Innere Kündigung: stille Gefahr für Unternehmen? – Aktuelle Zahlen, Hintergründe und Lösungen

17.03.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Rund 13 Prozent der Angestellten in Deutschland haben innerlich gekündigt. Das ist das Ergebnis des Engagement Index Deutschland 2024. Dabei sollte es Unternehmen in Zeiten des Fachkräftemangels stärken denn je daran gelegen sein, ihre Beschäftigten möglichst lange und zufrieden im Unternehmen zu halten. Wie entsteht eine solch „innere Kündigung“, an welchen Symptomen ist sie zu erkennen und welche Gegenmaßnahmen eignen sich?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine innere Kündigung?
  2. Wie viel Prozent der Angestellten haben innerlich gekündigt?
  3. Mögliche Ursachen und Gründe
  4. Anzeichen und Symptome
  5. Phasen einer inneren Kündigung
  6. Welche Folgen hat eine innere Kündigung?
  7. Innere Kündigung vermeiden: Was tun?

Was versteht man unter einer inneren Kündigung? – Definition

Eine innere Kündigung beschreibt den Zustand einer mentalen Kündigung, bei dem sich Mitarbeitende emotional von ihrem Unternehmen lösen. Sie sind zwar physisch noch anwesend, haben aber bereits mental abgeschaltet und engagieren sich kaum noch für ihre Aufgaben. Es erfolgt ein Dienst nach Vorschrift, ohne jegliche Eigeninitiative, der bis hin zur sogenannten „Low Performance“ reichen kann.

In vielen Fällen geht die innere Kündigung mit Unzufriedenheit, Frustration oder mangelnder Wertschätzung einher. Langfristig kann sie sogar psychischen Belastungen wie Depressionen auslösen.

Stille Kündigung vs. Quiet Quittung

Häufig wird in diesem Zusammenhang auch von „stiller Kündigung“ oder dem englischen Begriff „Quiet Quitting“ gesprochen. Hier gibt es, je nach Definition, Unterschiede zur inneren Kündigung:

  • Bei der inneren Kündigung besteht in der Regel ein tatsächlicher (wenn auch indirekter) Wunsch, den Arbeitgeber zu wechseln. 
  • Beim Quiet Quitting leisten die Angestellten zwar ebenfalls nur einen minimalen Arbeitsaufwand, verfolgen jedoch nicht automatisch einen Austritt aus dem Unternehmen. Vielmehr arbeiten sie korrekt und zuverlässig, verzichten aber auf Überstunden oder freiwillige Mehrarbeit, um ihre Work-Life-Balance und eigene mentale Gesundheit zu schützen.

→ Während die innere Kündigung ein Zeichen für Unzufriedenheit und Resignation ist, kann Quiet Quitting eine bewusste Strategie sein, um berufliche Grenzen zu setzen. In beiden Fällen sinkt das Engagement, allerdings mit unterschiedlichen Hintergründen und Konsequenzen.

→ Gleichzeitig gibt es keine einheitlichen Begriffsdefinitionen, sodass innere Kündigung und Quiet Quitting teils synonym verwendet oder andere Unterschiede beschrieben werden.

Wie viel Prozent der Angestellten haben innerlich gekündigt?

Es gibt einige Studien und Statistiken, die den Anteil innerer Kündigungen untersuchen. Zu den bekanntesten gehört der „Engagement Index Deutschland“ des Markt- und Meinungsforschungsinstituts Gallup (auch „Gallup-Studie“ genannt). Der Index erforscht die emotionale Bindung der Beschäftigten in Deutschland und das dazugehörige Engagement sowie die Motivation am Arbeitsplatz. Auch die Fallzahlen innerer Kündigungen gehören zu dieser Untersuchung. So gibt es positive und negative Entwicklungen.

Genauer kommt der Engagement Index Deutschland für das Jahr 2024 unter anderem zu folgenden Erkenntnissen:

  • 13 Prozent der Beschäftigten in Deutschland haben innerlich gekündigt (2023: 19 Prozent).
  • 78 Prozent der Arbeitnehmenden zeigen nur eine geringe Bindung an ihr Unternehmen und leisten Dienst nach Vorschrift – der höchste bislang von Gallup gemessene Wert (2023: 67 Prozent).
  • Lediglich 9 Prozent haben eine hohe emotionale Bindung an ihren Arbeitgeber – 2023 waren es noch 14 Prozent​.
  • 63 Prozent der innerlich gekündigten Angestellten sind offen für einen Jobwechsel.
  • Nur noch 21 Prozent vertrauen ihrer Führungskraft uneingeschränkt (2022: 41 Prozent, 2019: 49 Prozent).
  • Die Zufriedenheit mit der eigenen Führungskraft sinkt auf 16 Prozent (2023: 22 Prozent).

→ Besonders auffällig: Laut der Untersuchung entstehen der deutschen Wirtschaft durch innere Kündigungen jährliche Produktivitätseinbußen von 113,1 bis 134,7 Milliarden Euro​. Außerdem betragen die Fluktuationskosten pro angestellter Person nach Gallup das 1,5-fache der reinen Gehalts- und Nebenkosten eines Jahres.

Doch wie kommt es zu der steigenden Zahl an inneren Kündigungen und den damit einhergehenden negativen Folgen für Unternehmen?

Mögliche Ursachen und Gründe für eine innere Kündigung

Die Gründe für innere Kündigungen sind vielfältig. Einige Faktoren werden dabei besonders häufig genannt, wie etwa:

Unpassender Führungsstil Vorgesetzte, die aus Sicht der Teammitglieder unangemessen agieren oder unzureichend kommunizieren
Fehlende Anerkennung Fehlendes Lob oder ungleiche Gehaltsstrukturen
Konflikte im Team Andauernde oder häufige Auseinandersetzungen im Team
Überlastung oder Langeweile Unerreichbare Zielsetzungen, unausgeglichene Aufgabenverteilungen oder unzureichende Auslastung
Mangelnde Entwicklungsmöglichkeiten Fehlende Perspektiven im Unternehmen
Unternehmenskultur Negatives Betriebsklima oder fehlende Identifikationspotenziale mit den Unternehmenszielen
Es zeigt sich: Sowohl betriebsübergreifende Aspekte wie die Unternehmensstrukturen als auch abteilungsinterne Aspekte wie Teamkonflikte oder das Verhalten der Führungskraft können zu einer inneren Kündigung führen. Dabei nehmen Führungskräfte als vermittelnde Instanz zwischen Angestellten und Unternehmensführung eine besondere Rolle ein.

Führen Führungsfehler zu innerer Kündigung?

Nicht zwangsläufig. Allerdings beeinflusst das Führungsverhalten durchaus die Motivation der Teammitglieder und somit unter Umständen deren Kündigungsbereitschaft. So können Führungsfehler wie unklare Erwartungen, unzureichende Wertschätzung, mangelnde Unterstützung bei der persönlichen Weiterentwicklung oder zu wenig Führung eine innere Kündigung begünstigen.

Umso wichtiger, dass Führungskräfte regelmäßig an ihrem Führungsverhalten arbeiten und sich selbst weiterentwickeln. Hierfür eigenen sich zum Beispiel entsprechende Fort- und Weiterbildungen.

Ebenfalls wichtig ist es, dass Personalverantwortliche die potenziellen Anzeichen einer inneren Kündigung kennen.

Anzeichen und Symptome: Innere Kündigung erkennen

Führungskräfte und andere Beteiligte erkennen eine mögliche innere Kündigung unter anderem an folgenden Anzeichen:

  • Sinkende Arbeitsleistung
  • Häufigere Krankheitstage oder unerwartete Fehlzeiten
  • Passives Verhalten in Meetings
  • Geringere Eigeninitiative
  • Verweigerung von Überstunden
  • Kein Interesse an Weiterbildungen oder Entwicklungsgesprächen
  • Rückzug aus Firmenereignissen
  • Zynische Äußerungen/Konfliktbereitschaft

Lassen sich eine oder mehrere dieser Anzeichen über einen längeren Zeitraum erkennen, sollten Führungskräfte diese ernst nehmen und in speziellen Feedbackgesprächen thematisieren.

Um dieses Phänomen besser verstehen und einordnen zu können, hilft es, sich die Phasen einer inneren Kündigung anzuschauen, die hinter einem solchen Ablauf stecken.

Phasen einer inneren Kündigung

Im Rahmen des Employee Life Cycle, also des „Lebenszyklus“ einer angestellten Person im Unternehmen, kommt es am Ende zu einer Form des Ausscheidens aus der Organisation. Auch die innere Kündigung kann ein relevanter Faktor hierfür sein.

So kann eine innere Kündigung beispielsweise anhand folgenden Schemas verlaufen:

1. Anfänglicher Enthusiasmus Anfangs sind die Angestellten noch motiviert in ihren Aufgaben.
2. Erste Enttäuschungen Es kommt zu ersten Enttäuschungen auf unterschiedlichsten Ebenen.
3. Hoffnung auf Verbesserung Noch ist Raum für anfänglichen Optimismus auf baldige Besserung.
4. Frustration Unzufriedenheit wächst und Motivation sinkt.
4. Resignation und Rückzug Emotionale Bindung geht verloren, das Engagement nimmt ab.
5. Vollständige innere Distanzierung Mitarbeitende reduzieren ihre Leistung auf das Minimum.
→ Innere Kündigung

Von diesen Phasen lassen sich ebenso die möglichen Folgen einer inneren Kündigung ableiten.

Welche Folgen hat eine innere Kündigung?

Für Unternehmen können innere Kündigungen weitreichende Konsequenzen in verschiedenen Bereichen haben, wie etwa:

  • Produktivitätsverlust: Mitarbeitende arbeiten langsamer, mit weniger Sorgfalt und Innovationskraft. 
  • Erhöhte Fehlzeiten: Die Gallup-Studie von 2023 zeigt, dass innerlich gekündigte Mitarbeitende bis zu 7,9 Krankheitstage pro Jahr haben, während hoch gebundene Beschäftigte nur 5,0 Tage fehlen​.
  • Steigende Fluktuation: Unzufriedene Mitarbeitende sind wechselbereit – nach Gallup suchen 23 Prozent der Beschäftigten aktiv nach neuen Jobs​.
  • Schlechtes Arbeitsklima: Negative Stimmung wirkt sich auf die Belegschaft aus und kann weitere Kündigungen auslösen.
  • Höhere Kosten: Sinkende Produktivität, häufigere Ausfälle und höhere Fluktuationszahlen sorgen für steigende Kosten im Unternehmen.

Aber auch die betroffenen Angestellten müssen mit Folgen wie psychischen Belastungen bis hin zu Depressionen zurechtkommen. Oftmals können solch psychische Herausforderungen nicht nur die Folge, sondern auch Auslöser einer inneren Kündigung sein.

Allerdings gibt es Lösungen, um inneren Kündigungen entgegenzuwirken und die Bindung der Mitarbeitenden an das Unternehmen zu erhöhen.

Innere Kündigung vermeiden: Was tun?

Laut der Gallup-Studie von 2023 können Unternehmen, die aktiv an der Qualität der erlebten Führung und des Arbeitsumfelds arbeiten, die emotionale Bindung ihrer Mitarbeitenden im Schnitt auf 40 Prozent steigern. Zum Vergleich: Im Jahr 2023 wiesen nur 14 Prozent der Angestellten eine hohe Bindung auf, 2024 sogar nur noch 9 Prozent.

Für mehr Zufriedenheit am Arbeitsplatz und weniger innere Kündigungen helfen folgende Lösungsstrategie:

1. Geeignetere Führungskultur etablieren

  • Rückmeldungen zur aktuellen Zufriedenheit der Beschäftigten einholen
  • Mitarbeitende aktiv in Entscheidungsprozesse einbinden und Wertschätzung für die Arbeitsleistung zeigen
  • Transparent kommunizieren und eindeutige Absprachen treffen (etwa bei der Aufteilung von Aufgaben oder der Zielvereinbarung)

2. Entwicklungsmöglichkeiten schaffen

  • Konkrete Weiterbildungsmöglichkeiten finden und fördern
  • Stärken der Mitarbeitenden in verschiedenen Aufgabenbereichen gezielt nutzen

3. Positives Arbeitsklima fördern

4. Früherkennung und Prävention

  • Stimmungsbarometer und Umfragen zur aktuellen Zufriedenheit nutzen
  • Maßnahmen zur Resilienzförderung etablieren
  • Ablauf zum Umgang mit etwaigen Konflikte oder Unzufriedenheit im Team definieren
  • Als Führungskraft frühzeitig auf erste Anzeichen von Demotivation reagieren
Zudem bestätigt der Gallup-Report, dass sich Weiterbildungen für Führungskräfte auszeichnen: Demnach besuchten 2024 rund 58 Prozent der befragten Führungskräfte in den letzten zwölf Monaten Weiterbildungsprogramme und
Schulungen zur Verbesserung ihrer Führungskompetenzen. Gleichzeitig sank die Rate innerer Kündigungen von 19 auf 13 Prozent – Weiterbildung zahl sicht als aus!

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Quellen: Engagement Index Deutschland 2024, FORUM VERLAG HERKERT GMBH