OLG-Urteil: Anerkennung eines Baumangels bewirkt Neubeginn der Verjährungsfrist für das gesamte Gewerk

26.11.2019 | JS – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH

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Ein Auftragnehmer führt zwei Jahre nach Fertigstellung seiner Bauleistung eine Mängelbeseitigung durch und erklärt wiederum sechs Jahre später, den noch anhaltenden Mangel zu sanieren. Weil er sich dann jedoch weigert und sich auf die abgelaufene Verjährungsfrist stützt, kommt es zu einem Gerichtsverfahren vor dem Oberlandesgericht (OLG) Hamburg. Der Auftragnehmer verliert, auch weil er und seine Anwälte die Anerkennung des Baumangels nicht präzise genug formuliert haben. Hier der ganze Fall und die ausführliche Begründung.

 

OLG-Urteil zur Verjährung von Mängelansprüchen: die Ausgangslage 

In dem Fall, das dem OLG Hamburg vorlag (Az.: Urteil vom 15.08.2019, 3 U 155/16), ist der Auftragnehmer damit beauftragt worden, eine Folienabdichtung auf einem Tiefgaragendach gemäß den Anforderungen der Flachdachrichtlinie DIN 18531einzubauen. Die Abnahme der durchgeführten Bauleistung folgte im Jahr 2006. 

Nachdem jedoch Mängel festgestellt wurden, hatte der Auftragnehmer diese noch im Zeitraum der üblichen Verjährungsfrist von fünf Jahren im Jahr 2008 punktuell beseitigt. Da dies das Problem der anhaltenden Durchfeuchtungen nicht gelöst hatte, beauftragte der Auftraggeber im Jahr 2014 einen unabhängigen Sachverständigen, der Verstöße gegen die Flachdachrichtlinie feststellte. Es kam im selben Jahr zu einem Verfahren, in dem die Anwälte des Auftragnehmers die Beseitigung der festgestellten Mängel durch den Auftragnehmer erklärten.  

Der Auftragnehmer führte die zugesicherte Mängelbeseitigung jedoch nicht durch, weil er der Meinung war, dass sich die Anerkennung des Mangels auf die im Jahr 2006 durchgeführte Mängelbeseitigung bezog. Eine Gesamtsanierung sei daher von ihm aufgrund des Verjährungseintritts im Jahr 2011 nicht mehr geschuldet. Das sah das OLG Hamburg anders. Mangels Verjährung sieht es die Pflicht des Auftragnehmers zur Mängelbeseitigung. 

Urteilsbegründung: Ohne Beschränkung führt die Anerkennung eines Baumangels zum Neubeginn der Verjährungsfrist 

Seitens des OLG ist die Verjährung nicht eingetreten, weil sowohl durch die Mangelbeseitigungsarbeiten als auch durch die Erklärung der Anwälte und des Auftragnehmers eine Anerkennung des Baumangels vorliege – und dieses umfasse alle streitgegenständlichen Mängelansprüche. Mit der Anerkennung des Baumangels hat die Verjährungsfrist laut Gericht neu angefangen. 

Der Fehler des Auftragnehmers lag darin, dass sowohl er als auch seine Anwälte pauschal eine Mängelbeseitigung zugesprochen hatten, wodurch diese Anerkennung automatisch die Gesamtleistung implementierte. Der Auftragnehmer hätte klar und eindeutig formulieren müssen, dass sich seine Anerkennung des Baumangels bzw. die Zusicherung der Mängelbeseitigung nicht auf das gesamte Gewerk bezogen habe, sondern nur auf Teile davon.  

Dieser Fall zeigt mal wieder, dass nicht nur Gesetze und Verordnungen einen enormen Einfluss auf den Schriftverkehr am Bau haben. Auch Entscheidungen der Gerichte sind richtungsweisend und müssen bei der Ausfertigung von Bauverträgen und Vereinbarungen bedacht werden.

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Grundsätzlicher Hinweis zur Mängelbeseitigung 

Auftragnehmer am Bau, die eine Mängelbeseitigung durchführen, erkennen grundsätzlich ihre Verantwortung für gleichartige Mängelursachen an, auch wenn diese noch gar nicht erkennbar zutage getreten sind. Für das gesamte Gewerk würde daher wohl die Gewährleistungsfrist nach einer Anerkennung des Baumangels neu beginnen. 

Dahinter steckt laut OLG Hamburg die Systemtheorie des Bundesgerichtshofs (BGH): Bei einer Mängelrüge werde nicht die einzelne Mangelerscheinung (Symptom), sondern die Ursache des Mangels gerügt. 

Quellen: „Bauverträge und Baubriefe“, ibr-online.de

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