Leitender Angestellter nach BetrVG und KSchG – Definition und Kündigungsschutz
06.04.2018 | JS – Online-Redaktion, Forum Verlag Herkert GmbH
Viele Arbeitnehmer nehmen die Position des leitenden Angestellten gerne vorschnell an, ohne jedoch zu wissen, was sich hinter diesem Begriff genau verbirgt und was er insbesondere bezüglich Arbeitszeit und Kündigungsschutz bedeutet. Aber auch Arbeitgeber müssen aufpassen. Hier die wichtigsten Regelungen auf einen Blick.Wer ist leitender Angestellter? Eine Definition nach BetrVG
Viele tun sich mit der Begrifflichkeit des leitenden Angestellten schwer, weil im Gesetz keine eindeutige Definition zu finden ist. Das Kündigungsschutzgesetz (§ 14 Abs. 2 KSchG) und das Betriebsverfassungsgesetz (§ 5 Abs. 3 BetrVG) liefern zumindest Anknüpfungspunkte:
Leitender Angestellter nach BetrVG
Im betriebsverfassungsrechtlichen Sinne gilt ein leitender Angestellter nicht als Arbeitnehmer. Das heißt: Betriebsvereinbarungen gelten für ihn nicht und der Betriebsrat vertritt auch nicht seine Interessen. Leitender Angestellter ist demnach gemäß BetrVG wer
- Einstellungen und Entlassungen selbstständig vornehmen kann: Dabei muss sich die Berechtigung auf beides beziehen – die Befugnis, entweder nur selbstständig einzustellen oder nur selbstständig zu entlassen, reicht nicht aus, damit die betroffene Person im Sinne des BetrVG als leitender Angestellter gilt. Es reicht auch nicht, wenn der Arbeitgeber zustimmen muss oder ein anderer mitentscheidet.
- Generalvollmacht oder Prokura hat, die auch gegenüber dem Arbeitgeber nicht unbedeutend ist: Unter Generalvollmacht ist dabei die Vollmacht zur Führung des gesamten Betriebs zu verstehen. Es reicht nicht, wenn der Arbeitgeber eine einfache Handlungsvollmacht erteilt. Somit sind Prokuristen, die nur eine Stabsfunktion wahrnehmen, und Titularprokuristen keine leitenden Angestellten im Sinne des BetrVG.
- Entscheidungen den Betrieb betreffend weisungsfrei trifft und diese maßgeblich beeinflusst: Dabei muss derjenige, der die Voraussetzungen zum leitenden Angestellten erfüllen will, diese Aufgabe regelmäßig und nicht nur vertretungsweise wahrnehmen. Die Aufgaben des leitenden Angestellten haben dabei große Bedeutung für Bestand und Entwicklung des Unternehmens und unterscheiden sich eindeutig von den Aufgaben einfacher Arbeitnehmer.
Nach § 5 Abs. 4 BetrVG ist im Zweifel auch leitender Angestellter, wer
- durch betriebsinterne Wahlen oder durch eine rechtskräftige gerichtliche Entscheidung als leitender Angestellter bestimmt wurde,
- einer Leitungsebene angehört, die überwiegend aus leitenden Angestellten zusammengesetzt ist,
- ein regelmäßiges Gehalt bekommt, das im Unternehmen üblich für leitende Angestellte ist,
- ein regelmäßiges Gehalt erhält, das das Dreifache der Bezugsgröße nach § 18 SGB IV überschreitet.
Wie lange dürfen leitende Angestellte gemäß ArbZG arbeiten?
Leitende Angestellte im Sinne des BetrVG fallen nicht unter die Regelungen des Arbeitszeitgesetzes (ArbZG). In der Regel wird im Vertrag keine feste Stundenzahl für leitende Angestellte vereinbart, vielmehr wird ein Aufgabengebiet umschrieben, dem sich der leitende Angestellte „voll und ganz“ zu widmen hat.
Das heißt aber nicht, dass der Arbeitgeber vom leitenden Angestellten Leistungen verlangen kann, die die allgemeine menschliche Leistungsfähigkeit übersteigen oder vom Arbeitsvolumen her nicht zumutbar sind. Das Arbeitsvolumen muss im Einklang mit dem Schutz der Menschenwürde und dem Recht auf körperliche Unversehrtheit stehen.
Wie viel Urlaub steht dem leitenden Angestellten zu?
Auch wenn der leitende Angestellte nach BetrVG nicht als Arbeitnehmer gilt, hat er gemäß § 3 Bundesurlaubsgesetz (BurlG) einen Mindesturlaubsanspruch von 24 Werktagen in einer 6-Tage-Woche.
Wie hoch ist Gehalt von leitenden Angestellten?
Weil keine Tarifverträge greifen, fallen für die Vergütung von Überstunden oder sonstige Zuschläge weg. Häufig wird das Gehalt als Jahresgehalt mit Tantiemen, Boni oder Sachbezügen (wie Privatnutzung eines Firmenwagens) verhandelt. In der Regel verdient der leitende Angestellte mehr als ein Arbeitnehmer im Betrieb.
Leitende Angestellte: eingeschränkter Kündigungsschutz
Auch das Kündigungsschutzgesetz (KSchG) definiert den leitenden Angestellten auf Basis der Berechtigung zu Einstellungen oder Entlassungen. Allerdings reicht hier im Gegensatz zum BetrVG lediglich die Befugnis zur Einstellung oder Entlassung. Zwar gelten leitende Angestellte gemäß KSchG als Arbeitnehmer, der Kündigungsschutz für leitende Angestellte greift jedoch nur sehr begrenzt:
Leitende Angestellte können gemäß KSchG keinen Einspruch gegen eine ausgesprochene Kündigung beim Betriebsrat einlegen, weil dieser nicht für sie zuständig ist. Auch müssen sich leitende Angestellte bewusst sein, dass der Sozialplan für sie nicht wirksam ist. Das heißt, dass der Arbeitgeber nicht verpflichtet ist, ihnen eine Abfindung nach Sozialplan für den Verlust des Arbeitsplatzes zu zahlen.
Vielmehr sind sie darauf angewiesen, mit dem Arbeitgeber selbst eine Abfindung auszuhandeln. Zudem müssen beim Auflösungsantrag Besonderheiten beachtet werden, wie im „Themenbrief Arbeitsrecht“ (Ausgabe März 2017) nachzulesen ist. Entscheidend ist dabei, wer den Auflösungsantrag stellt.
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Sonderkündigungsschutz für leitende Angestellte
Sobald der Sonderkündigungsschutz greift (z. B. bei Schwangerschaft oder Schwerbehinderung) gilt er auch für leitende Angestellte. Bei Massenentlassungen ist das jedoch anders: Hier gilt kein Sonderkündigungsschutz für leitende Angestellte gemäß § 17 Abs. 5 Nr. 3 KSchG. Insbesondere sind leitende Angestellte bei der für die Anzeigenpflicht wichtigen Berechnung der Gesamtarbeitnehmerzahl nicht zu berücksichtigen.
Welche Rechte hat der Betriebsrat bezüglich leitender Angestellter?
Weil der leitende Angestellte gemäß BetrVG nicht als Arbeitnehmer anzusehen ist, steht auch dem Betriebsrat kein Mitbestimmungsrecht bezüglich des leitenden Angestellten zu. Da der Betriebsrat unabhängig davon über Anstellungen und personelle Veränderungen im Unternehmen unterrichtet werden muss, ist er frühzeitig zu informieren, wenn ein leitender Angestellter seine Aufgabe aufnimmt.
Um dennoch jemanden zu haben, der die Interessen von leitenden Angestellten vertritt, kann ab zehn leitenden Angestellten im Betrieb ein sog. Sprecherausschuss gewählt werden. Ihre betriebliche Mitbestimmung wird im Sprecherausschussgesetz (SprAuG) geregelt. Die Wahlen sind zeitgleich mit den Betriebsratswahlen alle vier Jahre durchzuführen. (juse)
Quelle: „Themenbrief Arbeitsrecht“ (Ausgabe März 2017)