Welche Vertragsarten gibt es? – Übersicht und Beispiele nach BGB
19.01.2024 | T. Reddel – Online-Redaktion, FORUM VERLAG HERKERT GMBH
Jeden Tag werden zahlreiche Verträge abgeschlossen – vom Lebensmitteleinkauf im Supermarkt über den Abschluss eines Arbeitsvertrags bis hin zur Beschaffung von Rohstoffen in Unternehmen. Dabei kommen verschiedene Vertragsarten zum Einsatz, wodurch jeweils andere gesetzlichen Rahmenbedingungen gelten. Aber welche Vertragsarten gibt es überhaupt und wie unterscheiden sie sich voneinander?Vertragsarten einfach erklärt – Definition
Verträge gehören zu den wichtigsten Rechtsgeschäften weltweit. Hierbei verpflichten sich mindestens zwei Parteien zur Erbringung einer bestimmten Leistung – schriftlich oder mündlich. Je nachdem, welche Leistungen in welcher Form erbracht werden, ergeben sich verschiedene Vertragsarten. Sie spiegeln die rechtlichen Rahmenbedingungen und Einsatzgebiete eines Vertrags wider.
Die gängigsten Vertragsarten sind im Bürgerlichen Gesetzbuch (BGB) geregelt. Allerdings gilt in Deutschland Vertragsfreiheit, weshalb die im BGB beschriebenen Vertragsformen miteinander kombiniert und abgewandelt werden dürfen. Es lassen sich sogar komplett neue Vertragsarten etablieren. So entstanden weitere Vertragstypen wie Leasingverträge oder Bauverträge nach Vergabe- und Vertragsordnung für Bauleistungen (VOB).
Vertragsarten im Überblick: Tabelle
Die folgende Tabelle gibt einen Überblick über wichtige Vertragsarten und welche gesetzliche Grundlage dahintersteckt.
Vertragsarten | Gesetz | Definition | Beispiele |
Kaufvertrag | § 433 BGB | Rechtliche Vereinbarung zwischen Käufer/Käuferin und Verkäufer/Verkäuferin über eine Ware. Dabei verpflichtet sich der Verkäufer/die Verkäuferin zur Übertragung von Eigentum an einem Vermögensgegenstand, wofür der Käufer/die Käuferin einen festgelegten Preis zahlt. Kaufverträge können schriftlich oder mündlich abgeschlossen werden, entweder gewerblich oder zwischen zwei Privatpersonen. | Lebensmitteleinkauf, Tanken, Versteigerung |
Werkvertrag | § 631 BGB | Wie ein Kaufvertrag, jedoch steht das Endergebnis der erbrachten Leistung (Werk) im Vordergrund. Das Werk kann auch von anderen Personen als dem Werkunternehmen erbracht werden (z. B. Subunternehmen). Am Ende muss das Werk frei von Sach- und Rechtsmängeln sein. | Kfz-Reparatur, Schlüsseldienst, Friseurbesuch |
Dienstvertrag | § 611 BGB | Wie ein Kaufvertrag, allerdings zahlt der Verkäufer/die Verkäuferin für das Erbringen einer Dienstleistung. Es gibt sowohl Dienstverträge für einmalig anfallende Leistungen als auch für wiederkehrende Dienste. Beim Dienstvertrag wird nur das Tätigwerden, nicht das Ergebnis einer Sache versprochen (siehe Werkvertrag). | Arbeitsvertrag, Mobilfunk- oder Internetvertrag |
Arbeitsvertrag | § 611a BGB | Form des Dienstvertrags, bei der sich Angestellte zur Arbeitsleistung und Arbeitgebende zur Bezahlung der vereinbarten Vergütung verpflichten. Der Arbeitgeber erhält bestimmte Weisungsrechte gegenüber den Beschäftigten, die je nach Art, Zeit und Ort der Tätigkeit variieren. | Arbeitsvertrag für Festangestellte, Ausbildungsvertrag, Praktikumsvertrag |
Tauschvertrag | § 480 BGB | Gegenseitige Übergabe und Übertragung von Eigentum bzw. Rechten, auch entgeltlich möglich. | Tauschhandel über Tauschbörsen im Internet, Immobilientausch, Kompensationsgeschäfte (z. B. Konsumgüter gegen Rohstoffe), Barter-Deal |
Leihvertrag | § 598 BGB | Unentgeltliche Überlassung einer Sache auf eine bestimmte Zeit. Die überlassene Sache darf nur für den vorab definierten Zweck und innerhalb des definierten Zeitraums genutzt werden. Am Ende muss die Sache zurückgegeben werden. | Autoverleih, Verleih von Werkzeug (z. B. im Baumarkt) |
Mietvertrag | § 535 BGB | Vertrag über die Überlassung einer Sache gegen Miete, meist über einen längeren Zeitraum (sog. Dauerschuldverhältnis): Mieterin bzw. Mieter erhält den Besitz, Eigentumsrechte bleiben bei der vermietenden Person. Es können bewegliche und nicht bewegliche Dinge vermietet werden. | Mietvertrag für Wohnraum (Wohnung, Haus), Vermietung von Möbeln (Bierzeltgarnitur, Strandkörbe etc.) |
Pachtvertrag | § 581 BGB | Wie ein Mietvertrag, allerdings speziell für Grundstücke und Gebäude: Der Pächter darf Erträge aus der Verpachtung erwirtschaften und behalten (sog. Fruchtziehung). | Verpachtung von Feldern für die Landwirtschaft, Schrebergärten oder Restaurants |
Leasingvertrag | keine gesetzliche Grundlage | Dauerschuldverhältnis (also für längere Zeit), bei dem eine Sache gegen Leasinggebühren überlassen wird. Für Leasingverträge kommen oftmals Aspekte aus Kauf-, Miet- oder Pachtverträgen zum Einsatz. | Leasing von Autos, medizinischen oder technischen Geräten |
Schenkungsvertrag | § 516 BGB | Unentgeltliche Übergabe von Eigentum an eine Person. Damit der Vertrag rechtswirksam wird, ist die Zustimmung beider Parteien notwendig. | Taschengeld, Geschenke zu Weihnachten |
Erbvertrag | § 1941 BGB | Erblasser/Erblasserin ernennt einen Erben/eine Erbin, übergibt Vermächtnisse oder erteilt Auflagen. Der Erbvertrag erfordert zwei übereinstimmende Willenserklärungen und kann von der erblassenden Person nicht ohne Weiteres aufgehoben werden (im Gegensatz zum Testament). |
In der Praxis gibt es noch zahlreiche andere Vertragsarten, etwa Darlehensverträge (§ 488 BGB), Gesellschaftsverträge (§ 705 BGB) und Bürgschaftsverträge (§ 765 BGB). Sie alle sorgen für (Rechts-)Sicherheit in unserem Alltag und gelten als wesentliche Grundpfeiler des deutschen Handels- und Gesellschaftsrechts. Daher spielen alle Vertragsarten sowohl für Privatpersonen als auch für Unternehmen eine entscheidende Rolle, etwa bei der Abwicklung von Arbeitsaufträgen und der Beschaffung von Ressourcen.
Umso wichtiger ist es, dass sich Unternehmen mit den gängigen Vertragsarten auskennen. Das nötige Fachwissen hierzu liefern z. B. die einschlägige Fachliteratur oder entsprechende Weiterbildungen.
Veranstaltungsempfehlungen
Wie sich Verträge rechtssicher abschließen lassen und welche Haftungsregelungen zu beachten sind, erläutert das Seminar „Vertragsrecht kompakt für Nichtjurist(inn)en“.
Welche Rolle die Vertragsarten speziell beim Einkauf und der Beschaffung im Betrieb spielen, das zeigt das 1-tägige Seminar „Einkaufsrecht kompakt“. Es erläutert neben den nötigen Rechtsgrundlagen zu den unterschiedlichen Vertragsarten auch, worauf bei einer rechtskonformen Vertragsabwicklung und -beendigung zu achten ist.
Quellen: Universität Potsdam, Verbraucherzentrale Niedersachsen