Inhaltsverzeichnis
- Was ist eine Praxisabgabe?
- Wie funktioniert eine Praxisabgabe?
- Checkliste: Was muss ich bei einer Praxisabgabe beachten?
Was ist eine Praxisabgabe?
Bei der Praxisabgabe wird eine bestehende Arztpraxis in die Obhut eines neuen Arztes oder einer neuen Ärztin gegeben. Das kann unterschiedliche Gründe haben, wie z. B. Tod, Verzicht oder Entziehung der Zulassung einer Kassenärztlichen Vereinigung (KV). Diese Zulassung ist Voraussetzung dafür, dass Ärztinnen und Ärzte gesetzlich versicherte Patientinnen und Patienten behandeln dürfen.
Dabei ist die Praxisabgabe oftmals eine der schwierigsten Aufgaben im Leben einer Ärztin oder eines Arztes – nicht nur emotional. Während sie eigenen Vorstellungen erfüllen möchten, müssen sie gleichzeitig nach objektiven Gesichtspunkten den wirtschaftlichen, juristischen und steuerlich optimalen Übergang finden.
Im Rahmen eines Nachbesetzungsverfahrens kommen u. a. folgende Fragen auf:
- Wer eignet sich für die Nachfolge?
- Wie hoch ist der Verkaufswert meiner Praxis?
- Was passiert mit den Patientendaten bei der Praxisabgabe?
- Wird das bisherige Praxispersonal von der Nachfolgerin oder dem Nachfolger übernommen?
Das zeigt, dass der Prozess hinter der Praxisabgabe sehr komplex sein kann. Daher sollten sich abtretende Ärztinnen und Ärzte umfangreich auf den Praxisverkauf vorbereiten. Hilfe erhalten sie z. B. mit dem Handbuch „Die optimale Regelung der Praxisnachfolge“. Es enthält eine Vielzahl unterschiedlicher Checklisten, Musterverträge und weiterer Arbeitshilfen, die die Organisation der Praxisabgabe vereinfachen.
Wie läuft eine Praxisabgabe ab?
Von der Praxisabgabe sind verschiedene rechtliche Bereiche betroffen – etwa vertragsärztliche, datenschutzrechtliche und steuerliche Aspekte. Daher sollte die Planung der Praxisabgabe in jedem Fall früh genug beginnen. Ideal ist ein Zeitraum von vier oder fünf Jahren vor der tatsächlichen Übergabe. So bleibt genug Zeit, alle wesentlichen Punkte zu klären.
Zur Vorbereitung der Praxisabgabe eignet sich z. B. folgender Ablauf:
1. Ist-Zustand und Attraktivität ermitteln
Was macht die Praxis für nachfolgende Ärztinnen und Ärzte attraktiv? Bei dieser Überlegung sollte das gesamte Umfeld betrachtet werden. Hierzu gehören Faktoren wie:
- Standort
- Wettbewerbssituation
- Strukturwandel in näherer Zukunft
- Erweiterungspotenzial der Räumlichkeiten
- Patientenbestand und -struktur
Bemerken Praxisbesitzer hier Defizite oder Nachteile, können sie diese mit genug Vorlauf (wenigstens teilweise) bis zur finalen Übergabe ausgleichen. Denn insbesondere im ländlichen Bereich arbeiten viele Ärztinnen und Ärzte bis ins hohe Alter, weil sie keine Praxisnachfolge finden. Daher ist die Ermittlung des Ist-Zustands und der Attraktivität der Praxis ein entscheidender erster Schritt zur Praxisabgabe.
2. Praxiswert berechnen
Der Verkaufswert einer Praxis wird anhand materieller und ideeller Faktoren bestimmt. Dadurch bringt jede Praxis andere Rahmenbedingungen mit sich, weshalb sich auch der Wert einer Praxis nicht pauschal ermitteln lässt.
Daher kann es für die Praxisabgabe helfen, bestimmte Software und Tools zu nutzen, die den bestmöglichen Wert für den Praxisverkauf bestimmen. Ein solches Bewertungstool speziell für Arztpraxen enthält z. B. die Software „Unternehmensbewertung direkt“. Sie bietet vorbereitete Schemata sowie fertige Eingabemasken und Mustergutachten. Außerdem gibt sie Tipps zur Wertermittlung einer Arztpraxis.
Unabhängig vom gewählten Tool ist wichtig, dass der ermittelte Wert in Relation zur jeweils vorherrschenden Angebots- und Nachfragesituation auf dem Markt gesetzt wird. So kann in strukturschwachen Gebieten die mangelnde Nachfrage den Preis drücken, während der Preis in Ballungszentren mit einem Angebotsüberschuss deutlich höher ausfallen könnte als ursprünglich berechnet.
3. Individuelle Strategie entwickeln
Ärztinnen und Ärzte, die eine Praxisabgabe planen, sollten sich auf Grundlage der vorherigen Überlegungen eine Strategie für die Praxisabgabe überlegen. Denn je geringer das Übernahmerisiko für die nachfolgenden Ärztinnen und Ärzte ausfällt, desto eher sind sie bereit, den geforderten Preis zu bezahlen.
→ Anregungen und Hinweise zur Entwicklung einer Abgabestrategie finden Ärztinnen und Ärzte im Handbuch „Die optimale Regelung der Praxisnachfolge“.
4. Nachfolgerin oder Nachfolger finden
Ein weiterer wesentlicher Punkt der Praxisabgabe ist die Suche nach einem Nachfolger oder einer Nachfolgerin. Wird niemand passendes gefunden, muss die Praxis u. U. geschlossen werden. Daher sollten sich ausscheidende Ärztinnen und Ärzte frühzeitig auf die Nachfolgesuche begeben.
Hier ist zu beachten, ob sich die Praxis in einem offenen oder geschlossenen Planungsbereich befindet. So können ggf. spezielle Zulassungssperren gelten, die bei der Praxisabgabe beachtet werden müssen.
Offener Planungsbereich |
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Geschlossener Planungsbereich |
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Eine passende Nachfolge wird z. B. häufig in der eigenen Familie gesucht, wenn es hier Familienmitglieder mit entsprechender Qualifikation gibt. Andernfalls können ausscheidende Ärztinnen und Ärzte auf ihr eigenes Netzwerk zurückgreifen oder spezielle Praxismaklerbüros beauftragen.
Spätestens in dieser Phase der Praxisabgabe muss der Arzt diese Aspekte berücksichtigen:
- Zulassungs- bzw. Teilzulassungsentzug
- Übertragung der laufenden Verträge
- Personalmanagement der derzeitigen Beschäftigten der Praxis
- Patientendaten der bisher behandelten Patientinnen und Patienten
Damit die Nachfolgenden eine Zulassung für die ausgeschriebene Praxis erhalten, müssen die ausscheidenden Ärztinnen und Ärzte ihre Zulassung ausschreiben. Der Nachfolger kann sich dann auf die ausgeschriebene KV-Zulassung bewerben, einen Zulassungsantrag stellen und somit zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen werden.
Hinweis: Der Zulassungsausschuss, der für die Erteilung der Zulassung zuständig ist, kann die Zulassung auch ablehnen. Deshalb sollten Ärztinnen und Ärzte im Vorfeld der Praxisabgabe bei der KV die Lage in einer vertraulichen Vorverständigung sondieren. Dies sollte schriftlich erfolgen. In bestimmten Fällen ist die Nachfolgerin oder der Nachfolger privilegiert (Kinder, Ehepartner, etc.). Dann darf der Ausschuss den Ausschreibungsantrag nicht ablehnen.
5. Übernahmevertrag aufsetzen und Praxisabgabe abschließen
Sobald eine passende Nachfolge gefunden wurde, sollte der dazugehörige Übernahme- bzw. Kaufvertrag erstellt werden. Ein passendes Muster für einen solche Vertrag gibt es in der Software „Die optimale Regelung der Praxisnachfolge“.
Nach Vertragsabschluss müssen ausscheidende Ärztinnen und Ärzte noch verschiedene Parteien über den Praxisverkauf informieren. Hierzu gehören insbesondere:
- Kassenärztliche Vereinigung
- Ärztekammer
- Kommune
- Vertragspartnerinnen und Vertragspartner
Auch die Beschäftigten sowie die Patientinnen und Patienten sollten rechtzeitig über den Inhaberwechsel informiert werden. Die Belegschaft sollte möglichst persönlich davon in Kenntnis gesetzt werden, bei den Patientinnen und Patienten kann notfalls ein entsprechendes Patientenanschreiben genutzt werden.
Übernahme des Praxispersonals
Gemäß § 613 a BGB müssen bei einer Praxisabgabe alle Arbeitsverträge übernommen werden. Denn der Praxisverkauf gilt rechtlich als Betriebsübergang. Die Beschäftigten dürfen der Übernahme widersprechen, die neue Ärztin bzw. der neue Arzt hat jedoch kein gesondertes Kündigungsrecht.
Aufbewahrung der Patientenakten
Alle bisher gesammelten Gesundheitsdaten dürfen nur nach Einwilligung der Patientinnen und Patienten an die Nachfolge übergeben werden. Andernfalls erfolgt ein Verstoß gegen die ärztliche Schweigepflicht, was wiederum rechtliche Ansprüche von Seiten der Patientinnen und Patienten ermöglicht.
→ Nähere Informationen zum Datenschutz in Arztpraxen bietet das „Datenschutz-Paket für das Gesundheitswesen“.
Zur weiteren Vorbereitung der Praxisabgabe bietet der folgende Abschnitt noch eine passende Checkliste.
Was muss ich bei einer Praxisabgabe beachten? – Checkliste
Um sich optimal auf die Praxisabgabe vorzubereiten, zeigt die folgende Checkliste noch einmal die wichtigsten Punkte, die beim Praxisverkauf und Nachbesetzungsverfahren zu beachten sind.
Checkliste: Praxisabgabe und Praxisverkauf | |||
Prüffragen | Ja | Nein | Umsetzungsfrist |
Haben Sie ein detailliertes Sollprofil an potenzielle Interessenten erstellt? Es sollte die fachlich medizinischen, sozialen und unternehmerischen Anforderungen genaue definieren. | ❏ | ❏ | |
Wurden geeignete Bewerberinnen und Bewerber kontaktiert? | ❏ | ❏ | |
Haben Sie ein einvernehmliches Wertermittlungsverfahren für die Feststellung des Praxiswerts bestimmt und einen konkreten Kaufpreis für die Praxis festgelegt? | ❏ | ❏ | |
Wurde ein Kaufvertrag vorformuliert, indem alle enthaltenen Regelungen eindeutig formuliert sind? | ❏ | ❏ | |
Haben beide Seiten den Kaufvertrag unterzeichnet? | ❏ | ❏ | |
Haben Sie das Nachbesetzungsverfahren für den Vertragsarztsitz beantragt? | ❏ | ❏ | |
Gab es eine Ausschreibung des Vertragsarztsitzes durch den ZA und gab es eine positive Entscheidung bzgl. der Nachfolge? | ❏ | ❏ | |
Wurde das Einverständnis der Patientinnen und Patienten eingeholt, um ihre Gesundheitsdaten weitergeben zu dürfen? | ❏ | ❏ | |
Wurde die Praxis gemäß der vertraglichen Bestimmungen übergeben? | ❏ | ❏ | |
Haben Sie eine überleitende Tätigkeit von Ihrer Seite mit der Nachfolgerin bzw. dem Nachfolger vereinbart? | ❏ | ❏ |
Eine noch ausführlichere Checkliste zur Praxisabgabe und weitere Arbeitshilfen gibt es in der Software „Die optimale Regelung der Praxisnachfolge“. Sie enthält z. B. Muster für den Praxisübernahmevertrag, Arbeitsverträge für Beschäftigte und Hinweise zu Aufbewahrungsfristen von Patientenunterlagen. Damit erleichtern sich ausscheidende Ärztinnen und Ärzte die anstehende Praxisabgabe.
Quellen: „Die optimale Regelung der Praxisnachfolge“, ärzteblatt.de, allgemeinarzt-online.de, Virchowbund – Verband der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte Deutschlands e.V.