Nachhaltiges Produktdesign in der EU: Kernelemente der neuen Ökodesign-Verordnung

08.12.2025 | S. Horsch – Online Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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KI-generiert

Seit 18. Juli 2024 gilt die neue Ökodesign Verordnung (ESPR – Ökodesign Verordnung für nachhaltige Produkte). Sie legt den Fokus auf den gesamten Lebenszyklus von Produkten, die Förderung der Kreislaufwirtschaft, eine breitere Produktabdeckung, umfassendere Umweltanforderungen, verpflichtende Produktinformationen, die Einbeziehung der Lieferkette und die Förderung von Innovation. Alle wichtigen Fragen dazu beantwortet dieser Beitrag.

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist Ökodesign?
  2. Was besagt die Ökodesign Verordnung?
  3. Wann tritt die Ökodesign-Verordnung in Kraft?
  4. Für wen gilt die Ökodesign Verordnung?
  5. Welche Produkte fallen unter die Ökodesign Verordnung?
  6. Welche Ausnahmen von der Ökodesign Verordnung gibt es?
  7. Was bringt der digitale Produktpass?
  8. Wie geht es weiter?
  9. Fazit

Was ist Ökodesign?

Das Konzept Ökodesign hat zum Ziel, die Umweltbelastung, also den ökologischen Fußabdruck eines Produktes, von der Entstehung bis zur Entsorgung so gering wie möglich zu halten. Es erweitert klassische Produkt-Anforderungen wie Funktionalität oder Preis-/Leistungsverhältnis um den Aspekt der Umweltfreundlichkeit.

→ Auch Verbraucher profitieren vom Ökodesign. Denn je stromsparender und langlebiger ein Produkt ist, umso mehr Geld bleibt im eigenen Geldbeutel.

Was besagt die Ökodesign Verordnung?

Die Ökodesign-Richtlinie legt den rechtlichen Rahmen für nachhaltiges Produktdesign innerhalb der EU. Seit 2005 definiert diese europäische Rechtsvorschrift die Mindestanforderungen an Produkte und deren umweltgerechte Gestaltung. Die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG von 2009 erweitert den Anwendungsbereich auf alle Produkte, die Energie verbrauchen, wie zum Beispiel Fernseher, die Wärmepumpe, oder industrielle Transformatoren.

Seit 18. Juli 2024 gilt die neue Ökodesign-Verordnung für das Ökodesign nachhaltiger Produkte:

Die Verordnung (EU) 2024/1781 (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, kurz: ESPR) schreibt Ökodesign-Anforderungen fest – und zwar weit umfassender, als es mit der bisherigen Richtlinie 2009/125/EG und den zugehörigen delegierten Rechtsakten der Fall war. Hierbei geht es jedoch nicht um die Sicherheit von Produkten im eigentlichen Sinn, sondern um Beschaffenheitsanforderungen im Hinblick auf die umweltgerechte Gestaltung von Produkten allgemein.

Der alleinige Fokus auf dem Energieverbrauch bei der Nutzung betreffender Produkte ist nur noch ein Teilaspekt. Vielmehr sind die Fragen der Entwicklung einer (weitgehend) klimaneutralen Kreislaufwirtschaft und der Energieeffizienz im weitest denkbaren Sinn in den Blick zu nehmen. Somit ist dieser Rechtsakt auch wiederum ein wichtiger Teil der Umsetzung des European Green Deal

Die neue Verordnung will dafür sorgen, dass Produkte nicht nur Energie und Ressourcen schonen – ein Produkt soll auch:

  • haltbar,
  • zuverlässig,
  • wiederverwendbar,
  • nachrüstbar und
  • reparierbar

sein. Zu den Anforderungen des Ökodesigns gehört auch, dass die Produktion sozial fair abläuft. Damit wird auch ein wesentlicher Punkt des Environmental Social Governance erfüllt.

→ Das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) übersetzt die Ökodesign-Richtlinie in deutsches Recht.

Wann tritt die Ökodesign-Verordnung in Kraft?

Die europäische Verordnung (EU) 2024/1781 besitzt unmittelbare Rechtswirkung in den Mitgliedstaaten, im Wesentlichen seit dem 18. Juli 2024. Es bedarf keiner weiteren gesetzlichen Umsetzung.

In der Verordnung (EU) 2024/1781 ist neben dem generellen Anwendungsbeginn eine Fülle von Fristen und Terminen genannt, die in Verbindung mit der Umsetzung der rechtlichen Anforderungen stehen. Zur besseren Übersicht sind die verschiedenen Termine und Fristen nachstehend zusammengefasst aufgelistet und erläutert:

Zentrale Termine

18. Juli 2024: Inkrafttreten der Ökodesign‑Verordnung und Beginn des neuen Rahmens, die alte Ökodesign‑Richtlinie gilt nur noch über zahlreiche Übergangsregeln fort.

16. April 2025: Veröffentlichung des ersten ESPR‑Arbeitsplans 2025–2030, der priorisierte Produktgruppen und Zeitpläne festlegt.

Seit 19. Juli 2025: Erste delegierte Rechtsakte dürfen frühestens in Kraft treten; ab dann beginnen konkrete Anforderungen an einzelne Produktgruppen zu greifen.

Übergangsfristen für Produktanforderungen Delegierte Rechtsakte zu einzelnen Produktgruppen enthalten jeweils eigene Übergangsfristen. Typisch ist:
  • In der Regel haben Wirtschaftsakteure 18 Monate ab Inkrafttreten des jeweiligen delegierten Rechtsakts, um die neuen Ökodesign‑Anforderungen zu erfüllen. 
  • Für bestimmte, schon heute geregelte Produktgruppen sieht die EU Übergangszeiträume mindestens bis Ende 2026 vor, in denen bisherige Maßnahmen weiter gelten.
Digitaler Produktpass (DPP) Der DPP wird nicht zu einem festen Datum für alle Produkte gleichzeitig Pflicht, sondern produktspezifisch:
  • Die Pflicht entsteht jeweils erst, wenn ein delegierter Rechtsakt für die betreffende Produktgruppe in Kraft tritt; dieser arbeitet wiederum mit Übergangsfristen (typisch mindestens 18 Monate). 
  • Erste Gruppen (u.a. Batterien, Textilien, Stahl, bestimmte Elektrogeräte) werden ab ca. 2026/2027 mit DPP‑Pflichten gerechnet, weitere Branchen folgen gestaffelt bis etwa 2030.
Verbot der Vernichtung unverkaufter Produkte Auch hier gelten gestaffelte Fristen:
  • Das Verbot der Vernichtung unverkaufter Verbraucherprodukte gilt ab 19. Juli 2026 zunächst für große Unternehmen.
  • Für mittelgroße Unternehmen greift die Pflicht deutlich später, nämlich ab 19. Juli 2030.

Für wen gilt die Ökodesign Verordnung?

Im Prinzip ist die Verordnung auf „alle Produkte“ anwendbar, wie mit dem Art. 2 Nr. 1 Verordnung (EU) 2024/1781 definiert: „[…] alle physischen Waren, die in Verkehr gebracht oder in Betrieb genommen werden; […]“.

Fast jeder Hersteller, der innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ein Produkt verkauft, muss dafür sorgen, dass es den Ökodesign-Anforderungen und damit den vorgegebenen Umwelt-Kriterien entspricht. Das gilt für alle Produkte, die

  • Strom bzw. Energie verbrauchen,
  • in großer Stückzahl verkauft werden,
  • die Umwelt stark beeinflussen.

→ Die Ökodesign-Richtlinie gilt auch für Onlinehandel und Importware.

Produktempfehlung

Auch für Maschinenbauer und Hersteller, für die die Maschinenverordnung gilt, bringt die Ökodesign Verordnung weitere Pflichten. Bleiben Sie stets 100 Prozent rechtssicher und handlungsstark mit dem „Praxisratgeber Maschinensicherheit“ – jetzt bestellen!

Welche Produkte fallen unter die Ökodesign Verordnung?

Die neue EU-Verordnung erweitert den Produktkreis von bislang energieverbrauchenden Produkten wie

  • Leuchtmittel,
  • Kühlschränke oder
  • Heizungen, die direkt Energie verbrauchen, und

energieverbrauchsrelevanten Produkten wie

  • Fenster,
  • Dämmmaterialien oder
  • Wasserhähne, die den Energieverbrauch indirekt beeinflussen,

auf fast alle Arten von Produkten, die in der EU verkauft werden.

So sollen fortan auch

  • Kleidung und Schuhe,
  • Möbel, Eisen, Stahl und Aluminium sowie
  • Reinigungsmittel und Chemikalien

auf ihre ökologische Verträglichkeit geprüft werden. 

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 Die Ökodesign Verordnung gilt für fast jeden Hersteller, der innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ein Produkt verkauft, – so auch für Hersteller textiler Bekleidung wie hier.

Welche Ausnahmen von der Ökodesign Verordnung gibt es?

Ausgenommen sind bislang nur wenige Produktbereiche. Dazu gehören zum Beispiel:

  • Lebensmittel,
  • Futtermittel,
  • Arzneimittel,
  • lebende Organismen,
  • Fahrzeuge
  • oder Produkte des Bereichs Sicherheit und Verteidigung.

Was bringt der digitale Produktpass?

Der digitale Produktpass soll Verbrauchern und Firmen bei der umweltbewussten Kaufentscheidung helfen. So informiert er je nach Produkt über:  

  • Haltbarkeit
  • Wiederverwendbarkeit
  • Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit
  • Höchstgehalte an sogenannten besorgniserregenden Stoffen
  • Ressourceneffizienz
  • Rezyklatanteil
  • Wiederaufbereitung und Recycling
  • Ausweisung des CO2- bzw. Umweltfußabdruckes

Auch die bisherige Energieverbrauchskennzeichnung klärt über die Umwelteigenschaften eines Produktes auf. Sie soll allerdings noch um einen Reparierbarkeits-Index bzw. ein Ökodesign-Label ergänzt werden.

Wie geht es weiter?

Nach Erlass des delegierten Rechtsakts haben Unternehmen 18 Monate Zeit, ihre Produkte an die neuen Anforderungen der Ökodesign-Verordnung anzupassen. Der Stichtag für die vollständige Umsetzung der Verordnung ist somit der 25. Januar 2026. 

Doch Vorsicht: In begründeten Einzelfällen kann die Kommission die Anwendung auch früher fordern. Das kann zum Beispiel bei Produkten wie Baumaterialien sein, die Schadstoffe ausdünsten und damit eine Gefahr für Verbraucher und/oder Umwelt darstellen. Es ist also empfehlenswert, sich so früh wie möglich mit der neuen Verordnung anzufreunden.

Fazit:

Die neue Ökodesign-Verordnung ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft. Sie hilft maßgeblich dabei, Produkte ressourcenschonender, umweltfreundlich und langlebiger zu machen und hebt die EU in eine führende Position im globalen Umweltschutz. Die Einführung des digitalen Produktpasses ermöglicht es Verbrauchern und Unternehmen, fundierte wie nachhaltige Entscheidungen zu treffen.

Quellen: „Digitale Vorlagensammlung Nachhaltigkeitsberichterstattung“, Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments

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