Was kann oder darf ChatGPT und ist er unfehlbar?

05.06.2023 | J. Morelli – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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ChatGPT ist ein informationsgestützter virtueller Assistent, der Benutzer im gemeinsamen Dialog unterstützt. Mittlerweile ist die künstliche Intelligenz bereits so gut geworden, dass sie in ihrer Argumentation immer menschlicher wird, aber gleichzeitig auf ein unmenschliches Maß an Wissen zurückgreifen kann. Aber worin liegen die Stärken und Schwächen von ChatGPT und sind dessen Antworten stets korrekt?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Softskills par excellence: ein Ass oder ChatGPT im Ärmel?
  2. Textgenerierung
  3. Die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen: Prompts
  4. Datenschutz und ChatGPT
  5. Fazit: ChatGPT, ein exzellentes Recherche-Tool

Softskills par excellence: ein Ass oder ChatGPT im Ärmel?

Die Beantwortung von Fragen…

… ist sicherlich das beliebteste Feature von ChatGPT. Aber hier zeigen sich auch deutlich die Grenzen der datenbasierten K.I. Denn alle Informationen seit September 2021 stehen dem Chatbot nicht archivalisch zur Verfügung. Dieses Problem hat Microsoft, mit 49 Prozent stärkster Anteilseigener an OpenAI, dadurch provisorisch „gelöst“, dass eine Variante von ChatGPT in die BING-Suche miteingebaut wurde (vgl. Reinventing search with a new AI-powered Microsoft Bing and Edge, your copilot for the web - The Official Microsoft Blog).

Was ist der Hintergrund dafür und warum ist das Ganze nicht bereits Teil der Offline-Version? Vermutlich gibt es dafür zwei Gründe: Einerseits sind User indirekt dazu gezwungen, Bing zu verwenden, wenn sie ChatGPT auf dem neuesten Stand ausprobieren möchten. Andererseits liegt der sprichwörtliche Hund darin begraben, dass ein Offline-Tool per se nicht auf online Echtzeitwissen zurückgreifen kann.

Aber gerade diese Live-Search-Funktion von ChatGPT ist extrem nützlich. Denn Microsoft sieht den Chatbot als Teil ihres sog. Prometheus-Modells, das Künstliche Intelligenz mit dem Suchalgorithmus und Userfreundlichkeit verbindet. Das bedeutet, dass eine assistierte online Suche zukünftig detailliert, schneller und umfangreicher sein kann.

Keine persönliche/ professionelle Beratung

Hierbei handelt es sich um ein im Fachjargon „User-Error“ genanntes Problem. Denn an keiner Stelle vereinnahmt ChatGPT diese Funktion für sich. Die Versuchung liegt selbstverständlich nahe, da die K.I. zu Themenbereichen wie Recht, Finanzen und Medizin Fachinformationen zur Verfügung stellt – aber eben nicht fallspezifisch und reflektiert, das Hinterfragen und der Transfer sind Leistungen der Nutzenden.

Fehleranfälligkeit

OpenAI spricht in ihren AGB an, dass ChatGPT zwar um genaue Informationen „bemüht“ ist, es aber keine Garantie für die Korrektheit und Aktualität der Antworten gibt.

Textgenerierung

Der Blick in einschlägige Foren zeigt, wie attraktiv diese Funktion von ChatGPT ist: Gut geschriebene, inhaltliche stimmige Texte, das verspricht die Künstliche Intelligenz. Aber hier ist Vorsicht geboten, denn weder die Quellen sind nachvollziehbar, noch ist der Text ohne Know-How inhaltlich überprüfbar – mal ganz davon abgesehen, dass ChatGPT laut Expertenstimmen immer noch teilweise „halluziniert“. Soll heißen, er ergänzt plausibel-klingende Inhalte, ohne deren Richtigkeit überprüfen zu können oder zu garantieren. Das ist vor allem für wissenschaftliche Texte ein K.O.-Kriterium und kann bei allen anderen Inhalten zum ungewollten Debakel werden. Deswegen ist ein inhaltliches Lektorat der von ChatGPT geschriebenen Texte immer ratsam, ja vielmehr zwingend notwendig.

Aber: Mal davon abgesehen ist er ein kreativer Tausendsassa, der vor allem durch Geschichten, Gedichte und Liedtexte glänzt. All dies sollte aber in den meisten Berufsfeldern eher eine untergeordnete Rolle einnehmen.

Übersetzung fremdsprachiger Texte…

…könnte für bestimmte Branchen zum Game-Changer werden. Denn dieses Feature wird in internationalen Unternehmen noch verhältnismäßig wenig genutzt, und wenn, dann nur in sehr begrenztem Umfang.

Das Besondere hierbei ist, dass ChatGPT hier sein maschinelles Lernen voll ausspielen kann. Denn aus allen übersetzten Texten wird automatisch dazugelernt. Dies verdeutlicht aber wiederum ein großes Problem mit Opensource-Software und selbstlernender Künstlicher Intelligenz: Datenschutz. Denn theoretisch sind nach Eingabe eigener, sensibler Daten, diese im Anschluss für jedermann einsehbar – auf jeden Fall aber durch den Chatbot nutzbar.

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Sokrates im Jahr 2023. (Bild: © stasnds – stock.adobe.com)

Konversation und sokratischer Dialog…

… repräsentieren die scheinbar menschlichste Nuance von ChatGPT. Denn durch die gezielten Antworten und vor allem das Reagieren auf die eigenen Aussagen gibt es den Usern das Gefühl, mit einer Person in einen „echten“ Dialog zu treten.

→ Besonders interessant für den beruflichen Einsatz ist der sog. Sokratische Dialog. Dabei nimmt ChatGPT die Funktion des kritischen Hinterfragens ein. Wie das geht? Training und Erfahrung, auf beiden Seiten.

Dazu ist es für Unternehmen ratsam, ihre Mitarbeitenden rechtzeitig auf den Einsatz von K.I. im Unternehmen vorzubereiten. Denn in nicht absehbarer Zeit könnte die professionelle und sichere Verwendung beispielsweise eines Chatbots wie ChatGPT zum entscheidenden Wettbewerbsfaktor werden.

Veranstaltungsempfehlungen

Grundlagen der künstlichen Intelligenz zu verstehen, dessen Potenzial zu erkennen und strategisch im eigenen Unternehmen einzusetzen, gelingt mit dem Online-Live-Seminar „KI erfolgreich integrieren & effizient einsetzen“.

Mit den Chancen, Risiken und vor allem den beruflichen Anwendungsfeldern von ChatGPT befasst sich das 3-stündige Online-Live-Seminar „ChatGPT für die Arbeitswelt nutzen“. Damit legen die Teilnehmenden eine Basis für den betriebseigenen Einsatz eines K.I. gesteuerten Chatbots.

Wer sich noch eingehender mit den Möglichkeiten des Chatbots beschäftigen möchte, sollte sich den Zertifikats-Lehrgang „Prompt Engineer für ChatGPT“ anschauen.

Die Kunst, die richtigen Fragen zu stellen: Prompts

„To prompt someone to do something“ lautet die offizielle Begriffserklärung im Oxford-Dictionary. In Fall von ChatGPT müsste es wohl eher „to promt something to write something“ heißen (to prompt wird meist mit „veranlassen“ oder „auffordern“ übersetzt).

Im Falle von ChatGPT werden alle Eingaben, Wörter und Sätze in das Chat-Tool als Prompt verstanden, denn sie veranlassen die K.I. zu einer Antwort, bzw. zum „Handeln“. Eine derart generierte Antwort hängt demnach direkt von der Frage oder Aufforderung ab – und hier geht ChatGPT sehr akribisch vor. Soll heißen, jedes Wort, ja fast jeder Buchstabe, ist bei der Aufforderung mitentscheidend für die Qualität und den Umfang der Antwort. Das Ganze geht bereits so weit, dass viele Großunternehmen bereits die Personalie der Prompt-Ingenieure ausschreiben, eine Stelle, die auf das K.I.-Fragestellen spezialisiert ist.

Was Unternehmen bereits jetzt machen (sollten), ist das Sammeln von „guten“ Prompts für die jeweiligen Abteilungen und Themenfelder. Beispielsweise funktionieren für die jeweiligen Marketing-Abteilungen andere Aufforderungen als im Vertrieb oder der Herstellung.

Datenschutz und ChatGPT

Seit der Veröffentlichung von ChatGPT Anfang des Jahrs 2023 war die Künstliche-Intelligenz-Welle scheinbar nicht mehr aufzuhalten. Ende März kam dann der erste Dämpfer, als die italienische Datenschutzbehörde (GPDP) die Software des Anbieters OpenAI aufgrund dessen vermeintlich mangelhaften Datenschutzes verbot (vgl. ChatGPT Datenschutz | datenschutzexperte.de).

Grund dafür wäre das Nichtvorhandensein einer rechtlichen Grundlage für die Speicherung und Weiterverarbeitung von Nutzerdaten aus den Konversationen mit ChatGPT gewesen, berichtete die Tagesschau (Italien will Rückkehr von ChatGPT unter Bedingungen erlauben | tagesschau.de). Nun ist die KI-Software allerdings seit Anfang Mai wieder zugelassen, da die Verantwortlichen von OpenAI bereit seien, angemessene Datenschutzmaßnahmen zu ergreifen.

→ Deutschland hingegen lehnt seit Einführung des generativen Chatbots ein Verbot kategorisch ab und fordert anstelle dessen eine staatliche Regulierung.

Der Fall Samsung

Wie problematisch der berufliche Einsatz von ChatGPT sein kann, zeigte ein Sicherheitsvorfall bei dem südkoreanischen Tech-Giganten Samsung. In der Halbleiter-Sparte hatten mehrere Ingenieure das Tool genutzt, um eigenen Code zu verbessern. Dabei wurden versehentlich auch unternehmenssensible Daten veröffentlicht, die z. B. die Konkurrenz anhand eines passenden Prompts problemlos einsehen konnte.

Bereits zuvor hatte ein Mitarbeitender den Source-Code eines markengeschützten neuen Programms in die Chat-Software eingepflegt, um deren Funktionalität zu prüfen. Das Ergebnis war, dass diese Daten auf diesem Weg zur direkten Konkurrenz gelangten (vgl. Neuer Samsung-Ärger: Mitarbeiter tragen vertrauliche Daten in ChatGPT ein – CHIP).

Hatte Samsung anfangs noch damit reagiert, die Nutzung von ChatGPT für die eigene Belegschaft stark einzuschränken, ist die generative K.I.-Software mittlerweile unternehmensweit verboten. Um gleichzeitig aber konkurrenzfähig zu bleiben, wurde umgehend damit begonnen, eine eigene ChatGPT-Alternative zu entwickeln. Wann und ob diese öffentlich wird, werden die nächsten Monate zeigen.

Fazit: ChatGPT, ein exzellentes Recherche-Tool

Zusammenfassend lässt sich Folgendes sagen: ChatGPT hat das Potenzial viele Bereiche des Arbeitsmarktes zu revolutionieren, zu unterstützen, aber nicht notwendigerweise zu ersetzen – jedenfalls nicht in dessen momentaner Version.

Zwar eignet er sich für die Formulierung kurzer knappe Texte, wie beispielsweise Social-Media-Beiträge, Newsmeldungen oder Werbeslogans. Für umfangreichere und vor allem wissenschaftlich fundierte Beiträge sollte er hingegen nur mit besonderer Achtsamkeit und einem anschließenden Lektorat verwendet werden.

Eines der größten Potenziale von ChatGPT zeigt sich hingegen bei der Recherche. So findet der Chatbot in Windeseile alle stimmigen Informationen zu einem bestimmten Thema (bei der Offline-Version jedoch nur bis Ende des Jahres 2021). Um sich also über einen neuen Themenbereich schnell zu informieren, ist ChatGPT ein probates Mittel.

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Datenschutz

Bereits jetzt hat OpenAI auf die Datenschutzprobleme reagiert und bietet die vollständige Löschung einer Konversation mit ChatGPT an. Für die Zukunft sind noch weitere Sicherheitsupdates geplant, die den Datenschutz im Mittelpunkt haben und gleichzeitig die Performance und Nutzerfreundlichkeit steigern sollen.