ASR A2.3 „Fluchtwege und Notausgänge, Flucht- und Rettungsplan“: Aktuelle Vorgaben zum betrieblichen Brandschutz
28.03.2022 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Damit im Brand- oder Gefahrenfall alle anwesenden Personen ein Gebäude schnellstmöglich verlassen können, muss jeder Betrieb geeignete Fluchtwege vorweisen sowie einen entsprechenden Flucht- und Rettungsplan erstellen. Die ASR A2.3 schreibt hierzu konkrete Regelungen vor, die Arbeitgebern und Brandschutzverantwortlichen helfen, die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Sie wurde zuletzt am 18.03.2022 umfangreich überarbeitet. Für welche Bereiche gilt die ASR A2.3? Wie breit müssen Flucht- und Rettungswege sein und welche Ziele werden mit Erstellung der ASR verfolgt?
Inhaltsverzeichnis
- Für welche Bereiche gilt die ASR A2.3?
- Länge und Breite von Flucht- und Rettungswegen
- Länge und Breite von Treppen auf Fluchtwegen
- Weitere Vorgaben der ASR A2.3
- So muss der Flucht- und Rettungsplan aussehen
- Welche Ziele werden mit Erstellung der ASR A2.3 verfolgt?
- ASR A2.3 aktuell: Welche Fassung gilt derzeit?
Achtung:
Diese ASR beinhaltet seit März 2022 auch einige Vorgaben aus der ASR A3.4/7. Letztere wurde am 18.03.2022 offiziell vom BMAS aufgelöst, da sie teils widersprüchliche bzw. unklare Angaben zur Sicherheitsbeleuchtung auf Fluchtwegen und der Allgemeinbeleuchtung enthielt.
Dadurch wurde die bisherige Bezeichnung der ASR A2.3 umbenannt in „Fluchtwege und Notausgänge“, der Teil „Flucht- und Rettungsplan“ entfällt künftig. Außerdem wurden die Begriffe „erster“ und „zweiter Fluchtweg“ umbenannt in „Haupt-“ und „Nebenfluchtweg“.
Für welche Bereiche gilt die ASR A2.3?
Die Technische Regel für Arbeitsstätten (auch „Arbeitsstättenregel“, ASR) A2.3 umfasst folgenden Anwendungsbereich:
Gilt für... | Gilt nicht für...* |
|
|
*Liegen im Einzelfall vergleichbare Verhältnisse vor, können Betriebe auch die hierfür zutreffenden Hinweise der Arbeitsstättenregel nutzen. Andernfalls müssen Arbeitgeber spezifische Maßnahmen festlegen, mit denen sie die erforderliche Sicherheit ihrer Beschäftigten im Gefahrenfall sicherstellen.
Zudem gilt wie bei jeder Arbeitsstättenregel: Zwar müssen sich Arbeitgeber und Brandschutzverantwortliche nicht zwingend an die Angaben der ASR A2.3 halten. Allerdings müssen sie im Gegenzug andere Maßnahmen festlegen, mit denen sie mindestens die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz der Beschäftigten sicherstellen. Befolgen Betriebe hingegen die Regelungen der ASR, erfüllen sie i. d. R. bereits die gesetzlichen Bedingungen und müssen keine zusätzlichen Schutzmaßnahmen ergreifen.
Aus der ASR A3.4/7 übernimmt die Technische Regel folgende Inhalte:
- Beispiele für Arbeitsstätten, die eine Sicherheitsbeleuchtung, ggf. ein optisches Sicherheitsleitsystem für Fluchtwege und Notausgänge benötigen.
- Sicherheitsbeleuchtung und optische Sicherheitsleitsysteme:
- Lichttechnische Anforderungen
- Hinweise zu Betrieb, Instandhaltung und Prüfung
→ Genauere Informationen zu den übernommenen Inhalten der ASR A3.4/7 beschreibt dieser Beitrag.
Außerdem sind der ASR A2.3 u. a. konkrete Maße für Flucht- und Rettungswege vorgegeben. Sie beschreiben die maximal erlaubte Länge und mindestens notwendige Breite der Wege.
Treppen können u. U. auch Teil des Fluchtwegs sein, verzögern jedoch im Gefahrenfall die Geschwindigkeit, mit der die anwesenden Personen das Gebäude verlassen können. Daher gibt es auch hierfür konkrete Vorgaben in der ASR A2.3. Bild: © Artur Golbert – stock.adobe.com |
Länge und Breite von Flucht- und Rettungswegen
Zunächst sind die Anforderungen des Bauordnungsrechts der jeweiligen Länder zu beachten. So müssen Arbeitgeber ggf. weitergehende Anforderungen an Fluchtwege und Notausgänge aus der ASR A2.3 erfüllen. Davon betroffen ist z. B. die Frage, ob ein Nebenfluchtweg (ehemals „zweiter Fluchtweg“) im Gebäude notwendig ist oder nicht.
Des Weiteren beeinflussen folgende Faktoren, wie lang und breit die Flucht- und Rettungswege sein müssen:
- vorhandene Gefährdungen
→ damit verbundene maximale Länge der Fluchtwege - Lage und Größe des Raums
- bei der Gefährdungsbeurteilung zu berücksichtigen:
- maximale Anzahl anwesender Personen
- Anteil ortsunkundiger Personen
Aber welche konkrete Maße beinhaltet die ASR A2.3?
Wie breit müssen Flucht- und Rettungswege sein?
Die Mindestbreite der Fluchtwege ergibt sich aus der höchstmöglichen Anzahl der Personen, die den Fluchtweg im Gefahrenfall benutzen müssen. In der Praxis bedeutet das:
Anzahl der Personen (Einzugsgebiet) | mindestens geforderte lichte Breite |
bis max. 5 | 0,90 m |
bis max. 20 | 1,00 m |
bis max. 200 | 1,20 m |
bis max. 300 | 1,80 m |
bis max. 400 | 2,40 m |
Zusätzlich gibt es davon abweichende Vorgaben für Fluchtwege aus besonderen Bereichen.
Besonderer Bereich | mindestens geforderte lichte Breite |
Gänge zu persönlich zugewiesenen Arbeitsplätzen | 0,60 m |
Nebengänge von Lagereinrichtungen zur ausschließlichen Be- und Entladung von Hand | 0,75 m |
Türen von Toilettenzellen und Toilettenräumen mit einer Toilette (ASR A4.1 „Sanitärräume“) |
0,55 m |
Außerdem gelten folgende Vorgaben:
- Die Mindestbreite darf nicht verringert werden durch Einbauten, Einrichtungen und Türen, die sich in Richtung des Fluchtwegs öffnen lassen. Türen dürfen die Breite des Fluchtwegs um maximal 0,15 m verengen.
- Bei einem Einzugsgebiet bis 5 Personen muss die lichte Breite in jedem Fall mindestens 0,80 m betragen.
- Die lichte Höhe über Fluchtwegen muss mindestens 2,00 m entsprechen, darf jedoch durch Türen um maximal 0,05 m verringert werden.
Beim Ausmessen der Breite von Türen, Fluren und Treppen müssen auch die Räume sowie besonders gekennzeichnete Verkehrswege berücksichtigt werden, die zum Fluchtweg führen. Insgesamt muss die Breite der Türen, Fluren und Treppen aufeinander abgestimmt sein.
Wie lang müssen Flucht- und Rettungswege sein?
Generell muss die Länge der Rettungswege möglichst kurz sein. Außerdem darf die tatsächliche Länge des Laufwegs nicht größer sein als das 1,5-fache der Länge des Fluchtwegs. So dürfen Flucht- und Rettungswege, je nach Raumnutzung bzw. Raumart, maximal folgenden Wert betragen:
Raumart bzw. Nutzung | maximal erlaubte Länge |
Räume ohne oder mit gewöhnlicher Brandgefährdung* | 35 m |
Räume mit erhöhter Brandgefahr mit selbstständigen Feuerlöscheinrichtungen* | 35 m |
Räume mit erhöhter Brandgefahr ohne selbstständige Feuerlöscheinrichtungen* | 25 m |
giftstoffgefährdete Räume | 20 m |
explosionsgefährdete Räume | 20 m |
explosivstoffgefährdete Räume | 10 m |
*Bei Fluchtwegen für diese Räume oder bei Rettungswegen dürfen die Wege ggf. länger sein, wenn das jeweilige Bauordnungsrecht des Landes einen höheren Wert als die ASR A2.3 erlaubt.
Näheres zu den Begriffsbestimmungen der einzelnen Brandgefährdungen enthält die ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“. Welche Regelungen für zweite bzw. Nebenfluchtwege gelten, zeigt der Beitrag „Zweiter Flucht- und Rettungsweg – Anforderungen und Vorschriften“.
Länge und Breite von Treppen auf Fluchtwegen
Da im ersten Fluchtweg bzw. Hauptfluchtweg von mehrstöckigen Gebäuden meistens Treppen enthalten sind, sollten auch hierfür bestimmte Punkte eingehalten werden. So müssen Treppen, die im Hauptfluchtweg liegen, immer gerade Verläufe beinhalten. Dadurch dürfen keine Wendel- und Spindeltreppen im Verlauf des Fluchtwegs enthalten sein.
Gebogene Treppenverläufe sind nur zulässig, wenn sie diese Bedingungen einhalten:
- Lichte Breite: maximal 1,40 m
- Innendurchmesser: mehr als 2,00 m
- Gleiche Stufenabmessungen
Des Weiteren sollten die Treppenverläufe nach ASR A2.3 folgende Anforderungen erfüllen:
Personenzahl pro Ebene | Mindestbreite von Treppen und anschließenden Hauptfluchtwegen | Mindestbreite von Durchgängen und Türen im Verlauf von nach der Treppe anschließenden Hauptfluchtwegen |
bis 30 | 1,00 m | 0,90 m |
bis 40 | 1,20 m | 1,05 m |
bis 50 | 1,40 m | 1,25 m |
bis 60 | 1,80 m | 1,65 m |
bis 70 | 2,40 m | 2,25 m |
Fahrsteige, Fahrtreppen sowie Steigleitern und Steigeisengänge sind im Verlauf von Hauptfluchtwegen nicht zugelassen.
Weitere Vorgaben der ASR A2.3
Zur Ausführung der arbeitsschutzrechtlichen Vorgaben gibt die Arbeitsstättenregel diese Punkte vor:
Betroffener Bereich | Vorgaben der ASR A2.3 |
allgemein |
|
Flucht- und Rettungswege |
|
Notausgänge |
|
Sicherheitsbeleuchtung |
|
Türen |
|
Unterweisung |
|
Evakuierungsübung |
|
Neben Angaben zu Flucht- und Rettungswegen beschreibt die ASR A2.3 den Aufbau und die Verwendung betrieblicher Flucht- und Rettungspläne.
So muss der Flucht- und Rettungsplan aussehen
Wie ein ordnungsgemäßer Flucht- und Rettungsplan aussehen muss, zeigt die Online-Software „Fluchtplan Manager“. Sie ermöglicht das normgerechte Erstellen und Planen von Feuerwehr-, Flucht- und Rettungsplänen. Aber auch bereits erstellte Pläne lassen sich mit der Software aktualisieren und neuen Gegebenheiten im Betrieb anpassen. Das ist in drei einfachen Schritten möglich:
- Grundriss hochladen.
- Fluchtwege und Rettungszeichen ergänzen.
- Ausdrucken und fertig.
Dank integrierter normgerechter Symbole und Grafiken entsprechen die mit der Software erstellten Pläne in jedem Fall den aktuellen rechtlichen Vorgaben. Dazu kommen hilfreiche Infotafeln, Verhaltensanweisungen und Mustervorlagen.
Produktempfehlung
Erstellen oder aktualisieren Sie jetzt den Flucht- und Rettungsplan Ihrer Arbeitsstätte mit dem „Fluchtplan Manager“!
Der Flucht- und Rettungsplan muss bestimmte Punkte beinhalten und rechtlichen Anforderungen wie der ASR A2.3 genügen. Mit dem „Fluchtplan Manager“ erstellen Arbeitgeber sowie Brandschutzverantwortliche schnell und einfach einen Flucht- und Rettungsplan für das Gebäude. |
Weiterführende Informationen sind zusammengefasst im Beitrag „Flucht- und Rettungsplan – wann ist er erforderlich und was ist bei der Erstellung zu beachten?“.
Welche Ziele werden mit Erstellung der ASR A2.3 verfolgt?
Mit den Vorgaben der Arbeitsstättenregel soll gewährleistet werden, dass im Gefahrenfall alle anwesenden Personen die Arbeitsstätte sicher verlassen können. Hierfür wird empfohlen, die Verantwortlichen vor Ort bereits im Rahmen des baulichen und organisatorischen Brandschutzes ihren Flucht- und Rettungsplan für das Gebäude erstellen und Notausgänge sowie Flucht- und Rettungswege festlegen. Sonderbauten oder jene mit vielen Ortsunkundigen etc. müssen einen solchen Plan anfertigen, kleine Betriebe oder jene ohne besondere Gefährdung können ihn erstellen.
Inhaltlich basiert die ASR A2.3 auf § 3a Abs. 1, § 4 Abs. 4 und Punkt 2.3 des Anhangs der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV). Sie führt die dort genannten Punkte weiter aus und gibt Arbeitgebern sowie Brandschutzverantwortlichen konkrete Vorgaben an die Hand.
ASR A2.3 aktuell: Welche Fassung gilt derzeit?
Die derzeit neueste Fassung der Arbeitsstättenregel erschien im März 2022. Der erste Entwurf kam bereits im August 2007 heraus. Seitdem wurde die Regel einige Male aktualisiert. Die nachfolgende Übersicht zeigt den Verlauf und die wichtigsten Änderungen der ASR A2.3.
Fassung | Datum | Änderungen |
ursprüngliche Ausgabe | August 2007 | - |
erste Änderung | Juni 2011 | Neu hinzugefügt: Punkt 10 „Ergänzende Anforderungen für Baustellen“ |
zweite Änderung | Dezember 2011 | Anpassung von Inhaltsverzeichnis und Anwendungsbereich |
dritte Änderung | September 2013 | Aktualisierung des Anwendungsbereichs |
vierte Änderung | April 2014 | formale Änderungen |
fünfte Änderung | Januar 2017 | formale Änderungen |
sechste Änderung | März 2022 | Grundlegende Überarbeitung und Übernahme einiger Punkte aus der ASR A3.4/7 |
Welche Passagen jeweils geändert wurden, zeigt die Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA) auf ihrer Website.
Diese ASR sind ebenfalls aktuell wichtig
Allerdings bestimmt nicht nur die Fluchtwege-ASR die Planung der Wege und Notausgänge. Auch diese beispielhaften Regelwerke müssen Brandschutzverantwortliche kennen, wenn sie Fluchtwege im Betrieb bestimmen sollen:
- ASR A1.3 „Sicherheits- und Gesundheitskennzeichnung“
- ASR A1.7 „Türen und Tore“
- ASR A2.2 „Maßnahmen gegen Brände“
- ASR V3a.2 „Barrierefreie Gestaltung von Arbeitsstätten“
Eine Gesamtübersicht über die neuesten Arbeitsstättenregeln bietet das Handbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“. Da die ASR die Vorgaben der ArbStättV konkretisieren, müssen Brandschutzverantwortliche auch die Vorgaben dieser Verordnung kennen. Mit den hilfreichen Kommentierungen des Handbuchs verschaffen sich Verantwortliche schnell einen Überblick über die wichtigsten Inhalte.
Wer eine Zusammenfassung zu aktuellen Regelwerken benötigt, die speziell den Brandschutz betreffen, dem hilft das „Handbuch Brandschutzvorschriften“. Es bietet eine Übersicht der wichtigsten DIN-Vorschriften und Brandschutzvorschriften mit praktischen Kommentierungen – kompakt im Taschenformat für das Begehen der Arbeitsstätte vor Ort.
Quellen: „Die neue Arbeitsstättenverordnung“, „Handbuch Brandschutzvorschriften“, baua.de