SELV, PELV und Schutztrennung bieten Schutz gegen elektrischen Schlag in der Niederspannung

16.05.2024 | Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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© Vladimir Zhupanenko – stock.adobe.com
Zum Schutz der Anwender von elektrischen Betriebsmitteln sowie der Elektrofachkräfte müssen elektrische Geräte über Schutzmaßnahmen gegen das direkte oder indirekte Berühren und somit gegen einen elektrischen Schlag verfügen. Je nach Anwendungsbereich wird im Niederspannungsbereich zwischen mehreren Maßnahmen unterschieden: SELV, PELV, FELV und Schutztrennung.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Schutzklassen zeigen die Art der Schutzmaßnahme an
  2. Schutz gegen elektrischen Schlag durch SELV, PELV und Schutztrennung: Definition und Prüfung
  3. SELV: Schutz durch Sicherheitskleinspannung
  4. PELV: Schutz durch Funktionskleinspannung mit sicherer Trennung
  5. Schutz durch Schutztrennung

Schutzklassen zeigen die Art der Schutzmaßnahme an    

Elektrofachkräfte dürfen insbesondere bei der Prüfung elektrischer Betriebsmittel die Gefahr nicht vernachlässigen, die durch direktes oder indirektes Berühren von diesen ausgeht bzw. ausgehen kann, wenn die Schutztrennung nicht fachgerecht durchgeführt wurde. Die richtige Einschätzung und Vermeidung dieser Gefährdung setzt ein grundlegendes Verständnis der möglichen Schutzmaßnahmen an elektrischen Arbeitsmitteln voraus.  

Grundsätzlich sollten sich Elektrofachkräfte an den drei Schutzklassen orientieren: 

  • Schutzklasse I
  • Schutzklasse II
  • Schutzklasse III 

Hinweis: Nicht alle elektrischen Arbeitsmittel lassen sich eindeutig einer der beschriebenen Schutzklassen zuordnen, sodass die befähigte Person notfalls entscheiden muss, ob ggf. die Anforderungen einer anderen Schutzmaßnahme erfüllt werden. Dann finden die für die bestimmte Schutzklasse erforderlichen Prüfungen und Grenzwerte Anwendung. Eine elektrotechnisch unterwiesene Person (EuP) sollte diese Einschätzung niemals eigenmächtig vornehmen, da ihre Kompetenzen nicht so weit reichen. 

Produktempfehlung

Relevante Grenzwerte zur Prüfung ortsfester Anlagen sowie ortsveränderlicher Betriebsmittel können Elektrofachkräfte, zur Prüfung befähigte Personen sowie EuP in den Handbüchern „Prüfung ortsfester elektrischer Anlagen und Betriebsmittel“ und „Prüfung ortsveränderlicher elektrischer Geräte“ direkt vor Ort nachschlagen. 

Schutzklasse I (Schutzerdung)

  • Geräte der Schutzklasse I sind typischerweise Geräte, die der Wärmeerzeugung dienen (Bügeleisen etc.) oder direkt bzw. indirekt mit Wasser in Berührung kommen (Kaffeemaschine etc.). Die Stecker dieser Geräte sind mit einem Schutzleiterkontakt versehen und daran leicht zu erkennen.
  • Geräte der Schutzklasse I sind so konstruiert, dass die Schutzleiterverbindung beim Einstecken in die Steckdose und somit vor den anderen hergestellt wird. Dementsprechend wird sie beim Herausziehen des Steckers auch als Letzte getrennt. 

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Schutzkontaktstecker deuten i. d. R. auf Geräte der Schutzklasse I hin. (Bild: © pixelnest – stock.adobe.com)

Schutzklasse II (Schutzisolation)

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Am Konturenstecker ohne Schutzleiterverbindung sind Geräte der Schutzklasse II zu erkennen. (Bild: © Tobias Kaltenbach – stock.adobe.com)

  • Bei Geräten der Schutzklasse II handelt es sich i. d. R. um Geräte, die der Nutzer in der Hand hält, also Bohrmaschinen, Mixer, Staubsauger etc.
  • Die leitfähigen Teile sind bei Geräten der Schutzklasse II im Inneren des Arbeitsmittels durch eine besonders starke Isolation nach außen hin abgeschirmt. Deshalb führt auch kein Schutzleiter in das Innere dieser Geräte, sie sind also schutzisoliert.  
 

Schutzklasse III (Schutzkleinspannung) 

  • Geräte der Schutzklasse III werden aufgrund ihrer geringen Spannung (Schutzkleinspannung) und Isolierung sicher getrennt betrieben. Typische Beispiele sind Ladegeräte oder elektrische Arbeitsmittel mit Akkubetrieb. 
  • Schutzkleinspannungsgeräte weisen eine Spannungshöhe von unter 50 V ˜ bzw. 120 V = auf. Außerdem sind solche Geräte vom öffentlichen Netz getrennt. Das bewirkt, dass von Geräten mit Schutzkleinspannung keine Gefährdungen für Mensch und Tier durch einen elektrischen Schlag ausgehen. Bei Geräten mit elektrischer Spannung unter 25 V ˜ bzw. 60 V = erübrigt sich meist ein Schutz gegen das Berühren unter Spannung stehender Teile. 
  • Die Trennung vom öffentlichen Stromnetz wird bei diesen Geräten z. B. durch die Verwendung von Sicherheitstransformatoren, Kleinspannungsgeneratoren, Batterien oder Solarzellen realisiert. 

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Kleinspannungsgeräte verfügen über einen Akku oder ein externes Netzteil. (Bild: © Birgit Reitz-Hofmann – stock.adobe.com)


Schutz gegen elektrischen Schlag durch SELV, PELV und Schutztrennung: Definition und Prüfung 

Bei der Prüfung von Arbeitsmitteln der Schutzklasse III muss die Elektrofachkraft die sichere Trennung der Stromkreise durch eine Isolationswiderstandsmessung nachweisen. Sofern nicht schon bei der Sichtprüfung geschehen, muss die Fachkraft überprüfen, ob die Anforderungen an den Basisschutz und Fehlerschutz gemäß DIN VDE 0100-410 eingehalten werden. Diese sind SELV, PELV und Schutztrennung.

SELV: Schutz durch Sicherheitskleinspannung 

Der Begriff  SELV (Safety Extra Low Voltage = Sicherheitskleinspannung) bezeichnet Spannungen, die aufgrund ihrer geringen Spannungshöhe und Isolierung besonderen Schutz gegen elektrischen Schlag bieten. Arbeitsmittel mit SELV-Schutz dürfen keinesfalls eine Erdung sowie Verbindungen zu einem Schutzleiter oder anderen Stromkreisen aufweisen. Auch muss eine Verbindung mit höherer Spannung ausgeschlossen sein. 

Prüfung 

Für die Prüfung des Schutzes gegen elektrischen Schlag durch SELV sind folgende Prüfschritte notwendig: 

  • Anhand einer Isolationswiderstandsmessung bestätigt die Fachkraft die sichere Trennung der aktiven Teile von anderen Stromkreisen und der Erde. Hierfür benötigt sie Grenzwerte aus der DIN VDE 0100-600. Kein aktiver Leiter darf mit Schutzleiter, Erde oder mit Körpern anderer Spannung verbunden sein. 
  • Zusätzlich ist eine Prüfung der Ausgangsspannung im Leerlauf erforderlich. 
  • Liegen Stromkreise verschiedener Spannungen vor, muss die Prüfspannung der höchsten Nennspannung entsprechen. 

Anwendungsbereich

Der Schutz durch SELV wird benötigt, wenn der Betrieb elektrischer Anlagen und Betriebsmittel eine Gefahr darstellt, z. B. in Schwimmbecken. Weil ein integrierter Sicherheitstransformator die Spannung auf niedere Werte begrenzt, besteht keine Gefahr durch direktes oder indirektes Berühren. 

PELV: Schutz durch Funktionskleinspannung mit sicherer Trennung 

PELV (Protective Extra Low Voltage = Schutzkleinspannung) ist wie SELV ebenfalls eine Schutzkleinspannung. Allerdings sind die aktiven Leiter der Kleinspannungsseite und Körper der Betriebsmittel bei PELV geerdet und mit einem Schutzleiter verbunden. Der entscheidende Unterschied zwischen SELV und PELV ist also die Erdung. Würde SELV geerdet werden, wäre es PELV. Die Bedeutung der PELV ist in der Norm VDE 0100-410 genau festgelegt. 

Prüfung  

Die sichere Trennung der Stromkreise wird bei PELV folgendermaßen geprüft: 

  • Elektrofachkräfte müssen auch in diesem Fall den Isolationswiderstand messen. 
  • Bei Stromkreisen mit verschiedener Spannung entspricht die höchste Nennspannung der Prüfspannung. 

Anwendungsbereich 

PELV wird in den Fällen angewendet, in denen eine Kleinspannung benötigt oder aus Sicherheitsgründen bevorzugt wird.  

Hinweis: Durch FELV (Functional Extra Low Voltage = Funktionskleinspannung) ist zudem ein Schutz durch Funktionskleinspannung ohne sichere Trennung möglich. FELV findet Anwendung bei Spannungen von 50 V oder weniger, wenn nicht alle Anforderungen für die Schutz- und Funktionskleinspannung erfüllt werden können. 

Schutz durch Schutztrennung  

Der Schutz gegen elektrischen Schlag kann im Niederspannungsbereich ebenso durch eine Schutztrennung erfolgen. Bei der Schutztrennung handelt es sich um eine Maßnahme, die auf der galvanischen Trennung der Stromkreise (z. B. mittels eines Trenntransformators) beruht. 

Es gibt weder eine Verbindung der aktiven Teile mit der Erde oder anderen Stromkreisen noch eine Verbindung der Körper mit Schutzleitern oder Körpern anderer Stromkreise. Die Körper des Stromkreises sind mit einem isolierten, nicht geerdeten Potenzialausgleichsleiter verbunden.  

Prüfung  

  • Die zur Prüfung befähigte Person muss anhand einer Isolationswiderstandsmessung nachweisen, dass der Stromkreis von eigenen aktiven Teilen, anderen Stromkreisen und der Erde getrennt ist. 
  • Liegen mehrere Arbeitsmittel vor, muss die Elektrofachkraft messen und berechnen, um nachzuweisen, dass bei zwei unabhängig voneinander auftretenden Fehlern mindestens ein betroffener Stromkreis abgeschaltet wird. 
  • Bei mehreren Verbrauchsmitteln muss die zur Prüfung befähigte Person eine weitere Isolationswiderstandsmessung durchführen. Damit weist sie die Erdfreiheit des Schutzpotentialausgleichs nach. 
  • Abschließend ist die Leerlaufspannung zu messen.  

Anwendungsbereich

Diese Schutzmaßnahme bietet sich insbesondere in engen Räumen an, wo die Gefahr einer unbeabsichtigten Berührung mit dem leitfähigen Arbeitsmittel sehr hoch ist. 

Quelle: „Sicherheitshandbuch Elektrosicherheit“

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