Wie läuft ein Krankenrückkehrgespräch ab? – Leitfaden für Führungskräfte
10.02.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH
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Inhaltsverzeichnis
- Was ist ein Krankenrückkehrgespräch?
- Wann führe ich ein Krankenrückkehrgespräch?
- Ist ein Krankenrückkehrgespräch Pflicht? – Rechtsgrundlage
- Können Beschäftigte ein Krankenrückkehrgespräch verweigern?
- Krankenrückkehrgespräch mit oder ohne Betriebsrat?
- Was wird in einem Rückkehrgespräch thematisiert?
Was ist ein Krankenrückkehrgespräch? – Definition
Ein Krankenrückkehrgespräch ist ein strukturiertes Gespräch zwischen einer Führungskraft und einer angestellten Person, das nach einer krankheitsbedingten Abwesenheit stattfindet. Darin geht es unter anderem um das aktuelle Befinden der Betroffenen und mögliche Maßnahmen zur Rückkehr an den Arbeitsplatz. Das Ziel ist es, den Wiedereinstieg im Betrieb zu erleichtern, gesundheitliche Risiken am Arbeitsplatz zu identifizieren und Fehlzeiten langfristig zu reduzieren.
Die Gestaltung des Gesprächs kann von verschiedenen Faktoren abhängen, wie etwa der Dauer der Abwesenheit oder betrieblichen Vorgaben. So kann der Arbeitgeber das Vorhaben einerseits als Vieraugengespräch gestalten, um eine besonders vertrauliche Atmosphäre zu schaffen. Ist kein persönliches Treffen möglich, können Telefonat oder Fragebogen eine geeignete Alternative darstellen.
Unterschied BEM und Krankenrückkehrgespräch
Krankenrückkehrgespräche dürfen nicht mit dem Betrieblichen Eingliederungsmanagement (BEM) gleichgesetzt werden. Zwar kommen beide Maßnahmen zum Einsatz, wenn Beschäftigte für längere Zeit oder häufig krankheitsbedingt ausfallen.
Allerdings ist das Anbieten eines BEM-Verfahrens für den Arbeitgeber verpflichtend (§ 167 Absatz 2 SGB IX), sobald eine Person länger als sechs Wochen ununterbrochen oder wiederholt arbeitsunfähig ist. Die Mitarbeitenden sind nicht verpflichtet, die Einladung zum BEM anzunehmen. Anders ist es beim Rückkehrgespräch: Das ist für den Arbeitgeber freiwillig und wird in der Regel bereits bei weniger als sechs Wochen Arbeitsunfähigkeit genutzt. Einmal angeboten, müssen die Beschäftigten jedoch am Gespräch teilnehmen.
Darüber hinaus gelten für das BEM höhere Mindeststandards, etwa bezüglich der Dokumentation und dem Hinzuziehen externer Stellen wie Rehabilitationsträger oder Integrationsämter. Daher dürfen Unternehmen das Krankenrückkehrgespräch nicht als Ersatz für ein BEM-Gespräch nutzen (LAG Rheinland-Pfalz, 13.04.2021 – 8 Sa 240/20).
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Wann führe ich ein Krankenrückkehrgespräch?
Grundsätzlich ist ein Krankenrückkehrgespräch immer dann möglich, wenn eine beschäftigte Person nach einer Arbeitsunfähigkeit wieder im Betrieb erscheint.
In der Praxis haben sich folgende Anlässe als Ausgangspunkt für ein Rückkehrgespräch etabliert:
- Nach längerer Abwesenheit (mehr als zwei Wochen)
- Bei häufigen Kurzfehlzeiten (zum Beispiel monatliche Krankheitstage)
- Bei Verdacht auf arbeitsbedingte Gesundheitsrisiken
Ist ein Krankenrückkehrgespräch Pflicht? – Rechtsgrundlage
Die kurze Antwort: für Arbeitgeber nein, für Angestellte ja. Grundsätzlich handelt es sich um eine freiwillige Maßnahme des Arbeitgebers. Eine mögliche Pflicht ergibt sich erst, wenn Unternehmen und Betriebsrat eine entsprechende Betriebsvereinbarung zur Durchführung von Krankenrückkehrgesprächen verabschieden.
Sobald der Arbeitgeber jedoch zum Krankenrückkehrgespräch einlädt, muss die angestellte Person daran teilnehmen. Hier gibt es kein Wahlrecht für die Arbeitnehmenden.
Sind Krankenrückkehrgespräche erlaubt?
Ja, Krankenrückkehrgespräche sind arbeitsrechtlich erlaubt, solange sie datenschutzkonform durchgeführt werden. Hierfür sollten Arbeitgeber insbesondere folgende Punkte beachten:
- Keine medizinischen Diagnosen erfragen.
- Protokolle nur mit Einwilligung der beschäftigten Person verfassen.
- Rechtsgrundlage: § 26 BDSG in Verbindung mit Artikel 88 DSGVO
Können Beschäftigte ein Krankenrückkehrgespräch verweigern?
Lädt der Arbeitgeber zum Krankenrückkehrgespräch ein, dürfen Mitarbeitende das Gespräch nicht verweigern oder ablehnen. In diesem Fall nutzt das Unternehmen sein Direktionsrecht. Dabei müssen jedoch rechtliche Grenzen eingehalten werden, wie die Wahrung der Persönlichkeitsrechte und der Datenschutz.
Des Weiteren dürfen Angestellte eine Auskunft zu privaten Krankheitsursachen verweigern und auf Wunsch den Betriebsrat hinzuziehen (sofern vorhanden).
Krankenrückkehrgespräch mit oder ohne Betriebsrat?
Grundsätzlich ist es möglich, Krankenrückkehrgespräche ohne Zustimmung des Betriebsrats zu führen. Das gilt jedoch nur, solange es sich um informelle Einzelgespräche handelt, etwa im Rahmen von Mitarbeitergesprächen.
Sobald das Unternehmen formalisierte Gespräche führen will, die etwa die Krankheitsursache klären sollen, kann dem Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht gemäß § 81 BetrVG zustehen (LAG Nürnberg, 02.03.2021– 7 TaBV 5/20). Das gilt insbesondere, wenn der Arbeitgeber individualrechtliche Maßnahmen planen oder eine Kündigung aussprechen möchte.
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Einige Unternehmen nutzen bereits entsprechende Betriebsvereinbarungen für Krankenrückkehrgespräche. Sie definieren, in welcher Form solche Gespräche ablaufen sollten und welche Punkte darin thematisiert werden.
Was wird in einem Rückkehrgespräch thematisiert? – Leitfaden
Grundsätzlich spricht das Unternehmen im Krankenrückkehrgespräch alle Themen an, die dabei helfen, die betroffene Person wieder in ihren Arbeitsplatz zu intergrieren. Das umfasst vorrangig Fragen zum allgemeinen Befinden und zur Wiedereingliederung am Arbeitsplatz.
Zu den relevanten Themen gehören unter anderem:
- Aktuelles Befinden der Person
- Umfang der Arbeitsfähigkeit
- Informationen über Veränderungen am Arbeitsplatz
- Betriebliche Ursachen für die vergangene Arbeitsunfähigkeit
- Ziele und Maßnahmenplanung als Unterstützung
- Offene organisatorische Fragen
Mögliche Krankheiten sollten nur angesprochen werden, wenn sie auf betriebliche Ursachen zurückzuführen sind. Darunter fallen beispielsweise Erkrankungen aufgrund von Arbeitsunfällen oder psychischen Belastungen in Form von Depressionen oder Burnout. Krankheiten aus dem Privatleben darf das Unternehmen nicht erfragen. Außerdem darf es nicht nach konkreten Diagnosen fragen, sofern die beschäftigte Person nicht frewillig davon erzählt. Denn bei konkreten Nachfragen zu den Krankheitsursachen verletzt das Unternehmen das Persönlichkeitsrecht der Person.
Des Weiteren darf das Gespräch nicht dazu dienen, eine mögliche krankheitsbedingte Kündigung in die Wege zu leiten. Denn dafür sollte das Unternehmen wissen, woran die Person in der Vergangenheit erkrankt war oder wie sich die aktuelle Erkrankung künftig auswirken wird. Das steht jedoch im Konflikt mit dem Auskunftverweigerungsrecht der Beschäftigten, insbesondere bei privat bedingten Erkrankungen.
Der genaue Inhalt des Dialogs ergibt sich aus entsprechenden Fragestellungen.
Welche Fragen werden beim Krankenrückkehrgespräch gestellt?
Beim Rückkehrgespräch nach einer Krankheit darf der Arbeitgeber beispielsweise folgende Fragen stellen:
- Wie steht es um das allgemeine Wohlbefinden der Person?
- Braucht sie aufgrund ihrer Erkrankung besondere Rücksichtnahme im Arbeitsalltag?
- Müssen Arbeitsaufgaben neu verteilt oder Prozesse angepasst werden?
- Welche geeigneten Maßnahmen zur Integration können wir treffen?
- Gibt es betriebliche Gründe für die vergangenen Fehlzeiten?
- Ist die Arbeitsbelastung angemessen?
- Möchte die Person wissen, welche betrieblichen Neuigkeiten sie während ihrer Abwesenheit verpasst hat?
→ Unternehmen sollten bei Krankenrückkehrgesprächen besondere Vorsicht walten lassen und behutsam auf die betroffene Person eingehen. Das nötige fachliche Hintergrundwissen können sich Führungskräfte und andere Personalverantwortliche in entsprechenden Seminaren und Schulungen aneignen.
Quellen: Seminar „Sicherer Umgang mit Fehlzeiten von Arbeitnehmende“ der AKADEMIE HERKERT, Seminar „Betriebliches Eingliederungsmanagement (BEM)“ der AKADEMIE HERKERT