, müssen der Verantwortungsbereich und der Zeitraum der Zuständigkeit dokumentiert werden.
Die Verantwortung des Anlagenbetreibers besteht dauerhaft und umfasst auch die Haftung im Falle von Verstößen gegen Sicherheitsvorschriften, was arbeitsrechtliche, zivilrechtliche und strafrechtliche Konsequenzen nach sich ziehen kann.
Welche Personen haben gemäß DIN VDE 0105-1 Zutritt zu abgeschlossenen elektrischen Betriebsstätten?
Gemäß DIN VDE 0105-100 dürfen abgeschlossene elektrische Betriebsstätten ausschließlich von Elektrofachkräften (EFK) und elektrotechnisch unterwiesenen Personen (EuP) betreten werden. Elektrotechnische Laien (also Personen ohne elektrotechnische Qualifikation) dürfen diese Räume nur in Begleitung einer Elektrofachkraft oder einer elektrotechnisch unterwiesenen Person betreten.
Abgeschlossene elektrische Betriebsstätten sind Räume oder Bereiche, die ausschließlich dem Betrieb elektrischer Anlagen dienen und unter Verschluss gehalten werden müssen. Die Schlüssel zu diesen Betriebsstätten dürfen nur befugten Personen zugänglich sein. Jede Person darf in der Betriebsstätte nur die Tätigkeiten ausführen, für die sie explizit beauftragt wurde.
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Quellen: VDE-Verlag; TÜV Nord; „Handbuch Prüfung elektrischer Maschinen“