Neue TRGS 519: Änderungen zu Arbeiten mit Asbest und emissionsarmen Verfahren

27.05.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Am 31.03.2022 erschien eine geänderte Fassung der TRGS 519 „Asbest: Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten“. Zu den Neuerungen gehört ein neu beschriebenes Arbeitsverfahren sowie ein neues Kombinationsmodul zur Qualifikation aufsichtsführender Personen. Damit beschreibt die TRGS, welche Maßnahmen notwendig sind, um Beschäftigte im Umgang mit Asbest vor gesundheitlichen Gefahren zu schützen. Was müssen Arbeitgeber und Arbeitsschutzverantwortliche jetzt beachten?

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist die TRGS 519?
  2. TRGS 519: Änderungen und Ergänzungen
  3. Anwendungsbereich: Für wen gilt die Regel?
  4. Ist die TRGS 519 Pflicht?

Was ist die TRGS 519?

Die Technischen Regeln für Gefahrstoffe (TRGS) 519 regelt die korrekte Ausführung von Abbruch-, Sanierungs- und Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) mit Asbest. Sie gilt auch für Menschen, die in der Abfallentsorgung mit Asbest tätig sind und mit asbesthaltigen Materialien in Berührung kommen.

Da die Mineralfaser krebserregend wirken kann, müssen Beschäftigte in diesem Bereich besondere Schutzmaßnahmen einhalten und Qualifikationen aufweisen. Hierfür konkretisiert die TRGS 519 die dazugehörigen Vorgaben der Gefahrstoffverordnung (GefStoffV). Sie wurde vom Ausschuss für Gefahrstoffe (AGS) ermittelt und vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales (BMAS) im Gemeinsamen Ministerialblatt bekanntgegeben.

TRGS 519: Änderungen und Ergänzungen

Die derzeit letzte Änderung der TRGS wurde am 31.03.2022 veröffentlicht. Sie aktualisiert die zuvor veröffentlichte Fassung von Januar 2014, die bereits im Oktober 2019 in einigen Punkten angepasst wurde.

Das sind die wichtigsten Änderungen für Arbeitgeber und Arbeitsschutzverantwortliche:

• Neue Arbeitsverfahren für Tätigkeiten mit Asbest

Die meisten Änderungen von 2022 betreffen die Anlage 9 der Technischen Regel. Sie enthält Hilfestellungen zur Gefährdungsbeurteilung sowie zur Festlegung von Schutzmaßnahmen für Arbeiten an asbesthaltigen Produkten.

Konkret wurde die in der Anlage enthaltene Exposition-Risiko-Matrix um folgende Arbeitsverfahren ergänzt:

Tätigkeit Arbeitsverfahren
Entfernen von asbesthaltigen Wand- und Deckenbekleidungen von festen mineralischen Untergründen 

BT 43 Entfernen asbesthaltiger Wandbekleidungen (z. B. Putze, Spachtelmassen) von festen mineralischen Untergründen (z. B. Beton) – ASUP-ENVIRO-Fräsverfahren für die Wand- und Randbearbeitung (inkl. Fensterlaibung)

BT 44 Entfernen asbesthaltiger Deckenbekleidungen (z. B. Putze, Spachtelmassen) von festen mineralischen Untergründen (Beton) – ASUP-ENVIRO-Fräsverfahren für die Decken- und Randbearbeitung

Entfernen von asbesthaltiger
Kitte bei Glaserarbeiten

BT 42 Ausbau von asbesthaltigem Kitt im Glasfalz durch Aushauen und Schneiden mit und ohne Erwärmung

Schrauben und Gewindestangen lösen (inkl. kleinflächiger Entschichtungen)

BT 45 Lösen von Schrauben und Gewindestangen + kleinflächige Entschichtungen von Rohrleitungen und Anlagenteilen mit asbesthaltigem Farbanstrich bei Asbestgehalten bis 5 % im Rohrleitungsnetz von Wasserversorgern

BT 26 Entfernen von asbest- bzw. PAK-haltiger Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffe von metallischen Oberflächen (Pasten-Verfahren)

BT 27 Abstrahlen von asbesthaltigen Anstrichstoffen und Beschichtungen von metallischen Oberflächen mit Vakuum-Saugstrahlverfahren

BT 36 Entschichten asbesthaltiger Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffe von metallischen Oberflächen (Nadel-Verfahren) unter Absaugung

BT 37 Lösen von geschraubten Verbindungsmitteln mit asbesthaltigen Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffen auf metallischen Oberflächen
(Schraub-Verfahren) mithilfe von Schlagschraubern im Freien

BT 38 Lösen von geschraubten Verbindungsmitteln mit asbesthaltigen Oberflächenversiegelungen und Anstrichstoffen auf metallischen Oberflächen
(Schraub-Verfahren) mittels Schlagschrauber unter Absaugung

Kernbohrungen

BT 50 Kernbohrungen mit 42 bis 125 mm Durchmesser durch Wände mit asbesthaltigen Wandbekleidungen

BT 51 Kernbohrungen mit 42 bis 125 mm Durchmesser durch Bodenplatten und Zwischendecken aus Beton mit asbesthaltigen Bodenaufbauten

Alle neu hinzugefügten Tätigkeiten unterliegen einem niedrigen Risiko nach TRGS 910. Die dazugehörigen Schutzmaßnahmen ergeben sich aus dem jeweiligen BT-Verfahren, also dem anerkannten emissionsarmen Verfahren nach GefStoffV Anhang II Nr. 1 Abs.1 Nr. 2, der in der DGUV Information 201-012 veröffentlicht wurde.

Außerdem sind diese Qualifikationen für die o. g. Tätigkeiten erforderlich:

Verantwortliche Person im Betrieb VP-Q1: Sachkunde „niedriges Risiko“ nach Anlage 4 Abschnitt C
Aufsichtführende Person vor Ort

AF-Q1E: Qualifikation zur Anwendung anerkannter emissionsarmer Verfahren
(Grundkenntnisse + Qualifikationsmodul Q1E nach Anlage 10)

• Neues Kombinationsmodul für aufsichtsführende Personen

Ebenfalls erweitert wurde die Anlage 10 der TRGS 519. Dort gibt es nun das Kombinationsmodul „Grundkenntnisse + Q1E“. Es beschreibt die grundlegenden Anforderungen an die Qualifikation aufsichtführender Personen bei emissionsarmen Verfahren. Dabei geht es sowohl auf die theoretischen „Grundkenntnisse Asbest“ ein als auch auf die theoretischen und praktischen Bestandteile des Qualifikationsmoduls Q1E.

Das neue Kombinationsmodul enthält folgende Vorgaben:

  • Allgemeine Anforderungen
  • Inhalte der Ausbildung
    • Asbesthaltige Produkte im Arbeitsbereich
    • Gefährdungen bei Tätigkeiten mit Asbest
    • Voraussetzungen für Tätigkeiten mit Asbest
    • Anwendungsbereich des Verfahrens
    • Maßnahmen bei emissionsarmen Verfahren
    • Maßnahmen bei weiterem Asbestverdacht oder Verfahrensabweichungen
    • Praktische Übungen

Anwendungsbereich: Für wen gilt die Regel?

Die TRGS 519 wird herangezogen, wenn es darum geht, Schutzmaßnahmen für Beschäftigte festzulegen, die folgenden Tätigkeiten nachgehen:

  • Abbruch-, Sanierungs- oder Instandhaltungsarbeiten (ASI-Arbeiten) mit Asbest oder asbesthaltigen Materialien
  • Abfallbeseitigung mit Asbest
  • Tätigkeiten mit asbesthaltigen Putzen, Spachtelmassen, Fliesenklebern oder anderen bauchemischen Produkten mit vergleichbarem Asbestgehalt 

Überall dort, wo die Beschäftigten mit dem Gefahrstoff in Kontakt kommen können, sind besondere Schutzmaßnahmen erforderlich, wie sie in der TRGS 519 beschrieben sind. Dennoch hat auch die Technische Regel einen begrenzten Geltungsbereich.

So gilt die TRGS nicht für:

  • Tätigkeiten mit Rohstoffen, die potenziell asbesthaltig und mineralisch sind, sowie Arbeiten mit Gemischen aus diesen Stoffen.
    → Nähere Informationen: TRGS 517 
  • Arbeiten mit anderen Faserstäuben
    → Z. B. für Tätigkeiten mit Mineralwolle: TRGS 521

Ist die TRGS 519 Pflicht?

Die TRGS 519 erläutert die Anforderungen der GefStoffV zu Arbeiten mit Asbest. Daher können Arbeitgeber davon ausgehen, dass sie die Vorgaben der Verordnung erfüllen, wenn sie die Regelungen der TRGS einhalten. Arbeitgeber können auch eine andere Lösung zum Schutz ihrer Beschäftigten vor Gefahrstoffen wählen. In diesem Fall müssen sie jedoch beweisen können, dass sie mit ihrer Lösung die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz erreichen.

Zwar wird eine TRGS erst dann rechtlich verpflichtend, wenn in der GefStoffV ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Regel zur Anwendung kommen muss. Allerdings sind Arbeitgeber generell dazu verpflichtet, im Rahmen ihrer Gefährdungsbeurteilung die Gefährdungen festzustellen, denen Beschäftigte bei Tätigkeiten mit Asbest oder Staub von asbesthaltigen Materialien ausgesetzt sind. Ist das der Fall, müssen sie die Tätigkeiten mindestens sieben Tage vor Beginn bei der zuständigen Behörde melden. Außerdem müssen Arbeitgeber ihre Mitarbeiter bzgl. des Umgangs mit Gefahrstoffen und der Arbeit mit Asbest vorsorglich unterweisen.

Worauf Arbeitgeber bei ihrer Gefährdungsbeurteilung zu Asbest achten müssen und welche Schutzmaßnahmen notwendig sind, zeigt das Praxishandbuch „Die Gefahrstoffverordnung“. Es enthält praktische Arbeitshilfen zur Umsetzung der gesetzlichen Anforderungen und unterstützt Arbeitgeber dabei, sicher mit Gefahrstoffen am Arbeitsplatz umzugehen. 

Quellen: GMBI (vom 31.03.2022)Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA), IHK Südlicher Oberrhein

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