Ökodesign Verordnung – die wichtigsten Fragen und Antworten
13.08.2024 | S. Horsch – Online Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Seit 18. Juli 2024 gilt die neue Ökodesign Verordnung (ESPR – Ökodesign Verordnung für nachhaltige Produkte). Ihr Inkrafttreten markiert den Beginn einer neuen Ära der Nachhaltigkeit in Europa, weil sie den Fokus auf den gesamten Lebenszyklus von Produkten, die Förderung der Kreislaufwirtschaft, eine breitere Produktabdeckung, umfassendere Umweltanforderungen, verpflichtende Produktinformationen, die Einbeziehung der Lieferkette und die Förderung von Innovation legt. Alle wichtigen Fragen dazu beantwortet dieser Beitrag.
Inhaltsverzeichnis
- Was ist Ökodesign?
- Was besagt die neue Ökodesign Verordnung?
- Für wen gilt die Ökodesign Verordnung?
- Welche Produkte fallen unter die Ökodesign Verordnung?
- Welche Ausnahmen von der Ökodesign Verordnung gibt es?
- Welche Anforderungen stellt die EU-Verordnung an das Ökodesign?
- Welche Maßnahmen gibt die Ökodesign Richtlinie vor?
- Was bringt der digitale Produktpass?
- Wie geht es weiter?
- Fazit
Was ist Ökodesign?
Das Konzept Ökodesign hat zum Ziel, die Umweltbelastung, also den ökologischen Fußabdruck eines Produktes, von der Entstehung bis zur Entsorgung so gering wie möglich zu halten. Es erweitert klassische Produkt-Anforderungen wie Funktionalität oder Preis-/Leistungsverhältnis um den Aspekt der Umweltfreundlichkeit.
→ Auch Verbraucher profitieren vom Ökodesign. Denn je stromsparender und langlebiger ein Produkt ist, umso mehr Geld bleibt im eigenen Geldbeutel.
Was besagt die Ökodesign Verordnung?
Die Ökodesign-Richtlinie legt den rechtlichen Rahmen für nachhaltiges Produktdesign innerhalb der EU. Seit 2005 definiert diese europäische Rechtsvorschrift die Mindestanforderungen an Produkte und deren umweltgerechte Gestaltung. Die Ökodesign-Richtlinie 2009/125/EG von 2009 erweitert den Anwendungsbereich auf alle Produkte, die Energie verbrauchen, wie zum Beispiel Fernseher, die Wärmepumpe, oder industrielle Transformatoren.
Seit 18. Juli 2024 gilt die neue Ökodesign-Verordnung für das Ökodesign nachhaltiger Produkte: Die Verordnung (EU) 2024/1781 (Ecodesign for Sustainable Products Regulation, kurz: ESPR) ist Teil des European Green Deal.
Die neue Verordnung will dafür sorgen, dass Produkte nicht nur Energie und Ressourcen schonen – ein Produkt soll auch:
- haltbar,
- zuverlässig,
- wiederverwendbar,
- nachrüstbar und
- reparierbar
sein. Zu den Anforderungen des Ökodesigns gehört auch, dass die Produktion sozial fair abläuft. Damit wird auch ein wesentlicher Punkt des Environmental Social Governance erfüllt.
→ Das Energieverbrauchsrelevante-Produkte-Gesetz (EVPG) übersetzt die Ökodesign-Richtlinie in deutsches Recht.
Für wen gilt die Ökodesign Verordnung?
Fast jeder Hersteller, der innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ein Produkt verkauft, muss dafür sorgen, dass es den Ökodesign-Anforderungen und damit den vorgegebenen Umwelt-Kriterien entspricht. Das gilt für alle Produkte, die
- Strom bzw. Energie verbrauchen,
- in großer Stückzahl verkauft werden,
- die Umwelt stark beeinflussen.
→ Die Ökodesign-Richtlinie gilt auch für Onlinehandel und Importware.
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Welche Produkte fallen unter die Ökodesign Verordnung?
Die neue EU-Verordnung erweitert den Produktkreis von bislang energieverbrauchenden Produkten, wozu Produkte wie Leuchtmittel, Kühlschränke oder Heizungen zählen, die direkt Energie verbrauchen, und energieverbrauchsrelevanten Produkten wie Fenster, Dämmmaterialien oder Wasserhähne, die den Energieverbrauch indirekt beeinflussen, auf fast alle Arten von Produkten, die in der EU verkauft werden.
So sollen fortan auch
- Kleidung und Schuhe,
- Möbel, Eisen, Stahl und Aluminium sowie
- Reinigungsmittel und Chemikalien
auf ihre ökologische Verträglichkeit geprüft werden.
Die Ökodesign Verordnung gilt für fast jeden Hersteller, der innerhalb des Europäischen Wirtschaftsraums (EWR) ein Produkt verkauft, – so auch für Hersteller textiler Bekleidung wie hier. |
Welche Ausnahmen von der Ökodesign Verordnung gibt es?
Ausgenommen sind bislang nur wenige Produktbereiche. Dazu gehören zum Beispiel:
- Lebensmittel,
- Futtermittel,
- Arzneimittel,
- lebende Organismen,
- Fahrzeuge
- oder Produkte des Bereichs Sicherheit und Verteidigung.
Welche Anforderungen stellt die EU-Verordnung an das Ökodesign?
Die EU-Verordnung setzt zwei Voraussetzungen:
- Besondere Anforderungen setzen genaue Werte mit Ober- oder Untergrenzen. Dazu zählt etwa der maximale Energieverbrauch oder eine Mindestmenge an verwendetem Recyclingmaterial.
- Allgemeine Anforderungen setzen keine Grenzwerte fest. Jedoch kann gefordert werden, dass das Produkt:
- energieeffizient oder recyclebar ist,
- zum Beispiel in einer Gebrauchsanweisung erklärt wird, inwieweit es verwendet und gewartet werden muss, um mögliche Umwelteinflüsse zu minimieren.
- hinsichtlich seines Lebenszyklus‘ genau geprüft werden, ob nicht weitere Verbesserungen möglich sind.
Welche Maßnahmen gibt die Ökodesign Richtlinie vor?
Folgende Ansätze sollen helfen, den „ökologischen Rucksack“ eines Produkts wirksam zu verkleinern:
- geringerer Energie- und Rohstoffbedarf entlang des gesamten Produktlebenszyklus‘
- zunehmender Einsatz erneuerbarer Rohstoffe mit Blick auf Verfügbarkeit und Regenerationsrate sowie Umweltauswirkungen
- höhere Gebrauchstauglichkeit und Langlebigkeit sowie bessere Haltbarkeit, Reparaturfreundlichkeit und Funktionserweiterung
- Stärkung der Wiederverwendung und Verbesserung der umweltverträglichen Verwertung (Wiederverwendung und Wiederaufbereitung von Produkten und Produktteilen, recyclinggerechte Konstruktion, Verminderung von Stoffverlusten)
- weniger Emissionen (Schadstoffe, Strahlung, Lärm etc.) während des Produktlebenszyklus‘
- weniger umwelt- und gesundheitsbelastende Stoffe sowie Entwicklung von umwelt- und gesundheitsverträglichen Stoffen
Was bringt der digitale Produktpass?
Der digitale Produktpass soll Verbrauchern und Firmen bei der umweltbewussten Kaufentscheidung helfen. So informiert er je nach Produkt über:
- Haltbarkeit
- Wiederverwendbarkeit
- Nachrüstbarkeit und Reparierbarkeit
- Höchstgehalte an sogenannten besorgniserregenden Stoffen
- Ressourceneffizienz
- Rezyklatanteil
- Wiederaufbereitung und Recycling
- Ausweisung des CO2- bzw. Umweltfußabdruckes
Auch die bisherige Energieverbrauchskennzeichnung klärt über die Umwelteigenschaften eines Produktes auf. Sie soll allerdings noch um einen Reparierbarkeits-Index bzw. ein Ökodesign-Label ergänzt werden.
Wie geht es weiter?
Nach Erlass des delegierten Rechtsakts haben Unternehmen 18 Monate Zeit, ihre Produkte an die neuen Anforderungen der Ökodesign-Verordnung anzupassen. Der Stichtag für die vollständige Umsetzung der Verordnung ist somit der 25. Januar 2026.
Doch Vorsicht: In begründeten Einzelfällen kann die Kommission die Anwendung auch früher fordern. Das kann zum Beispiel bei Produkten wie Baumaterialien sein, die Schadstoffe ausdünsten und damit eine Gefahr für Verbraucher und/oder Umwelt darstellen. Es ist also empfehlenswert, sich so früh wie möglich mit der neuen Verordnung anzufreunden.
Fazit:
Die neue Ökodesign-Verordnung ist ein wichtiger Schritt in Richtung einer nachhaltigeren Zukunft. Sie hilft maßgeblich dabei, Produkte ressourcenschonender, umweltfreundlich und langlebiger zu machen und hebt die EU in eine führende Position im globalen Umweltschutz. Die Einführung des digitalen Produktpasses ermöglicht es Verbrauchern und Unternehmen, fundierte wie nachhaltige Entscheidungen zu treffen.
→ Dieser Fachbeitrag bietet einen umfassenden Überblick über die Bestimmungen der Verordnung und ihre potenziellen Auswirkungen auf Industrie, Markt und Umwelt.
Quellen: „Digitale Vorlagensammlung Nachhaltigkeitsberichterstattung“, Verordnung (EU) 2024/1781 des Europäischen Parlaments