Integrierter Pflanzenschutz einfach erklärt: Definition, Grundsätze und Maßnahmen
20.09.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Um Pflanzen vor Schädlingen und anderen negativen äußeren Einflüssen zu schützen, sind entsprechende Schutzmaßnahmen erforderlich. Allerdings sollten dabei keine Methoden eingesetzt werden, die Mensch und Natur gefährden könnten. Wie sich mechanische, biologische und chemische Pflanzenschutzmittel optimal aufeinander abstimmen lassen, zeigen die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes.Inhaltsverzeichnis
- Definition: Was ist integrierter Pflanzenschutz?
- Integrierter Pflanzenschutz: Grundsätze
- Maßnahmen zum integrierten Pflanzenschutz
- Integrierter Pflanzenschutz: Vor- und Nachteile
Definition: Was ist integrierter Pflanzenschutz?
Der integrierte Pflanzenschutz (IPS) ist ein Sammelbegriff für eine Strategie, bei der mehrere Verfahren zum Pflanzenschutz miteinander kombiniert werden. So sollen verschiedene Maßnahmen aus Acker- und Pflanzenbau optimal auf vorbeugende, nichtchemische und chemische Methoden abgestimmt werden.
Beim Einsatz chemischer Pflanzenschutzmittel oder anderer Präparate gilt das Motto „So viel wie nötig, so wenig wie möglich“. Eine weitere Grundlage bildet die sog. „wirtschaftliche Schadensschwelle“. Demnach sollen Landwirte zunächst beobachten, wie sich ihre Kulturen entwickeln. Kommt es zu einem Schädlingsbefall, soll dieser erst bekämpft werden, wenn die dadurch möglicherweise entstehenden Schäden (z. B. Ernteeinbußen) höher sind als die Behandlungskosten.
Mit diesem Ansatz verfolgt der integrierte Pflanzenschuss das Ziel, Schäden an Nutzpflanzen zu verhindern oder zu reduzieren, die durch Schaderreger, Unkräuter und andere Einflussfaktoren entstehen.
Integrierter Pflanzenschutz: Gesetz
Der integrierte Pflanzenschutz ist bereits seit 1987 zentraler Bestandteil des deutschen Pflanzenschutzgesetzes (PflSchG). Zusätzlich verpflichtete die Europäische Pflanzenschutz-Rahmenrichtlinie 2009/128/EG alle EU-Mitgliedsstaaten dazu, spezielle Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes umzusetzen. Diese Grundsätze übernahm die deutsche Gesetzgebung mit der Novellierung des PflSchG im Jahr 2012. Genauer sind sie seitdem Bestandsteil der „guten fachlichen Praxis“ gemäß § 3 PflSchG.
Zusätzlich gibt es seit dem 10.04.2013 einen nationalen Aktionsplan zur nachhaltigen Anwendung von Pflanzenschutzmittel. Er widmet sich ebenfalls der Umsetzung und Weiterentwicklung des integrierten Pflanzenschutzes.
Integrierter Pflanzenschutz: Grundsätze
Der Anhang III der EU-Pflanzenschutz-Richtlinie beschreibt, welche acht Grundprinzipien den integrierten Pflanzenschutz bestimmen. Alle Unternehmen, die Pflanzenschutzmittel nutzen, müssen sich seit 2014 an diese Grundsätze halten.
Nr. | Grundsatz |
1. |
Es sollten insbesondere folgende Mittel und Methoden genutzt werden, um Schadorganismen vorzubeugen bzw. zu bekämpfen:
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2. |
Für einen integrierten Pflanzenschutz müssen Schadorganismen mit geeigneten Methoden und Instrumenten überwacht werden, sofern entsprechende Mittel zur Verfügung stehen. Das kann folgendermaßen geschehen::
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3. |
Mithilfe der Überwachungsergebnisse ist zu entscheiden, ob und wann Pflanzenschutzmaßnahmen angewendet werden sollen. Bei der Entscheidung sind wissenschaftlich begründete Schwellenwerte zu berücksichtigen, die folgende Themen abbilden:
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4. | Gibt es nachhaltig biologische, physikalische und andere nichtchemische Methoden, sollen diese noch vor chemischen Mitteln genutzt werden. Voraussetzung ist, dass die nichtchemischen Mittel Schädlinge ausreichend bekämpfen und zu einem zufriedenstellenden Ergebnis führen. |
5. |
Eingesetzte Pestizide des integrierten Pflanzenschutzes müssen soweit wie möglich zielartenspezifisch sein. Gleichzeitig dürfen sie nur geringste Nebenwirkungen auf die menschliche Gesundheit, Nichtzielorganismen und die Umwelt haben. |
6. |
Pestizide und andere Bekämpfungsmittel sollen auf ein notwendiges Maß begrenzt genutzt werden. Möglich ist das z. B. durch folgende Methoden:
Dabei muss nicht nur die Höhe des Risikos für die Vegetation akzeptabel sein. Auch die Gefahr für die Entwicklung von Resistenzen in den Schadorganismenpopulationen darf sich nicht erhöhen. |
7. |
Ist ein Risiko bekannt, dass Schädlinge gegen ein bestimmtes Schutzmittel resistent sind, es müssen aber dennoch mehrmals Pestizide eingesetzt werden, da der Befall so groß ist, sind entsprechende Resistenzvermeidungsstrategien zu nutzen. So bietet es sich z. B. an, verschiedene Pestizide mit unterschiedlichen Wirkungsweisen zu nutzen, um die Wirksamkeit der Mittel zu erhalten. |
8. | Alle Anwendungen von Pestiziden sollen im Rahmen des integrierten Pflanzenschutzes dokumentiert werden. Damit und auf Grundlage der Überwachung der Schädlinge ist regelmäßig zu prüfen, wie erfolgreich die angewandten Pflanzenschutzmaßnahmen sind. |
Die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes gelten auch im ökologischen Landbau sowie für Haus- und Kleingärten. Darüber hinaus gibt es kulturpflanzen- und sektorspezifische Leitlinien, die die Grundsätze des integrierten Pflanzenschutzes weiter ausführen. Sie betreffen z. B. Pflanzen im Garten- und Landschaftsbau oder den Anbau von Arzneipflanzen, Gewürzen usw.
→ Eine Übersicht der verschiedenen Leitlinien bietet der Nationale Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP) auf seiner Website.
Aber wie lassen sich diese Grundsätze in der Praxis umsetzen?
Für viele Sektoren der Landwirtschaft gibt es unterschiedliche Vorgaben zum integrierten Pflanzenschutz – etwa im Garten- und Landschaftsbau. (Bild: © Joanne Dale – stock.adobe.com) |
Maßnahmen zum integrierten Pflanzenschutz
Der integrierte Pflanzenschutz umfasst verschiedene Maßnahmen, um Nutzpflanzen auf unterschiedlichen Ebenen bestmöglich zu schützen. So unterteilt z. B. der NAP die Arten von Pflanzenschutz und die dazugehörigen Maßnahmen wie folgt:
Art | Beispiele |
Vorbeugende Maßnahmen |
|
Physikalische Maßnahmen |
|
Biologische/biotechnische Maßnahmen |
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Chemische Maßnahmen |
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Die vorbeugenden Schutzmaßnahmen bilden die Grundlage des integrierten Pflanzenschutzes. Sie sollen die Pflanzen gesund halten und ein mögliches Befallrisiko minimieren. In der Praxis benötigen die meisten Pflanzen jedoch weitere Maßnahmen, damit nicht zu viele Ertragsverluste durch Unkraut, Krankheiten oder Schädlinge entstehen. Hierfür gibt es die chemischen, physikalischen und biologischen Methoden.
Bei allen Maßnahmen des integrierten Pflanzenschutzes gilt jedoch: Sie dürfen weder für den Menschen noch für die Umwelt ein gesundheitliches Risiko darstellen. Vielmehr sollen sie die natürlichen Regelmechanismen der verschiedenen Agrarökosysteme langfristig schützen. Daher sind stets die Vor- und Nachteile der einzelnen Maßnahmen abzuwägen, bevor eine Entscheidung für eine bestimmte Methode getroffen wird.
Integrierter Pflanzenschutz: Vor- und Nachteile
Grundsätzlich ist der integrierte Pflanzenschutz eine ideale Möglichkeit, Pflanzen allumfassend vor Schädlingen und anderen Gefahrenquellen zu schützen. Allerdings bringt jede Maßnahme gewisse Chancen und Risiken mit sich, wie folgende Übersicht erläutert:
Methode | Vorteile | Nachteile |
Physikalische Maßnahmen |
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Biologische Maßnahmen |
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Chemische Maßnahmen |
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Die Vor- und Nachteile zeigen, dass sich Verantwortliche in der Land- und Agrarwirtschaft ausreichend informieren müssen, bevor sie sich für bestimmte Pflanzenschutzmaßnahmen entscheiden. Hierzu gehören sowohl Argumente zur Rentabilität und Umsetzbarkeit als auch zum Umfang der gesetzlichen Anforderungen an den integrierten Pflanzenschutz. Insbesondere beim Einsatz chemischer Mittel sollten Verantwortliche die einschlägigen Regelwerke kennen, um gegen keine gesetzlichen Vorschriften zu verstoßen.
Wichtiger Bestandteil des integrierten Pflanzenschutzes ist u. a. der Grund- und Trinkwasserschutz. Um die Trinkwasserqualität aufrecht zu erhalten, sollte i. d. R. auf umweltfreundliche und ökologische Pflanzenschutzmittel zurückgegriffen werden. Welche Vorschriften Verantwortliche beim Trinkwasserschutz beachten müssen, zeigt die einschlägige Fachliteratur.
Quellen: Nationaler Aktionsplan Pflanzenschutz (NAP), Industrieverband Agrar e. V., Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit (GIZ)