Insoweit erfahrene Fachkraft (Kinderschutz) – Welche Aufgaben übernimmt sie und wann wird sie hinzugezogen?

28.05.2025 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

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Alle Angestellten, die beruflich mit Kindern und Jugendlichen arbeiten, haben gemäß Bundeskinderschutzgesetz (BKiSchG) einen Anspruch auf die Beratung durch eine „insoweit erfahrene Fachkraft“. Sie unterstützt im Fall einer möglichen Kindeswohlgefährdung. Doch was genau macht diese Fachkraft dabei und wann sollte sie hinzugerufen werden?

 

Inhaltsverzeichnis

  1. Was ist eine insoweit erfahrene Fachkraft?
  2. Wo arbeitet die Kinderschutzfachkraft?
  3. Was macht eine insoweit erfahrene Fachkraft? – Aufgaben
  4. Wann wird die Fachkraft hinzugezogen?
  5. Wie wird man insoweit erfahrene Fachkraft? – Ausbildung

Was ist eine insoweit erfahrene Fachkraft?

Eine insoweit erfahrene Fachkraft (oft als „InsoFa“ oder „IseF“ abgekürzt) ist eine speziell geschulte Person, die beim Verdacht auf eine Kindeswohlgefährdung gerufen wird (§ 8a SGB VIII). Das „insoweit erfahren“ meint in diesem Kontext, dass die Fachkraft spezielle Erfahrungen besitzt, die für den Einzelfall hilfreich sein können. So wird beispielsweise beim Verdacht auf gewalttätige Eltern genau solch eine Fachkraft bestellt, die sich mit diesem Phänomen auskennt.

Berufsgruppen, die mit Kindern und Jugendlichen arbeiten (etwa Lehrkräfte, Erzieherinnen und Erzieher), haben nach § 4, Ziffer 7 BKiSchG Anspruch auf die Einbeziehung und Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Gleichzeitig müssen die Jugendämter sicherstellen, dass in ihrem Amtsbezirk Schulen, Kitas und anderen Einrichtungen insoweit erfahrene Fachkräfte zur Verfügung stehen. Die Einrichtungsleitungen müssen sich im Gegenzug darum kümmern, dass die Fachkräfte ihren Beschäftigten namentlich bekannt sind.

Unterschied insoweit erfahrene Fachkraft und Kinderschutzfachkraft

Neben der Bezeichnung als „insoweit erfahrene Fachkraft“ gibt es noch den Begriff der „Kinderschutzfachkraft“. Beide meinen die gleiche Position und Qualifikation. Die insoweit erfahrene Fachkraft ist lediglich die offizielle Bezeichnung nach dem SGB VIII, während die Kinderschutzfachkraft eine in der Praxis etablierte Kurzform darstellt.

Wo arbeitet eine insoweit erfahrene Fachkraft?

Insoweit erfahrene Fachkräfte können in sämtliche Einrichtungen hinzugezogen werden, in denen Kinder und Jugendliche betreut werden. Vor allem Dienste und Einrichtungen mit vermehrtem Aufkommen von Kindeswohlgefährdungen sind relevant.

Zu den möglichen Einsatzorten können gehören:

  • Jugendamt
  • Kinder- und Jugendhilfeeinrichtungen (Wohnhilfe, Tagesgruppen etc.)
  • Kindertagesstätten und Schulen
  • Kinderkliniken
  • Vereine der Kinder- und Jugendarbeit
Ebenso fallabhängig wie der Einsatzort sind die mögliche Aufgaben der Fachkraft.

Was macht eine insoweit erfahrene Fachkraft? – Aufgaben

Insoweit erfahrene Fachkräfte beraten und unterstützen pädagogische Fachkräfte sowie die Einrichtungsleitungen bei der Einschätzung einer Kindeswohlgefährdung. Außerdem empfiehlt sie, welche anschließenden Maßnahmen zur Sicherung des Kindeswohls zu treffen sind.

Die konkreten Aufgaben der insoweit erfahrenen Fachkraft ergeben sich je nach Fallkonstellation. So wirkt sie beispielsweise bei folgenden Tätigkeiten mit:

  • Anhaltspunkte für eine Kindeswohlgefährdung prüfen und gewichten.
  • Risiko einer Kindeswohlgefährdung hinsichtlich ihrer Ausprägung abschätzen.
  • Über die Art und Weise der Einbeziehung der Eltern und der Kinder bestimmen (etwa hinsichtlich Strategien der Gesprächsführung, Motivation).
  • Ressourcen der betroffenen Kinder und Jugendlichen sowie ihrer Eltern prüfen.
  • Daten und Ergebnisse in sachliche Form bringen.
Die nötigen Daten für ihre Einschätzung erhebt die Fachkraft nicht selbst. Stattdessen greift sie auf bestehende Unterlagen und Dokumente der Schule, Kita etc. zurück. Das können zum Beispiel Beobachtungsbögen, Entwicklungsberichte oder Protokolle von Elterngesprächen sein. Dadurch bleibt die Verantwortung für die einzelnen Schritte im Prozess der Risikoabschätzung bei der jeweiligen Einrichtung. Hier sollten sich die Einrichtungen vorab über die geltenden gesetzlichen Vorgaben informieren.

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Einen Leitfaden zu den rechtlichen Grundlagen und zur Vorgehensweise beim Einbezug einer insofern erfahrenen Fachkraft liefert die „Vorlagenmappe Kindeswohlgefährdung“. Hinzu kommen Musterschreiben wie ein Anfrage-Formular zur Beratung durch eine insoweit erfahrene Fachkraft. Deshalb direkt informieren!

Wann wird eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzugezogen?

Die insoweit erfahrene Fachkraft sollte hinzugezogen werden, wenn das eigene fachliche Wissen nicht mehr ausreicht, um einen Fall von eventuell vorliegender Kindeswohlgefährdung fachgerecht einschätzen zu können. Sie wird also gerufen, noch bevor das Jugendamt informiert wird. So sollen die Einrichtungen rechtzeitig die erforderlichen Schritte zur Abwendung oder möglichst präzisen Einschätzung der Kindeswohlgefährdung einleiten können. 

Konkret bedeutet das, dass die Kinderschutzfachkraft mindestens in folgenden Situationen gerufen werden sollte:

  • Es besteht große Unsicherheit bei der Risikoabschätzung einer möglichen Gefährdung des Kindeswohls (KiWoGe).
  • Der vorliegende Fall ist sehr komplex.
  • Die zuständige pädagogische Kraft ist persönlich in den Fall involviert und aufgrund dessen emotional belastet.
  • Es bestehen erhebliche Meinungsverschiedenheiten bei der Fallbeurteilung.
Steht fest, dass eine insoweit erfahrenen Fachkraft einbestellt werden soll, zeigt folgende Grafik den darauffolgenden Ablauf:

Grafik: Ablauf der Bestellung einer insoweit erfahrenen Fachkraft

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Quelle: „Vorlagenmappe Kindeswohlgefährdung“, FORUM VERLAG HERKERT GMBH

Hinweis: Wird eine insoweit erfahrene Fachkraft hinzugezogen, muss die Bildungseinrichtung ihr personenbezogene Daten des Kindes und der Eltern weitergeben. Hierbei müssen sie zwingend die Datenschutzregelungen (DSGVO und BDSG) beachten.

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Passende Vorlagen und Arbeitshilfen zum datenschutzkonformen Umgang mit personenbezogenen Daten liefert das „Mitarbeiter-Merkblatt Datenschutz an Schulen“.

Wie wird man insoweit erfahrene Fachkraft? – Ausbildung

Die insoweit erfahrene Fachkraft gemäß §§ 8a und 8b SGB VIII sowie § 4 BKiSchG weist in der Regel folgendes Qualifikationsprofil auf: 

  • Sozialpädagogischer, psychologischer Hochschul- oder Universitätsabschluss
  • Mindestens drei Jahre Berufserfahrung in einem einschlägigen Berufsfeld der Jugendhilfe, Kinderschutzbund oder Ähnlichem
  • Zertifizierte Zusatzqualifikation zur insoweit erfahrenen Fachkraft / Kinderschutzfachkraft (in den meisten Bundesländern; durch Fortbildung)

Zusätzlich müssen die Personen unter anderem folgende Kenntnisse und Fähigkeiten aufweisen:

  • Erfahrung im Umgang mit traumatisierten Kindern und Jugendlichen
  • Einschlägige Rechtskenntnisse zum BGB, SGB VIII, SGB IX und StGB
  • Diagnostische Kenntnisse über Ursachen, Formen und Indikatoren von Kindeswohlgefährdungen
  • Kenntnisse über regionale Angebote, Netzwerke und Hilfesysteme
Weitere Informationen zum fachgerechten Ablauf bei Verdachtsfällen liefert ausgewählte Fachliteratur.

Quelle: „Vorlagenmappe Kindeswohlgefährdung“