Expertenstandard Hautintegrität: Kriterien und Maßnahmen zur Pflege der Haut

17.07.2023 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Seit Juni 2023 gibt es einen ersten Sonderdruck zum neuen Expertenstandard „Erhaltung und Förderung der Hautintegrität in der Pflege“. Er beschreibt Methoden zur Haut- und Körperpflege, mit denen Pflegekräfte eine fachgemäße Versorgung des größten menschlichen Organs sicherstellen. Welche Maßnahmen und Kriterien der neue Expertenstandard Hautintegrität definiert, zeigt dieser Beitrag.

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist der neue Expertenstandard Hautintegrität?
  2. Welche Maßnahmen sind im Expertenstandard beschrieben?
  3. Kriterien des Expertenstandards Hautintegrität
  4. Wie geht es mit dem Expertenstandard Hautintegrität weiter?

Was ist der neue Expertenstandard Hautintegrität?

Der Expertenstandard Hautintegrität ist eine Art Leitfaden, der Pflegeeinrichtungen vorgibt, wie sie ihre berufliche Haut- und Körperpflege fachgerecht umsetzen. Als Hautintegrität ist hierbei das Zusammenspiel zwischen intakter Hautstruktur und der Funktionsfähigkeit zur Erhaltung dieser Struktur gemeint.

Der Standard soll ein fachlich abgestimmtes Leistungsniveau für die pflegeberufliche Hautpflege liefern und so die Pflegequalität in allen Einrichtungen erhöhen. So dient er sowohl zur internen als auch zur externen Qualitätssicherung in der Pflege und richtet sich an Menschen jeder Altersgruppe (außer Frühgeborene).

Verfasst und veröffentlicht wurde der Standard vom Deutschen Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), zusammen mit einem Team aus Expertinnen und Experten. 

Ziele des Expertenstandards Hautintegrität

Insgesamt dient der Expertenstandard dazu, die Hautintegrität pflegebedürftiger Personen möglichst lange zu erhalten und zu fördern.

Dabei gehören Hautreinigung und -pflege nicht nur zu den Kernaufgaben ausgebildeter Pflegekräfte. Sie sind auch wesentlicher Faktor für die Gesundheit und Lebensqualität der Pflegebedürftigen. Schädigungen der Hautintegrität können zu (chronischen) Wunden, Infektionen und starken Einschränkungen des körperlichen Wohlbefindens führen.

Um solche Risiken präventiv zu vermeiden, definiert das DNQP im Expertenstandard Hautintegrität verschiedene Maßnahmen, sog. Hautpflegeinterventionen.

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Welche Maßnahmen sind im Expertenstandard beschrieben?

Generell gehören zu pflegerischen Interventionen der Hauthygiene alle Maßnahmen von Beratungsgesprächen bis zur kompletten Übernahme der Hautreinigung. Die erforderlichen Maßnahmen hängen vom jeweiligen Setting und der Ziel- bzw. Altersgruppe ab.

Der Expertenstandard Hautintegrität fokussiert sich insbesondere auf folgende Bereiche:

  • Hautpflege zur Prävention von Inkontinenz-assoziierter Dermatitis (IAD), Windeldermatitis (WD), Intertrigo und Skin Tears
  • Hautpflege bei Xerosis cutis und leichten Formen von Intertrigo, IAD und WD

Dieser Fokus wurde gewählt, da die Hautpflege ein sehr komplexes und umfangreiches Thema ist. Bei den o. g. Bereichen hat die berufliche Pflege einen besonderen Einfluss, während gleichzeitig viele Pflegebedürftige von diesen Maßnahmen profitieren. Hinzu kommen allgemeine Empfehlungen zur Hautpflege aller Altersgruppen (außer für Frühgeborene).

Das bedeutet jedoch auch, dass der Expertenstandard Hautintegrität keine Aussagen zu anderen Hauterscheinungen oder dermatologischen Erkrankungen tätigt – auch nicht bezüglich der Wundversorgung. Stattdessen liegt der Fokus ganz auf der präventiven Wahrung und Förderung der Hautintegrität.

Hinweis: Bei der Auswahl der pflegerischen Maßnahmen sollten stets die individuellen Vorlieben und Wünsche der Person berücksichtigt werden, die einen pflegerischem Unterstützungsbedarf aufweist. Eine gemeinsame vorherige Abstimmung ist in jedem Fall erforderlich.

Welche Kompetenzen notwendig sind, um die dazugehörigen Maßnahmen erfolgreich umzusetzen, beschreibt der Expertenstandard Hautintegrität anhand unterschiedlicher Kriterien.

Kriterien des Expertenstandards Hautintegrität

Wie die meisten Standards unterscheidet auch der Expertenstandard Hautintegrität drei verschiedene Kriterien: Strukturkriterien, Prozesskriterien und Ergebniskriterien. Sie bestehen aus jeweils fünf Ebenen, die sich großteils an die Pflegefachkräfte und ihre Einrichtung richten:

  • Ebene 1: Assessment
  • Ebene 2: Planung und Koordination
  • Ebene 3: Information, Schulung und Beratung
  • Ebene 4: Pflegeinterventionen
  • Ebene 5: Pflegeergebnisse

Welche einzelnen Anforderungen unter das jeweilige Kriterium fallen, zeigt die folgende Übersicht.

Strukturkriterien
S1 Die Pflegefachkraft kann Menschen mit hautbezogenen Risiken bzw. Problemen identifizieren.
S2a Die Pflegefachkraft kann Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Hautintegrität planen und koordinieren.
S2b Die Einrichtung besitzt eine interne Verfahrensregelung zur Erhaltung und Förderung der Hautintegrität.
S3 Die Pflegefachkraft kann zum Thema Hautintegrität informieren, beraten und schulen.
S4a Die Pflegefachkraft besitzt aktuelles und zielgruppenspezifisches Wissen sowie Kompetenzen zur Umsetzung pflegerischer Maßnahmen, die der Förderung und dem Erhalt der Hautintegrität dienen.
S4b Die Einrichtung stellt, gemäß der organisatorischen Rahmenbedingungen, geeignete Hautmittel und Materialien zur Verfügung.
S5 Die Pflegekraft kann die Wirksamkeit getroffener Maßnahmen zur Hautintegrität beurteilen.

 

Prozesskriterien
P1a Zu Beginn der Pflege führt die Pflegefachkraft eine Einschätzung durch, um hautbezogene Risiken und Probleme bei der betroffenen Person zu identifizieren.
P1b Wurden solche Risiken festgestellt, beginnt die Fachkraft eine genauere Einschätzung, die sie regelmäßig und anlassbezogen wiederholt. Ggf. bezieht sie die Expertise anderer Fachkräfte mit ein.
P2 Gemeinsam mit der pflegebedürftigen Person (und ggf. mit Angehörigen) plant die Pflegefachkraft geeignete Maßnahmen zur Förderung und Erhaltung der Hautintegrität.
P3a Die Pflegefachkraft informiert, berät und schult die Pflegebedürftigen (sowie ggf. die Angehörigen). Dabei soll das Selbstmanagement der pflegebedürftigen Person im Fokus stehen.
P3b Ist besondere Information, Beratung oder Schulung notwendig, involviert die Pflegefachkraft weitere Expertinnen und Experten.
P4 Nach Absprache mit der bzw. dem Pflegebedürftigen (und den Angehörigen) setzt die Fachkraft die zuvor festgelegten Maßnahmen zur Hautpflege um.
P5 In individuellen Zeitabständen und je nach Anlass überprüft die Pflegefachkraft die Wirksamkeit der getroffenen Maßnahmen.

 

Ergebniskriterien
E1 Es gibt eine aktuelle und systematische Einschätzung der individuellen Risiken und Probleme der Haut einer bzw. eines Pflegebedürftigen.
E2 Es gibt einen individuellen Plan mit Maßnahmen zur Erhaltung und Förderung der Hautintegrität. Dieser Plan berücksichtigt die vorhandenen Selbstmanagementkompetenzen und Ressourcen der Betroffenen.
E3 Die Pflegebedürftigen (und ihre Angehörigen) wissen über die Bedeutung einer intakten Haut Bescheid. Entsprechend unterstützen sie die getroffenen Maßnahmen zur Hautpflege.
E4 Alle geplanten Maßnahmen zur Pflege der Haut wurden bedarfs- und bedürfnisgerecht umgesetzt.
E5 Die Hautintegrität der Betroffenen bleibt erhalten und wird gefördert.

Diese Standardkriterien sind essenzieller Bestandteil des Expertenstandards Hautintegrität. Ebenso wichtig ist jedoch auch die geplante und kontrollierte Einführung des Standards in deutsche Pflegeeinrichtungen. 

Wie geht es mit dem Expertenstandard Hautintegrität weiter?

Expertenstandards werden i. d. R. schrittweise entwickelt und implementiert – so auch beim Expertenstandard Hautintegrität. Die folgende Tabelle zeigt den geplanten zeitlichen Ablauf von der Entwicklung des Standards bis zur bundesweiten Implementierung.

Zeitraum ↓ Was ist passiert?
März 2024 Am 01.03.2024 findet der 26. Netzwerk-Workshop des DNQP statt. Hier werden die Ergebnisse der Implementierung des Expertenstandards Hautintegrität vorgestellt und diskutiert.
Juni 2023 Ende Juni 2023 erscheint der erste Sonderdruck des DNQP zum Expertenstandard Hautintegrität – inklusive Literaturstudien, Kommentierungen der Standardkriterien sowie Grundlagen zur Hautreinigung und -pflege.
Mai 2023 Ab Mai 2023 wird der Expertenstandard bundesweit in 31 Einrichtungen modellhaft implementiert. Die Einrichtungen stammen aus dem Krankenhausbereich sowie aus der stationären und ambulanten Langzeitversorgung.
Februar 2023 Das DNQP stellt den fertigen Entwurf zum Expertenstandard Hautintegrität in der Pflege in der 11. Konsensus-Konferenz am 17.02.2023 vor. 
September 2021 bis November 2022 Die zuständige Arbeitsgruppe erstellt den ersten Entwurf des Expertenstandards anhand einer wissenschaftlichen Literaturanalyse.
Frühjahr 2021 Der verantwortliche Leiter der Expertenarbeitsgruppe wird einberufen.
Herbst 2020 Das DNQP beschließt, einen eigenen Expertenstandard zur Pflege der Haut zu entwickeln.

Mit der Implementierung des Standards in allen Pflegeeinrichtungen kommen neue organisatorische Aufgaben auf die Einrichtungsleitungen zu. Wie sich diese optimal auf den neuen Expertenstandard Hautintegrität vorbereiten, zeigt die Software „Pflege- und Expertenstandards auf CD-ROM“. Sie enthält Standardpflegepläne und Arbeitshilfen zu mehr als 400 Pflegestandards – u. a. zur Pflege der Haut.

Quellen: Deutsches Netzwerk für Qualitätsentwicklung in der Pflege (DNQP), Fachzeitschrift „QM-PRAXIS in der Pflege inklusive Hygiene aktuell“

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