Welches Mitbestimmungsrecht hat der Betriebsrat? – Übersicht zu Einstellung, Arbeitszeit und Co.
30.06.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Inhaltsverzeichnis
- Was bedeutet „Mitbestimmungsrecht“ des Betriebsrats?
- Wo hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht? – Beispiele
- Wann gilt ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht?
- In welchem Fall hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht?
- Was passiert bei einem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht?
Was bedeutet „Mitbestimmungsrecht“ des Betriebsrats?
Das Mitbestimmungsrecht des Betriebsrats besagt, dass der Arbeitgeber in bestimmten betrieblichen Angelegenheiten nicht allein entscheiden darf. Vielmehr muss er die Zustimmung oder Beteiligung des Betriebsrats einholen.
Je nach Thema kann der Betriebsrat entweder
- aktiv mitentscheiden (echtes Mitbestimmungsrecht), zum Beispiel bei Arbeitszeitregelungen, oder
- angehört oder informiert werden (Anhörungs- oder Informationsrecht), etwa bei Kündigungen.
Wo hat der Betriebsrat ein Mitbestimmungsrecht? – Beispiele
Sofern keine gesetzliche oder tarifliche Regelung vorliegt, besitzt der Betriebsrat nach § 87 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) bei folgenden Angelegenheiten ein Mitbestimmungsrecht:
Thema | Mitbestimmungsrecht bei... |
Betriebliche Organisation |
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Arbeitszeit und Pausen |
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Mobiles Arbeiten/Homeoffice |
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Gruppenarbeit |
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Urlaub |
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Lohn/Gehalt |
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Überwachung der Belegschaft |
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Unfallverhütung |
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Sozialeinrichtungen |
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Wohnraum für Angestellte |
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Vorschlagswesen |
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Personelle Einzelmaßnahmen |
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Abweichende Mitbestimmungsrechte können durch spezielle Tarifverträge oder Gesetze festgelegt werden. Können sich Betriebsrat und Arbeitgeber bei einem der oben genannten Themen nicht auf ein gemeinsames Vorgehen festlegen, bestimmt die Einigungsstelle.
Neben den Mitbestimmungsrechten aus § 87 BetrVG stellt sich oftmals die Frage, ob der Betriebsrat auch bei folgenden Themen mitentscheiden darf:
Stellenbeschreibung
Hier besteht kein direktes Mitbestimmungsrecht. Denn Stellenbeschreibungen gelten nicht als Auswahlrichtlinien im Sinne des § 95 BetrVG und sind daher grundsätzlich nicht mitbestimmungspflichtig.
Allerdings kann der Betriebsrat an anderen Stellen mitbestimmen, etwa wenn sich aus der Stellenbeschreibung eine Eingruppierung oder andere personelle Einzelmaßnahmen nach § 99 BetrVG ergeben.
Personelle Einzelmaßnahmen
Gemäß § 99 BetrVG muss der Arbeitgeber den Betriebsrat vor personellen Einzelmaßnahmen über die geplanten Maßnahmen unterrichten und seine Zustimmung einholen. Hierunter fallen die Einstellung, Versetzung sowie Ein- oder Umgruppierung von Personen.
Einstellung und Versetzung
Einstellungen und Versetzungen zählen zu den oben genannten „personellen Einzelmaßnahmen“ aus § 99 BetrVG. Demnach besitzt der Betriebsrat bei der Einstellung und Versetzung von Beschäftigten ein direktes Mitbestimmungsrecht.
Vor Einstellungen oder Versetzungen muss der Arbeitgeber den Betriebsrat unterrichten, ihm die notwendigen Bewerbungsunterlagen vorlegen und Auskunft über die beteiligte Person erteilen. Außerdem hat der Arbeitgeber den geplanten Arbeitsplatz und die vorgesehene Eingruppierung mitzuteilen.
Der Betriebsrat kann die Einstellung oder Versetzung innerhalb einer Woche nach Unterrichtung ablehnen, wenn das Unternehmen mit der geplanten Maßnahme zum Beispiel gegen ein rechtliche Vorschriften wie Gesetze oder Bestimmungen im Tarifvertrag verstößt. In diesem Fall kann der Arbeitgeber beim Arbeitsgericht eine Ersetzung der Zustimmung beantragen.
Personalfragebogen und Beurteilungsgrundsätze
Nach § 94 BetrVG unterliegen Personalfragebögen und allgemeine Beurteilungsgrundsätze der Zustimmung des Betriebsrats. Dies gilt ebenso für persönliche Angaben in schriftlichen Arbeitsverträgen, die der Arbeitgeber allgemein für den Betrieb benutzen möchte.
Ergibt sich keine Einigung zwischen Arbeitgeber und Betriebsrat, entscheidet eine Einigungsstelle.
Arbeitszeugnisse
Der Betriebsrat muss dafür Sorge tragen, dass Angestellte bei ihrem Ausscheiden ein Arbeitszeugnis erhalten. Dies gilt auch für die Erteilung eines Zwischenzeugnisses.
Zwar hat der Betriebsrat kein Beteiligungsrecht am Inhalt eines Zeugnisses, jedoch können Beschäftigte gemäß § 84 BetrVG den Betriebsrat als Vermittler hinzuziehen, wenn sie sich benachteiligt oder ungerecht behandelt fühlen.
Kündigung
Bei einer Kündigung besteht zwar kein Mitbestimmungsrecht, aber ein Anhörungsrecht des Betriebsrats. Das bedeutet, der Arbeitgeber muss den Betriebsrat vor jeder Kündigung anhören und ihm die Gründe für die Kündigung mitteilen (§ 102 BetrVG). Kündigungen, bei denen der Betriebsrat nicht angehört wurde, sind unwirksam.
Widersprüche gegen eine ordentliche Kündigung müssen dem Arbeitgeber innerhalb einer Woche schriftlich und begründet mitgeteilt werden. Widersprüche gegen außerordentliche Kündigungen sind unverzüglich, spätestens innerhalb von drei Tagen, schriftlich mitzuteilen. Vor seiner Stellungnahme sollte der Betriebsrat, wenn nötig, die betroffenen Arbeitnehmenden anhören.
Unabhängig davon gelten die Regelungen des Kündigungsschutzgesetzes (KSchG) zur Beteiligung des Betriebsrats.
Wann gilt ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht?
Ein eingeschränktes Mitbestimmungsrecht besteht, wenn der Betriebsrat zwar beteiligt wird, aber kein Zustimmungsrecht hat. Oft handelt es sich dann um Anhörungs-, Beratungs- oder Vorschlagsrechte, und nicht um ein generelles Vetorecht.
Nur eingeschränkt mitwirken kann der Betriebsrat beispielsweise bei folgenden Themen:
- Kündigungen: nur Anhörungsrecht (§ 102 BetrVG)
- Personalplanung: Vorschlagsrecht (§ 92 BetrVG)
- Betriebsänderungen: Unterrichtungsrecht (§§ 111, 112 BetrVG)
In welchem Fall hat der Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht?
Der Betriebsrat hat kein Mitbestimmungsrecht, wenn eine Angelegenheit allein dem Direktionsrecht des Arbeitgebers oder gesetzlichen/tariflichen Regelungen unterliegt.
Somit besteht grundsätzlich kein Mitbestimmungsrecht bei Themen wie Stellenbeschreibungen, der Ausstellung von Arbeitszeugnissen und der Höhe der individuellen Vergütung. In solchen Fällen darf der Arbeitgeber allein entscheiden – der Betriebsrat hat weder ein Zustimmungs- noch ein Widerspruchs- oder Anhörungsrecht.
Gilt jedoch ein Mitbestimmungsrecht und der Arbeitgeber verstößt dagegen, drohen rechtliche Konsequenzen.
Was passiert bei einem Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht?
Ein Verstoß gegen das Mitbestimmungsrecht, insbesondere gegen die Rechte nach § 87 BetrVG, kann weitreichende Folgen haben:
- Maßnahme ist unwirksam: Wenn der Arbeitgeber eine mitbestimmungspflichtige Maßnahme einseitig umsetzt, ohne sich die Zustimmung des Betriebsrats oder einer Einigungsstelle zu holen, ist sie rechtswidrig und in der Regel unwirksam.
- Unterlassungsanspruch: Der Betriebsrat kann beim Arbeitsgericht eine Unterlassungsverfügung beantragen. Damit kann das Gericht dem Arbeitgeber untersagen, eine bestimmte Maßnahme weiter durchzuführen.
- Ordnungsgeld: Bei wiederholten oder beharrlichen Verstößen kann das Arbeitsgericht nach § 23 Absatz 3 BetrVG ein Ordnungsgeld gegen den Arbeitgeber verhängen.
Um dies zu vermeiden, sollten sich Arbeitgeber vorab ausreichend mit dem geltenden Betriebsverfassungsrecht auseinandersetzen.
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