QNG-Siegel: Definition, Zertifizierung und Nachweis

19.09.2023 | J. Morelli – Online Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Durch die Bundesförderung für effiziente Gebäude (BEG) werden seit 1. Juli 2021 Qualitätssiegel für Nachhaltige Gebäude (QNG) vergeben. Ab Mitte 2022 kamen weitere QNG-Anforderungen für den Neubau oder Komplettmodernisierung hinzu. Welche Unterschiede bei der Zertifizierung zwischen Wohn- und Nutzbauten bestehen, wie das QNG-Siegel beantragt werden kann und welche Vorteile die Nachhaltigkeitszertifizierung mit sich bringt, erfahren Sie in unserem Fachartikel.

Inhaltsverzeichnis

  1. Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude – Definition
  2. Anwendungsfälle des QNG-Siegels
  3. Wie bekomme ich ein QNG-Siegel? – Allgemeine Anforderungskriterien
  4. Ablauf der QNG-Zertifizierung
  5. Was ist die QNG-Förderung?
  6. Fazit

Qualitätssiegel für nachhaltige Gebäude – Definition

Das QNG ist ein staatliches Gütesiegel des Bundesministeriums für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen (BMWSB). Es gibt Auskunft über ökologische, soziokulturelle und ökonomische Eigenschaften der Planung und Erbauung eines Gebäudes. Vergeben werden kann das Siegel nur durch speziell dafür akkreditierte Zertifizierungsstellen.

Anwendungsfälle des QNG-Siegels

Nicht für jede Gebäudeklasse und jeden Nutzungszweck ist es möglich, ein Qualitätssiegel zu erhalten. Basierend auf den QNG-Ergänzungen 2022 und 2023 kann nur für folgende Gebäudekategorien ein Siegel beantragt und ausgestellt werden:

Wohngebäude Nichtwohngebäude
  • Neubau von Wohngebäuden mit bis zu fünf Wohneinheiten (QNG-KN21)
  • Neubau von Wohngebäuden jeglicher Größe (QNG-WN21)
  • Neubau und Komplettmodernisierung von Wohngebäuden (gültig ab 01.01.2023 – QNG-WG23)
  • Neubau Büro und Verwaltungsgebäude (NWG-BN22)
  • Sanierung Büro- und Verwaltungsgebäude (NWG-BK22)
  • Neubau Bildungsbauten (NWG-UN22)
  • Sanierung Bildungsbauten (NWG-UK22)
  • Neubau und Komplettmodernisierung von Nichtwohngebäuden (gültig ab 01.01.2023 – QNG-NW23)

 → Darüber hinaus können bereits QNG-Planungszertifikate ausgestellt werden. Dies ist z. B. bei öffentlich-rechtlichen Verfahren notwendig, um einen geforderten Qualitätsstandard zu garantieren. Dabei muss der Nachweis anhand eines registrierten Bewertungssystems auf Grundlage der Gebäudeanforderungen an das jeweilige QNG-Siegel angepasst sein.

QNG-Plus und QNG-Premium

Das QNG-Siegel kommt in zwei Abstufungen: Für Gebäude, die alle nachhaltigkeitsbezogenen Eigenschaften in überdurchschnittlicher Qualität (QNG-Plus) und deutlich überdurchschnittlicher Qualität (QNG-Premium) vorweisen können.

Wie bekomme ich ein QNG-Siegel? – Allgemeine Anforderungskriterien

Die Anforderungen für das QNG-Siegel sind anspruchsvoll und decken eine breite Palette von Aspekten ab. Dazu gehören:

  • Energieeffizienz: Das Gebäude muss strenge Standards für Energieeffizienz erfüllen, einschließlich einer effizienten Wärmedämmung, erneuerbarer Energiequellen und fortschrittlicher Heizungs- und Kühlsysteme
  • Materialwahl: Nachhaltige Baumaterialien und Konstruktionsmethoden sind ein Muss. Dies schließt die Verwendung von recycelten oder wiederverwendbaren Materialien ein.
  • Wasserverbrauch: Die Minimierung des Wasserverbrauchs ist ein Schlüsselaspekt. Dies kann durch den Einsatz von Wasserspararmaturen, Regenwassernutzung und effizienten Bewässerungssystemen erreicht werden.
  • Gesundheit und Komfort: Die Innenraumqualität muss hohe Standards erfüllen, um die Gesundheit und das Wohlbefinden der Gebäudenutzer sicherzustellen.
  • Soziale Verantwortung: Die Auswirkungen des Gebäudes auf die lokale Gemeinschaft und die sozialen Bedingungen der Bauarbeiter werden ebenfalls bewertet.

→ Ein Schlüsselbestandteil der QNG-Zertifizierung ist die Ökobilanzierung der Umweltwirkungen des Gebäudes über dessen gesamten Lebenszyklus.

Grundanforderungen an das Qualitätssiegel Nachhaltiges Gebäude

Über die o. g. Anforderungen hinaus formuliert das BMWSB in der QNG-Broschüre für Bauherren weitere Grundanforderungen in Form von Zielen. Dazu gehören:

  • Soziokulturelle und funktionale Qualität: Anforderungen des Nutzers (Komfort, Innenraumlufthygiene, Bedienfreundlichkeit von technischen Anlagen, Barrierefreiheit und Sicherheit).
  • Ökonomische Qualität: Kosten, Wertstabilität und Anpassbarkeit
  • Ökologische Qualität: Umweltwirkungen (Treibhausgasemissionen, Ressourcen, Schadstoffe)
  • Technische Qualität: u. a. die Rückbau- und Recyclingmöglichkeit
  • Prozessqualität: wichtigste Anforderungen an Planung, Bau und Vorbereitung der Betriebsphase

Richtwerte zur Zielerreichung

Wohngebäude Nichtwohngebäude
  • Treibhausgasemissionen im Gebäudelebenzyklus: Für QNG-PLUS maximal 24 kg CO2 Äquivalent/m+ nicht erneuerbarer Primärenergiebedarf max. 96 kWh/m2
  • Für QNG-PREMIUM: max. 20 kg CO2 Äquivalent/mund 64 kWh/m2
  • QNG-Plus darf nicht vergeben werden, wenn mindestens 50% der eingebauten Hölzer nachweislich aus regenerativer Forstwirtschaft kommen.
  • Für QNG-PREMIUM beträgt die magische Grenze 80%
  • Aufgrund der großen Heterogenität der Bauwerke werden ähnliche Werte projektbezogen ermittelt. Diese bestehen stets aus einem gebäudebezogenen Anteil sowie betriebsbezogenem Anteil. 
  • QNG-PLUS: Mindestens 70% der eingebauten Hölzer aus nachhaltiger Forstwirtschaft und mindestens 30% des Betons, der Erdbaustoffe und Pflansubstrate müssen einen "erheblichen Recyclinganteil" aufweisen.
  • QNG-PREMIUM: Mindestens 85% der Hölzer und mindestens 50% der Beton-, Erdbaustoff- und Pflanzsubstratmasse mit "erheblichem Recyclinganteil"

→ Zusätzlich wird ein QNG-Siegel nur vergeben, wenn Schadstoffe in den verwendeten Baumaterialien reduziert oder gänzlich vermieden werden. Das bedeutet nicht zwangsläufig einen Verzicht auf bestimmte Baustoffe, sondern schlicht eine „sensible“ Produktauswahl.

→ Auch Barrierefreiheit wird bei der QNG-Zertifizierung großgeschrieben. Nach Bundesgleichstellungsgesetz (BGleiG) darf kein Mensch aufgrund einer Einschränkung benachteiligt werden. Das gilt besonders im eigenen Zuhause, am Arbeitsplatz oder in öffentlichen Einrichtungen. Auch hier betrachtet die Zertifizierungsstelle Wohn- und Nichtwohngebäude und stellt u. a. Anforderungen an altengerechtes Wohnen oder regelt für QNG-Plus bei Arbeitsstätten ab einer bestimmten Mitarbeiterzahl den Anteil an barrierefreien Flächen. Mehr dazu formuliert das Informationsportal-QNG unter der Rubrik „besondere Anforderungen“. Dort wird auch auf die Expositionsfaktoren und Naturgefahren am Standort eingegangen.

Um all diese Anforderungen an nachhaltige Gebäude zu berücksichtigen helfen Experten und Fachliteratur. Mit dem „Praxisratgeber für energieeffiziente Bestands- und Neubauten nach dem Gebäudeenergiegesetz“ erhalten Sie einen aktuellen Überblick über die Rechtslage, anschauliche Praxisbeispiele, Merkblätter, Arbeitshilfen, Dokumente und vieles mehr. Informieren Sie sich jetzt und setzen Ihr nachhaltiges Bauprojekt unkompliziert um.

Ablauf der QNG-Zertifizierung

Voraussetzung für die Vergabe ist eine Nachhaltigkeitsbewertung. Am Anfang der Planung steht dabei die Überprüfung der Konzepte und die damit einhergehende Festlegung der gewünschten Qualitätsstandards – anhand eines Pflichtenhefts werden die notwendigen Nachweisleistungen dargestellt. Die de facto Anmeldung bei der zuständigen Zertifizierungsstelle findet aber erst nach der ersten Überprüfung statt.

Die darin enthaltene Zielvereinbarung samt Pflichtenheft stellt die Grundlage für Planung und Ausführung dar. Die Pflicht zur vorschriftsmäßigen Einhaltung dieser Ziele obliegt den Planern, kann aber im Einzelfall von einem Nachhaltigkeitsexperten unterstützt werden.

Nach der Fertigstellung des Bauwerks kann schließlich das „vollwertige“ Gebäudezertifikat ausgestellt werden. Fordern bestimmte Umstände bereits ein Vorab-QNG-Siegel dann kann ein temporäres Planungszertifikat ausgestellt werden, das automatisch mit der Fertigstellung des Gebäudes erlischt. Förderfähig ist dieses jedoch nicht, sondern ausschließlich das fertige Gebäudezertifikat. 

Was ist die QNG-Förderung?

Wenn die o. g. QNG-Anforderungen zur Zertifizierung führen, können sowohl Wohn- als auch Nichtwohngebäude staatlich gefördert werden. Das setzt aber neben dem QNG-Zertifikat eine zum Effizienzhaus/-gebäude 40 analogen CO2-Fußabdruck voraus. Die anschließend erhaltene Förderung fällt in Form von Krediten mit Festzinssatz aus. Zum Beispiel:

Für ein Klimafreundliches Wohngebäude mit zwei Wohneinheiten ohne QNG-Zertifizierung kann ein zinsverbilligter Kredit mit einer Darlehnssumme von 200.000 Euro aufgenommen werden. Mit QNG-Zertifizierung erhöht sich die maximale Darlehnssumme auf 300.000 Euro. 

Der von der KfW angebotene Zinssatz ist von der Laufzeit des Kredits abhängig. Grundsätzlich bedeutet dies einen Zinsvorteil gegenüber marktüblichen Finanzierungsmodellen. Summa summarum kann sich dies in Zinseinsparungen von mehreren Tausend Euro im Jahr bemerkbar machen.

Ab 1. März 2023 fördert das Bundesbauministerium den klimafreundlichen Neubau von Gebäuden (KFN). Das Förderprogramm berücksichtigt den kompletten Lebenszyklus des Gebäudes, bis hin zum möglichen Rückbau. Gefördert werden dabei sowohl Neubau als auch Ersterwerb neu erbauter klimafreundlicher und energieeffizienter Gebäude. Diese müssen bestimmte Emissionsgrenzwerte aufweisen und einen Energiestandard eines Effizienzhauses 40 mit sich bringen. Kommt noch ein QNG-Qualitätssiegel hinzu, fällt die Förderung höher aus – gefördert wird auch hier im Rahmen zinsverbilligter Kredite.

→ Im Falle von öffentlichen Institutionen erhalten Kommunen und Landkreise Investitionszuschüsse.

Fazit

Das QNG-Siegel (Qualitätssiegel Nachhaltige Gebäude) ist ein wichtiger Meilenstein in der Welt der nachhaltigen Architektur und klimaangepasstem Bauwesen. Es hat seinen Ursprung in den Bemühungen, den ökologischen Fußabdruck von Gebäuden zu minimieren und gleichzeitig die Lebensqualität der Menschen zu verbessern.

Der Erhalt des QNG-Siegels hat weitreichende Folgen, sowohl für die Umwelt als auch für die Gesellschaft. Nachhaltige Gebäude, die dieses Siegel tragen, sind energieeffizienter und weisen geringere Treibhausgasemissionen auf. Sie tragen dazu bei, den Ressourcenverbrauch zu reduzieren und den Klimawandel zu bekämpfen.

Darüber hinaus steigert das QNG-Siegel die Wertschöpfung von Immobilien, da nachhaltige Gebäude oft höhere Mieten erzielen können und eine höhere Nachfrage bei Mietern und Käufern haben. Dies wiederum kann dazu beitragen, die Bauindustrie zu transformieren und sie auf einen nachhaltigen 

Quelle: BMWSB, QNG.Info