Low Performer: Definition, Kündigung und arbeitsrechtliche Vorgaben für Arbeitgeber

05.08.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Leistet ein Arbeitnehmer längerfristig nicht die von ihm geforderte Arbeitsleistung, kann das zu Spannungen und nicht zuletzt zu finanziellen Einbußen des Unternehmens führen. Solche sog. „Low Performer“ erfordern vom Arbeitgeber besonderes Taktgefühl und sollten keinesfalls direkt abgemahnt oder gekündigt werden. Doch kann man Low Performer überhaupt kündigen, ohne das geltende Arbeitsrecht zu verletzen? Welche Alternativen gibt es und welche Ursachen können hinter einer solchen Low Performance stecken?

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist ein Low Performer? – Definition und Bedeutung
  2. Low Performer erkennen: Mögliche Ursachen für die Schlechtleistung
  3. Maßnahmen bei Low Performern: Abmahnung und Kündigung
  4. Fazit: Wie geht man mit Low Performern um?

Was ist ein Low Performer? – Definition und Bedeutung

Der Begriff Low Performer kommt aus dem Englischen und bedeutet auf Deutsch übersetzt „Wenig-Leister“ oder „Minder-Leister“. Gemeint sind Beschäftigte, deren Arbeitsleistung (performance) über einen längeren Zeitraum unter den Erwartungen und Durchschnittsleistungswerten liegt (low). Eine arbeitsrechtlich eindeutige Definition für den Begriff gibt es allerdings bisher nicht.

Dennoch lässt sich Low Performance grob in drei Kategorien unterteilen: 

Art der Low Performance Bedeutung
1. Nichtleistung Der Arbeitnehmer erbringt nicht die Leistung, die er laut Arbeitsvertrag schuldig ist.
→ Beispiel: Er kommt unentschuldigt zu spät zur Arbeit oder geht zu früh wieder nach Hause.
2. Qualitative Schlechtleistung Eine qualitative Schlechtleistung liegt vor, wenn der Arbeitnehmer zwar das geforderte Volumen an Arbeit erbringt, jedoch die Qualität der Arbeit stark nach unten abweicht. 
3. Quantitative Schlechtleistung Wenn der Arbeitnehmer im Vergleich mit seinen Kollegen zwar eine qualitativ gute Leistung erbringt, er jedoch quantitativ deutlich weniger leistet, liegt eine quantitative Schlechtleistung vor.

Das Pendant zum Low Performer ist der sog. High Performer. Er erbringt überdurchschnittliche Leistungen und ist meist ein Gewinn für jedes Unternehmen. Aber wie kommt es überhaupt zu Low Performern im Team?

Low Performer erkennen: Mögliche Ursachen für die Schlechtleistung

Um Low Performer zu erkennen, müssen Personalverantwortliche zunächst die mögliche Ursachen für dereb Verhalten ermitteln. Dabei sollten sie zuerst prüfen, ob interne Fehlerquellen vorliegen. Dazu sollten diese Fragen geklärt werden:

  • Werden Arbeitsanweisungen verständlich und deutlich an Mitarbeiter weitergegeben?
  • Wurde definiert, wie Arbeitsabläufe auszusehen haben und was eine „gute“ bzw. „nicht mehr befriedigende“ Leistung ist?
  • Gibt es messbare Faktoren im Arbeitsablauf?

Solche Kriterien zu benennen und zu bewerten, ist für Personalverantwortliche sehr mühsam. Dennoch sollte eine gewisse Art von Qualitätsmanagement vorhanden sein. Dies können z. B. Arbeitsproben oder Vorlagen sein, an denen sich Mitarbeiter orientieren können.

Dabei können die möglichen Ursachen sowohl im privaten als auch im beruflichen Umfeld liegen.

Ursache Tipps zum Umgang mit Low Performern
Krankheit

Ist die Schlechtleistung des Arbeitnehmers durch eine Krankheit bedingt (hierzu zählen auch Depressionen oder Burnout), können schnell erste Maßnahmen ergriffen werden.

So kann schon eine Krankschreibung in Einverständnis mit dem Arbeitgeber, eine Kur oder ein längerer Urlaub helfen, die Leistung wieder zu steigern. Auch die Verringerung der Arbeitszeit, die zunächst auf einen bestimmten Zeitraum befristet werden kann, kann in diesem Fall eine Lösung sein

Schwerbehinderung

Auch eine Schwerbehinderung am Arbeitsplatz kann der Grund für eine Schlechtleistung sein. Hier besagt die Auskunftspflicht des Arbeitnehmers, dass er bei der Einstellung nicht dazu verpflichtet ist, dem Arbeitgeber Auskunft über eine schwere Behinderung oder Krankheit zu erteilen. Dies ist nur verpflichtend, wenn die Behinderung direkte Auswirkungen auf die ausgeübte Tätigkeit hat.

Erst nach 6-monatigem Bestand des Arbeitsverhältnisses darf der Arbeitgeber laut Arbeitsrecht nach einer Schwerbehinderung fragen.

Arbeitsplatz und Arbeitsaufgabe

Das Verhalten eines Low Performers kann auch auf veraltete oder defekte Arbeitsmittel zurückzuführen sein. Lärm oder Schmutz können auf Dauer das Leistungsvermögen senken. Aber auch unzureichendes Arbeitsmaterial begünstigen eine Low Performance. So kann z. B. das Thema Ergonomie am Arbeitsplatz das Wohlbefinden und damit die Arbeitsleistung beeinflussen.

Gleichzeitig neigen sowohl überforderte wie unterforderte Mitarbeiter zur Low Performance. Da Überforderung und Unterforderung Teil der ergonomischen Arbeitsorganisation sind, können geeignete Maßnahmen in der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) nachgeschlagen werden. So sollten Arbeitgeber ggf. über eine eventuelle Neuverteilung der Aufgaben des Low Performers nachdenken, um den Beschäftigten wieder ausreichend zu fordern.

Mobbing Fühlt sich ein Mitarbeiter täglichen Anfeindungen durch Kollegen oder Vorgesetzten ausgesetzt, sinkt meistens sein Ehrgeiz und damit seine Leistung. Falls Mobbing die Ursache ist, muss der Arbeitgeber zügig eingreifen, da er hier eine Fürsorgepflicht gegenüber seinem Mitarbeiter zu erfüllen hat.

Persönliche oder verhaltensbedingte Gründe

Oftmals liegt der Grund für abfallende Leistung im privaten Umfeld des Mitarbeiters (Todesfall, Scheidung o. Ä.). Abmahnungen oder die Androhung einer Kündigung sind hier der falsche Weg. Vielmehr sollten Personalverantwortliche ein behutsames Gespräch suchen und gemeinsam mit dem Mitarbeiter eine Lösung finden. In diesem Fall bietet sich ebenfalls Urlaub oder eine Krankschreibung an. 

Arbeitsrechtliche Sanktionen kommen dagegen durchaus in Betracht, wenn die Schlechtleistung in der inneren Einstellung des Arbeitnehmers begründet ist. Das ist der Fall, wenn dieser eine negative Einstellung zur Arbeit hat und generell eine Unlust empfindet. 

Fehlende Sachkenntnis

Ist fehlende Sachkenntnis des Mitarbeiters der Grund für verminderte Leistung, muss der Arbeitgeber zunächst Schulungsmaßnahmen in Betracht ziehen.

Liegen eine oder sogar mehrere der o. g. Ursachen vor, können Arbeitgeber daran möglicherweise einen Low Performer erkennen. In jedem Fall sollten Arbeitgeber und Personalverantwortliche umgehend Maßnahmen ergreifen, wenn sie eine Low Performance bei einem Kollegen feststellen.

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Burnout oder andere Erkrankungen können ein Grund für die Schlechtleistung von Low Performern sein. Besonders in solchen Fällen sollten Arbeitgeber einfühlsam auf den Arbeitnehmer eingehen und gemeinsam eine Lösung finden. (Bild: © Rido – stock.adobe.com)

Maßnahmen bei Low Performern: Abmahnung und Kündigung

Nachdem eine mögliche Ursache für den plötzlichen Leistungsabbau eines Mitarbeiters analysiert wurde, muss der Vorgesetzte geeignete Maßnahmen bestimmen. Die häufigste Reaktion ist der Wunsch nach einer direkten Trennung von diesem Mitarbeiter, etwa durch eine Kündigung. Allerdings können je nach Ursache andere Maßnahmen nicht nur effektiver, sondern auch kostensparender sein.

Der folgende Abschnitt gibt eine Übersicht über mögliche Maßnahmen, um mit Low Performern umzugehen.

• Mitarbeitergespräch

In nahezu allen Fällen ist der erste Schritt das Mitarbeitergespräch. Hier kann der Mitarbeiter direkt Stellung nehmen. Es kann sich im Gespräch aber auch ergeben, dass dem Arbeitnehmer selbst seine abfallende Leistung gar nicht aufgefallen ist. 

Im Gespräch können dem Low Performer die Folgen seiner Schlechtleistung für das Unternehmen aufgezeigt werden. In den meisten Fällen löst das ein Umdenken beim Beschäftigten aus, sodass auf weitere Sanktionen verzichtet werden kann. 

• Versetzung 

Ist der konkrete Arbeitsplatz oder die Arbeitsaufgabe Grund für die Schlechtleistung, kommt eine Versetzung des betroffenen Mitarbeiters infrage. Gemäß § 95 Betriebsverfassungsgesetz (BetrVG) meint Versetzung die Zuweisung eines anderen Arbeitsplatzes, die länger als einen Monat andauert und mit erheblichen Änderungen der Umstände verbunden ist. 

Die Versetzung kann – je nachdem, wie Tätigkeit und Arbeitsplatz im Arbeitsvertrag konkretisiert wurden – gemäß § 106 Gewerbeordnung (GewO) durch das Weisungsrecht des Arbeitgebers begründet sein. Wurde im Vertrag ein konkret bezeichneter Arbeitsplatz festgelegt, kann die Versetzung nur noch mittels einer Änderungsvereinbarung oder einer Änderungskündigung erfolgen. 

Hinweis: Ist Mobbing die Ursache, sollte die Zustimmung des Mitarbeiters eingeholt werden, bevor er versetzt wird.

• Abmahnung

Können alle Ursachen ausgeschlossen werden, die der Mitarbeiter nicht selbst steuern kann, kommt als erste Sanktionsstufe die Abmahnung in Betracht. Um jedoch überhaupt eine Abmahnung aufgrund einer Minderleistung aussprechen zu können, muss die vom Arbeitnehmer geschuldete Leistung im Vertrag soweit konkretisiert sein, dass sie objektiv betrachtet werden kann. 

Da eine Abmahnung immer mit der Androhung einer Kündigung verbunden ist, kann als Vorstufe auf eine schriftliche Ermahnung zurückgegriffen werden, die diese Androhung nicht enthält.

• Kündigung 

Viele Arbeitgeber stellen sich häufig die Frage „Kann man Low Performer kündigen?“. Die kurze Antwort: Ja, eine Kündigung wegen Low Performance ist möglich. Waren alle bisher Maßnahmen wie Mitarbeitergespräche, Abmahnung usw. unwirksam, sollte eine Kündigung ausgesprochen werden.

Bei Low Performern kommt sowohl die personenbedingte als auch die verhaltensbedingte Kündigung infrage.

Begründung für eine personenbedingte Kündigung

Die personenbedingte Kündigung kann mit einem groben Missverhältnis zwischen Leistung des Arbeitgebers (Lohnzahlung) und Gegenleistung des Arbeitnehmers (Arbeitsleistung) begründet werden. Die Minderleistung muss jedoch so erheblich sein, dass die durchschnittliche Leistung (vergleichbarer Mitarbeiter) um ein Drittel unterschritten wird. Darüber hinaus ist für die personenbedingte Kündigung eine negative Zukunftsprognose erforderlich. 

Ist eine Krankheit der Grund für verminderte Leistung, muss die Beeinträchtigung der betrieblichen sowie wirtschaftlichen Interessen des Arbeitgebers dargelegt werden, um eine personenbedingte Kündigung aussprechen zu können. 

Begründung für eine verhaltensbedingte Kündigung

Einer verhaltensbedingten Kündigung muss ein Fehlverhalten des Arbeitnehmers vorausgehen, das ihm vorgeworfen werden kann. Allerdings muss der Arbeitgeber beweisen, dass der Mitarbeiter willentlich schlechte Leistung erbringt.

Dank der abgestuften Darlegungs- und Beweislast, die das Bundesarbeitsgericht hier zulässt, reicht es zunächst aus, wenn der Arbeitgeber die Schlechtleistung anhand messbarer objektiver Arbeitsergebnisse nachweisen kann. Messbar wird die Arbeitsleistung im Vergleich zur Leistung anderer Mitarbeiter. Erst bei einer deutlichen Abweichung nach unten wäre die Low Performance dargelegt.  Natürlich darf der Low Performer nicht mit dem leistungsstärksten Mitarbeiter verglichen werden. 

Hat der Arbeitgeber alle Hinweise auf eine Minderleistung dargelegt, kann der Arbeitnehmer diese bestreiten. Er muss aber auch erklären, dass und wie mit einer Verbesserung seiner Leistung zu rechnen ist. Gelingt ihm das ausreichend, trifft den Arbeitgeber wieder die volle Beweislast.

Kündigung während der Probezeit

Eine Probezeit sollte aus Beweisgründen immer schriftlich festgehalten werden. Wurde keine Probezeit vereinbart, gibt es einen Notanker. Dann sollte möglichst noch vor Ablauf der „Wartezeit“ von sechs Monaten gekündigt werden, sodass das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) noch nicht greift. Gibt es einen Betriebsrat, muss dieser an diesem Prozess beteiligt werden.

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Eine Kündigung sollte immer der letzte Ausweg sein, um mit Low Performern zurechtzukommen. Meist sind andere Maßnahmen zeit- und kostensparender. (Bild: © Antonioguillem – stock.adobe.com)

Fazit: Wie geht man mit Low Performern um?

Besteht bei einem Kollegen oder Teammitglied der Verdacht auf einen Low Performer, sollten sich dieser und sein Vorgesetzter zunächst zu zweit zusammensetzen und über die aktuelle Situation beraten. Gibt es konkrete Gründe für die aktuelle Schlechtleistung des Arbeitnehmers? Hat er unerfüllte Wünsche oder Sorgen, die zu der Low Performance geführt haben? Meist hilft so ein Mitarbeitergespräch bereits, das Arbeitsverhältnis wieder in die richtige Bahn zu lenken.

Hilft das nicht, haben Arbeitgeber die Möglichkeit, eine Abmahnung oder Versetzung zu veranlassen. Im Ernstfall ist sogar eine Kündigung des Low Performers erlaubt, was jedoch mit einem erheblichen Aufwand verbunden ist. Zusätzlich ist die Suche nach neuen Mitarbeitern und deren Einarbeitung teils sehr zeit- und kostenintensiv. Daher sind Arbeitgeber i. d. R. besser beraten, erst einmal andere Maßnahmen zu ergreifen. 

Um dabei auch arbeitsrechtlich auf der sicheren Seite zu sein, sollten sich Arbeitgeber, Führungskräfte und andere Personalverantwortliche mit der aktuellen Rechtsprechung im Arbeitsrecht auskennen. 

Quelle: „Themenbrief Arbeitsrecht“