Recycling Baustoffe: Beton- und Straßenbau – umweltfreundlich und nachhaltig
28.04.2022 | J. Morelli – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Recycling-Baustoffe sind Sekundärrohstoffe, die aus mineralischen Bauabfällen bestehen und sowohl im Hoch- als auch Tiefbau verwendet werden. Beim Baustoff-Recycling wird anhand des Einsatzzwecks des recycelten Stoffs in drei Niveaustufen unterteilt. Ziel ist es dabei immer aus sog. Abfällen durch Recyclingprozesse Materialien und Produkte mit hoher Wertigkeit herzustellen. Dabei gilt natürlich, dass Recyclingbaustoffe (RC-Baustoffe) im Vergleich zu Primärbaustoffen abweichende Eigenschaften besitzen. Das ist je nach Einsatzart und Verwendungszweck eines RC-Baustoffes unterschiedlich und unterliegt strengen Vorgaben und Richtlinien. Welche Baustoffe können recycelt werden? In welchem Bereich kommt welcher RC-Baustoff zur Anwendung?Inhaltsverzeichnis
- Eigenschaften von Recycling-Baustoffen – Qualitätsklassen und Zusammensetzung
- Kann Beton recycelt werden? – Wichtige Normen
- Verwendung von mineralischen Recycling-Baustoffen
- Zertifizierung und Qualitätssicherung
- Fazit
Eigenschaften von Recycling-Baustoffen – Qualitätsklassen und Zusammensetzung
Sowohl beim Rück- und Umbau als auch der Sanierung von Bauwerken entsteht recyclingfähiger Bauschutt, bzw. Baustellenabfälle. Urban Mining, also die Rückgewinnung von Rohstoffen aus bestehenden Bauwerken, spielt hierbei eine immer wichtigere Rolle.Unter stärkerer Berücksichtigung der Kreislaufwirtschaft und der einzelnen Stoffkreisläufe steht nicht die Entsorgung derartiger Stoffe im Vordergrund, sondern die teils innovative Aufbereitung und Wiederverwendung – somit schließen Recycling-Baustoffe Stoffkreisläufe.
Baurestmassen oder Bauschutt bestehen meistens aus Einzelstoffen oder Gemischen der folgenden Bauprodukte:
- Beton und Mörtel
- Kies, Sand und Splitt
- Ziegel
- Kalksandstein und Keramik
Einsatzmöglichkeiten
Anhand des Einsatzzwecks werden Recycling-Baustoffe, bzw. deren Herstellung in drei unterschiedliche Kategorien unterteilt:
- Up-Cycling: Abfall wird zu hochwertigem Produkt veredelt (Altglas → Leichtzuschlag)
- Re-Cycling: Aus Abfall wird ursprüngliches Produkt hergestellt (Altglas → Behälterglas)
- Down-Cycling: Abfall wird in Anwendungen mit geringem technischen Niveau eingesetzt (Altglas als Verfüllmaterial)
Für den Straßen- und Galabau ist meistens das „klassische” Recycling einzelner Abfallprodukte von größerer Bedeutung. Dabei entstehen Produkte mit gleicher Ausgangswertigkeit, z. B. bei Keramik, Baustoff oder Schotter. Besonders beliebt ist hierbei die Verwendung zerkleinerten Altmaterials als Zuschlagstoff in Materialmischungen (z. B. bei Beton oder Asphaltmischungen).
Nichtsdestotrotz wird bereits seit vielen Jahren auch auf Downcycling zurückgegriffen: durch Altmaterialen können Schuttschichten nachhaltig ausgefüllt werden. Bei stickstoffhaltigen Stoffen bestünde zusätzlich die Möglichkeit, das Ganze als Vegetationssubstrat zu verwenden.
Eigenschaften
Wie bereits erwähnt unterscheiden sich Recycling-Baustoffe von Natur aus von Primärbaustoffen. Sie besitzen abweichende Eigenschaften, die bei der Baustoffverwendung berücksichtigt werden müssen. Zu diesen Eigenschaften gehören:
- Zusammensetzung (Materialzusammensetzung, chemische Zusammensetzung, mineralogische Zusammensetzung)
- Granulometrische Eigenschaften (Korngrößenverteilung, Kornform)
- Physikalische Merkmale (Dichte und Porositäten)
- Umwelttechnische Eigenschaften z. B. Gehalt an eluierbaren Schadstoffen
Kann Beton recycelt werden? - Wichtige Normen
Solange die wiederverwendeten Bausubstanzen den Ansprüchen bestimmter Normen und Regelungen entsprechen, steht ihrer Anwendung auch in tragenden Bauteilen als Recycling-Baustoffe nichts im Wege. Um dabei recycelten Beton verwenden zu können, müssen folgende Maßstäbe eingehalten werden:
- DIN EN 206-1
- DIN 1045-2 "Tragwerke aus Beton, Stahlbeton und Spannbeton"
- DIN 4226-100 "Gesteinskörnungen für Beton und Mörtel, Teil 100: rezyklierte Gesteinskörnungen"
- EN 12620 "Gesteinskörnungen für Beton"
- RiLi DAfStB (Deutsche Ausschuss für Stahlbeton)
R-Beton (ressourcenschonender, recycelter Beton)
Beton mit rezyklierter Gesteinskörnung (R-Beton) besteht aus einer Mischung von Zement, grober und feiner Gesteinskörnung und Wasser. In der DIN 4226-101 werden rezyklierte Gesteinskörnung, die in ihrem Durchmesser über 2 Millimeter sind entsprechend ihrer Zusammensetzung in 4 Typen unterteilt. In Beton selbst darf laut DIN EN 206-1 und DIN 1045-2 nur Gesteinskörnung der Typen 1 und 2 eingesetzt werden. Neben der Herstellung wird auch die Verwendung durch die Richtlinie für Beton mit RC-Gesteinskörnung des Deutschen Ausschusses für Stahlbeton (DAfStb) geregelt.
Einteilung in unterschiedliche Gesteinskörnungen
Die Unterscheidung zwischen feiner und grober Gesteinskörnung wird durch die Körnungsziffer k angegeben, die das Volumen der Rückstände auf dem Siebsatz unter Verwendung bestimmter Siebstärken (0,25 – 0,5 – 1 – 2 Millimeter etc.) enthält. Dabei bestimmt die D-Summe die Summe aller Siebdurchgänge mit einer einzigen Siebstärke.
Bei der feinen Gesteinskörnung darf der Korndurchmesser nicht größer oder gleich 2 Millimeter sein. Bei grober Gesteinskörnung spricht man von 2 bis 4 Millimetern Durchmesser.
Betonsplitt
Beim RC-Gesteinskrönungs-Typ 1 gilt: Mindestens 90 Prozent des Baustoffes muss aus Beton oder Naturstein bestehen. Maximal 10 Prozent dürfen Nebenbestandteile wie z. B. Ziegel oder Kalksandstein sein.
Bauwerkssplitt
Beim RC-Gesteinskörnungs-Typ 2 gilt: Mindestens 70 Prozent müssen aus Beton oder Naturstein sein. Maximal 30 Prozent aus Nebenbestandteilen.
Verwendung von mineralischen Reycling-Baustoffen
Neben der bereits angesprochenen Verwertung mineralischer RC-Stoffe als Bestandteil von R-Beton können diese als Granulat auch für den Straßen- und im Galabau eingesetzt werden. Dabei gilt: Die Nutzung derartiger Stoffe ist nur dann möglich, wenn sie in ihren bautechnischen Eigenschaften gleichwertig zu Primärbaustoffen sind.
Straßenbau
Im Straßenbau finden RC-Baustoffe ihren größten Abnehmer. Neben der Fahrbahnbettung können Granulatmischungen in zahlreichen Bauvorgängen verwendet werden, wie z. B. als Bauwerkshinterfüllungen oder für Lärmschutzwälle.
Galabau
Damit sich bestimmte Bauabfälle hinsichtlich einer biologischen Wiederverwendung eignen, müssen sie als Recycling-Baustoffe als möglicher Wachstumsboden für Vegetation dienen können. Zu den häufigsten Anwendungsarten gehören:
- Dach- und Bauwerksbegrünungen
- Baumsubstrate
- Schotterrasen
Generell eignet sich das Bruchwerk von Ziegeln aufgrund seiner vergleichsweisen hohen Porosität besonders gut. Neben dieser physikalischen Eigenschaft müssen aber noch weitere Kerneigenschaften für eine flächendeckende Verwendung gegeben sein:
✓ | Wasser- und Nährstoffspeicher |
✓ | Kornmasse und Kornfestigkeit entsprechend des Anwendungsgebiets |
Straßenpech und pechhaltige Bindemittel, bindige Böden, verwitterte oder witterungsempflindliche Gesteine: all diese Stoffe oder Stoffgruppen dürfen im Zuge einer nachhaltigen Wiederverwendung bestimmter Bauabfälle nicht als Reycling-Baustoffe verwendet werden.
Ist Recycling-Schotter frostsicher?
Mit Recycling-Schotter ist hier Betonbruch gemeint (erhärteter Beton wird gebrochen und nach Korngrößen sortiert). Die Frage nach Frostsicherheit hat meistens ihre Wurzel im Straßenbau. Dabei bilden die Kies- und Schotterbettung die Unterlage der asphaltierten Straße. Diese schichten müssen zwangsläufig kälte- und gefrierresistent sein. Wären sie das nicht, kann es zu Fahrbahnauswölbungen oder Rissen im Asphaltwerk kommen.
Damit Korngemische mit RC-Baustoff aus Betonbruch frostresistent sind - ja vielmehr als Frostschutzschicht agieren -, geben die technischen Lieferbedingungen für Gesteinskörnungen im Straßenbau (TL Gestein-StB) genau vor, wie hoch der Anteil an recyceltem Betonbruch bei bestimmten Körnungsgemischen sein darf.
Dadurch wird versucht zu gewährleisten, dass RC-Gemische ausreichende Tragfähigkeit und Raumbeständigkeit besitzen, dabei geringfügige Sieblinienverfeinerung und offensichtliche Nacherhärtungseffekte aufweisen.
Gips
Gebrauchte Gipsplatten oder andere Gipsabfälle müssen strikt getrennt aufbereitet werden, um die Gesteinskörnung nicht zu beeinflussen. Gips gehört zu denjenigen Baustoffen, deren nachhaltige Kreislaufwirtschaften einen enorm großen Anteil an Klimafreundlichkeit erreichen können. Denn beim Abbau von Primär-Gips werden regenerative Landschaften beeinträchtig oder gar zerstört.
Gips- oder Gipskartonplatten werden meist im Trockenbau verwendet – am häufigsten als nichttragende Innenwände oder abgehängte Decken. |
Da durch die Deponierung oder Mischung von anderen Reycling-Baustoffen mit Gips Umweltschäden entstehen können, ist es wichtig Gipsabfälle (z. B. Gipsplatten) vom übrigen Bauschutt zu trennen und fachgerecht zu recyceln oder entsorgen. Für das Gipsrecycling werden aber sog. Gipsrecyclinganlagen benötigt – um die Nachhaltigkeit der Bauwirtschaft voranzubringen, sind auf Bundesebene Förderprogramme für derartige Anlagen geplant.
Asphalt
Asphalt ist ein thermoplastischer Baustoff. Deswegen kann „alter” Asphalt durch Abfräsen und anschließendem Brechen problemlos wiederverwendet werden. Grundvoraussetzung für Asphaltrecycling ist aber, dass der Ausbauasphalt frei von Fremd- oder Schadstoffen ist.
Beim Recycling des Asphalts kann zwischen zwei Wiederverwertungsvorgängen unterschieden werden: der Verwendung im Asphaltmischwerk oder dem Recycling vor Ort. Bei letzterem Vorgang wird anhand sog. Heißrecycling-Verfahren die Asphaltschicht erhitzt und aufgelockert – anschließend können Neuasphalt oder Zusatzstoffe hinzugegeben werden.
Zertifizierung und Qualitätssicherung
Auf Bundesebene wird die Qualitätssicherung der Reycling-Baustoffe durch den Bundesüberwachungsverband Recycling-Baustoffe (BÜV-RB) e.V. und der Bundesgütegemeinschaft Recycling-Baustoffe e.V. betrieben. Im Alltag unterliegt die Güteüberwachung jedoch den einzelnen Branchen, bzw. deren Herstellern selbst.
Das Schüsselwort hierbei ist: güteüberwachte RC-Baustoffe. Mit einem Gütesigel werden nur diejenigen Baustoffe versehen, die alle erforderlichen Eigenschaften zur Weiterverwertung besitzen. Unter diese Charakteristika fallen vor allem die chemischen, physikalischen und biologischen Eigenschaften der Recycling-Baustoffe. Zusätzlich steht weiterhin der geplante Verwendungszweck im Vordergrund der Einschätzung.
Für die Qualitätssicherung der Sekundärbaustoffe existieren Normen und technische Regelwerke, deren Einhaltung beim Recycling stets eingehalten werden muss. Zwar ist es möglich einen Gutachter in den Wiederverwertungsprozess miteinzubeziehen, grundsätzlich obliegt dem Hersteller aber die Pflicht, für die Gleichwertigkeit im Vergleich zu Primärbaustoffen zu sorgen.
In Sachen Umweltunbedenklichkeit von RC-Stoffen liegt die Verantwortung in der Zuständigkeit der jeweiligen Bundesländer.
Qualitätssicherung beim Abbruch und Rückbau
Gelungenes Recycling beginnt bereits beim Abbruch und Rückbau. Durch bewusste Vorauswahl der Baustoffabfälle und getrennte Lagerung wird das Fundament für zeiteffizientes und qualitativ hochwertiges Baustoff-Recycling gelegt.
Fazit
Die Vorteile eines nachhaltigen Baustoffmanagements liegen auf der Hand:
- Wert- und Werkstoffrecycling schont Primärressourcen (nachhaltiges Wirtschaften)
- Recycling-Baustoffe sind in der Regel günstiger als Primär-Baustoffe (Materialpreissteigerungen)
- RC-Baustoffe sind nach Qualitätsprüfung umwelttechnisch unbedenklich (Klimaangepasstheit)
Rohstoffe wie Sand, Kies oder andere Gesteine scheinen auf den ersten Blick immer ausreichend zu Verfügung zu stehen. Doch auch deren natürliche Vorkommen haben sich im Laufe der letzten Jahrzehnte drastisch verkleinert. (Pro Kubikmeter recyceltem Baustoff wird ein Kubikmeter Primärbaustoff und ein Kubikmeter Deponieraum eingespart)
Recycling-Baustoffe zu verwenden trägt somit nicht nur zur Ressourcenschonung bei, sondern auch zum Schutz natürlicher Wasserreservoire und Böden (keine Inanspruchnahme von Böden zur Rohstoffgewinnung). Neben deren Einsatz im Hoch- und Tiefbau wurden die Einsatzmöglichkeiten in den letzten Jahren kontinuierlich vergrößert: Egal ob auf Freizeitgeländen oder im Tourismus, ob in der Landwirtschaft oder im Naturschutz – nachhaltige Baustoffe liegen im Trend und werden bestenfalls sogar staatlich bezuschusst.
Quellen: „Abbruch- und Rückbauarbeiten in der Praxis”, Bundesvereinigung Recycling-Baustoffe e.V.