ASR V3 „Gefährdungsbeurteilungen“: Checkliste für Betriebe und allgemeine Vorgaben

21.03.2023 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Die Gefährdungsbeurteilung ist ein wesentliches Instrument des betrieblichen Arbeitsschutzes. Die dazugehörige ASR V3 gibt vor, wie die fachlich korrekte Beurteilung aussieht und welchen Ablauf Arbeitgeber bei der Durchführung befolgen sollten. Welche Anforderungen stellt die Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV) und worauf müssen Arbeitgeber bei ihrer Gefährdungsbeurteilung achten?

Inhaltsverzeichnis

  1. Definition: Was bedeutet ASR V3?
  2. Allgemeine Anforderungen zur Gefährdungsbeurteilung nach ASR V3
  3. Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung nach ASR V3

Definition: Was bedeutet ASR V3?

Die Abkürzung „ASR V3“ steht für die Technische Regel für Arbeitsstätten (ASR) V3 „Gefährdungsbeurteilung“. Sie konkretisiert die Vorgaben aus § 3 Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), insbesondere für Arbeitgeber und andere Arbeitsschutzverantwortliche. Denn jeder Arbeitgeber ist nach § 5 Arbeitsschutzgesetz (ArbSchG) zur Erstellung einer Gefährdungsbeurteilung verpflichtet. Die ASR V3 dient dabei als Umsetzungshilfe, um die gesetzlichen Anforderungen zur Gefährdungsbeurteilung zu erfüllen.

Die „Gefährdungsbeurteilung“ ist ein Dokument, bei dem systematisch alle möglichen Gefährdungen für die Beschäftigten ermittelt und beurteilt werden. Auch das Festlegen geeigneter Schutzmaßnahmen gehört dazu. Die ASR V3 gibt dabei vor, wann und in welcher Form die Gefährdungsbeurteilung durchzuführen ist. Außerdem informiert sie über die Dokumentationspflichten des Arbeitgebers.

Insgesamt beantwortet die ASR V3 folgende Fragen:

  • Wie wird eine Gefährdungsbeurteilung vorbereitet?
  • Wie werden Gefährdungen fachkundig ermittelt?
  • Wie sind Gefährdungen zu beurteilen?
  • Welche Maßnahmen müssen festlegt werden?
  • Wie werden die festgelegten Maßnahmen umgesetzt?
  • Wann und wie müssen die festlegte Maßnahmen überprüft und deren Wirkung kontrolliert werden?
  • Wie ist der gesamte Prozess lückenlos zu dokumentieren?
  • Wie wird die Gefährdungsbeurteilung fortgeschrieben?

Damit dient die Beurteilung nach ASR V3 als

  • Instrument zur Beurteilung der vorliegenden Arbeitsbedingungen,
  • Grundlage zur Entscheidungsfindung, ob und welche Schutzmaßnahmen erforderlich sind und
  • Handlungskonzept zur generellen Verbesserung der Sicherheit und des Gesundheitsschutzes im Betrieb.

Ist die ASR V3 Pflicht?

Nein, die ASR V3 ist nicht verpflichtend. Allerdings greift im Anwendungsfall die sog. Vermutungswirkung. Demnach können Arbeitgeber davon ausgehen, dass sie die Vorgaben der ArbStättV einhalten, wenn sie sich an die ASR V3 halten. In allen anderen Fällen müssen ihre selbst gewählten Maßnahmen die gleiche Sicherheit und den gleichen Gesundheitsschutz für die Beschäftigten gewährleisten.

Um sich hier Zeit und Arbeit zu sparen, sollten Arbeitgeber auf die ASR V3 zurückgreifen. Sie enthält z. B. bestimmte Grundsätze, mit denen die Verantwortlichen sicherstellen, dass sie die Regelungen der ArbStättV einhalten.

Allgemeine Anforderungen zur Gefährdungsbeurteilung nach ASR V3

Die folgenden Grundsätze finden sich in Abschnitt 4 der ASR V3 und sollten bei jeder vorschriftsgemäßen Gefährdungsbeurteilung beachtet werden:

  • Die Beurteilung sollte von einer fachkundigen Person durchgeführt werden, z. B. der Fachkraft für Arbeitssicherheit (Sifa) oder vom Arbeitgeber selbst (mit entsprechender Aus- und Weiterbildung).
  • Sie muss bereits vor Aufnahme der Tätigkeiten im Betrieb durchgeführt und dokumentiert werden.
  • Eine regelmäßige Prüfung der Ergebnisse ist ebenso unabdinglich, wie die entsprechende Aktualisierung.

Inhaltlich sollte die Beurteilung alle Gefährdungen aufweisen, die mit der Arbeitsstätte verbunden sein können. Der Arbeitgeber muss sie unabhängig voneinander untersuchen und eventuelle Wechselwirkungen berücksichtigen. Auch Abnutzungserscheinungen und Faktoren, die die Wirksamkeit der Schutzmaßnahmen beeinträchtigen (z. B. Beleuchtung, Lüftung), sind zu beachten.

Um die Gefährdungsbeurteilung zu erstellen, sieht die ASR V3 verschiedene Prozessschritte vor, an denen sich Arbeitgeber orientieren können. Sie können wie eine Checkliste genutzt werden.

Checkliste zur Gefährdungsbeurteilung nach ASR V3

Die ASR V3 empfiehlt einen achtstufigen Prozess zur Durchführung der Gefährdungsbeurteilung. Dieser ist wie folgt aufgebaut:

Checkliste: Gefährdungsbeurteilung nach ASR V3
1. Beurteilung vorbereiten
Gliederung der Arbeitsstätte vornehmen, z. B. in Arbeitsbereiche oder Tätigkeitsgruppen.
Arbeitsplätze oder Tätigkeiten mit gleichartigen Arbeitsbedingungen zusammenfassen.
Dauer bzw. Häufigkeit der Tätigkeiten dokumentieren (z. B. temporär, täglich, quartalsweise, jährlich).
Personen mit besonderen arbeitsschutzrechtlichen Bedürfnissen berücksichtigen (z. B. Schwangere, Jugendliche, Beschäftigte mit Behinderung).
Auch Gefährdungen durch externe Personen beachten (z. B. Handwerker).
2. Gefährdungen ermitteln
Durch Beobachten, Befragen, Messen, Berechnen und Abschätzen akute Gefährdungen ermitteln.
Insbesondere die Gefährdungsfaktoren aus dem Anhang der ASR V3 prüfen.
Anschließend die aufgekommenen Gefährdungen benennen und beschreiben.
3. Gefährdungen beurteilen
Beurteilungsmaßstäbe der einschlägigen Vorschriften- und Regelwerke (z. B. ASR, TRGS, TRBS) sowie Fachliteratur nutzen.
Falls keine solchen Maße oder Werte zu finden sind: andere gesicherte arbeitswissenschaftliche Kenntnisse nutzen (v. a. bzgl. Grenz-, Schwellen- und Richtwerten).
Falls auch diese fehlen: arbeitswissenschaftliche Erkenntnisse mit qualitativen Maßstäben nutzen (z. B. Forschungsberichte, wissenschaftliche Veröffentlichungen oder einschlägige Normen).
4. Maßnahmen festlegen
Grundsatz der Vermeidung von Gefährdungen im ArbSchG nutzen.
Alle Maßnahmen müssen dem Stand der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene sowie den Anforderungen der Ergonomie entsprechen.
Bei jeder Maßnahme ist eine entsprechende Unterweisung der Beschäftigten erforderlich.
Kommt es durch die Maßnahmen zu neuen Gefährdungen, müssen auch sie in der Beurteilung dokumentiert werden.
5. Maßnahmen umsetzen
Maßnahmen je nach Ergebnis und Dringlichkeit priorisieren und umsetzen.
Einzelne Umsetzungsschritte konkretisieren.
6. Wirksamkeit der Maßnahmen prüfen
Wurden die Maßnahmen vollständig umgesetzt?
  Konnten sie die Gefährdungen beseitigen oder wenigstens hinreichend reduzieren?
Sind ggf. neue Gefährdungen entstanden?
7. Dokumentieren
Die Dokumentation muss schriftlich erfolgen, entweder auf Papier oder digital. Sie muss jedoch in verbindlicher Version verfügbar sein.
Wurden Vorlagen oder andere Dokumentationshilfen genutzt, müssen sie an die betrieblichen Bedingungen angepasst werden.
Der Umfang der Dokumentation richtet sich z. B. nach der Betriebsgröße, Betriebsstruktur oder Art und Ausmaß der Gefährdungen.
8. Gefährdungsbeurteilung aktualisieren bzw. fortscheiben
  Die Beurteilung muss regelmäßig geprüft und aktualisiert werden, insbesondere in folgenden Fällen:
 • bei wesentlichen Änderungen im Unternehmen (Umgestaltung der Arbeitsstätte, Änderung von Arbeitsverfahren etc.)
 • bei Anpassungen relevanter Rechtsvorschriften und Technischer Regeln (wie der ASR V3)
 • bei neuen arbeitswissenschaftlichen Erkenntnissen bzw. Veränderungen des Stands der Technik, Arbeitsmedizin und Hygiene
 • nach kritischen Situationen wie Beinahe-Unfällen oder Ausfällen durch arbeitsbedingte Gesundheitsbeeinträchtigungen
 • nach Bekanntwerden einer Behinderung bei Beschäftigten
   • nach Arbeitsunfällen und Berufskrankheiten

 

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Am Ende der Gefährdungsbeurteilung gibt es nach ASR V3 folgende mögliche Szenarien:

  • Der erforderliche Beurteilungsmaßstab wurde eingehalten.
    → Es sind keine unmittelbaren weiteren Maßnahmen erforderlich.
  • Es sind weitere Schutzmaßnahmen erforderlich.
    → Es besteht eine Gesundheitsgefährdung, z. B. durch unzureichende Lüftung, Raumtemperatur oder Beleuchtung.
    → Der Arbeitgeber muss möglichst zeitnah geeignete Maßnahmen zur Beseitigung bzw. Reduzierung der Gefährdung ergreifen.
  • Es sind unverzüglich weitere Maßnahmen erforderlich.
    → Es besteht eine unmittelbare Gefahr für die Gesundheit (z. B. Absturz an ungesicherten Absturzkanten).
    → Der Arbeitgeber hat sofort geeignete Maßnahmen zur Beseitigung bzw. Minimierung der Gefahr einzuleiten.

Welche Maßnahmen die ArbStättV für welche Gefahrensituation vorschreibt, zeigt das Praxishandbuch „Die neue Arbeitsstättenverordnung“. Es gibt praktische Tipps zur Planung, Einrichtung und dem Betrieb von Arbeitsstätten – übersichtlich gegliedert in einzelne Arbeitsstätten.

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Quellen:  „Prüf- und Dokumentationsmappe: Gefährdungsbeurteilungen“, Bundesanstalt für Arbeitsschutz und Arbeitsmedizin (BAuA)