Dual-Use-Güter erklärt: zwischen ziviler Nutzung und Exportkontrolle
22.05.2025 | JS/S.Horsch – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Inhaltsverzeichnis
- Was sind Dual-Use-Güter?
- Dual-Use-Güter: Genehmigungspflicht und Kontrolle
- Dual-Use-Güter mit Umschlüsselungsverzeichnis identifizieren
- Genehmigungsverfahren bei Dual-Use-Gütern
- FAQ zu Dual-Use-Güter
- Fazit und Ausblick zu Dual-Use-Gütern
Was sind Dual-Use-Güter?
Momentan können Technologien zur digitalen Überwachung in jedes Land exportiert werden, ohne dass dafür eine Genehmigung benötigt wird. In manchen Regimen kann diese Technologie jedoch dafür missbraucht werden, Journalisten, Regimegegner oder Bürger auszuspähen. Um dieser Menschenrechtsverletzung einen Riegel vorzuschieben, hat die EU nun digitale Überwachungstechnologien ausdrücklich in die Liste der sog. Dual-Use-Güter aufgenommen: Darunter zu verstehen sind Waren, Technologien, Software und Dienstleistungen mit doppeltem Verwendungszweck. Solche Güter können sowohl zivil als auch militärisch verwendet werden.
Welche Güter fallen unter Dual-Use?
Typische Beispiele für Güter, die sowohl für den zivilen als auch militärischen Zweck verwendet werden können, sind:
- Drohnen,
- Satellitentechnologie,
- Chemikalien zur Düngemittelproduktion,
- Getriebeteile für LKWs,
- Funkgeräte,
- Lippenstifte (die Lippenstifthülse, in der die Masse steckt, kann als Bestandteil für eine Patronenhülse für ein Gewehr verwendet werden.)
Dual-Use-Güter: Genehmigungspflicht und Kontrolle
Für die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern in Länder außerhalb der EU ist grundsätzlich eine Genehmigung erforderlich. In Deutschland ist hierfür das Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle (BAFA) zuständig. Innerhalb der EU besteht eine Genehmigungspflicht nur für bestimmte besonders sensible Dual-Use-Güter. Die jeweiligen Güter sind in Güterlisten erfasst: maßgeblich ist Anhang I der Dual-Use-Verordnung (Verordnung (EG) Nr. 428/2009), ergänzt durch Teil I Abschnitt B der deutschen Ausfuhrliste. Die nationale Güterliste ist der europäischen untergeordnet und kann als Ergänzung zur europäischen Liste verstanden werden. Sie greift in Fällen, die auf der EU-Ebene nicht geregelt sind.
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Hinweis: Diese Listen unterliegen fortlaufenden Änderungen und Aktualisierungen, weshalb sie von exportierenden Unternehmen regelmäßig überprüft werden sollten.
Dual-Use-Güter mit Umschlüsselungsverzeichnis identifizieren
Viele Unternehmen tun sich jedoch schwer damit, die europäische Dual-Use-Güterliste zu lesen. Denn sie basiert nicht auf Zolltarifnummern, sondern ist völlig unabhängig vom Harmonisierten System (HS). Sie folgt einer anderen Systematik und ist in einer technischen Sprache geschrieben, weshalb technisches Verständnis bzw. die Unterstützung eines Kollegen mit diesem zwingende Voraussetzung ist, um Außenhandelsgeschäfte dieser Art rechtssicher durchführen zu können.
Unterstützung bekommen die Unternehmen in Form des Umschlüsselungsverzeichnisses, in dem die deutsche Ausfuhrliste und die Güterliste zur EG-Dual-Use-VO verschmelzen. Das Verzeichnis ist nach statistischen Warennummern/Zollnummern aufgeschlüsselt. Eine mögliche Genehmigungspflicht hängt neben dem Aufscheinen der statistischen Warennummer an der Erfüllung der genannten technischen Parameter. Das Verzeichnis ist auf der Homepage des BAFA zu finden.
Hinweis: Das Umschlüsselungsverzeichnis ist nicht rechtsverbindlich, sondern nur eine Hilfestellung.
Genehmigungsverfahren bei Dual-Use-Gütern
Stellt sich bei der Prüfung des Anhangs I der Dual-Use-VO heraus, dass das zu exportierende Gut gelistet ist, sollten Unternehmen im ersten Schritt prüfen, ob für diesen Export eine Allgemeingenehmigung (AGG) in Betracht kommt. Ist das nicht möglich, muss ein Antrag auf Einzelgenehmigung beim BAFA gestellt werden.
Im Rahmen dieses Genehmigungsverfahrens prüft das BAFA die Zuverlässigkeit des Unternehmens. Dabei ist es hilfreich, wenn das Unternehmen eine zuverlässige und organisierte Exportkontrolle nachweisen kann. Dazu gehört u. a., dass ein Ausfuhrverantwortlicher ernannt wird und die Verantwortung für dieses Thema klar in der Geschäftsleitung festgelegt ist.
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In der Regel dauert das Genehmigungsverfahren bei Dual-Use-Gütern, die in ein unkritisches Land exportiert werden sollen, etwa zwei Wochen. In anderen Fällen kann die Bearbeitung einen Monat oder auch erheblich länger dauern. Entscheidend ist, dass Unternehmen so genau wie möglich beschreiben, wie der Endempfänger die Güter verwenden will.
FAQ zu Dual-Use-Güter
1. Sind Dual-Use-Güter immer genehmigungspflichtig? Nein. Nur die in den Listen aufgeführten Güter und bestimmte nicht gelistete Güter mit kritischer Endverwendung benötigen eine BAFA-Lizenz.
2. Wann ist Software Dual-Use? Wenn sie in den Kontrollen der Verordnung aufgeführt ist und speziellen Anforderungen entspricht (z.B. Verschlüsselung, militärische Steuerung). Freiverkäufliche Standardsoftware mit Quelldateien fällt oft unter ASA-Ausnahmen.
3. Wo finde ich die Dual-Use-Verordnung? – Im Amtsblatt der EU veröffentlicht, z.B. online auf EUR-Lex (vgl. Verordnung (EU) 2021/821).
4. Wie sind Dual-Use-Güter definiert? Sie sind definiert als Güter mit doppeltem Verwendungszweck: zivil und militärisch nutzbar. Die Güterlisten beschreiben sie anhand technischer Merkmale und Kategorien.
5. Wer genehmigt die Ausfuhr von Dual-Use-Gütern? In Deutschland erteilt das BAFA (Bundesamt für Wirtschaft und Ausfuhrkontrolle) die Genehmigungen.
Fazit und Ausblick zu Dual-Use-Gütern
Die verschärften Exportkontrollen für digitale Überwachungstechnologien und Dual-Use-Güter spiegeln das wachsende Bewusstsein für Menschenrechte und internationale Sicherheit wider. Unternehmen stehen vor der Herausforderung, sich kontinuierlich über aktuelle Regelungen zu informieren und interne Kontrollsysteme zu etablieren. Angesichts der rasanten technologischen Entwicklung ist zu erwarten, dass die EU ihre Vorschriften weiter anpassen wird. Ein verantwortungsvoller Export bleibt essenziell, um Missbrauch zu verhindern und das Vertrauen in den europäischen Handel zu stärken. Die Balance zwischen Innovation, Sicherheit und Freiheit bleibt dabei eine zentrale Aufgabe.
Quelle: BAFA; www.ihk.de; „PC-gestützte Bearbeitung komplexer Zolldokumente“, Europäisches Parlament, Frankfurter Rundschau; www.zoll.de;