Pflegesysteme im Vergleich: Vor- und Nachteile von Bereichs-, Bezugs- und Funktionspflege
16.05.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Je nach Arbeitsorganisation einer Pflegeeinrichtung kommen vor Ort verschiedene Pflegesysteme zum Einsatz: Krankenhäuser nutzen häufig eine Form der Funktionspflege, wohingegen kleinere, oft private Einrichtungen, auch Bezugspflege oder Primary Nursing praktizieren. Aber welche Pflegesysteme gibt es grundsätzlich und welche Chancen bzw. Risiken müssen Krankenhäuser und Pflegedienste beachten?
Inhaltsverzeichnis
- Pflegesysteme: Definition
- Welche Pflegesysteme gibt es?
- Pflegesysteme im Vergleich: Vor- und Nachteile
3.1 Funktionspflege
3.2 Bereichspflege
3.3 Bezugspflege
3.4 Primary Nursing
Pflegesysteme: Definition
Pflegesysteme sind Modelle, die Aufgaben und Standards im Bereich der Gesundheits-, Kranken- und Altenpflege definieren. Dazu gehören z. B. die Zuständigkeiten der einzelnen Pflegekräfte sowie die ganzheitliche Arbeitsorganisation.
Pflegesysteme sind Bestandteil des Pflegemanagements und bieten eine Rahmenstruktur für die tägliche Arbeit der Pflegekräfte. Allerdings verfolgt jedes Pflegesystem unterschiedliche Ansätze. Daraus lassen sie sich in verschiedene Bereiche unterteilen.
Welche Pflegesysteme gibt es?
Die einzelnen Pflegesysteme unterscheiden sich besonders in der Art der Arbeitsaufteilung, den hierarchischen Regelungen innerhalb des Pflegepersonals sowie der Bedeutung der Beziehung zu den Patienten bzw. Pflegebedürftigen.
Daraus ergeben sich v. a. folgende Pflegesysteme:
Tätigkeitsbezogene Pflegesysteme |
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Patientenorientierte Pflegesysteme |
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Während bei tätigkeitsbezogenen Pflegesystemen vor allem die anfallenden Pflegeaufgaben und der effiziente Arbeitsablauf im Vordergrund stehen, fokussieren sich patientenorientierte Systeme auf die individuellen Bedürfnisse der einzelnen Patienten, bei denen meist eine bestimmte Pflegekraft für einen Patienten zuständig ist.
Doch wie unterscheiden sich die Pflegesysteme konkret voneinander? Und welche Vor- bzw. Nachteile haben die einzelnen Ansätze zur Folge?
Pflegesysteme im Vergleich: Vor- und Nachteile
Jedes Pflegesystem setzt einen bestimmten Fokus, sei es auf den effizienten Arbeitsablauf innerhalb des Pflegepersonals oder auf die persönliche Betreuung einzelner Patienten. Daraus können sich unterschiedliche Vor- und Nachteile ergeben, die sowohl in stationären Einrichtungen wie Krankenhäusern, als auch bei ambulanten Pflegediensten zu beachten sind.
Die folgende Übersicht stellt die einige der häufigsten Pflegesysteme in Deutschland vor und erläutert deren positive sowie negative Effekte.
Pflegesystem | Vorteile | Nachteile |
Funktionspflege | ||
Bei der Funktionspflege lassen sich die anfallenden Pflegetätigkeiten in einzelne Prozesse unterteilen, die das Pflegepersonal in mehreren Arbeitsgängen wiederholt durchführt. Solche Prozesse sind z. B.
Daher sind in der Praxis häufig Auszubildende oder Praktikanten für wiederkehrende Arbeitsschritte zuständig. Sie führen die Arbeit aus und geben die gesammelten Daten anschließend an die Schichtleitung weiter, die diese im Rahmen der Pflegedokumentation in den entsprechenden Akten vermerkt. |
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Bereichspflege | ||
Die zu versorgenden Pflegeeinheiten bzw. -stationen sind in feste Bereiche oder Gruppen gegliedert. Für die Betreuung der einzelnen Bereiche sind wiederum speziell zugeordnete Pflegekräfte zuständig. Die Einteilung der Bereiche übernimmt die Stationsleitung. Formen der Bereichspflege sind: Gruppenpflege: Zimmerpflege: So ist die Bereichspflege das Gegenstück zur Funktionspflege, bei der ein Patient nicht nur einer bestimmten Pflegekraft zugeteilt ist. |
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Bezugspflege | ||
In der Bezugspflege steht die Beziehung zwischen Patient und Pflegekraft im Vordergrund. Die Pflege erfolgt ganzheitlich und individuell, beginnt mit der Aufnahme des Patienten und erfolgt bis zu dessen Entlassung. Für jeden einzelnen Patienten ist eine Bezugspflegekraft zuständig. Kann diese ihre Funktion kurzzeitig nicht erfüllen, sind stellvertretende Pflegekräfte verantwortlich, die sich an die Pflegeplanung der Bezugspflegekraft halten müssen. Bestandteile dieses Pflegesystems sind besonders:
Beim Pflegesystem der Bezugspflege plant, bewertet und führt die Bezugspflegekraft den Pflege- und Versorgungsprozess eigenständig aus. Hier geht sie auch auf die Bedürfnislage des jeweiligen Patienten ein. Durch das hohe Maß an Verantwortung und erforderlichen Kompetenzen sollte die Bezugspflegekraft eine entsprechende Qualifikation aufweisen. Eine Sonderform der Bezugspflege ist das Primary Nursing (engl. für „Primärpflege“). |
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Primary Nursing / Primary Nurse | ||
Eine Primary Nurse arbeitet als Bezugspflegekraft und ist die ausführende Instanz im Primary Nursing. Dieses Pflegesystem hat seine Ursprünge Ende der 1960er Jahre in den USA und basiert auf den Prinzipien der Bezugspflege. Primary Nursing dient vor allem dazu, die Pflegeaufgaben an eine bestimmte Primary Nurse zu übertragen und zu koordinieren, die vollumfänglich und ganzzeitig für die Pflege des Patienten verantwortlich ist. So wird eine Primary Nurse u. a. für folgende Aufgaben eingesetzt:
Jede Primary Nurse kann bestimmte Associate Nurses berufen, die ihre Aufgaben übernehmen, falls die Primary Nurse kurzzeitig ausfällt. Den Associate Nurses sind wiederum assistierende Schwestern (Nurse Assistants) zugeordnet, die die Pflege gemäß der Pflegeplanung der Primary Nurse weiter ausführen. Allerdings kommen Primary Nurses in Deutschland bislang nur in wenigen stationären, meist kleinen Pflegeeinrichtungen zum Einsatz. Ein Grund kann sein, dass ggf. höhere Personalkosten entstehen, da beim Beschäftigten von Primary Nurses für einzelne Patienten meist mehr Personal erforderlich ist. Allerdings hängt dieser Faktor stark von der grundlegenden Pflegeplanung ab. |
Grundsätzlich kommt in der Praxis häufig nicht nur ein einzelnes Pflegesystem zum Einsatz. Vielmehr werden mehrere Systeme bzw. deren jeweiligen Stärken miteinander verknüpft. So erzielen Pflegedienste und Krankenhäuser größere Vorteile, als bei der Nutzung eines einzigen Pflegesystems.
In Deutschland nutzen stationäre und ambulante Pflegeeinrichtungen meist eine Mischung aus Funktions- und Bereichspflege. Genauer sind die examinierten Pflegefachkräfte den Aufgaben der Bereichspflege zugeordnet, während v. a. Auszubildende und Praktikanten routinemäßige Tätigkeiten übernehmen, wie die Blutentnahme bei Patienten, und in verschiedenen Bereichen eingesetzt sind.
Damit die Zusammenarbeit mit angehenden Pflegekräften optimal verläuft, ist eine umfassend praxisnahe und anschauliche Ausbildung erforderlich. Für diese Aufgabe sind i. d. R. die Praxisanleiter verantwortlich. Je nach Pflegesystem müssen sie ihren Pflegeschülern unterschiedliche Kompetenzen und Fähigkeiten beibringen.
Quellen: „Die PraxisAnleitung“ 03/2020, flexikon.doccheck.com